Ursprungstext: Lk2,1-20 / Mt2, 1-5, 9-12; Textquelle im Wortlaut leider unbekannt 1. Die Geschichte von Weihnachten spielt vor ungefähr zweitausend Jahren in einem fernen Land in Palästina. Zu jener Zeit hatten die Römer mit ihren Soldaten das Land erobert und waren die Herrscher. Das war schlimm für die Einwohner des Landes. Aber sie hatten eine Hoffnung: Eines Tages würde Gott ihnen einen Retter schicken, mächtig und stark. Dann wäre endlich wieder Frieden und niemand brauchte mehr Angst zu haben.
2. Damals lebte in der Stadt Nazareth ein Mädchen namens Maria. Ihre Eltern waren fromme, bescheidene Leute. Sie hatten ein kleines Haus aus Lehm mit einem kleinen Garten und einem Olivenbaum, ein paar Hühner und Schafe und draußen vor der Stadt ein Stück Land. Darauf wuchsen Weizen, Gerste und Hirse. Gerade genug, damit sie satt wurden. 3. Marias Mutter brachte alles, was sie nicht selbst brauchten, auf den Markt und verkaufte es dort. Wenn sie viele Waren hatte und der Korb schwer war, nahm sie Maria mit. Sie musste ihr tragen helfen. Maria ging gern mit auf den Markt. Hier erfuhr man alles, was in der Stadt passierte. Die Leute standen beisammen und erzählten sich Neuigkeiten.
4. Maria hatte alles gelernt, was eine Hausfrau können musste. Bald würde sie heiraten. Der Mann, der sie zu seiner Frau nehmen würde, hieß Josef. Er war Zimmermann. Josef hatte Maria auf dem Markt gesehen. Dort hatte er sich in das schöne stille Mädchen verliebt. Maria hatte ihn schon lange vorher bemerkt und ihm heimlich nachgesehen, wenn er über den Markt ging. Er gefiel ihr. Er war tüchtig und hatte freundliche Augen. Sie wollte gerne seine Frau sein. 5. Eines Tages war Maria am Abend allein zu Hause. Da wurde es plötzlich strahlend hell um sie herum. Maria blickte erschrocken von ihrem Buch auf und sah mitten im Licht einen Engel stehen. Er lächelte und sagte: Fürchte dich nicht, Maria! Ich bin Gabriel, Gott schickt mich zu dir. Ich soll dir eine Botschaft bringen: Du wirst einen Sohn bekommen, den sollst du Jesus nennen. Er wird der Retter sein, auf den ihr wartet! Nachdem der Engel seine Botschaft ausgerichtet hatte, verschwand er wieder.
6. Maria war wie erstarrt. Was war das?, dachte sie und ihr Herz klopfte. Habe ich geträumt? Ich soll die Mutter des Retters werden? Sie setzte sich unter den Olivenbaum und wartete, bis ihr Herz sich beruhigte. Wenn Gott es so will, dann wird es geschehen, dachte sie schließlich. 7. Bald darauf war Maria schwanger. In dieser Zeit zogen Boten des römischen Kaisers Augustus durch die Städte und Dörfer des Landes und verkündeten: Hört, was der große Kaiser Augustus befiehlt! Alle Menschen dieses Landes müssen Steuern bezahlen. Darum sollen alle erwachsenen Männer mit ihren Frauen in ihren Geburtsort gehen und sich dort in die Steuerlisten eintragen lassen!
8. Josef war in Betlehem geboren, einem kleinen Ort im Süden des Landes. Auch sein Vater, sein Großvater und der Vater seines Großvaters, bis zurück zum großen jüdischen König David, alle waren sie in Betlehem geboren. Josef und Maria bereiteten sich auf die Reise nach Betlehem vor. Das Kind, das Maria erwartete, sollte bald geboren werden. Sie verabschiedeten sich und machten sich auf den Weg. 9. Von Nazareth nach Betlehem war es weit. Die wohlhabenden Menschen ritten auf einem Pferd. Manche hatten einen Esel, der die Lasten tragen konnte, aber die meisten gingen zu Fuß und waren viele Tage unterwegs. Mach dir keine Sorgen, sagte Josef zu Maria. Gemeinsam werden wir den Weg schaffen.
10. Viele Menschen waren in alle Richtungen des Landes unterwegs, um sich in die Steuerlisten der Römer eintragen zu lassen. Die Herbergen an den Straßen waren überfüllt, auch viele Diebe und Räuber waren unterwegs. Mancher Reisende stellte morgens fest, dass in der Nacht sein ganzes Gepäck oder gar das Pferd gestohlen worden war. 11. Von Tag zu Tag fiel Maria das Gehen schwerer. Ist es noch weit bis Betlehem?, fragte sie. Josef legte den Arm um sie und meinte: Bald sind wir da. Noch über diesen Hügel, dann können wir schon die ersten Häuser sehen. Maria stellte sich vor, in einem weichen Bett zu schlafen und keinen Schritt mehr gehen zu müssen.
12. Am Abend kamen Josef und Maria endlich in Betlehem an. Es dämmerte schon, als sie die ersten Häuser erreichten. Beim Gasthaus zum Weinkrug blieb Josef stehen. Hier werden wir um ein Zimmer fragen, sagte er und klopfte an. Eine Magd kam heraus und rief, noch bevor Josef fragen konnte: Es ist alles besetzt, probiert es drüben bei der Goldenen Harfe, vielleicht habt ihr da Glück. 13. Bei der Goldenen Harfe war die Wirtsstube so voll, dass die Tür nicht mehr zuging. Maria blieb neben der Tür stehen und legte schützend die Hände über ihren Bauch, damit niemand an das Kind stieß, Josef suchte den Wirt. Ein Bett für die Nacht? Meine Frau ist schwanger!, schrie er, denn die Leute waren sehr laut. Wir sind voll bis unters Dach! Versucht es im Grünen Baum!
14. Im Grünen Baum war alles dunkel. Sie schlafen schon, sagte Maria ohne Hoffnung. Als Josef mit seinem Wanderstock heftig gegen die Tür klopfte, wurde eine Tür geöffnet. Was wollt ihr?, fragte die alte Wirtin schroff. Ein Zimmer für die Nacht. Die alte Frau schüttelte den Kopf. Ihr seid zu spät. Es ist alles überfüllt. 15. Maria fing an zu weinen. Was sollen wir jetzt machen?, klagte sie. Da kam ein Mädchen vorbei, es bleib stehen und hielt seine Lampe hoch. Warum weinst du?, fragte es. Wir sind seit vielen Tagen unterwegs und bekommen nirgends einen Platz für die Nacht. Das Mädchen hatte Mitleid mit der Frau. Ihr könnt in unserem Stall schlafen. Da habt ihr wenigstens ein Dach über dem Kopf. Kommt, ich zeige euch den Weg!
16. Im Stall angekommen wünschte das Mädchen eine gute Nacht und lief nach Hause. Josef zündete eine Lampe an. Ein Ochse und ein Esel lagen neben einer Futterkrippe und schliefen. Aus dem gestapelten Heu machte Josef ein Lager für Maria und für sich. In dieser Nacht im Stall am Rand von Betlehem wurde das Kind geboren, das Gott als Retter auserwählt hatte. Maria wickelte es in ein Tuch und legte es auf einen Polster aus Heu in die Futterkrippe. 17. In derselben Nacht waren draußen auf dem Feld Hirten und hüteten ihre Schafherde. Sie saßen am Feuer und erzählten sich Geschichten. Als es spät wurde gingen sie schlafen und der jüngste Hirte hielt Wache. Die Schafe waren unruhig und blökten leise, auch der Hund winselte. Irgendetwas ist anders als sonst, dachte der junge Hirte.
18. Da erschien auf einmal ein helles Licht am Himmel. Auf dem Feld wurde es hell wie am Tag. Die Hirten, die schon geschlafen hatten, wachten auf und erschraken. Da trat ein Engel zu ihnen und sagte: Fürchtet euch nicht! Ich verkünde euch eine große Freude! Heute Nacht ist der Retter geboren auf den ihr wartet. Er liegt in einer Krippe in einem Stall am Stadtrand. 19. Auf einmal war der ganze Himmel voller Engel. Die lobten Gott und sangen: Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden für alle Menschen! Die Engel verschwanden, das Licht verblasste. Die Hirten sprangen auf und redeten wild durcheinander: Habt ihr das gehört? Der Retter ist geboren!
20. Kommt, wir suchen ihn, sagte ein Hirte. Aber der Älteste rief: Warte! Wir bringen ihm eine warme Decke aus Schafwolle als Geschenk! Dann zogen sie los. Als sie am Stall ankamen, sahen sie einen goldenen Schimmer um ein armseliges Gebäude. Vorsichtig, auf Zehenspitzen, näherten sich die Hirten. 21. Fern von Betlehem, im Osten, lebten Sterndeuter. Ungefähr zu der Zeit, als Maria und Josef nach Betlehem aufbrachen, entdeckte einer von ihnen einen Stern, der größer war und heller leuchtete als alle Sterne, die er kannte. Was ist das für ein Stern?, fragte er einen Freund, der auch Sterndeuter war. Aber er kannte ihn auch nicht.
22. Ein dritter Sterndeuter erkannte den Stern: Das ist der Königsstern. Er erscheint am Himmel, wenn ein König geboren wird, den Gott selbst auserwählt hat. Sie beschlossen, den neuen König zu besuchen. Sie packten kostbare Geschenke ein und luden sie auf ihre Kamele, denn sie waren wohlhabende Männer. Sie ritten einige Tage, bis sie in Palästina ankamen. Dort fragten sie nach dem neugeborenen König, aber die Menschen wussten nichts von ihm. 23. Sie kannten nur den römischen König Herodes. König Herodes hörte von Sterndeutern, die nach einem neuen König fragten. Da bekam er Angst und ließ sie in seinen Palast kommen. Er sagte zu ihnen: Wenn ihr den neuen König gefunden habt, dann erzählt mir, wo ich ihn finde. So kann auch ich ihm Geschenke bringen. Aber in Wahrheit wollte er den neuen König töten. Das bemerkten die Sterndeuter und kehrten nicht mehr zu ihm zurück.
24. Die Sterndeuter folgten weiter dem Stern. Dieser führte sie zu einem kleinen Stall am Rand von Betlehem. Ist das möglich?, fragte sie verwundert. Ein König in einem Stall? Maria und Josef standen still beim neugeborenen Kind. Da klopfte es an der Stalltür und herein kamen die Hirten. Sie überreichten eine warme Decke aus Schafwolle zum Geschenk. Sie traten zur Krippe und dankten Gott für den lang ersehnten Retter. 25. Danach knieten die Sterndeuter andächtig vor dem Kind. Sie brachten ihm Geschenke wie für einen König: Gold, wohlriechende Gewürze und kostbare Öle. Und nachdem sie alles ausgebreitet hatten, verbeugten sie sich ehrfürchtig und traten die Heimreise an. Maria merkte sich alles, was sie in dieser Nacht erlebt hatte und bewahrte es in ihrem Herzen.