Die Kurswagen Bahnfahren ohne Umsteigen. Sonderausgabe 64 Seiten: semaphor. Klassiker der Eisenbahnen

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Transkript:

semaphor Klassiker der Eisenbahnen Sonderausgabe 64 Seiten: Die Kurswagen Bahnfahren ohne Umsteigen CHF 26.50 / e 22. Sonderausgabe 2016

Editorial Inhaltsverzeichnis Titelbilder Im Juli 1960 hat die Ae 6/6 11411 «ZUG» Visp in Richtung Raron verlassen. Der Schnellzug MP «Milano Paris» ist an diesem Tag verstärkt und führt 16 Wagen, und zwar: Ein SBB-B RIC und ein SNCF- D (Brig Paris) CIWL-Speisewagen (lediglich Domodossola Lausanne) SNCF- und FS-Fahrzeuge (Napoli Roma Bologna Milano Paris) Diverse Wagen (Brindisi Maritima Ancona Milano Paris) Am Schluss zwei SBB-Wagen (Milano Vallorbe). Foto SBB-Historic Die zwei kleinen Bilder stammen aus dem Bildarchiv der Eisenbahnstiftung (links) und von Heinz Sigrist 1967 war Sommerurlaub im Schwarzwald angesagt. Für die Fahrt nach Karlsruhe bestiegen deshalb meine Eltern und ich in Lausanne den «Hispania-Express». Dabei faszinierte mich einerseits die Ae 6/6 an der Zugsspitze, andererseits war das Reisen im Abteilwagen mit Seitengang für mich völlig neu, und erst noch in einem Fahrzeug der Deutschen Bundesbahn. Zudem setzte sich der «Hispania-Express» fast nur aus DB-Wagen zusammen. Auf der Rückreise über die Gäubahn (Stuttgart Singen) nutzten wir in Horb den Schnellzug nach Schaffhausen und Zürich. Bespannt war er mit einer DB-Diesellok vom Typ V 200.1 und führte ebenfalls Seitengangwagen jedoch solche der SBB. Bis dahin kannte ich lediglich Mittelgangwagen mit offenen und geschlossenen Plattformen. Von nun an interessierten mich ausländische Wagen genauso wie die international zugelassenen Schweizer Fahrzeuge. Mit den Jahren stieg ausserdem mein Interesse an der Zusammenstellung der bunt zusammengewürfelten Züge sowie an deren Kurswagen, die damals Hochkonjunktur hatten. Später hegte ich den Wunsch, das Thema im Zusammenhang mit den vielen interessanten Wagen der Modellbahnindustrie journalistisch zu behandeln mein Wunsch blieb ein Traum. Entsprechende Anregungen von Modellbahnern und Eisenbahnfreunden, sowie Anfragen in dieser Richtung bei der Semaphor-Redaktion, bewogen uns nun dazu, das Thema im Rahmen einer Sonderausgabe zu behandeln. Frühsommer 1967, kurz vor Yverdon: Die Ae 6/6 11454 «Yverdon» zieht den «Hispania-Express» nordwärts. Formiert ist der Zug wie derjenige im Bild auf Seite 20, unten. Foto Guido Fontana Semaphor-Ausgabe Nr. 49 Editorial, Inhaltsverzeichnis Seite 2 Semaphor im Internet Seite 2 Was, Wann, Wo? Seite 2 Die Reisezüge der Schweiz und deren Zusammenstellung Seite 3 Kurswagen Eine «vergessene» Art des Bahnfahrens Seite 10 Bilderreise durch die vergangene Welt der Kurswagen Seite 16 Poster Seiten 32 und 33 Damals und heute: Basel SBB Seite 35 Das besondere Bild Seite 62 Vorschau Seite 63 Impressum Seite 63 Zugschluss Seite 64 2 Poster, Seiten 32/33 Die Legenden zur Posterseite finden sie auf Seite 34. Fotos Hans Schneeberger und Karl Stebler Die meisten Kurswagen bot der Nord Süd-Verkehr an. Ungeachtet davon gehen wir aber auch auf andere, weniger bekannte Verbindungen ein. Und bei den Ortsnamen halten wir uns an diejenige Schreibweise, wie sie damals auf den Zuglaufschildern (Routentafeln) geläufig war. Als Schwerpunkt der Berichterstattung gilt der Zeitraum von etwa 1955 bis in die 1980er-Jahre. Unberücksichtigt blieben die Nachtzüge, da kaum Bilder von ihnen existieren. Ein Dankeschön geht an alle Personen, welche uns ihre Sammlung und ihr Wissen zur Verfügung stellten. Viel Spass beim Eintauchen ins Erinnern an eine «vergessene Art des Bahnfahrens» wünscht Ihnen Autor dieser Ausgabe Semaphor im Internet Beachten Sieunsere Homepage www.semaphor.ch mitsamt der Rubrik: Inhaltsverzeichnis 2005 2015 Was, Wann, Wo? www.voev.ch/service/ Agenda/öV-Agenda www.sbbhistoric.ch,«events» www.rhb.ch, «Reisen»/ «Erlebnisfahrten» www.sgeg.ch

Die Reisezüge der Schweiz und deren Zusammenstellung Bei den Inlandschnellzügen war die Unterscheidung der verschiedenen Kompositionsteile meist nicht klar ersichtlich: Welches Fahrzeug gehört zu den Stammwagen? Welches sind Verstärkungswagen, Kurswagen oder Zusatzwagen? In der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre führt die Re 4/4 II 11250 bei Ependes einen Schnellzug Basel SBB Delémont Biel/Bienne Lausanne Genève in der damals klassischen Formation D, zwei A, WR und fünf B. Ganz vorne eingereiht sind die in Delémont mit der Re 4/4 II dazugestossenen zwei Kurswagen Porrentruy Genève. Foto Guido Fontana 1982 läutete die Einführung des schweizweiten Taktfahrplans den Niedergang des Konzeptes der direkten Wagen Kurswagen genannt ein. Heute, im Zeitalter allgegenwärtiger Trieb- und Pendelzüge, sind die Kurswagen weitgehend aus dem Bahnalltag verschwunden. Weil sie jedoch jahrzehntelang das Bild helvetischer Reisezüge prägten, widmen wir unsere Sonderausgabe 2016 dem Thema «Kurswagen». Das Reisen im Kurswagen, eine heute beinahe schon vergessene Art des gemütlicheren Bahnfahrens, propagierten die ÖBB (Österreichische Bundesbahnen) früher einmal wie folgt: «Umstellen erspart das Umsteigen». Mittlerweile verträgt sich die damalige Philosophie aber längst nicht mehr mit der heutigen «Just in Time»-Maxime mit den äusserst knapp bemessenen Umsteige-Anschlüssen. Bevor wir in unsere Bildgeschichte über die Kurswagen eintauchen, wollen wir noch die Grundlagen dazu erläutern. Zudem beschränkt sich unsere Berichterstattung auf das interessanteste Zeitfenster von etwa 1955 bis in die 1980er-Jahre. Die verschiedenen Reisezüge in der Schweiz und deren Zusammenstellung Lange Zeit liessen sich die Reisezüge in der Schweiz in zwei Kategorien unterteilen: die Schnellzüge und die Personenzüge. Die Städteschnellzüge, zeitweise auch Leichtschnellzüge genannt, unterschieden sich im amtlichen Kursbuch nicht von den anderen Schnellzügen, oder höchstens durch das Zeichen «wartet keinen Anschluss ab». Die Personenzüge ihrerseits liessen sich wie folgt aufteilen: Eilzüge, früher beschleunigte Personenzüge, mit einem «E» hinter der Zugnummer Personenzüge, oft auch mit Nebenaufgaben wie Post-, Eilgut-, Milch- und Viehbeförderung betraut Tramzüge, ohne Nebenaufgaben und mit reduzierten Haltezeiten, meistens Triebwagenzüge auf kürzerer Distanz, im Kursbuch mit einem «T» zwischen Zugnummer und Klassenangabe (bis 1963) bezeichnet Güterzüge mit Personenbeförderung, in der Deutschschweiz mit einem «G» («Güterzug») im Kursbuch versehen, in der Westschweiz und im Tessin mit einem «M» («marchandises», respektive «merci»). Unter diesen Güterzügen mit Personenbe- 3

Kurswagen Eine «vergessene» Art des Bahnfahrens Verstärkungswagen konnten, sofern betrieblich zulässig, immer eingesetzt werden. Am 24. April 1956 führt die C 5/6 2963 beim Gellert den F163 «Loreley-Express» Basel SBB Hoek van Holland zum Badischen Bahnhof. An der Spitze laufen je ein RIC-C4ü und ein RIC-AB4ü der schweren SBB-Bauart als Verstärkungswagen mit. Aber: Auch wenn verschiedene Bilder des F163 mit SBB-Wagen existieren, planmässig gelangten nie derartige Fahrzeuge als Verstärkungseinheiten in diesen Zug. Foto Hans Schneeberger Früher gehörten die Kurswagen zum Bild vieler Schnellzüge, in der Schweiz wie auch im Ausland. Besonders die bunt zusammengewürfelten Kompositionen auf den Nord Süd-Achsen waren für Eisenbahnfreunde stets eine Augenweide. Selbst wenn für jeden dieser Züge ein Wageneinreihungsplan existierte, wechselte deren Zusammenstellung dauernd siehe Haupttext. RIC was heisst das? RIC steht für «Regolamento Internazionale delle Carrozze» und ist eine Vereinbarung über den Austausch und die Benutzung der Reisezugwagen im internationalen Verkehr. 10 Als Kurswagen galten alle Fahrzeuge, welche regelmässig ausserhalb eines Stammzuges mitfuhren: Speisewagen, sofern nicht fester Bestandteil einer Komposition Postwagen: Paketpostwagen und bediente Sortierwagen Eilgutwagen: in Form von Gepäck- oder Güterwagen Lebensmittelwagen wie Milch- oder Kühlwagen, dazu noch Blumensendungen Schlaf- und Liegewagen, grenzüberschreitend Nationale und internationale Sitzwagen Sonderwagen wie Autotransportwagen oder bestimmte Dienstwagen. Alle diese Wagen liefen stets nach eigenen Umlaufplänen, jene in grenzüberschreitendem Einsatz gemäss dem EWP (Europäischer Wagenbeistellungsplan). Sämtliche Fahrzeuge mussten zudem die Bedingungen für eine Einreihung in Reisezüge erfüllen: Höchstgeschwindigkeit, elektrische Heizung/Heizleitung, im Ausland teilweise auch Dampfheizung/Dampfheizleitung. Die Kurswageneinsätze eine vielfältige Angelegenheit Die Kurswagen konnten als Einzelwagen oder als Wagengruppen verkehren. Vereinzelt fuhren sie sogar als eigener Flügelzug bis zu ihrem Zielbahnhof weiter. Viele Kurswagenverbindungen bot man täglich an, andere dagegen lediglich saisonal oder an bestimmten Tagen, respektive nur nach Bedarf als zusätzliche Verstärkung. Ebenso variabel war jeweils die Anzahl Wagen wie auch deren Einsteller (Bahngesellschaft). Zudem galt diese Epoche als die «goldene Zeit» der gemischtklassigen Wagen also

Am 11. März 1978 fährt bei Thörishaus Schnellzug 113 der Bundeshauptstadt Bern entgegen. Formiert ist der Zug wie folgt: An der Spitze ein BLS-A und zwei SBB-B als planmässige Verstärkungswagen Lausanne Zürich HB St. Gallen Die Stammkomposition Lausanne Zürich HB St. Gallen Chur, bestehend aus einem Gepäck-, einem 1. Kl.- und drei 2. Kl.-Wagen (alle SBB) Ein Stammwagen Lausanne Zürich HB, und ein Verstärkungswagen Lausanne Zürich HB (beide SBB). Dieser Zug verkehrte nur an Samstagen, ausser Karsamstag. Interessant ist, dass beide A des Zuges zum Typ RIC BLS gehören, jener der BLS lief allerdings im Dienste der SBB. Foto Jean-Claude Mottaz Als Zusatzwagen dürfen nur Fahrzeuge eingereiht werden, welche die betrieblichen Anforderungen (u.a. Bremsen, Heizleitung, Höchstgeschwindigkeit) erfüllen. Am 24. März 1967 fährt Schnellzug 577 Brig Bern Biel/Bienne durch Hohtenn, den Ae 6/8 204 und Ae 4/4 II 261 folgen: Heizwagen X 90109 als Zusatzwagen (Überführung) / ein «Buffetwagen» genannter Leichtstahl-Speisewagen / zwei B als Zugsteil nach Bern / zwei B, ein A und ein D als BLS-Zugstamm nach Biel/Bienne. Knapp ersichtlich sind dahinter noch drei Kurswagen: Domodossola Biel/Bienne (B EW I SBB) / Milano Biel/Bienne (B FS) / Milano Hamburg-Altona (ABm DB). Nicht mehr sichtbar sind die Kurswagen Milano Basel SBB und Brig Basel SBB. Foto Hans Schneeberger 11

Bilderreise durch die vergangene Welt der Kurswagen Tauchen Sie ein in die schon fast vergessene Zeit der bunt zusammengewürfelten Züge, in die Epoche der oft farbenfrohen Kurswagen. Unsere Bilderreise nimmt Sie mit auf eine Tour «quer» durch die Schweiz, und vermittelt Ihnen bis anhin meist völlig unbekannte Fakten. «Bitte einsteigen und Türen schliessen» wir wünschen eine angenehme Fahrt! 1 Bild 1: Im Mai 1976 endete die Stellung der Wagen Paris Bern durch die SNCF. Kurz zuvor ist die Re 4/4 I 10041 damit beschäftigt, im Bahnhof Biel/Bienne die beiden Kurswagen von Bern an die Spitze des Zuges nach Delémont Porrentruy Delle zu stellen. Der SNCF-RIC-B gehört zu den «Schürzenwagen» der Bauart «DEV 46», der ABm ist hingegen ein SBB-Klassiker. Danach, und bis zur Einstellung der Züge nach Belfort im Jahre 1992, verkehrten je ein ABm und Bm der SBB. Foto Ewald Krähenbühl Bild 2: Bis zum Sommerfahrplan 1954 konnte man zweimal täglich von Paris (Gare de l Est) über Belfort Delle Bern Brig nach Milano reisen; im Hochsommer mit der Nachmittagsverbindung sogar bis Ancona. Dann erfolgte die Kürzung auf einen Kurswagenlauf Paris Interlaken Ost und auf ein Zugspaar Belfort Bern Belfort. Im Sommer 1953 verlässt Zug 2853 Belfort in Richtung Delle. Die Komposition setzt sich zusammen aus einer 230B der SNCF, einem RIC-F4ü der SBB (Belfort Brig) sowie den beiden Kurswagen Cz und ABz der Italienischen Staatsbahnen (Paris Milano/Ancona). Foto Slg. Jean Florin 16 Bild 3: Bis 1959 führte das im Sommer 1954 eingeführte Zugspaar Belfort Bern Belfort zwischen Belfort und Delle nur die Polsterklasse und bestand aus einem einzigen Wagen. Genutzt wurde der mit Dampfheizung ausgerüstete und zum B4ü 1117 deklassierte SBB-Leichtstahl-AB4ü 1117 (ab 1956 A4ü 1117). Im Sommer 1959 stiess als Verstärkung der Leichtstahlwagen B4ü 5830 dazu. Am 15. Juli 1963 verlässt Zug 2810 Belfort, gezogen von der SNCF-Dampflok 140C 283. Weil an diesem Tag der inzwischen vom A4ü 1117 zum A 2717 mutierte SBB-Leichtstahlwagen «unpässlich» war, gelangte ein RIC-A der BLS zum Einsatz. Foto Hans Schneeberger Bild 4: Lange Zeit bestand das Zugspaar Paris Bern wechselweise aus zwei SBB-Reisezugwagen oder je einem der SBB und der SNCF, ergänzt ab Belfort durch einen RIC-D der SBB. Am 30. Juli 1967 hat die 141R 295 der SNCF den Bahnhof Belfort verlassen und dampft bei Danjoutin in Richtung Delle. Der Zug 2841 besteht aus je einem AB der SNCF, B RIC und D RIC der SBB. Für das zweite Zugpaar Belfort Bern genügte damals ein einziger AB der SBB. Foto Michel Dehanne

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Damals und heute: Basel SBB Im Mai 1964 fährt die fabrikneue Ae 6/6 11475 («Ue Mst 30.4.64» = «Uebernahme in Münchenstein am 30. April 1964») leicht verspätet von Luzern her dem Depot entlang in Basel SBB ein. Hinter der Lok setzt sich der Zug 423, vormals 61, Milano Basel SBB, wie folgt zusammen: verspäteter Kurswagen ABm der DB (Roma Hoek van Holland, über Köln) / ausserplanmässiger D der DB / zwei SNCB-Wagen (Milano Bruxelles) / ABz der FS (Milano Dunkerque, über Lille) / der aus SBB-Wagen gebildete Stammzug (Milano Basel SBB) / zuhinterst ein nicht mehr sichtbarer «Rheingold»-Kurswagen (Milano Amsterdam). Foto Max Hintermann Am 8. Mai 2016 verlässt der ICE 276 (Triebzug 401 185 «Freilassing») Basel SBB mit Ziel Berlin-Ostbahnhof. Während das altehrwürdige SBB-Lokdepot einer Tramlinie und der Überbauung «EuroVille» weichen musste, sind die Fahrleitungsquerjoche geblieben. Mittlerweile ist Basel SBB mehr Umsteige- als Transitbahnhof, sind internationale Züge quer durch unser Land doch längst verschwunden; und seit kurzem fahren die Züge der SNCF nur mehr bis Strasbourg. Wer heute per Bahn nach Bruxelles gelangen will, muss nun über Paris reisen, inklusive «Fussweg» zwischen Gare de Lyon und Gare de l Est. Foto Daniel Ammann 35

Das besondere Bild 62 Ein weisshaariger Foxterrier, wie aus der Comics-Serie «Tim und Struppi», schaut aufmerksam zu, ob der Fotograf seine Kamera auch richtig eingestellt hat, um das Zuglaufschild «Bavaria» abzulichten siehe dazu auch Semaphor-Sonderausgabe 2011, Seite 41, und Semaphor-Ausgabe «Winter 2011», Seite 23. Als Aufnahmedatum überliefert ist «Mai 1956», also kurz vor dem am 3. Juni 1956 erfolgten Wechsel vom Drei- zum Zweiklassensystem. Klar ist zudem, dass es sich um einen Leichtstahlwagen mit Seitengang, und somit um einen für den Verkehr nach München zugelassenen AB4ü 1111 1116, handelt. Foto SBB Historic

Vorschau auf Semaphor Herbst 2016 Erscheint Mitte Oktober 2016 TEE «CISALPIN» ein Zug, zwei Jahrzehnte, drei Länder und vier Stromsysteme Zu meines Vaters Zeit: Begegnungen mit dem SBB-Einzelgänger Be 4/6 12301 Der Rangierbahnhof Genève-La Praille mit seinen Zufahrtslinien für SBB- u. SNCF-Züge Erster Zug auf einer Strecke mit vier unterschiedlichen Stromsystemen war 1961 der TEE «CISALPIN», welcher Milano mit Paris verband und mit SBB-Triebzügen vom Typ TEE II gefahren wurde. Weil oft jedoch selbst zwei Kompositionen der Nachfrage nicht zu genügen vermochten, musste die Verbindung ab 1974 als Wagenzug geführt werden. Wir blicken auf eine Geschichte zurück, welche leider auch zwei tragische Unfälle beinhaltet und gehen der Frage nach, warum ab 1974 nie Viersystemlokomotiven zum Einsatz gelangten. Dank ihrem Äusseren genoss die Prototyplok Be 4/6 12301 von je her einen Sonderstatus im SBB-Fahrzeugpark. Hans Schneeberger und Heini Sautter freuten sich deshalb sehr, als sie während ihres Fahrdienstpraktikums 1957 am Gotthard unverhofft auf diese Rarität trafen, welche zur Reparatur in die Hauptwerkstätte Bellinzona geschleppt werden musste. Kurz vor der Ausmusterung des Einzelstücks im 1963 hatte Hans Schneeberger dann sogar noch die Gelegenheit, diese Versuchslokomotive von 1919, anlässlich einer Probefahrt nach einem Aufenthalt in der HW Yverdon, selbst zu fahren. Mit einem Beitrag über den «Güter- und Rangierbahnhof Genève-La Praille samt seinen Zufahrtslinien» erweitern wir unsere bisherige Berichterstattung aus der Region Genève um ein weiteres spezielles Kapitel. Einzigartig war z. B. die Doppelspur von Genève-Cornavin her, bestand sie doch aus einem Gleis für SNCF-Züge unter Gleichstrom- und aus einem Gleis für SBB-Züge unter Wechselstromfahrleitung. Diese Situation führte öfters zu speziellen Traktionen: Am 27. Januar 1981 «dieseln» in Jonction eine Bm 6/6 und Bm 4/4 mit ihrem Zug auf dem SNCF-Gleis nach Genève-La Praille. Impressum «Semaphor» Klassiker der Eisenbahnen; 12. Jahrgang 2016 Erscheint 5x: März, Juni, August, Oktober und Dezember Herausgeber Christian Zellweger Verlag/Redaktion Semaphor GmbH Falkenriedweg 37, CH-3032 Hinterkappelen Homepage: www.semaphor.ch Mail: semaphor@semaphor.ch Telefon: +41 (0)31 901 31 76 Redaktion Christian Zellweger, Hans Schneeberger Abonnemente Dietschi Print&Design AG Ziegelfeldstrasse 60, CH-4601 Olten Telefon: +41 (0)62 205 75 75 (Zentrale) Mail: aboservice@semaphor.ch Grafik Peter Merz Layout, Satz, Bild Walter Hunn Korrektorat Otto Begert Druck Dietschi Print&Design AG, Olten Abonnementspreis Schweiz CHF 99. ; Europäische Union e 82. Einzelnummer Schweiz CHF 26.50; Europäische Union e 22. ISSN-Nr. 1661-576X Filme, Dias und Fotos altern je nach Produkt und Lagerung unterschiedlich. Wir korrigieren die Farben lediglich dann, wenn das Sinn macht und nur sanft. Aus Gründen der Authentizität belassen wir in der Regel auch alterungsbedingte Fehler wie rote Punkte in der Filmschicht u.ä. Nachdrucke, Reproduktionen oder sonstige Vervielfältigungen auch auszugsweise und mit Hilfe elektronischer Datenträger sind nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Redaktion sowie des Autors oder Inhabers der Sammlung, aus der das Dokument stammt, möglich. Zudem bitten wir um Verständnis dafür, dass wir keine Originalabzüge oder digitale Daten der abgedruckten Bilder oder die Adressen des Fotografen/ Sammlers liefern können. 63

Zugschluss Zur Kurswagenepoche gehörte auch das Verpflegungsangebot am Bahnhof, lag doch ein Besuch im Speisewagen vielfach ausserhalb des Budgets von so manchem Reisenden. In grösseren Bahnhöfen versorgten deshalb fahrbare Verkaufsstände die Passagiere mit einem breiten Angebot: Der «Kiosk» mit Zeitungen, Zeitschriften und Rauchwaren, das «Büffet» mit Reiseproviant, oder das «Glace»-Wägelchen mit Eis um nur einige Beispiele zu nennen. Im Juni 1960 steht im Bahnhof Luzern einer dieser mobilen Zeitungsstände vor einem ABz «tipo 1955» der FS. Letzterer läuft als Kurswagen Milano Dunkerque Maritime, zusammen mit einem AB «I1» der SNCB Milano Bruxelles im Hintergrund. Allgegenwärtig waren in jenen Jahren aber auch die Gepäck- 64 träger, respektive die uniformierten Hotelportiers auf den Perrons. Einer der beiden Kondukteure am rechten Bildrand bringt das Zugschluss-Signal (damalige Schreibweise) ans andere Zugsende. Wie die Kurswagen besass auch jedes Zugschluss- Signal einen klar definierten Umlauf: «Turnus der Zugschluss- Signale» hiess das im Wortlaut der SBB, in unserem Fall hier: «Lauf 1039 des Kreis II». Mit diesem Bild zweier Kurswagen im Gotthard-Schnellzug 59 Milano Basel SBB beenden wir unsere Sonderausgabe. Nicht aber, ohne ein kleines Geheimnis zu lüften: Wir werden das Thema «Kurswagen und Zugbildung der Gotthardlinie», das hier nur kurz angeschnitten wurde, in einer späteren Semaphor-Ausgabe behandeln. Foto SBB-Historic