ÖkostromEinkauf in Gemeinden Seite 1 von 5 Infoblatt e5programm ÖkostromEinkauf Der Weg zum Ökostrom für Gemeinden Gemeinden stehen mehrere Wege offen, um ihre eigenen Gebäude und Anlagen mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern zu versorgen: Einerseits können sie den Versorgungsanteil durch Stromproduktion vor Ort und möglichst hohe Eigennutzung erweitern, bspw. über Fotovoltaikanlagen auf eigenen Dächern oder Trinkwasserkraftwerke. Unabhängig davon ist der verbleibende Strombedarf über Einkauf abzudecken. Hier entstand in den letzten Jahren eine größere Wahlmöglichkeit für Gemeinden. Stromanbieter und Stromprodukte können nach ökologischen wie wirtschaftlichen Kriterien gewählt werden. Diese Infoblatt soll dazu einen besseren Überblick verschaffen. Technische Definition von Ökostrom Ökostrom ist kein einheitlich definierter Begriff mit allgemein akzeptierten Qualitätskriterien, auch keine Marke oder Produktbezeichnung. Es sind daher unterschiedliche Auslegungen in Gebrauch. In Österreich ist im Ökostromgesetz 2012 definiert, dass jeder Strom, der aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt wurde, als Ökostrom gilt. Dazu zählen Wasserkraft, Windenergie, feste oder flüssige Biomasse sowie Fotovoltaik und sonstige erneuerbaren Quellen (z.b. Geothermie). Entscheidend für die Bezeichnung ist somit die Art des Primärenergieträgers, der zur Produktion des jeweiligen Stromanteils herangezogen wird. Darüber hinaus gibt es im Ökostromgesetz eine Festlegung von geförderten ÖkostromAnlagen, von denen beispielsweise Wasserkraftwerke mit einer Leistung von mehr als 15 MW ausgeschlossen sind. Wenn in der Öffentlichkeit über die Rahmenbedingungen zur Förderung von Ökostrom diskutiert wird, so ist zumeist diese Abgrenzung gemeint.
ÖkostromEinkauf in Gemeinden Seite 2 von 5 Herkunftsnachweis für Stromprodukte GrünstromHerkunftsnachweise Der Nachweis für die Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen und die Regeln der Stromkennzeichnung sind in Österreich über Gesetze geregelt, die auf europäischen Vereinbarungen aufbauen. GrünstromHerkunftsnachweise" (engl. Renewable Energy Certificates RECs) sind grundsätzlich von der physikalischen Stromproduktion getrennt handelbar. Damit wird nachgewiesen, dass die verkaufte Menge eines Stromhändlers durch entsprechende erneuerbare Erzeugungskapazitäten in Europa abgedeckt wurde. Die meisten größeren Energieversorgungsunternehmen in Österreich bedienen sich dieser Herkunftsnachweise, um einen möglichst hohen Anteil an erneuerbaren Energieträgern bei ihren Stromprodukten zu belegen. Produktmix oder Händlermix Alle Stromanbieter in Österreich müssen den Endkunden eine Information zur Zusammensetzung ihrer Energielieferung in Form einer Stromkennzeichnung liefern ( Produktmix ). Bei dieser Darstellung ist es natürlich möglich, dass ein Unternehmen gezielt Zertifikate und Nachweise auf bestimmte Produkte hin verteilt, die als Grünstrom am Markt angeboten werden, während die restliche Strommenge, die bspw. an gewerbliche oder industrielle Kunden abgesetzt wird, einen konventionelle Zusammensetzung aufweist. Als Orientierung über die Einkaufsstrategie eines Stromunternehmens ist daher eine Information zur Zusammensetzung des gesamten Absatzes inkl. Tochtergesellschaften ( Händlermix ) anzuraten. Besser noch wäre eine Auswertung für die gesamte Strommenge, die das Unternehmen über die großen Energiemärkte oder Strombörsen handelt. Darüber gibt es jedoch keine wirklich transparente Informationsgrundlage. Physische Lieferung oder Etikettierung? Einzelne ökologisch orientierte Stromanbieter bieten über die gesetzlich erforderliche Stromkennzeichnung hinausgehende Qualitätszusagen an. Die Überprüfung durch externe Zertifizierungsstellen (z.b. akkreditierte QSUnternehmen oder Wirtschaftsprüfer) sichert eine unabhängige Kontrolle der technischen Angaben. Sehr oft wird ein direkter Zusammenhang zwischen der physischen Lieferung und dem entsprechenden Herkunftsnachweis zugesichert. Damit wird unterbunden, dass ein Stromhändler die gelieferte Energie vorwiegend über Zertifikatszukauf ökologisiert. Manche Anbieter garantieren ihren Kunden, dass die Erzeugung der entsprechenden Strommenge in Österreich stattgefunden hat bzw. dass die Zertifikate, die der Erzeugermenge entsprechen, aus Österreich stammen (oft auf dem Stromkennzeichnungsblatt ablesbar). Für besondere Stromprodukte wird zudem ausgewiesen, dass sie zu einem sehr hohen Anteil aus ökologisch vorteilhaften Erzeugungsanlagen stammen (z.b. Windkraft, Kleinwasserkraft).
ÖkostromEinkauf in Gemeinden Seite 3 von 5 Zeitgleiche Einspeisung im Netzbetrieb Wenn keine näheren Angaben gemacht werden, handelt es sich üblicherweise um mengengleiche Einspeisung. Dies bedeutet, dass die abgesetzte Strommenge über eine Jahresbilanz durch entsprechende Herkunftsnachweise Erneuerbare Energieerzeugung belegt werden kann. Im Vergleich dazu ist eine zeitgleiche Einspeisung deutlich komplexer und damit auch kostenintensiver: Der Versorger garantiert, die tatsächlich nachgefragte Menge an Ökostrom zu liefern, die seine Kunden benötigen. Diese wird zumeist in einer Monatsprognose nach täglichen Lastprofilen erhoben und über Lieferverträge abgesichert. Einschränkend ist anzumerken, dass auch bei dieser Lieferbeziehung eine Ausgleichsstrommenge durch den Netzbetreiber zugeführt werden muss, um die Deckung des aktuellen Bedarfs technisch sicherzustellen. Eine 100%Belieferung mit Ökostrom in physikalischer Hinsicht ist nur bei netzunabhängiger Eigenversorgung möglich. Zubauwirkung von Stromprodukten Nur wenn Anbieter von Ökostrom einen Teil ihrer Einnahmen für den weiteren Ausbau von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen einsetzen, ist gewährleistet, dass der Anteil fossiler Energieträger oder der Kernenergie am gesamten Strommarkt dauerhaft reduziert wird. Diese sogenannte Zubauwirkung kann über zwei Wege gefördert werden: (1) Am besten ist, wenn Stromanbieter einen Teil der Einnahmen nachweislich in neue Ökostrom Anlagen mit hohen Umweltstandards investieren. Dies kann im eigenen Unternehmen erfolgen, was in den jährlichen Geschäftsberichten ablesbar ist. Eine Alternative dazu sind Fördermodelle zur Unterstützung sonstiger regionaler Erzeugungsanlagen (mehr dazu unter Ökostrombörse ). (2) Wenn NeuInvestitionen nicht direkt möglich sind, so sollten Stromlieferanten bei Ökostrom Angeboten zusichern, dass der gelieferte Strom nicht ausschließlich aus längst abgeschriebenen Großwasserkraftwerken stammt. Diese Regelung ist eine Absicherung, dass der höhere Energiepreis für den Ökostrom vom Lieferanten auch für den Zukauf aus neueren, zumeist kleineren Anlagen eingesetzt wird. Damit wird deren Wirtschaftlichkeit unterstützt sowie die Möglichkeit, erneuerbare Energienutzung auf regionaler Ebene voranzutreiben. Gütesiegel und StromLabels In Österreich gibt es für Stromlieferanten, die ausschließlich Ökostromprodukte anbieten, die Möglichkeit, das Österreichische Grüner Strom (UZ 46) des Lebensministeriums zu führen. Im Kriterienkatalog ist festgehalten, dass der Anteil der Wasserkraft auf max. 79% beschränkt ist und mehr als 1% aus Fotovoltaik stammen müssen, wobei die gesetzliche Zuteilung des im Netz eingespeisten Ökostroms dafür nicht anrechenbar ist. 10% der Strommenge muss aus Anlagen stammen, deren NeuInbetriebnahme, Erweiterung oder Revitalisierung nicht älter als fünfzehn Jahre alt ist. Mit dieser Festlegung wird eine gewisse Zubauwirkung im Ökostromsegment gewährleistet.
ÖkostromEinkauf in Gemeinden Seite 4 von 5 Einschränkend ist anzumerken, dass mit dem eine physische Lieferung unabhängig von den Zertifikaten möglich ist; diese müssen zudem nicht aus Österreich stammen. Größere Stromunternehmen in Österreich gründen zunehmend eigene Tochtergesellschaften, die ausschließlich mit Ökostrom handeln. Diese können daher für einzelne Stromprodukte das führen, geben damit aber keine Aussage zur Zusammensetzung des Stromabsatzes im Gesamtkonzern. In Deutschland und in der Schweiz werden von UmweltInitiativen ebenfalls zusammenfassende Gütesiegel für Stromprodukte verliehen. Die einzelnen Labels sind nicht wirklich vergleichbar, da unterschiedliche technische Kriterien eingefordert werden. Beispiele für Ökostromprodukte ausgewählter Anbieter Stand: 1. Okt. 2013 Anbieter Eigentümer Stromprodukte Label / Zertifikat Ökostrombörse Ökoenergie FörderVerein, unter Beteiligung der AG AG Öko (privat, Gewerbe oder Business); mit Förderaufschlag für Ökostromanlagen in Öko privat Öko Gewerbe Business Oekostrom AG Streubesitz basic (Privat) business (Gewerbe) premium (Privat) business plus (Gewerbe) Alpen Adria Naturstrom Vertrieb Naturkraft Energievertriebsgesellschaft Familie Klauss Energie Allianz (Wien Energie, EVN, Energie Burgenland) AAE Naturstrom AAE Kleinwasserkraft AAE Naturstrom plus RotWeißRot Strom NaturStrom Privat NaturStrom Business enamo Ökostrom Haushalt enamo Ökostrom Gewerbe Herkunftsnachweis (Stromkennzeichnung) Händlermix ( Ökoenergie) 91,7 % Wasserkraft 3,9 % Windenergie 3,3 % Biomasse 1,2 % Sonst. Ökoenergie Stromprodukte optional auch mit verfügbar 100% Herkunftsnachweise mit phys. Lieferung Händlermix ( Ökoenergie)* 91,7 % Wasserkraft 3,9 % Windenergie 3,3 % Biomasse 1,2 % Sonst. Ökoenergie Händlermix (Gesamtunternehmen)* 80,2 % Kleinwasserkraft 14,2 % Windenergie 3,4 % Biomasse 1,2 % Biogas 1,0 % Fotovoltaik 0,1 % Sonst. Ökoenergie Händlermix (Gesamtunternehmen)* 82 % Kleinwasserkraft (zertifiziert) 11 % Windenergie 2,5 % Fotovoltaik 4,5 % Biomasse Händlermix (Naturkraft)* 85 % Wasserkraft 11 % Windenergie 3 % Biomasse 1 % Sonstige Ökoenergie enamo Ökostrom Linz AG Energie AG Händlermix (enamo)* 93,4 % Wasserkraft 3,0 % Windenergie enamo Gemeindeprodukt 2,7 % Biomasse mit 1 % Sonstige Ökoenergie *) Stromprodukte, die mit angeboten wird, weisen eine andere Zusammensetzung der Energieträger auf. Ökostrombörse lokales Fördermodell für Ökostromausbau Über das Modell der Ökostrombörse gibt es für Gemeinden, die aufgrund der örtlichen Rahmenbedingungen keinen umfassenden Ausbau von Eigenanlagen durchführen können, eine gute Gelegenheit, zum Ausbau erneuerbarer Stromquellen einen Beitrag leisten.
ÖkostromEinkauf in Gemeinden Seite 5 von 5 Kunden der Ökostrombörse beziehen das Stromprodukt Öko der AG: Lt. Angabe des Unternehmens stammen dabei mind. 90% aus Kleinwasserkraftanlagen in, die übrigen 10% aus weiteren Ökostromanlagen, die über das Netz einspeisen. Sie leisten einen Förderbeitrag von 1,5 Cent pro kwh verbrauchter Energie, für jede kwh über 30.000 kwh hinaus 1,0 Cent. Mit der Fördersumme wird die Neuerrichtung oder Optimierung von Kleinanlagen zur Ökostromproduktion in unterstützt, die Auswahl erfolgt nach definierten Kriterien. Der Kunde (die Gemeinde) kann mitentscheiden, welche Projekte gefördert werden sollen. Weitere Informationen (Richtlinien, Liste der Förderprojekte, etc.): www.salzburg.oekostromboerse.at Folgende Gemeinden im Bundesland sind Kunden der Ökostrombörse (Stand: 1.10.2013): Saalfelden (Stromverbrauch Schulzentrum Stadt) Schleedorf (Stromverbrauch Kindergarten, Vereinsgebäude, Schule, Tageszentrum) St. Johann im Pongau (Stromverbrauch Schulen und Sportstätten) Thalgau (gesamter Stromverbrauch aller Gebäude) WalsSiezenheim (im Ausmaß des Stromverbrauch der Straßenbeleuchtung) Weißbach (gesamter Stromverbrauch aller Gebäude) Zell am See (Stromverbrauch Schulzentrum Schüttdorf) Wie kommt eine Gemeinde zu einer ÖkostromVersorgung? 1. Grundsatzentscheidung im e5team zur ÖkostromVersorgung der gemeindeeigenen Gebäude/Anlagen (davor: Möglichkeiten zum Stromsparen und zur Eigenproduktion nützen!) 2. Abgrenzung des Lieferumfangs, z.b. für eine klar definierte Gruppe von Gebäuden/Anlagen 3. Festlegung der Qualitätskriterien: Ist Produktmix oder Händlermix wichtiger? Soll eine Zubauwirkung gewährleistet sein? Stammen die Herkunftsnachweise aus Österreich? usw. 4. Einholung von Lieferangeboten (im Bedarfsfall: Abwicklung eines Vergabeverfahrens) 5. Vorbewertung nach ökologischen und wirtschaftlichen Kriterien 6. Diskussion und Empfehlung durch das e5team 7. Beschluss der Gemeindevertretung 8. Öffentlichkeitsarbeit (Gemeindezeitung, Beschilderung der Gebäude, etc.) Unterstützung im Beschaffungsvorgang Bei der Umstellung der Stromlieferung auf Ökostrom kann die Beiziehung eines externen Beraters zweckmäßig sein, der bei der Festlegung von Kriterien, Einholung von Lieferangeboten und Vorprüfung Unterstützung leistet. Auch das e5betreuerteam steht dafür gerne zur Verfügung! Wenn die Beschaffung von Ökostrom nach einem Vergabeverfahren durchgeführt wird, so ist dieser Weg auch über die Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) möglich. Sie sichert zu, nach Wunsch auch Kriterien entsprechend dem Österreichischen anzuwenden. Infoblatt: Oktober 2013