Mit Tanz und Musik gegen HIV/Aids Geoffrey, geboren am 8. Juni 1996, gestorben am 11. Dezember 2001, im Alter von 5 Jahren Helen, geboren am 30. Juli1991, gestorben am 06. Oktober 1999 im Alter von 8 Jahren Mathewa, geboren am 28. Januar 1988, gestorben am 29. Oktober 1999 im Alter von 11 Jahren Naomi, geboren am 20. März 1986, gestorben am 5. Juli 2000, im Alter von 14 Jahren Der Reihen der Gräber auf dem Friedhof von Arusha wachsen. Die meisten Toten sind Kinder und Jugendliche. Jede Minute stirbt ein Kind an den Folgen von Aids und alle sechs Sekunden infiziert sich ein Mensch mit dem Virus. Weltweit steigt die Anzahl der Menschen, die mit dem HI-Virus lebt. Ca. 40 Millionen Menschen sind HIV positiv. Im südlichen Afrika ist die HIV/Aids-Rate besonders hoch. Armut und mangelnde Bildung, sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kinder und der Zerfall von Familienstrukturen sind die Hauptgründe für die rasche Ausbreitung der Pandemie. Erschwerend kommt hinzu, dass einige afrikanische Regierungen das HIV/Aids-Problem bis heute herunterspielen oder ignorieren. Zinhle: (Filmeinblendung) Mein Name ist Zinhle, aber meine Freunde nennen mich Smiley. Ich bin HIV positiv! Angesteckt hat mich mein Stiefbruder. Als er mich zum ersten Mal vergewaltigt hat, war ich neun Jahre alt. Mit der Diagnose zu leben, ist nicht immer einfach. Aber die Zeiten sind vorbei, in denen ich wünschte ich wäre tot, weil ich den Schmerz, die Angst und die Demütigung nicht mehr ertragen konnte. Dank der Unterstützung wunderbarer Menschen und auch durch meinen Glauben habe ich gelernt, meine Krankheit zu akzeptieren und meinem Leben einen Sinn zu geben. Manchmal wenn ich Freunden erzähle, dass ich HIV positiv bin, dann fragen sie mich, wie ich obwohl ich weiß, dass ich krank bin trotzdem lachen kann. Aber dann frag ich zurück, warum ich nicht lachen sollte. Nur weil ich HIV positiv bin, muss ich nicht unglücklich
sein. Und ehrlich gesagt bin ich total glücklich. Ich arbeite, wie jeder andere normale Mensch, und das bin ich ja auch, ein ganz normaler Mensch mit einem ganz normalen Leben. Ich werde nicht müde zu erklären, dass man auch mit der Krankheit ein erfülltes Leben führen kann. Ich sehe es als meine Aufgabe an, immer wieder das Gespräch mit Jungen und Mädchen zu suchen, um ihnen meine Geschichte zu erzählen. Ich möchte, dass sie über Ansteckung und Folgen der Krankheit aufgeklärt werden. Denn Aufklärung ist der wirkungsvollste Schutz vor einer Infektion. Auch wenn Zinhle heute voller Lebensfreude und Optimismus ist, kehren ihre Gedanken immer wieder zur Krankheit zurück. Die Zeiten, in denen sie voller Sorge an die Zukunft dachte, sind nicht vergessen. Doch durch die liebevolle Unterstützung, die sie im Kinderschutzzentrum St. Philomenas erhielt, und durch ihren Glauben hat die junge Frau gelernt, ihrem Vergewaltiger zu vergeben und mit dem HI-Virus zu leben. In Bukoba, im Nordwesten von Tansania, wo sich die Seuche besonders früh ausbreitete, gründete ein Priester im Jahr 2000 das Aufklärungsprogramm KAKAU. Kakau ist die Abkürzung für Kanisa Katoliki dhidi ya Ukimwi und steht für Aufklärungsprogramm der katholischen Kirche in der Landessprache Kisuaheli. Mit Hilfe von missio fordern die Mitarbeiter von KAKAU durch Straßentheater und Musik die Menschen auf, sich mit der todbringenden Virusinfektion auseinanderzusetzen. Um für ihre Auftritte im In- und Ausland gerüstet zu sein, treffen sich die Mitglieder der Kakau-Band mehrmals in der Woche zum Proben. An den Trommeln sitzt der 33-jährige Geoffrey; begleitet von Wilbrod mit den Maracas Am Bass: Joseph Kennedy Audax, der 37-jährige Keyboarder ist der Oldie der Truppe Das jüngste Bandmitglied ist der 23-jährige Francis am Schlagzeug Das kleine Horn spielt Julien und wird von Jacob unterstützt, der das größere Horn bläst
Zur Band gehört eine Gruppe von Tänzern, die zu den Besten in Tansania gehören. Die 7- köpfige Truppe wird von Claudius und Moses angeführt. Sängerin und Herz der Kakau-Band ist die 23-jährige Sarah. Die Mutter eines 4-jährigen Sohnes kümmert sich, seit dem Tod der Mutter, auch um zwei Pflegekinder. Verantwortung für andere zu übernehmen, gibt ihrem Leben Sinn, sagt Sarah, ebenso wie ihr Engagement in der Kakau-Band. Sarah: Angesichts der vielen Todesfälle in unseren Gemeinden mussten wir handeln. Wir dürfen die Menschen nicht fallen lassen. Diese Botschaft geben wir in unseren rhythmischen Songs und durch mitreißende Tanzeinlagen weiter. Denn Musik öffnet die Herzen der Menschen und in der ungezwungenen Atmosphäre kann gleichzeitig Wissenswertes über Ansteckung und Ausbreitung vermittelt werden. In dem Song Don t fall into the lake, warnt Sarah vor dem allzu sorglosem Umgang mit HIV/Aids: Hey mein Freund, pass auf, dass du nicht in dieses Gewässer fällst. Denn, es ist voll von Krokodilen und die Wellen sind riesig! Schau dich um, mein Freund, es gibt so viele Krankheiten in dieser Welt viele Menschen haben große Angst davor, auch krank zu werden, Hey, warum kannst du nicht zuhören? Du schläfst mit verschiedenen Partnern und riskierst dein Leben und das der anderen. Wir begraben die, die wir lieben, und der Tod bekommt ein alltägliches Gesicht. Wir beklagen Armut und Krankheit Warum willst auch du noch zu dem ganzen Leid beitragen? Es gibt so viele kranke Menschen, um die wir uns kümmern müssen Bitte hör auf, unser Leid zu vergrößern. Schau dich um, siehst du nicht die steigende Zahl von Waisen und Witwen? Die Jugend, die die Zukunft unseres Landes ist, verschwindet. Bist du dir wirklich im Klaren über unsere Lage?
Sarah: Neben der Musik leisten wir Präventionsarbeit auch mit Theateraufführungen. In unseren Inszenierungen behandeln wir gesellschaftliche Probleme wie Prostitution oder Ausgrenzung von HIV-Infizierten. Die Aufführungen erinnern an die Verantwortung aller Menschen füreinander. Ein weiterer wichtiger Teil unserer Arbeit ist die so genannte peer education. Peer education bedeutet, dass Jugendliche Gleichaltrige aufklären. KAKAU lädt dazu Schulen zu professionell geführten Diskussionen zum Thema HIV/Aids ein. Bei den Debatten werden Tabus überwunden und Vorurteile abgebaut. Schülerinnen und Schüler diskutieren über Fragen der Verhütung, über das Rollenverhalten von Mann und Frau oder die Notwendigkeit von Aids- Tests. Im Vorfeld der Diskussion werden einige Schüler ausgewählt und als Moderatoren geschult. Sie leiten dann die Diskussion, geben Impulse zum Thema und tragen Sorge, dass die Redezeiten der einzelnen Sprecher eingehalten werden. Mit unserem Programm und unserer Musik haben wir erreicht, dass sich die Menschen Gedanken über HIV/Aids machen und offen über ihre Probleme und Ängste sprechen. Viele Tabus konnten so aufgebrochen werden. Viele Leute dachten, durch bloße Berührung könne man sich mit HIV/Aids anstecken", erinnert sich der Gründer der Kakau-Band David Kamigusha. Das Tabu rund um die Pandemie war das Hauptproblem und Aufklärungsprogramme der Regierung wurden kaum besucht. Doch die langjährige Arbeit der Kakau-Band zeigt Wirkung: Heute redet man in Bukoba ganz offen über die Pandemie und Infizierte und Kranke behalten ihren Platz in der Gesellschaft.
Der Erfolg der Kakau-Band reicht weit über die Grenzen Bukobas hinaus. Bereits dreimal landeten die Songs der Gruppe auf Platz eins der tansanischen Charts. Unter dem biblischen Motto: Ich lasse dich nicht fallen. Und verlasse Dich nicht, präsentierte missio die Kakau-Band im Oktober 2006 auch in Deutschland. Die Auftritte in deutschen Schulen und Gemeinden lösten bei den Zuschauern Begeisterungstürme aus und brachten auch hierzulande die Jugendlichen dazu, neu über HIV und Aids nachzudenken. missio dankt Kakau, dass sie durch dieses innovatives Aufklärungsprojekt Leben rettet und Aidskranke wieder in die Mitte der Gemeinschaft holt.