Thermische Behaglichkeit mit Infrarotheizungen aber energetisch richtig! (Internet-Kurzfassung) Energiediskurs PRO und CONTRA Infrarotheizung Veranstalter: Westfälisches Energieinstitut Westfälische Hochschule, Gelsenkirchen 23. Juni 2016 Dr.-Ing. Peter Kosack Technische Universität Kaiserslautern Inhalt 1 Grundlegende Systemstudien zur Energieversorgung von Gebäuden 2 Infrarotheizungen und die Bedingungen fur ihre energetisch richtige Anwendung 3 Ergebnisse aus Studien, Positiv- und Negativ-Beispiele 4 Energie- und Kostenbilanzen bei Neubauten und bei der Altbausanierung Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 1
Welche Möglichkeiten gibt es für die Energieversorgung von Gebäuden? Zugeführte Energien: Benötigte Energien:?? Haustechnik Strom Wärme (Raumheizung, Warmwasser) Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 2
Forschung zum Energiewandler-Netzmodell: Finden der möglichen Strukturen Energiewandler- Netzmodell: - Bipartites Netzmodell mit Energiewandlern als abstrakte Black-Box (blaue Rechtecke) und den zugehörigen Energieformen in deren Übertragungswegen oder Speichern (rote Kreise oder Ovale). - Energieversorgungsund Verbraucher- Strukturen können im gleichen Modell dargestellt und untersucht werden. Ausschnitt aus einem Energiewandler-Netzmodell mit einem Teilnetz, das als Versorgungsstruktur die Anforderungen erfullt: Vorteil des Modells: Auf abstrakter Ebene können alle(!) theoretisch möglichen Strukturen ermittelt und gemäß einer globalen Bewertungsfunktion das Optimum gefunden werden. Untersucht wurden Netze mit bis zu 58 Energiewandlern. Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 3
Gefundenes Optimum: Grundsätzliches Konzept für die optimale Energieversorgung eines Wohngebäudes Stromnetz Photovoltaik Energie- Management inkl. Wechselrichter Strom- Speicher Effiziente elektrische Wärmeerzeugung z.b. Wärmepumpe, Infrarotheizung Haushaltsstrom E-/Hybrid-Mobil Ein wichtiger Vorteil des Konzepts: Die nicht vom Gebäude selbst benötigte Energie kann als Solarstrom komplett exportiert werden! => Energie-Amortisationshaus, Energie-Autonomiehaus => mehr als Doppelte des Eigenbedarfs exportieren. Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 4
Heizung? Der Mensch braucht keine Heizung, sondern eine behaglich temperierte Umgebung. Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 5
Historische Heizquellen und thermische Behaglichkeit Die Sonne als natürliche Strahlungs- Wärmequelle für die gesamte Erde. Lagerfeuer als indirekte Nutzung der Sonnenenergie durch Biomasse. Nachteil: Deutliche Strahlungsasymmetrie ( Lagerfeuereffekt ). Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 6
Historische Entwicklung: Von der Sonne zur elektrischen Infrarotheizung Neben der konventionellen Stromerzeugung in thermischen Kraftwerken gibt es seit mehreren Jahrzehnten die direkte Stromerzeugung durch Photovoltaik. Damit kann man eine energetisch sehr effiziente Nutzung der solaren Primärenergie zu Heizungszwecken erreichen. Wirkungsgradkette: 20% (theoretisch > 60%) x 40% (100% gesamte Wärmeenergie) = 8% (> 60%) Solare Strahlungs- Energie Photovoltaik Elektrische Energie Infrarot- Heizung Wärme- Energie - - > Die mit Solarenergie betriebenen elektrischen Heizsysteme sind ganzheitlich betrachtet mit weitem Abstand die energieeffizientesten! Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 7
Erwärmung Luftvolumen versus Erwärmung Umgebungs-Oberflächen Die Anforderungen an thermische Behaglichkeit können mit unterschiedlichen Erwärmungsgraden von Raumluftvolumen und Raumumschliessungsflächen erfüllt werden, was entsprechenden Anteilen an Strahlungs-Wärme und Konvektions-/Wärmeleitungs-Wärme entspricht. Solare Strahlungs- Energie Elektrische Wandlerkette Elektrische Energie Effizienz-optimiert durch Verwendung von Solarstrom Elektrische Heizung Strahlungs- Wärme Konvektions-/ Wärmeleitungs- Wärme Fragestellung: Kann man die gesamte Wandlungskette durch geeignete Aufteilung von Strahlungs-Wärme und Konvektions-/Wärmeleitungs-Wärme hinsichtlich Energieeffizienz weiter optimieren? D.h., kann der Gesamtenergieverbrauch durch gezielte Aufteilung reduziert werden? Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 8
Generelle Heizungsprinzipien (idealisiert) Konvektionsheizung (Konvektions-Wärme): Das Luftvolumen im Raum wird direkt geheizt; über das Luftvolumen werden die Oberflächen geheizt. Infrarotheizung (Strahlungs-Wärme): Die Raumoberflächen werden per Strahlung direkt geheizt; durch die erwärmten Oberflächen wird das Luftvolumen geheizt. Wärmeleitungsheizung (Wärmeleitungs-Wärme): Die Oberflächen der Raumbauteile (Wände, Boden, Decke) werden gleichmäßig von der Bauteilinnenseite her per Wärmeleitung geheizt; über die temperierten Oberflächen wird per Wärmeleitung das Raumluftvolumen geheizt. In der Praxis treten alle drei Prinzipien gleichzeitig und je nach Heizung in unterschiedlichen Anteilen auf. Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 9
Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt Beispielhafte Vergleichsmessung zwischen Infrarot-Heizung und Gasheizung im Altbaubereich Gesamtverbrauch Gas (BWG): 30188,1 kwh, Strom (IR): 7305,92 kwh Emission auf die Primärenergie bezogen (Erdgas: 249 g/kwh, Strom-Mix: 541 g/kwh) Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 10
Ergebnisse aus vergleichbaren Untersuchungen Vergleich von drei Gebäuden mit unterschiedlichen Heizsystemen 18000 16000 14000 Vergleich EnEV-Rechnung/Messung Heizenergiebedarf berechnet nach EnEV (orange) Gemessener tatsächlicher Endenergie- Verbrauch (hellblau) 12000 10000 kwh /a 8000 6000 4000 Column B Column C Quelle: Lehnert, G. Tagung Infrarotheizung, Halle, 2010 2000 0 IR-Heizung Gas-BW-Hzg WP-Hzg IR Gas-BW WP Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 11
Vergleich von Nachtspeicherheizungen und IR-Heizungen Vergleichswerte aus Stichproben bisheriger Installationen im Vorher-/Nachher- Vergleich 30% 60% Mögliche Einsparung: 30% bis 60% in Abhängigkeit von Bausubstanz und bisherigem Heizungsverhalten der Bewohner NSP IR Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 12
Erste Untersuchungen im Geschosswohnungsbau 215,53 kwh/qm (Primärenergie, gemessen) Mittelwert aus Stichproben verschiedener Wohnungen im gleichen Gebäude 27% 157,90 kwh/qm (Primärenergie nach EnEV 2009) 60,73 kwh/qm (Endenergie, gemessen) Gas IR Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 13
Weitere Ergebnisse bei unterschiedlicher Dämmung und Berücksichtigung des Primärenergiefaktors Quelle: Institut für Energietechnologie und anwendung, Thüringen fp=2,6 (2010) fp=1,8 (2016) fp=1,0 (2025) fp=0 (2040) Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 14
Problem bei der Einhaltung der EnEV fp = 1,8 fp = 1,8 End- und Primär- Energieverbrauch nach EnEV für elektr. Konvektionsheizungen Tatsächlicher End- und Primär- Energieverbrauch der elektrischen IR-Heizung Entscheidend: Die Berechnungsvorschriften der EnEV sind nur für elektr. Konvektionsheizungen, nicht für IR-Heizungen ausgelegt. Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 15
Alternative Sanierung von Altbauten Ausführung Konventionell: NEU: - Dämmung; - IR-Heizung inkl. WW - neue Fenster; - alternativ: Wärmepumpe - Gas-Brennwertheizung - PV-Anlage (Ganz-Dach-Anlage) Ergebnis: Bestenfalls Passivhaus Ergebnis: Bis Plus-Energie-Haus Kosten EFH: Kosten EFH: 70.000,- bis 130.000,- EUR IR: 5.000,- bis 15.000,-EUR alternativ: WP: 10.000,- bis 30.000,- EUR (Quelle: dena) PV: 30.000,- bis 60.000,- EUR PV-Anlage trägt sich finanziell selbst Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 16
Kostenentwicklung für Photovoltaik-Strom Die Anlagenkosten fallen voraussichtlich um 65% in den nächsten 10 Jahren. D.h. PV-Strom vom eigenen Dach kostet dann weniger als 3 EURO-Cent/kWh (heute weniger als 8 EURO-Cent/kWh) Quelle: IRENA Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 17
Alternative Sanierung von Altbauten; aktuelles Projekt Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 18
Umgesetzte Maßnahmen im einzelnen Gebäude Gesamter Energieverbrauch als Strom und PV-Ertrag im Jahresverlauf uber 4 Jahre gemittelt. Mit Kurzzeit- Speicher ca. 70% solare Überdeckung! kwh 3000 2500 2000 1500 Gesamt- Stromverbrauch und PV-Ertrag 54,3 kwh/qm a 151,1 kwh/qm a Verbrauch Column K Column L PV-Ertrag Mit Langzeit- Speicher energetische Unabhängigkeit! 1000 500 0 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 19
Alternative Sanierung von Altbauten; Primärenergie-Bilanz Umstellung auf Elektrische Speicher- oder Direktheizung (Konvektion) 100% Primärenergie Öl, Gas Konventionelle Sanierung 40% Primär- Energie 240% Primärenergie im Strom-Mix (EU-Mittelwert) Die alternative Sanierung ist ökologisch und ökonomisch besser!!! 100% Endenergie Elektrische Speicher- oder Direktheizung (Konvektion) Sanierung mit Wärmepumpe, IR-Heizung 40% End- Energie ca. 100% Primär-Energie im Strom-Mix PV-Anlage mit Kurzzeit-Speicher 16% End-Energie ca. 38% Primär- Energie Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 20
Spektrum der bisherigen Erfahrungen mit der Anwendung von IR-Heizungen inklusive aller Positiv- und Negativ-Beispiele 100% Endenergie (beliebige Energieträger) Ausschliessliche Sanierung mit Infrarot-Heizung 30% End- Energie 200% Endenergie und mehr Vermutung und neuer Forschungsansatz: Es müssen hauptsächlich zwei Kriterien für die energetisch richtige Anwendung erfüllt sein. Das sind: a) Die verwendeten Infrarotstrahler müssen einen möglichst hohen Strahlungswirkungsgrad und kurze Aufheizzeiten besitzen (Neuer Normvorschlag für IEC 60675). b) Das Gebäude muss für die Beheizung durch eine Infrarotheizung geeignet sein. Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 21
Forschungsbedarf Die Anforderungen an die Gebäude sind aus Erfahrungswerten qualitativ formulierbar, aber durch weitere Forschung noch zu quantifizieren und zu validieren durch: - Neue, für Infrarotheizungen geeignete Simulationsmodelle von Heizungen und Gebäuden - Modellentwicklung für Behaglichkeitsregelungen - Zu den neuen Modellen passende Labor- und Feldversuche - Gesamt-Energiebilanz inklusive grauer Energie - Kostenbilanz über gesamten Lebenszyklus Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 22
Zusammenfassung Die Infrarotheizung nimmt im Spektrum der Heizungen eine Sonderstellung ein, da mit ihr verschiedene Effekte zur Energie-Effizienz-Steigerung und zur Erhöhung der Behaglichkeit genutzt werden können. Prinzipiell ist eine Infrarotheizung zu 100% regenerativ betreibbar. Zur optimalen Effizienz-Steigerung müssen Infrarotheizung, Regelung und Gebäudetyp zusammenpassen. Unter dieser Voraussetzung ist die Infrarotheizung eine komfortable, kostengünstige und zukunftsfähige Heizung. Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 23
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr.-Ing. Peter Kosack Graduate School CVT Arbeitskreis Ökologisches Bauen Technische Universität Kaiserslautern Gottlieb-Daimler-Straße, Gebäude 42-157 D-67663 Kaiserslautern Telefon: +49-(0)631-205-2842 Telefax: +49-(0)631-205-3730 E-Mail: kosack@rhrk.uni-kl.de Dr.-Ing. Peter Kosack, Technische Universität Kaiserslautern, www-user.rhrk.uni-kl.de/~kosack/forschung Folie 24