Nr. 09/2014 Woche 24.02. bis 02.03.14 Ariel Sharon Park nahe Tel Aviv eröffnet Wo früher ein 60-Meter hoher Müllberg war, kann man heute Velo fahren, Vögel beobachten, picknicken, am See sitzen oder einfach den 360 Grad Blick auf Tel Aviv geniessen: Der kürzlich eingeweihte Ariel Sharon Park wurde bereits seit mehreren Jahren gebaut und wird, nachdem der Bau komplett abgeschlossen ist, drei Mal so gross wie der Central Park in New York sein. Die Hiriya Mülldeponie war bisher vor allem als Schandfleck bekannt. Sie wurde seit den 50er Jahren als Müllhalde genutzt der Abfall zog zeitweise tausende Vögel an, die für Flugzeuge, die am Ben Gurion Flughafen landen wollten, schliesslich sogar zu einem ernsten Problem wurden. Der Ariel Sharon Park wurde in Gegenwart der Enkelkindern des kürzlich verstorbenen ehemaligen Premierministers eingeweiht. Sie haben auch mehrere junge Bäume von dem Bauernhof Sharons eingepflanzt. Panorama-Aussichtspunkt im Ariel Sharon Park (Bild: commons.wikimedia.org). Mülldeponie wird zum Park (englisch), Times of Israel, 18.02.14 http://www.timesofisrael.com/once-a-dump-sharon-park-officially-opens-near-tel-aviv/ 1
Neues System für Organspenden geplant Das Komitee für Gesetzgebung diskutiert ein neues Gesetz, dass das bisherige System für Organspenden in Israel revolutionieren könnte. Entsprechend des Gesetzesentwurfs sollen künftig alle Menschen Organspender sein - es sei denn, sie haben ein Formular ausgefüllt, das explizit besagt, dass sie im Falle eines Todes nicht ihre Organe spenden möchten. Damit würde die Zustimmungsregelung durch eine Widerspruchsregelung ersetzt werden. Diese Art von Organspende-Modell gibt es beispielsweise bereits in Ländern wie Spanien, Österreich und Belgien in Deutschland und der Schweiz ist es nach wie vor üblich, dass nur Menschen, die einen Organspendeausweis hatten und damit eindeutig einer Organspende zustimmen, auch für solche in Betracht gezogen werden. Die Massnahme ist eine Reaktion darauf, dass Israel bisher das westliche Land mit den wenigsten Organspenden ist lediglich 13 Prozent der Israelis besitzen einen Organspendeausweis. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums warten derzeit mehr als 1.000 Kinder und Erwachsene auf Spenderorgane. Rund 250 von ihnen werden in den kommenden Jahren eine Transplantation erhalten. Circa 200 werden während der Wartezeit versterben. Ein Organspendeausweis, wie dieser für Deutschland, soll künftig in Israel nicht mehr nötig sein. (Bild: wikipedia) Neues Organspende-Gesetz geplant (englisch), Haaretz, 23.02.14 http://www.haaretz.com/news/national/.premium-1.575787 Man muss die Architektur in Tel Aviv und ganz Israel erst einmal verstehen lernen Sharon Golan ist als Architektin im Denkmalamt der Stadtverwaltung Tel Aviv tätig. Durch ihre Arbeit konnten schon viele Bauhaus-Gebäude in neuem Glanz erstrahlen für sie ist Israel ein Land mit unglaublich spannender Architektur, die sich vielleicht nicht jedem gleich erschliesst, aber dafür höhere Ziele repräsentiert... Das Gespräch führte Katharina Höftmann Zwischenzeilen: Sie sind als Architektin für den Denkmalschutz der Tel Aviver Stadtverwaltung zuständig können Sie mir ein wenig mehr über Ihre Arbeit erzählen? Sharon Golan: Ich kümmere mich in meiner Position um das gesamte Kulturerbe. Neben dem denkmalgeschützten Bauhausstil finden wir in Tel Aviv auch frühere Architekturstile wie den 2
eklektischen und arabischen. Darüber hinaus Gegenden wie das Templerviertel Sarona und jetzt langsam gewinnt auch das, was man in Deutschland als Nachkriegsarchitektur kennt, an Bedeutung. Also vor allem Betonbauten aus den 50er Jahren aus der Ära des Brutalismus. ZZ: In TLV gibt es rund 4.000 Bauhaus-Gebäude, die Stadt wurde 2003 ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen was hat sich seitdem verändert? Wie steht es heute um die Bauhaus-Gebäude in der Stadt? Golan: Nach der Verleihung hat die Stadt gemeinsam mit der UNESCO begonnen, einen Denkmalschutz-Plan zu entwickeln. Das war ein sehr kompliziertes Unterfangen, weil man erst einmal verstehen musste, was überhaupt die genauen Anforderungen sind. Dieser Plan wurde erst vor drei Jahren fertiggestellt und erlaubt den Eigentümern, im Gegenzug für eine denkmalgerechte Sanierung, zwei bis drei Stockwerke auf die Gebäude aufzusetzen. Sharon Golan kümmert sich als Architektin für die Stadtverwaltung Tel Aviv um den Denkmalschutz (Bild: privat). ZZ: Wie laufen solche Projekte normalerweise ab? Golan: Das normale Projekt beginnt so, dass der Architekt eine Mappe über das Gebäude erstellt - nachdem wir gemeinsam das Gebäude verstanden und analysiert haben, machen wir einen Plan für die Sanierung. Aber das spannendste sind eigentlich die zusätzlichen Bauflächen, bei denen man sich überlegen muss, wie man sie dem Haus am besten anpasst. Hier muss man sich viele ästhetische Fragen stellen: will man den gleichen Baustil, soll es aussehen wie ein Teil des Gebäudes oder eher wie ein Pavillon, den man draufsetzt? ZZ: Was sind typische Probleme? Golan: Das grösste Problem ist, dass die Gebäude viele Eigentümer haben. Es ist nicht leicht, diese alle an einen Tisch zu bekommen. Um dann die Sanierung zu planen, braucht man wirklich viel Wissen. Man muss die Materie, die Elemente wie Putz oder Öffnungen, sogar das Gewächs drumherum, komplett verstehen. 3
Das Bauhaus-Museum in der Bialik Strasse in Tel Aviv (Bild: Wikimedia.org). ZZ: Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen? Golan: Ich hab in Berlin und Chicago Architektur studiert und dann in London im Denkmalschutz gearbeitet. Mich hat die moderne Architektur immer besonders fasziniert, in Chicago habe ich in einem Gebäude gelernt, dass von Mies van der Rohe entworfen wurde. Nachdem ich einen Master an der Technion in Denkmalschutz Architektur gemacht habe, begann ich für das Denkmalschutz-Amt in Tel Aviv zu arbeiten. Tel Aviv ist so besonders, weil man die Architektur der Stadt erst einmal verstehen muss, bevor man sie lieben kann. Die Schlichtheit des Bauhaus, dieses FFF (form follows function) gefällt nicht gleich jedem. ZZ: Wie schwer ist es Israelis ausserhalb von Tel Aviv klar zu machen, dass es sich lohnt, Bauhaus- Gebäude zu erhalten und nicht lukrative zehnstöckige Immobilienprojekte auf den Grund zu setzen? Golan: Oft kommen Leute zu mir ins Büro und sagen: Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, aber ich weiss nicht, warum. Die würden das Haus am liebsten abreissen. Aber viele Leute verstehen auch, dass die Gebäude etwas besonderes sind, wenn sie erkennen, dass man sie viel besser vermarkten kann. Die meisten sehen auch, dass die Häuser saniert werden müssen. Aber so oder so, die Häuser sind Privateigentum und wir als Stadtverwaltung können sie nicht zwingen, zu sanieren. Das Templer-Viertel Sarona in Tel Aviv wurde kürzlich komplett saniert (Bild: http://embassies.gov.il/) 4
ZZ: Israel ist abgesehen von einigen Städten wie Tel Aviv, Jerusalem oder Haifa nicht unbedingt für seine schöne Architektur bekannt. Was macht das Land architektonisch aus? Golan: Bauhaus-Gebäude gibt es überall in Israel. Der einzige Israeli, der in der Bauhaus-Schule in Deutschland studiert hat, Arye Sharon, hat fast das ganze Land geplant. Aber so wie die Stadt Tel Aviv, muss man auch das Land verstehen, um die Architektur zu schätzen zu wissen. Wenn man in die Kibbuzim fährt und sich dort die Essenshallen anschaut, dann haben die einen ganz besonderen, dem Bauhaus ähnlichen, Stil. Durch diese Architektur kann man den Zeitgeist von damals nachvollziehen. Sie ist ein Spiegel der Gesellschaft. Die meisten europäischen Architekten, die nach Israel kamen, hatten noch keine Formsprache. Aber sie wussten, dass sie etwas Neues, Gerechtes schaffen wollten. Auch im restlichen Teil des Landes, vor allem in den Kibbuzim, kann man interessante Architektur entdecken wie dieser Essensraum im Kibbuz Shoval (Bild: e-architect.co.uk). Tel Aviv White City Infoportal (englisch) http://www.white-city.co.il/english/ Bericht über Bauhaus Architektur, Webseite Goethe Institut http://www.goethe.de/ins/il/lp/kul/mag/dsi/tel/de10247689.htm Berichte über israelische Architektur im Allgemeinen (englisch), e-architect http://www.e-architect.co.uk/israeli-architecture Ihre Ansprechpartner Redaktion: Katharina Höftmann; sie arbeitete im Auslandsbüro der dpa in Tel Aviv und für die WELT ONLINE. Momentan arbeitet sie als freie Journalistin und Buchautorin. E-Mail: k.hoeftmann@gmx.de Projektverantwortlicher für den GIS-Vorstand: Jacques Korolnyk; E-Mail: jacques.korolnyk@israelschweiz.org.il Hintergrund Der wöchentliche Info-Service der Gesellschaft ISRAEL-SCHWEIZ (GIS) informiert Sie über spannende Aspekte, die sonst in der Berichterstattung über Israel kaum wahrgenommen werden. Darüber hinaus bietet der Info-Service einmal im Monat einen ausführlichen Bericht zu wechselnden Themen aus folgenden Bereichen: Kunst und Kultur, Wissenschaft und Forschung, Gesundheit und Medizin, Wirtschaft und Finanzen, Energie und Umwelt, Gesellschaft und Vermischtes. Ferner bietet die GIS den Journalisten Hilfe bei der Recherche und ausführliche Zusatzinformationen zu den einzelnen Themen an. 5