GEORG BÜCHNER DANTON S TOD ZWEITER AKT, SZENE 3
DAS THEATER ALS LÜGE S. 43, 1-14 [Ein Zimmer: Danton, Camille, Lucile] Camilles Rede über das Theater und die Kunst: Direkter Bezug auf II,2 Erster Herr: Haben Sie das neue Stück gesehen? Alles so leicht und kühn in die Luft gesprengt. Indirekter Bezug auf das Theater der Imitation der römischen Republik durch die Protagonisten der Revolution.! Thema: Theater als Illusionsmaschine vs. Realität Wenn sie nicht alles in hölzernen Kopien bekommen so haben sie weder Augen noch Ohren dafür.! Hölzerne Kopien : Personen ohne die Komplexität, die einem bestimmten Schema entsprechen Schnitzt einer eine Marionette, wo man den Strick hereinhängen sieht, an dem sie gezerrt wird und deren Gelenke bei jedem Schritt in fünffüßigen Jamben krachen, welch ein Charakter, welche Konsequenz! Strick! Vohrhersagbarkeit des Verhaltens verspottet fünffüssige Jamben! künstliche und konventionelle Theatersprache als Nivellierung der Person Nimmt einer ein Gefühlchen, eine Sentenz, einen Begriff und zieht ihm Rock und Hosen an lässt das Ding sich 3 Akte hindurch herumquälen, bis es sich zuletzt verheiratet oder totschiesst ein Ideal! Gefühlchen, Sentenz, Begriff! Menschenbild, das von der Abstraktion ausgeht verheiratet oder totschiesst ein Ideal!! Das Thema der Anpassung an die bürgerliche Realität verspottet
THEATER UND WIRKLICHKEIT S. 43, 18-34 Camilles Rede über das Theater und die Kunst (Fortsetzung): Setzt die Leute aus dem Theater auf die Gasse: ach die erbärmliche Wirklichkeit! Theater! künstlich geordnete Illusion Gasse! unordentliche Realität Sie vergessen ihren Herrgott über seinen schlechten Kopisten und sagen zu Gottes Geschöpfen: wie gewöhnlich! Funktion des Theaters! Flucht aus der Realität und! Verachtung der Realität Pygmalions Statue sei wohl lebendig geworden, habe aber keine Kinder bekommen. Idee, dass die Kunst keine fruchtbaren Konsequenzen für das Leben hat Danton über Jacques-Louis Davids Malerei! Reduktionismus und Ideologie als Voraussetzungen solcher Kunst In dieser sehr modernen Szene scheinen die Personen über das Theater, über die Ereignisse der Revolution und auch als Sprachrohr des Autors direkt zum Publikum zu sprechen, um zu erklären, weshalb alles im Stück so anarchisch ist.
DAS THEATER IM THEATER IST THEATER, S 44, 2-8 Camille: Was sagst du Lucile Lucile: Nichts, ich seh dich so gern sprechen. Camille: Hörst du mich auch? Lucile: Ei freilich. Camille: Hab ich Recht, weißt du auch, was ich gesagt habe? Lucile: Nein wahrhaftig nicht.! Lucile ist auf der Ebene der Wirklichkeit: was zählt, ist ihre Liebe zu Camille! Interpretationen zu Nein wahrhaftig nicht Camille hat Laut Lucile nicht Recht! Camilles Ansichten sind diskutabel Lucile versteht nicht, was Camille gesagt hat! Camilles Ansichten sind so abstrakt und theatralisch wie diejenigen Ansichten, die er kritisiert eben auch Theater (doppelte mise en abîme, da Julie als Theaterfigur spricht)
DANTONS ABLEHNUNG DER FLUCHT S. 44, 11-26 Dantons Reaktion auf den Verhaftungsbefehl: Man hat mich gewarnt und mir einen Zufluchtsort angeboten. Sie wollen meinen Kopf, meinetwegen Mögen sie ihn nehmen. Was liegt dran? Kontrast zu Sokrates : kein Bezug auf politische Ideale (z. B. Gerechtigkeit), sondern auf seinen persönlichen Zustand ( müde ) Camilles Sorge: Wo gehst du hin? Dantons zweideutige Antwort: Ja, wer das wüsste. Zwei Interpretationen: Ich weiß nicht, wohin ich gehen soll. Ich weiß nicht, was nach dem Tod kommt. Die zweite Interpretation ist eine Ankündigung von Dantons Schuld siehe Szene II,5
LUCILES VORZUG DES PRIVATEN GLÜCKS UND ZWEIFEL AN SEINER REALISIERBARKEIT S. 44, 27 S. 45, 24 Lucile: Wenn ich denke, dass sie dieses Haupt! Mein Camille! das ist Unsinn, gelt, ich bin wahnsinnig? Angst, Camille zu verlieren. Camille beruft sich auf die Kinderfreundschaft mit Robespierre, scheint aber in Eile zu sein. Luciles Reaktion: So schnell, mein Freund? Geh! Komm! Nur das (sie küsst ihn) und das! Geh! Geh! Camilles Eile scheint seiner Beschwichtigung zu widerprechen Luciles Vorahnung: Wie er hinaus ist, war mir s als könnte er nicht mehr umkehren und müsste immer weiter weg von mir, immer weiter. weg von mir : Priorität des privaten Glücks