Tag für Kirchenvorstände am 08. März 2013 Veranstaltungsnummer 9 Überleben im Paragrafen-Dschungel
Ablaufplanung 1. Wichtige Vorschriften für den Kirchenvorstand 2. Arbeit im Kirchenvorstand 3. Haftung/Versicherungen 4. Der KV als Arbeitgeber 5. Gelegenheit zur Diskussion/spezielle Fragestellungen
1. Wichtige Vorschriften für den Kirchenvorstand a. Kirchenverfassung b. Kirchenkreisordnung c. Kirchengemeindeordnung www.kirchenrecht-evlka.de
a. Kirchenverfassung Die Kirchenverfassung ist das Grundgesetz der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers. Unterteilung und Definition einzelner Organe und Körperschaften der Landeskirche. Grundsätzliche Regelungen zur Aufsicht, Struktur und Hierarchie in der Landeskirche. Basis sämtlicher weiterführender Vorschriften für die KV-Arbeit. Bis hin zur Frage: Wer ist überhaupt Kirchenglied?
a. Kirchenverfassung Wer ist überhaupt Kirchenglied? Artikel 5 KVerf: alle getauften evangelischen Christen, die im Gebiet der Landeskirche ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Auftenhalt haben Artikel 6 KVerf: Kirchenglieder sind auch zuziehende Evangelische, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres nach dem Zuzug erklären, dass sie einer anderen Kirche zugehören zuziehende Evangelische, die erklären, dass sie der Landeskirche angehören
a. Kirchenverfassung Ab Artikel 23 finden sich Regelungen zur Kirchengemeinde. Was ist überhaupt eine Gemeinde (Ortsgemeinde, Personalgemeinde)? Neubildung, Verbindung oder sonstige Veränderungen von Kirchengemeinden (Art. 28 KVerf) Das Landeskirchenamt kann nach Anhörung der beteiligten Kirchenvorstände und Kirchenkreisvorstände neue Kirchengemeinden errichten, bestehende aufheben, zusammenlegen oder anders begrenzen. Bei einem Widerspruch entscheidet der Kirchensenat.
a. Kirchenverfassung Art. 40 KVerf: Jede Kirchengemeinde muss einen Kirchenvorstand haben. Art. 42 KVerf: Der Kirchenvorstand besteht aus gewählten, berufenen, ernannten und bestellten Mitgliedern, sowie aus Mitgliedern kraft Amtes. Art. 44 KVerf: Der KV ist mit dem Pfarramt für die Erfüllung der der Kirchengemeinde obliegenden Aufgaben verantwortlich (gemeinsam!!!). Art. 45 KVerf: Der KV verwaltet das kirchliche Vermögen, beschließt über Kirchensteuern und vertritt die Kirchengemeinde gerichtlich und außergerichtlich.
a. Kirchenverfassung Die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers hat sehr weit reichende Befugnisse wie eigene Rechtsetzung (Art. 119 ff. KVerf.: Gesetzgebendes Organ ist die Landessynode ) eigene Gerichtsbarkeit Art. 128 KVerf.: eigene Verfassungs- und Verwaltungsgerichte, Disziplinargerichte, Spruchstelle in Lehrbeanstandungsverfahren eigene Behördeneigenschaft im Bereich des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege Loccumer Vertrag
b. Kirchenkreisordnung 1 KKO: Der Kirchenkreis ist ein Zusammenschluss der Kirchengemeinden seines Bereiches. Jede Kirchengemeinde muss einem Kirchenkreis angehören. 3 KKO: Der Kirchenkreis soll die Arbeit der Kirchengemeinden fördern. Er leistet den Kirchengemeinden Verwaltungshilfe.
b. Kirchenkreisordnung Oberstes Organ des Kirchenkreises ist der Kirchenkreistag. 23 KKO beschließt den Haushaltsplan + Stellenplan setzt Umlagen fest beschließt die Finanzsatzung schafft Einrichtungen, schafft sie auch wieder ab beschließt Grundsätze kirchlicher Arbeit
b. Kirchenkreisordnung Die Kirchenkreisordnung regelt alle überörtlichen Belange. Sie regelt auch die örtlichen Belange, in dem die Grundsätze für die Verteilung von Zuweisungen an die Kirchengemeinden im KKT beschlossen werden. dadurch unmittelbare Wirkung in sämtliches Handeln und Agieren der Kirchenvorstände
c. Kirchengemeindeordnung KGO Die KGO ist DAS Regelwerk des Kirchenvorstehers. Empfehlung: Ein Blick in die Rechtsordnung hilft bei vielen Fragestellungen. Die KGO enthält nahezu alle Befugnisse, Rechte aber auch Pflichten des Kirchenvorstandes. Empfehlung: Bei Zweifelsfragen Kirchenamt oder die juristische Abteilung des Landeskirchenamtes befragen (oder Inhaltsverzeichnis).
c. Kirchengemeindeordnung 1 bis 29 KGO: allgemeine Regelungen, Grundsätze der Arbeit, Zusammensetzungen des KV, rechtliche Stellungen der Gemeindeglieder, des Pfarramtes, ab 40 KGO: Wirksamkeit des Kirchenvorstandes (Sitzungen, Beschlussfähigkeit, Abstimmungen, Wahlen, ) 66 KGO: Genehmigung von Beschlüssen und Erklärungen
c. Kirchengemeindeordnung häufige Problemfelder der KV-Arbeit: Sitzungen des KV (Beschlussfähigkeit) Abstimmungen Haftung/Versicherung Rechte und Pflichten als Arbeitgeber
2. Arbeit im Kirchenvorstand Grundsätze 28 KGO 40 ff. KGO: Wirksamkeit des Kirchenvorstandes 66 KGO: Genehmigung von Beschlüssen und Erklärungen
Grundsätze 28 KGO Kirchenvorsteher haben Ihre Pflichten gewissenhaft wahrzunehmen. Das Engagement als Kirchenvorsteher ist ehrenamtlich und wird unentgeltlich versehen. Alle Angelegenheiten, die im Amt als Kirchenvorsteher bekannt werden ist Amtsverschwiegenheit zu wahren. Die Verschwiegenheit gilt auch nach Beendigung der Arbeit als KV-Mitglied!
Sitzungen Tagesordnung für ordentliche Sitzungen stellt der Vorsitzenden im Einvernehmen mit dem Stellvertreter und der Pfarrstelleninhaber die Tagesordnung auf (nicht einer alleine!) Der Vorsitzende sorgt für die Ausführung der Beschlüsse. Der Vorsitzende führt den Schriftverkehr.
Sitzungen KV bestimmt Anzahl, Ort und Zeit der Sitzungen (mindestens alle 2 Monate) Einladung: Schriftlich, unter Mitteilung der TO, spätestens eine Woche vor der Sitzung Die Sitzungen sind NICHT öffentlich. Schweigepflicht!
Beschlussfähigkeit 43 KGO: Bei der Anwesenheit der Hälfte seiner gesetzlichen Mitglieder. Gesetzliche Mitglieder: In 27 KGO: gewählte, berufene, ernannte und bestellte Mitglieder, sowie die Mitglieder Kraft Amtes Liegt keine Beschlussfähigkeit vor, kann zu denselben Beratungsgegenständen erneut eingeladen werden. Dann ist die Anzahl der Anwesenden unerheblich.
Abstimmungen und Wahlen Abstimmungen und Wahlen sind unterschiedliche Verfahren! Abstimmung 44 KGO: zu Anträgen Wahlen 45 KGO: immer Personen
Abstimmungen 44 KGO Der KV fasst seine Beschlüsse mit der Mehrheit der auf Ja oder Nein lautenden Stimmen der anwesenden Mitglieder. keine Stimmabgabe im Auftrag möglich Enthaltungen sind zulässig, zählen aber nicht zu den abgegebenen Stimmen Beispiel: anwesende 10 KV-Mitglieder, 9 Enthaltungen, eine Ja-Stimme: einstimmig angenommener Antrag!
Abstimmungen 44 KGO Grundsatz: offene Abstimmung Ausnahme: wenn ein Mitglied es verlangt IST geheim abzustimmen Bei Stimmengleichheit ist ein Antrag immer abgelehnt. Regelungen zur Befangenheit und damit Mitstimmungsverbot finden sich in 44, Abs. 2 KGO: Regel: Immer, wenn durch das Abstimmungsergebnis ein persönlicher Vorteil (auch für Verwandte bis zum 3. Grad!) erlangt werden kann (nicht MUSS!)
Wahlen 45 KGO Geheime Wahl, wenn ein Mitglied dies verlangt. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Bei Stimmengleichheit wird die Wahl wiederholt. Bei erneuter Stimmengleichheit wird gelost. Unterschied zu 20 KKO: KKO-Wahlen sind immer geheim. Um gewählt zu sein, werden mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen benötigt. Im 2. Wahlgang reicht einfache Mehrheit (wie KGO).
Rechtsverbindliches Handeln des KV 49 KGO Grundsatz 49, Abs. 3 KGO: Erklärungen des Kirchenvorstandes, durch die für die Kirchengemeinde Rechte oder Pflichten begründet werden, sind vom Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied des KV gemeinsam und schriftlich abzugeben. Erklärungen, durch die Rechte und Pflichten begründet werden, sind vom Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied handschriftlich zu unterzeichnen und zu siegeln. Sind die Formvorschriften nicht eingehalten, sind die Erklärungen unwirksam. Ausnahme: Erklärungen des täglichen Geschäftsverkehrs
Rechtsverbindliches Handeln des KV 49 KGO 49, Absatz 3, Satz 3 KGO: Ist eine kirchenaufsichtliche Genehmigung kirchengesetzlich vorgeschrieben, so ist die Erklärung erst mit der Erteilung der Genehmigung rechtswirksam.
Genehmigung von Beschlüssen und Beispiele: Erklärungen gem. 66 KGO Verpachtung von Grundstücken Vermietung von Gebäuden entgeltlicher oder unentgeltlicher Erwerb oder Veräußerung von Grundstücken Annahme von Erbschaften Verzicht auf vermögensrechtliche Ansprüche
Genehmigung von Beschlüssen und Erklärungen gem. 66 KGO 66, Abs. 4 KGO: Genehmigungsfiktion: Eine beantragte Genehmigung gilt als erteilt, wenn innerhalb von 3 Monaten nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Aufsichtsbehörde kein Bescheid ergangen ist.
Genehmigung von Beschlüssen und Erklärungen gem. 66 KGO Je nach Fall der Genehmigung kann der KKV oder das Landeskirchenamt Genehmigungsbehörde sein. Es gibt eine ganze Reihe von Delegationsvorschriften! Empfehlung: Genaue Prüfung, ob eine Genehmigung erforderlich ist, damit die Rechtsgeschäfte nicht ohne Genehmigung und damit rechtlich unwirksam ausgeführt werden. 69 KGO: Bei Fehlen entsprechender Genehmigungen oder Rechtswidrigkeit von Beschlüssen des KV kann die Aufsichtsbehörde die Beschlüsse und Maßnahmen beanstanden. Beanstandete Maßnahmen dürfen nicht ausgeführt und müssen auf Verlangen einer Aufsichtsbehörde rückgängig gemacht werden.
3. Haftung/Versicherungen
3. Haftung/Versicherungen 24 a, Absatz 6 KGO: Ehrenamtliche Mitarbeiter haften nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Fahrlässigkeit: Wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. grobe Fahrlässigkeit: Wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maß außer Acht lässt. Vorsatz: Das Wissen und Wollen der Verwirklichung der Tatumstände (strafrechtliche Definition).
3. Haftung/Versicherungen In allen Fällen gilt: Ein Unterlassen wird dem Handeln gleichgesetzt. Der Kirchenvorstand ignoriert das Fehlen eines Geländers an einer Empore. Unkenntnis schützt nur dann, wenn die pflichtgemäße Aufgabenwahrnehmung belegt werden kann. Dummheit schützt vor Strafe nicht.
3. Haftung/Versicherungen Die Tätigkeiten des Kirchenvorstandes sind versichert. Die Landeskirche verfügt über Rahmenversicherungsverträge und Sammelversicherungen für fast alle Bereiche. Nicht versichert: Schäden durch Unwetter, Überschwemmungen und sonstige unvorhersehbare Einflüsse. Beispiel Überschwemmungen im Jahr 2010, sehr seltener Schaden, allerdings mit sehr großen finanziellen Folgen beachten: Versicherungsausschlüsse immer bei: Vorsatz und grober Fahrlässigkeit
4. Der KV als Arbeitgeber Rechte und Pflichten des Arbeitgebers
4. Der KV als Arbeitgeber Leider werden die Aufgaben als Arbeitgeber oft unterschätzt. Arbeitsrechtliche Verfahren sind inzwischen fast an der Tagesordnung Arbeitsrecht ist ein hoch komplexer Arbeitsbereich, der durch ständige Rechtsänderungen und Rechtsprechung, die in geltendes Arbeitsrecht übergeht, verändert. Keine Arbeitsbereich ist so veränderlich wie das Arbeitsrecht.
4. Der KV als Arbeitgeber Dringende Empfehlungen: Immer die Zusammenarbeit mit der Personalabteilung im Kirchenamt suchen. Niemals Arbeitsverträge ohne vorherige Absprache abschließen. Auch mündlich können Arbeitsverträge entstehen. Nehmen Sie die Pflichten als Arbeitgeber sehr ernst. Sorgen Sie für Dienstanweisungen für alle Mitarbeiter in der Gemeinde. Klare Regeln helfen sowohl Mitarbeiter, als auch Vorgesetzten. Der KV ist Vorgesetzter zu allen Mitarbeitern der Gemeinde.
4. Der KV als Arbeitgeber Sie haben nicht nur Pflichten, Sie haben auch Rechte als Arbeitgeber. Sie bestimmen Ort, Zeit und Umfang der Tätigkeiten. Sie leiten und führen die Mitarbeiter. Sie entscheiden auch über Beendigungen von Arbeitsverhältnissen. Auch im kirchlichen Arbeitsumfeld kann es zu Kündigungs- und anderen arbeitsrechtlichen Verfahren kommen. In solchen Fällen ist die Hilfestellung des Kirchenamtes äußerst hilfreich.
5. Gelegenheit zur Diskussion/spezielle Fragestellungen