Seite 1 von 12 M.BP. Dipl.-Ing.(FH) Manuel Demel, Produktingenieur Bauphysik ift Rosenheim Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Benitz-Wildenburg, Leiter PR & Kommunikation PVC Fenster im Zeichen energetischer Sanierung Optimierung von PVC Fenstern bezüglich Wärmedämmung und Gebrauchstauglichkeit Zukunftsorientiertes Bauen richtet sich unverändert nach den Kriterien der Energieeinsparung und Nachhaltigkeit und geht über den Mindeststandard der EnEV hinaus. Schärfere Festlegungen gibt es für Passivhäuser und KfW-Effizienzhäuser. Hinzu kommt das "EffizienzhausPlus", dass mehr Energie produziert als für Heizen, Warmwasser und Haushaltsstrom verbraucht wird. Für alle Energiesparhäuser ist eine energieeffiziente Gebäudehülle inkl. sommerlichem Wärmeschutz Voraussetzung. Transparente Bauteile wie Fenster und Fassaden spielen dabei eine große Rolle, da erhebliche energetische Nettogewinne möglich sind. Davon werden PVC-Fenster aufgrund des guten Preis-/Leistungsverhältnis profitieren. Entscheidend für den Erfolg einer Sanierung sind neben qualitativen Fenstern aber auch eine sorgfältig geplante und ausgeführte Montage sowie eine Lüftungsplanung nach DIN 1946-6. Bild 1 Auch Plusenergiehäusern nutzen die Solarenergie mittels großer Glasflächen ' (Bild BMVBS)
Seite 2 von 12 Änderungen der EnEV 2014 für Bauelemente Die EnEV 2014 verschärft ab dem 1. Januar 2016 den Jahresprimärenergiebedarf für Neubauten um 25% und kann durch eine intensivere Nutzung regenerativer Energien, optimierte Heiztechnik sowie durch bessere Wärmedämmung erreicht werden. Bei der Gebäudesanierung werden die Anforderungen an Haustüren von 2,9 auf 1,8 W/(m² K) verschärft. Fenstertüren mit Klapp-, Falt-, Schiebe- oder Hebemechanismus wurden als neue Produktgruppe 2f definiert und der Höchstwert von 1,3 auf 1,6 W/(m² K) erhöht. Wichtig ist auch die entfallene Ausnahmeregelung für Schaufenster. Relevant sind außerdem die Regelungen der KfW-Bank, die neben Effizienzhäusern auch direkte finanzielle Zuschüsse für neue Fenster vorsieht, wenn der U w -Wert unter 0,95 W/(m² K) liegt. Auch die Einführung von Energieeffizienzklassen wird die Verbraucher beeinflussen. Bild 2 Energieeffizienzklassen für Gebäude nach dem Endenergieverbrauch oder -bedarf gemäß EnEV 2014, Anlage 10
Seite 3 von 12 Energetische Optimierung von PVC-Fenstern In der Vergangenheit wurde die Wärmedämmung durch mehr Profilkammern verbessert. Allerdings stößt diese Optimierung an Grenzen, da mit zunehmender Kammerzahl die erzielbaren Zugewinne geringer ausfallen und neue konstruktive Lösungen gesucht werden musste. Bild 3 Wärmedurchgangskoeffizient U f bei zunehmender Kammerzahl Ein Ansatz ist die Optimierung der Stahlarmierung, da Stahl mit einer Wärmeleitfähigkeit von λ = 50 W/(mK) einen 300-fach schlechteren Dämmwert hat als PVC-U mit λ = 0,17 W/(mK). Mit reduzierten Stahlprofilen nahm man dem Kunststofffenster aber gleichzeitig sein Rückgrat. Deshalb wurden thermisch getrennte Armierungen entwickelt und der Stahl durch neue Materialien oder Verbundwerkstoffe wie glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) und armierte Kunststoffe ersetzt. Auch die Verschiebung der Armierungen in die Außenbereiche der Profile oder schubfest mit dem Profil verbundene Zugbänder ermöglichen Verbesserungen. Weiterhin wurden Hohlkammern der Profile optimiert, indem wärmedämmende Materialien (Schäume, Dämmstoffe etc.) eingebracht wurden. Durch die Fokussierung auf den Wärmeschutz entstand die Gefahr asymmetrische Profilgeometrien, bei denen die aussteifenden Elemente (Armierungen) zu stark in den Innenbereich rückten. Dies führt insbesondere bei farbigen Profilen zu stärkeren Verformungen der Rahmen unter Differenzklima (Bimetalleffekt), mit der Folge erhöhter Bedienkräften und Undichtigkeiten, in auch bei klimatischen Belastungen sichergestellt sein muss.
Seite 4 von 12 Bild 4 Optimierungspotenziale für Kunststoff-Fenster Um in Zukunft effizient auf unterschiedliche Anforderungen und Kundenwünsche schnell und kostengünstig bei bewährter Produktqualität reagieren zu können, sind modulare Konstruktionsprinzipien besonders gut geeignet. Hierzu sind definierte Schnittstellen erforderlich. Dies kann seitens der Hersteller-, System-, Industrie- oder normative Standards erfolgen. Bei der Entwicklung der Module ist darauf zu achten, dass diese sich gegenseitig möglichst wenig beeinflussen, um einen freien Austausch zu ermöglichen. Zur Integration der Module in die Bauteile gehört ein Platz für die Gebäudetechnik. Auch die Schnittstelle Baukörperanschluss sollte in die Überlegungen einbezogen werden.
Seite 5 von 12 Bild 5 Beispiele für modulare Konstruktionsprinzipien Eine verbesserte Wärmedämmung der Fenster wird insbesondere durch den Einsatz von 3-fach Glas, verbesserte Abstandshaltersysteme und höhere Glaseinstände erreicht. Dies führt leider auch zu Erhöhung des Glasgewichts um ca. 50 % und bringt bereits bei normalen Aufbauten (3 x 4 mm Glas) und großen Flügelformaten Fenster an mechanische Grenzen. Bei Sondergläsern für den Schallschutz oder im Sicherheitsbereich (Einbruchhemmung) wird die maximale Belastbarkeit schon bei normalen Abmessungen erreicht. Ein besonderes Augenmerk muss deshalb auf die Anbindung der Beschläge an das Fenster gelegt werden. Auch die Lasteinleitung der Verglasung in den Flügel und die Klotzung bedarf besonderer Beachtung, damit es nicht zu Verformungen und Funktionsstörungen kommt. Die Beschlagindustrie hat verstärkte Beschläge entwickelt, bei denen der Fensterhersteller die Vorgaben für die Befestigung, Verschraubung und die Einhaltung der Gewichts- und Formatbegrenzungen genau beachten sollte.
Seite 6 von 12 Glasverklebung Ein weiterer Ansatz zur Verminderung der Wärmebrücken bei gleichzeitigem Erhalt der Steifigkeit ist die Verklebung von Glas und Flügelprofil, bei der die Glasscheibe statisch wirksam aussteift. Die Verklebung verbindet das Glas über die ganze Profillänge kraftschlüssig mit dem Flügelrahmen, so dass ein Verformen in Flügelebene zuverlässig verhindert wird. Überschätzt wird allerdings die aussteifende Wirkung senkrecht zur Flügelebene. Da die einzelnen Gläser nicht schubfest miteinander verbunden sind, trägt jede Scheibe nur mit seiner Glasdicke zur Aussteifung bei. Durch die höhere Lastabtragung der Glasscheiben ergeben sich Spannungsspitzen, die durch die Positionierung der Verklebungen in vertretbaren Grenzen gehalten werden muss. Auch die Glasfalzbelüftung muss sichergestellt werden, um eine Schädigung der Isolierglaseinheiten durch Feuchtigkeit auszuschließen. Zudem ist der Klebstoff für den Einsatzzweck sorgfältig auszuwählen und die Verträglichkeit mit dem Isolierglashersteller abzuklären. Bei der Verarbeitung ist auf definierte Verarbeitungsparameter zu achten, die durch eine sorgfältige Qualitätssicherung sichergestellt werden müssen, um die Funktion der Verklebung zu garantieren. Bild 6 Varianten der Verklebung von Fensterflügel und Glas
Seite 7 von 12 Mehrscheibenisoliergläser Das 3-fach-Isolierglas mit U g -Werten von 0,7 W/(m² K) mit Argongas und 0,5 W/(m² K) mit Kryptonfüllung hat sich bei energieeffizienten Fenstern und Fassaden etabliert. Eine Erhöhung des Scheibenzwischenraums (SZR) über 16 mm sollte nicht erfolgen, da die höheren Klimalasten zu Glasbruch oder Undichtigkeiten führen können. Weitere Verbesserungen ergeben sich durch optimierte Randverbünde, die durch eine Erhöhung der Oberflächentemperatur im Glasrandbereich auch den Tauwasseranfall reduzieren. Erste Vakuumverglasungen werden angeboten und sind vor allem bei der Sanierung von Denkmal geschützten Fenstern interessant, bei denen die Fensterprofile kein dickeres Mehrscheiben-Isolierglas aufnehmen können. Erfahrungen zur Dauerhaftigkeit liegen in Deutschland hierzu noch nicht vor. Aber auch beim Zweifach-Isolierglas gibt es interessante technische Entwicklungen im Bereich der Beschichtungstechnik. Durch neue Applikationsverfahren und die Kombination mehrerer Beschichtungen sind auch Zweifach-Isolierglas mit U g - Werten unter 1,0 W/(m² K) erreichbar. Bild 7 Kennwerte von Dreifachglas
Seite 8 von 12 Mindestwärmeschutz bei Montage beachten Bei der Montage muss auch auf die Einhaltung des Mindestwärmeschutzes (Wärmebrücken) gemäß DIN 4108-2 und der EnEV geachtet werden, der bei altem Mauerwerk aus Vollziegeln meistens nicht gegeben ist. Wärmebrücken erhöhen nicht nur die Wärmeverluste sondern auch die Gefahr der Tauwasser- und Schimmelpilzbildung. Die DIN 4108 macht im Beiblatt 2 Ausführungsvorschläge nur für Neubauten. Bei davon abweichenden Einbausituationen ist ein Nachweis anhand von Wärmebrückenkatalogen oder durch rechnerische Ermittlung des Temperaturfaktors mit f Rsi,min 0,70 zu führen, d. h. die Oberflächentemperatur si, min muss über 12,6 C liegen. Die Außenwand, die Einbaulage und Anschlussausbildung des Fensters sowie das Fenster selbst haben Einfluss auf den f Rsi -Faktor. Dies gilt besonders auch für die Montage in WDVS. Für den Altbaubereich lassen sich folgende grundsätzlichen Aussagen treffen: Außenwände mit mehrschichtigem, bis in die Leibung gedämmtem Aufbau sind in Bezug auf die Erfüllung des Mindestwärmeschutzes unproblematisch. Bei monolithischen Außenwänden und mehrschichtigen, ungedämmten bzw. nicht bis in die Leibung gedämmten Außenwänden mit geringem Wärmeschutzstandard, sind neben dem Fenstereinbau häufig zusätzliche Maßnahmen notwendig, um das Risiko der Tauwasserbildung zu verringern (f Rsi 0,7). Bei einem U-Wert der Außenwand im Leibungsbereich von U 1,0 W/(m² K) sind deshalb zusätzliche Maßnahmen erforderlich. Als Minimallösung kommen Dämm-Maßnahmen im Leibungsbereich in Frage. Bei denkmalgeschützten Außenwänden mit Natursteinen in den Fensteröffnungen oder durchgängigen Fenstersimsen sind die Möglichkeiten zusätzlicher Maßnahmen stark eingeschränkt. Die Einhaltung des Mindestwärmeschutzes ist hier nicht immer möglich und die Schimmelpilzgefahr muss im Innenraum heiztechnisch kompensiert werden. Im vom ift Rosenheim erarbeiteten Montageleitfaden sind für verschiedene Montagesituationen Informationen, Empfehlungen, Musterdetails und tabellarische Nachweise enthalten. Die Montage von Fenstern und Fensterbändern in WDVS bedarf besonderer Beachtung. Aus konstruktiven, statischen und bauphysikalischen Gründen sind manche Einbaulagen besser geeignet als andere.
Seite 9 von 12 Bild 8 Einfacher tabellarischer Nachweis des Mindestwärmeschutzes für Fenster in einschaliger Altbau- Außenwand aus dem ift-wärmebrückenkatalog
Seite 10 von 12 Qualitätsoffensive der RAL-Gütegemeinschaft für PVC-Fenstersysteme Das Kunststoff-Fenster befindet sich in stetiger Entwicklung, die geprägt ist durch schmalere Profilansichten, den Einsatz dünnwandigerer Profile, den Verzicht auf Stahlarmierungen, neue Materialien, Verbundwerkstoffen und der Klebetechnologie. PVC- Fenstersysteme sind aber mehr als nur ein Fensterprofil und müssen als Gesamtprodukt aller Komponenten verstanden werden. Die Gebrauchstauglichkeit (Schlagregendichtheit, Windlast, Luftdichtheit und Stoßfestigkeit) darf dabei nicht vernachlässigt werden. Deshalb haben die Mitglieder der RAL-Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme die Güte- und Prüfbestimmungen (RAL-GZ 716) geändert. Damit wird die Gebrauchstauglichkeit durch objektive und vergleichbare Kriterien überprüft und kontrolliert. Die ift-richtlinie FE-13/1 sieht die Überprüfung dichter Eckverbindungen, der mechanischen Eigenschaften mit max. Abmessungen und Flügelgewichten sowie die Prüfung der Lagerstellen vor. Damit ist eine Bewertung unabhängig von der Wandungsdicke der Profile möglich und beendet den Diskurs über A- und B-Profile. An die Gütesicherung der Profilsysteme schließt die RAL-Gütesicherung für Fenster (RAL-GZ 695) nahtlos an, so dass dem Verarbeiter von PVC- Fenstersystemen ein effizientes Qualitätsmanagement zur Verfügung steht. Durch die Austauschbarkeit von Komponenten (Dichtungen, mechanische Verbindungen, Beschläge, Schwellen etc.) bekommt der Fensterhersteller einen größeren Spielraum in der Anwendung - klare Regeln garantieren eine gleichbleibende Qualität. Der Nachweis der Gleichwertigkeit von Komponenten erfolgt unkompliziert durch gutachtliche Stellungnahmen, Austauschregeln, Tabellenverfahren oder Validierungsprüfungen. Die Auswahl und Beschreibung der Probekörper wurde präzisiert und vereinheitlicht und ist damit verlässlich planbar und kalkulierbar. Bild 9 Prüfung der Gebrauchstauglichkeit und Ermittlung der Grenzwerte für Gewicht und Abmessung von Fensterflügeln gemäß ift-richtlinie FE-13/1
Seite 11 von 12 Literatur [1] Merkblätter der KfW Bankengruppe zu den Programmen Nr. 153 und 430 [2] ift-richtlinie WA-15/2, Passivhaustauglichkeit von Fenstern, Außentüren und Fassaden, ift Rosenheim, Februar 2011 [3] Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fenstern und Haustüren, RAL-Gütegemeinschaft Fenster und Haustüren e.v. und Deutsche Verlagsanstalt, 3/2014 [4] EN ISO 10077 und EN ISO 12567, "Wärmetechnisches Verhalten von Fenstern, Türen und Abschlüssen Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten " Autoren: M.BP. Dipl.-Ing.(FH) Manuel Demel ist im ift Rosenheim als Produktingenieur "Bauphysik" mit dem Fokus auf wärmeschutztechnische Themen produktübergreifend tätig. Er vertritt das ift Rosenheim in mehreren Normen- und Fachausschüssen sowie in Seminaren. Jürgen Benitz-Wildenburg leitet im ift Rosenheim den Bereich PR & Marketingkommunikation. Als Schreiner, Holzbauingenieur und Marketingexperte ist er seit 30 Jahren in der Holz- und Fensterbranche in verschiedenen Funktionen tätig. Als Lehrbeauftragter, Referent und Autor gibt er seine Erfahrung weiter. Infos zum ift Rosenheim Das ift Rosenheim existiert seit 1966. Es begleitet als neutrale Einrichtung die Fenster-, Fassaden- und Türenbranche in allen Fragen der Forschung, Normung, Zertifizierung und Zulassung. Die ift-richtlinien sind technische Regelwerke, die Normen ergänzen und deren praktische Anwendung erleichtern. Die Basis dafür sind Erkenntnisse und Erfahrungen aus Industrie, Wissenschaft, Forschung, Prüfungen und Gutachten. Seit März 2009 bietet das ift zusammen mit der Hochschule Rosenheim den berufsbegleitenden Masterstudiengang Fenster und Fassade an. Kontakt und weitere Infos: www.edpro-rosenheim.de, www.ift-rosenheim.de
Seite 12 von 12 Infokasten App FensterCheck Die ift-app Energie sparen mit Fenstern und Glas ermöglicht Architekten eine einfache und schnelle Abschätzung der U w -Werte für die alten Fenster sowie die energetischen Einsparmöglichkeiten durch den Fenstertausch. Mit der Eingabe der Fensterfläche, der vorhandenen Heizenergieart (Erdöl, Gas, Strom) und deren Preis sowie der zu erwartenden Energiepreissteigerung wird das mögliche Einsparpotenzial in Erdöl, Gas oder Strom, in CO2- Emission und Euro bestimmt. ift-rosenheim.de/rechentools