UNECHTE TEILORTSWAHL BEIBEHALTUNG ODER ABSCHAFFUNG Informationsveranstaltung der Gemeinde Kusterdingen am 25. Januar 2016 Dezernent Norbert Brugger
Gliederung des Vortrags 1. Arten von Wahlen nach Wahlgebietsgliederung 2. Alternativen für Kusterdingen 3. Aspekte für Beibehaltung und für Abschaffung 4. Entwicklungen bei der Unechten Teilortswahl
1. Arten von Wahlen nach Wahlgebietsgliederung 3
Variante 1: Wahl ohne Wahlgebietsgliederung Beispiel: Gemeinderatswahlen ohne Unechte Teilortswahl Gremium = Alle gewählten Bewerber/innen Sitzzuteilung Alle Bewerber/innen wählen Alle Wahlberechtigten 4
Variante 2: Wahl mit Wahlkreisen ( echte Teilortswahl ) Beispiel: Kreistagswahlen Gremium = Alle gewählten Bewerber/innen Sitzzuteilung Sitzzuteilung Sitzzuteilung Sitzzuteilung + ggf. Ausgleichsitze Bewerber/innen Wahlkreis I Bewerber/innen Wahlkreis II Bewerber/innen Wahlkreis III Bewerber/innen Wahlkreis IV wählen wählen wählen wählen Wahlberechtigte Wahlkreis I Wahlberechtigte Wahlkreis II Wahlberechtigte Wahlkreis III Wahlberechtigte Wahlkreis IV 5
Variante 3: Unechte Teilortswahl Diese Option gibt es nur bei GR- und OR-Wahlen in Baden-Württemberg Gremium = Alle gewählten Bewerber/innen Ausgleichsitze aufgrund von Differenzen zwischen Wohnbezirksergebnissen und Gesamtergebnis in Gemeinde Zwischenergebnis aufgrund der Wohnbezirksergebnisse Bewerber/innen Teilort I Bewerber/innen Teilort II Bewerber/innen Teilort III Bewerber/innen Teilort IV wählen wählen wählen wählen Alle Wahlberechtigten 6
2. Alternativen für Kusterdingen bei der GR-Wahl 2019 7
GR-Wahl 2019 wie 2014 mit Unechter Teilortswahl Gemeinderat = Alle gewählten Bewerber/innen Ausgleichsitze aufgrund von Differenzen zwischen Wohnbezirksergebnissen und Gesamtergebnis in Kusterdingen Zwischenergebnis aufgrund der Wohnbezirksergebnisse Kusterdingen Wankheim Mähringen Jettenburg Immenhausen Bewerber/innen sind auf dem Stimmzettel 5 Wohnbezirken zugeordnet Alle Kusterdinger Wahlberechtigten der Gesamtgemeinde 8
GR-Wahl 2019 ohne Unechte Teilortswahl Gemeinderat = Alle gewählten Bewerber/innen Alle Bewerber/innen sind ohne Beschränkung auf Wohnbezirke wählbar Bewerber/innen sind auf dem Stimmzettel nicht in Wohnbezirke eingeteilt Alle Kusterdinger Wahlberechtigten der Gesamtgemeinde 9
3. Aspekte für Beibehaltung und für Abschaffung 10
Beibehaltungsaspekte 1. Sichert eine bestimmte räumliche Verteilung der GR-Sitze im Gemeindegebiet Stadtteil Mindest-Sitzzahlen Kusterdingen 8 Wankheim 3 Mähringen 3 Jettenburg 2 Immenhausen 2 11
Beibehaltungsaspekte 2. Fördert(e) das Zusammenwachsen der Gemeindeteile nach der Gemeindegebietsreform der 1970er-Jahre 3. Unterstützt die Umsetzung der Eingliederungsverträge Der Landesgesetzgeber hat den Bestand der Unechten Teilortswahl mit Blick auf diese Funktionen nicht auf Dauer garantiert, sondern nur für zwei Wahlperioden (10 Jahre) Dieser Bestandsschutz lief bei der GR-Wahl 1989 ab. Seither ist es möglich, die Unechte Teilortswahl per Bürgerentscheid oder GR-Votum abzuschaffen ( 27 Abs. 5 GemO) Zu den seitherigen Entwicklungen siehe Abschnitt 4 12
Wahlverfahren vereinfachen Integration der Gemeindeteile soll gefördert werden/ist abgeschlossen Ortschaftsverfassung und Ortschaftsräte sollen gestärkt werden Reduzierung der Zahl an Gemeinderäten Kosten reduzieren Abschaffungsaspekte Folgende Gründe haben Kommunen zur Abschaffung der UTW bewogen (Quelle: Städtetagsumfrage aus dem Jahr 1999) Notwendigkeit wegen Erfüllung der Eingemeindungsverträge nicht mehr gegeben Gleichberechtigung aller Gemeindeteile/Bürger/GR herstellen 13
Abschaffungsaspekte 1. Wahlergebnisse können verzerrt werden Wähler müssen Stimmen primär nach Wohnbezirkseinteilung abgeben. Persönliche Neigungen müssen sich dem unterordnen Wohnbezirksergebnisse geben nicht unbedingt den Willen der Wohnbezirksbevölkerung wieder Sitzausgleich ist auf Gesamtgemeindeebene nur beschränkt möglich (Ausgleich auf max. Verdoppelung des GR beschränkt) Wähler schöpfen ihre Stimmenkontingente wegen der Beschränkung durch Bewerbereinteilung in Wohnbezirke weniger aus als bei Wahlen ohne Unechte Teilortswahl 14
Unechte Teilortswahl bei den Gemeinderatswahlen 2014 in BW Wie haben die Wähler ihre Stimmenkontingente ausgeschöpft? Verhältniswahl-Gemeinden ohne und mit UT im Vergleich in %: Gemeinden ohne UT 88,4 Gemeinden mitut 78,2 75 80 85 90 95 15
Unechte Teilortswahl bei den Gemeinderatswahlen 2014 in BW Wie hoch war die Wahlbeteiligung in Prozent? Vergleich der Gemeinden in der Größengruppe von Kusterdingen (5.001 10.000 Einwohner) Gemeinden ohne UT 53,2 Gemeinden mit UT 52,6 0 20 40 60 80 100 16
Abschaffungsaspekte 2. Das Wahlverfahren ist kompliziert und dadurch fehleranfällig Ungültige Stimmzettel bei den Gemeinderatswahlen 2014 Gemeinden ohne und mit Unechter Teilortswahl im Vergleich in %: Gemeinden ohne UT 2,3 Gemeinden mit UT 4,6 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 17
Abschaffungsaspekte 3. Der Stimmenausgleich vergrößert oft die Ratsgremien Um wieviel % hat sich die Sitzzahl durch diese Ausgleichsitze erhöht? Zahl der Gemeinden mit Verhältniswahl nach Prozentbereichen: 1 5 33 97 274 50-60 40-50 30-40 20-30 10-20 0-10 0 100 200 300 18
Abschaffungsaspekte 4. Schränkt die Wahlfreiheit der Wähler ein Maximale Anzahl an Bewerbern des eigenen Wohnbezirks, die bei der Gemeinderatswahl gewählt werden dürfen Beispiel: Gemeinderatswahl 2014 mit 18 Stimmen pro Wähler/in Gemeindeteile Bewerberzahl insgesamt Max. wählbare Bewerberzahl mit UTW Max. wählbare Bewerberzahl ohne UTW Kusterdingen 17 8 17 Wankheim 5 3 5 Mähringen 14 3 14 Jettenburg 5 2 5 Immenhausen 6 2 6 19
Abschaffungsaspekte 4. Schränkt die Wahlfreiheit der Wähler ein Maximale Anzahl an Stimmen für Bewerber des eigenen Wohnbezirks, die unter Berücksichtigung der Kumulationsmöglichkeit (bis zu 3 Stimmen pro Bewerber) bei der GR-Wahl vergeben werden dürfen Beispiel: Gemeinderatswahl 2014 mit 18 Stimmen pro Wähler/in Gemeindeteile Bewerberzahl insgesamt Max. vergebbare Stimmenzahl mit UTW Max. vergebbare Stimmenzahl ohne UTW Kusterdingen 17 18 18 Wankheim 5 9 15 Mähringen 14 9 18 Jettenburg 5 6 15 Immenhausen 6 6 18 20
Abschaffungsaspekte 4. Sitzpotenzial und Stimmenpotenzial der Gemeindeteile 2014 Schlüsselzahl für einen Sitz: 8404 Einwohner : 18 Sitze = 467 Einwohner Wohnbezirke bzw. Ortschaften Einwohner Sitzverteilung gemäß Unechter Teilortswahl Sitzpotenzial gemäß Einwohnerzahl Wahlbeteiligung (ohne Briefwahl) in Prozent Kusterdingen 3554 8 7,6 44,2 Wankheim 1589 3 3,4 46,1 Mähringen 1442 3 3,1 45,1 Jettenburg 1120 2 2,4 45,1 Immenhausen 699 2 1,5 55,8 Gesamtgemeinde 8404 18 18 Das Sitzpotenzial der Ortschaften lässt erwarten, dass alle von ihnen auch nach Abschaffung der Unechten Teilortswahl Gemeinderäte stellen würden 21
4. Entwicklungen bei der Unechten Teilortswahl 22
Unechte Teilortswahl bei den Gemeinderatswahlen 2014 in BW In wieviel % der 1101 Gemeinden fand Unechte Teilortswahl statt? 40% MIT OHNE 60% 40 % = 438 Gemeinden; davon 411 mit Verhältniswahl. 23
Unechte Teilortswahl bei den Wahlen 1989-2014 in BW Gemeinden mit Unechter Teilortswahl in Prozent aller Gemeinden 100 80 60 40 61 57 54 48 44 40 20 0 1989 1994 1999 2004 2009 2014 24
Unechte Teilortswahl bei den Wahlen 1989-2014 in BW Gemeinden mit Unechter Teilortswahl 1000 800 600 400 680 637 596 537 483 438 200 0 1989 1994 1999 2004 2009 2014 25
Ergebnis der Städtetagsumfrage zu Unechter Teilortswahl 2007 Wohnbezirkspräsenz im GR bei erster Wahl nach Abschaffung der UTW (vor der Abschaffung gab es bis zu 17 Wohnbezirke pro Gemeinde!) 24% 21% 55% Alle Einer nicht Zwei oder mehr nicht Die Wohnbezirkspräsenz ist Ergebnis einer demokratischen Wahl Die Situation ändert sich nach Bewerberlage von Wahl zu Wahl Dadurch finden über mehrere Wahlen hinweg Ausgleiche statt 26