Eröffnung Alt werden in Europa



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Transkript:

Eröffnung Alt werden in Europa Gestaltungsspielräume in Mittel- und Osteuropa Susanne Müller Referentin - Osteuropa Brot für die Welt Evangelischer Entwicklungsdienst Berlin

Begrüßung Sehr geehrte Damen und Herren, ich darf Sie heute zu unserer Fachkonsultation Alt werden in Europa Gestaltungsspielräume in Mittel- und Osteuropa sehr herzlich hier im Johannesstift in Berlin willkommen heißen. Sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das sind rund 90 Expertinnen und Experten aus 12 mittel-, südost und osteuropäischen Ländern sowie Deutschland, die für, mit oder über ältere Menschen 90 Expertinnen und Experten aus 12 Mittel- und Osteuropa diskutierten 4 Tage in Berlin die Probleme und Lösungsansätze der Altenhilfe. arbeiten direkt und praktisch in den unterschiedlichsten Einrichtungen und Projekt-Angeboten, oder theoretisch-wissenschaftlich zu den großen Themen und Herausforderungen, die heute und in Zukunft mit den Fragen des Alterns in den verschiedenen Gesellschaften verbunden sind. Sie sind in der großen Mehrheit Vertreterinnen und Vertreter unserer Partner-Organisationen aus Lettland, Estland, Polen, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Rumänien, Ungarn, Belarus, Moldau, der Ukraine, der Russischen Föderation, Serbien und Georgien Partner sowohl des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung, der Landeskirchen und ihrer Diakonien, sowie einiger Partner der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft, deren Vertreterinnen ebenfalls in dieser Woche dabei sind. Als ReferentInnen konnten wir neben unseren Partnern weitere wichtige Akteurinnen und Akteure der Altenarbeit der beteiligten Länder aus sozialen und kirchlichen Einrichtungen, sowie ExpertInnen aus Hochschulen und Fachverbänden gewinnen. Die Fachkonsultation ist eine gemeinsame Initiative des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung und der Diakonischen Landesverbände, deren Osteuropa-ReferentInnen sich einmal im Jahr zu Austausch und Planung treffen und über viele Jahre gesondert zum Thema Pflege gearbeitet haben. Entsprechend sind in dieser Woche VerterterInnen von 11 Landesverbänden, 4 Landeskirchen sowie des Kirchenamtes der Ev. Kirche Deutschland dabei, die z.t. aktiv an der Planung und Gestaltung

der Konsultation mitgewirkt haben. Mitgewirkt hat außerdem die Akademie für Kirche und Diakonie. Dies ist außerdem die erste gemeinschaftliche Veranstaltung der beiden Teilbereiche des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung - Brot für die Welt und Diakonie Deutschland - seit wir unter ein gemeinsames Dach im Herzen Berlins gezogen sind. Von dieser räumlichen Nähe erhoffen wir uns gerade für unsere Arbeit in Osteuropa eine stärkere Zusammenarbeit zu Themen, die im westlichen und östlichen Europa gleichermaßen relevant sind Altersarmut, demografischer Wandel, Migration oder auch Menschenhandel. Deshalb ist diese Veranstaltung auch der Auftakt zu einer Kooperation mit neuem Nachdruck und Ausdruck des Wunsches, gemeinsam verstärkt auf die Sozialpolitik auf europäischer Ebene einzuwirken. Dazu gleich mehr im zweiten Teil der Eröffnungsrede. Evangelische Diakonie und Entwicklungsdienst verschmelzen i Das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung e.v ist ein im Oktober 2012 gegründetes Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), altkonfessioneller Kirchen und Freikirchen. Es entstand durch den Zusammenschluss des Diakonischen Werkes mit Brot für die Welt und des Evangelischen Entwicklungsdienstes. Die hier Anwesenden arbeiten im Rahmen kirchlicher, sozialer, wissenschaftlicher Organisationen was Sie tun, was wir alle gemeinsam tun, entspricht zutiefst dem diakonischen Verständnis und Auftrag, als Mensch, als Organisation, die sprach- und handlungsfähig ist und sich einen gewissen Einfluss auf Gesellschaft und Politik erarbeitet hat, für jene zu sprechen und zu handeln, die es selbst nicht können oder die kein Gehör finden. Uns vereint die Unfähigkeit, zu akzeptieren, dass Menschen ihrer Rechte beraubt werden, dass Menschen nicht die Chance bekommen, ihr Leben in Würde zu führen und ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Dies gilt in besonderem Maße für die Menschen, um die es in dieser Woche gehen soll: Die Generation der jetzt alten Menschen hat ein Jahrhundert durchlebt und durchlitten, das von zwei Weltkriegen und zwei Terror-Regimen geprägt war und tiefe körperliche und seelische Wunden hinterlassen hat. Das Leben dieser Menschen war geprägt von Entbehrungen, die für die nachfolgenden Generationen, die in Frieden und zumindest im Westen in Wohlstand aufgewachsen sind, trotz aller Dokumentationen, Begegnungen mit Zeitzeugen, Filmen nicht vorstellbar ist und abstrakt bleiben muss.

Und ausgerechnet diese Generation lebt heute in vielen osteuropäischen Ländern unter prekären, oft unwürdigen Bedingungen. Der Zusammenbruch der Sowjet-Herrschaft und des gesamten Wirtschaftsgefüges hat Anfang der 90erJahre in den osteuropäischen Ländern zu tiefgreifenden gesellschaftlichen und sozialen Verwerfungen geführt, von denen noch heute eine große Mehrheit traumatisiert und auch weiterhin betroffen ist. Ältere Menschen, Kinder und Jugendliche waren von diesen Umwälzungen am schwersten betroffen. Das Ausmaß von Armut und Hunger verglichen ältere Menschen mit den Zeiten des 2. Weltkrieges. Hilfspakete aus dem Westen halfen notdürftig, die ärgste Not zu lindern. In mehreren Workshops wurden Demenz, Häusliche- und Ambulante Pflege, sowie familiäre Unterstützungshilfen lebhaft diskutiert. Damals bahnten sich Kooperationen an, die z.t. bis heute Bestand haben. Es dauerte rund 10 Jahre bis ein wirtschaftliches Wachstum den jungen Regierungen Spielraum für soziale Maßnahmen verschuf, mit denen die Armut in den meisten Ländern zumindest halbiert werden konnte - trotz Auswüchsen eines Raubtierkapitalismus, trotz der sich auftuenden Schere zwischen arm und reich. Wichtigstes Instrument waren die Erhöhungen der Durchschnittslöhne und der Renten. In vielen aktuellen Armutsanalysen zählen daher alte Menschen zwar zu den verletzlichen, nicht aber zu den ärmsten Bevölkerungsschichten. Renten gelten sogar als eine der wenigen verlässlichen Einnahmequellen und sind in vielen Haushalten nicht selten das einzige regelmäßige Einkommen, von denen Kinder und Enkel mit profitieren. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein großer Teil der Renten nur knapp über oder sogar unter den jeweils nationalen Existenzminima liegt. Hinzu kommen für alte Menschen weitere schwierige Bedingungen, die den vermeintlichen finanziellen Vorteil schnell absorbieren, so dass eine große Zahl noch immer unter unwürdigen Bedingungen leben muss: Der Gesundheitssektor wird zunehmend teurer in Ländern wie Polen oder Tschechien und anderen jungen EU-Staaten bildet sich eine Zweiklassenmedizin heraus mit einem teuren privaten Sektor, in Ländern wie Russland, der Ukraine, Moldau oder Rumänien ist das Gesundheitssystem extrem von

Korruption betroffen. Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte, regelmäßig benötigte Medikamente, Geh-, Seh-, Hörhilfen und Zahnersatz, die für alte Menschen die Voraussetzung für eine weitere aktive Teilnahme am Leben sind, drücken Rentner schnell unter die Armutsgrenze. Wer irgend kann, arbeitet weit über das Rentenalter hinaus oft in körperlich anstrengenden, gesundheitsgefährdenden und auch erniedrigenden Jobs. Mit der Wirtschaft brachen auch die staatlichen sozialen Systeme zusammen, die bis heute nur sehr unzureichend wiederhergestellt sind. In den meisten Ländern obliegt es Verwandten ersten Grades, sich um hochbetagte und kranke alte Menschen zu kümmern. Der Realität von Landflucht, Migration und sich auflösenden Familienstrukturen wird in keiner Weise Rechnung getragen. Vorsichtigen Schätzungen zufolge kann man sagen, dass nur etwa ein Zehntel derer, die eine Betreuung brauchen, diese auch erhalten. Das gravierendste Problem jedoch ist das der Einsamkeit und Isolation v.a. auf dem Lande sind viel alte Menschen komplett auf sich gestellt. Fast noch bestürzender ist die Tatsache, dass sich Umfragen zufolge mehr nicht allein lebende alte Menschen einsam fühlen, als solche, die alleinstehend sind. Frau Rhein wird die Situation vieler alter Menschen später in Ihrem Beitrag für ihr Land auf den Punkt bringen: Es ist meistens nicht schön, alt zu werden in Rumänien.... In dieser allzu oft bitteren Realität ist die Arbeit von nicht staatlichen Organisationen kirchlichen wie nicht-kirchlichen - oft der einzige Hoffnungsschimmer. Viele von Ihnen, wenn nicht die große Mehrheit, sind AkteurInnen der ersten Stunde. Die Lücken, die das erodierende Sozialsystem Anfang der 90er Jahre riss, konnte mancherorts von Ihren sozialen Initiativen kompensiert werden nach der Wende durften die Tore der Kirchen wieder geöffnet werden, zivilgesellschaftliches soziales Engagement war plötzlich erlaubt, und viele begannen, sich in ihrer Nachbarschaft, in ihrer Gemeinde oder im Rahmen orthodoxer Schwestern- und Bruderschaften ehrenamtlich für notleidende Menschen zu Frauen sind zumeist die Initiatorinnen von Einrichtungen und Netzwerken in Mittel- und Osteuropa. engagieren auf den Straßen, in Krankenhäusern, Heimen oder Kommunalwohnungen. Mit finanzieller

Hilfe aus dem Westen, konnten Sie Ihre Arbeit ausbauen, systematisieren, und professionalisieren. Die meisten von Ihnen haben einen beeindruckenden Weg hinter sich: von der demütigen Schwester, die in einer Tracht in der Farbe der Krankenhauswände ihr wohltätiges aber unauffälliges Werk verrichtete, hin zur professionellen SozialmanagerIn und lautstarken AnwältIn für die Belange alter Menschen Sie wirken mit in kommunalen, regionalen und nationalen Gremien, beraten Regierungen und arbeiten nationale Policy-Papiere aus. Partnerschaften mit deutschen evangelischen Gemeinden, Landeskirchen und ihren Diakonien gab es z.t. schon seit Grafik hier ein setzen den 70er Jahren etwa zwischen der Diakonie Bremen und der Gemeinde Schäßburg in Siebenbürgen/Rumänien nach der Überschwemmung 1972, die Ökumenische Diakonie förderte die Bildungsarbeit der Apostolischen Kirche in Armenien. Aber auch mit Gemeinden in Polen, Ungarn, der damaligen Tschechoslowakei gab es Kontakte. Nach der Wende wurden diese Kontakte sehr viel intensiver. Die Ökumenische Diakonie stieg 1994 mit ihrem Programm Kirchen helfen Kirchen in die regelmäßige Förderung ein. Heute bilden die Aktivitäten ihrer Partner in den verschiedenen Ländern die ganze Bandbreite der Arbeit für und mit älteren Menschen ab: Am Anfang stand v.a. der Aufbau und Betrieb modellhafter Senioren- und Pflegeheime sowie Hospize und Rehabilitationseinrichtungen. Es folgte die Etablierung von bis dahin unbekannten ambulanten Angeboten wie Essen auf Rädern, häuslichen Betreuungs- und Pflegediensten, Tagespflege und Seniorentreffs und Gemeindediensten. Zunächst waren dies kleine Inseln für einige wenige, die das Glück hatten, von diesen Angeboten profitieren zu können. Aber die Modelle begannen, in die Umgebung auszustrahlen staatliche wie nicht-staatliche Einrichtungen interessierten sich für die Angebote mit westlichen Pflegestandards. Manche von Ihnen bieten heute z.t. landesweite Aus- und Fortbildungen von Betreuungs- und Pflegepersonal an und tragen wesentlich dazu bei, dass das Ansehen dieses Berufes in der Gesellschaft wächst. Der Wunsch nach größerer finanzieller Abhängigkeit ließ Sie nach Instrumenten des modernen Sozialmanagements nachfragen, einige wenige schafften es, dem Staat

ihren Service im Sinne der Subsidiarität anzubieten. Das öffentliche Eintreten, die soziale Anwaltschaft für die Belange älterer Menschen, die Beratung von staatlichen Stellen und die Mitarbeit an regionalen oder nationalen Aktionsplänen ist für manche von Ihnen selbstverständlicher Teil Ihres Engagements geworden, der sich beinahe verpflichtend aus Ihren reichhaltigen Erfahrungen und Kenntnissen ergibt. Die finanzielle Förderung durch die früheren Strukturen des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung und die diakonischen Landesverbände waren von vornherein immer auch partnerschaftlich angelegt: Vorhaben und Projekte wurden eng abgesprochen, in- und externe BeraterInnen begleiteten auf Nachfrage den jeweils nächsten Schritt Ihrer Entwicklung. Es hat einen regen fachlichen Austausch mit diakonischen Einrichtungen gegeben. Der lange Atem der Förderung durch alle Höhen und Tiefen wurde durch den ebenso langen Atem Ihrer langjährigen engagierten Arbeit honoriert. Mehr als 50 Einrichtungen, Initiativen und Netzwerke der Arbeit für und mit älteren Menschen sind in 20 Jahren der Kooperation entstanden. Beispiele von langjährigen Kooperationsbeziehungen mit den Landeskirchen und ihren Diakonien sowie mit der Ökumenischen Diakonie hören wir heute von Annamária Buda, Ev. Lutherische Kirche, Budapest, Ungarn Kriszta Bozorády, Emmaus Heim, Nyíregyháza, Ungarn Ortrun Rhein, Dr. Carl Wolff Heim, Sibiu, Rumänien Ortwin Hellmann, Haus Blumenau, Braşov, Rumänien, weitere Beiträge von langjährigen Partnern hören wir in den verschiedenen Arbeitsgruppen und der Podiumsdiskussion am Donnerstag aus Rumänien, Polen, Russland, der Ukraine und Moldawien. Diese ermutigenden Beispiele dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass trotz einer großen Anzahl sozial engagierter Organisationen und einer sich zunehmend entwickelnden Zivilgesellschaft, sich nur ein kleiner Teil um die Belange älterer Menschen kümmert.

Das liegt auch daran, dass ausländische Geber-Organisationen selten alte Menschen als wichtige Zielgruppe betrachten. Neben den beiden großen kirchlichen Hilfswerken ist in Deutschland vor allem die Arbeit der Stiftung EVZ eine große Ausnahme, die seit 12 Jahren mit ihren Partnern Meilensteine in der Entwicklung der Altenarbeit gesetzt hat zunächst im Engagement für Opfer des Nationalsozialismus, in den vergangenen Jahren zunehmend für diese Generation insgesamt. Diese Arbeit war und ist immer auch Versöhnungs- und Friedensarbeit. Vergessen darf man auch nicht, dass diese wichtige Arbeit für und mit älteren Menschen in manchen Ländern noch immer vom Misstrauen der Regierungen begleitet wird, die es bereits als Kritik betrachten, dass NGOs sozial tätig werden, weil es einerseits demonstriert, dass es diese Probleme überhaupt gibt, andererseits, dass der Staat nicht genug tut, um diese Probleme zu bewältigen. Dies gilt insbesondere für Russland und die Ukraine. In Russland müssen sich zivilgesellschaftliche Akteure, die für Ihre Arbeit auf Geld aus dem Ausland angewiesen sind, künftig als Agenten des Auslands selbst diffamieren. Als sei die Sorge um schwache und ausgegrenzte Menschen primär ein suspektes Ansinnen des Auslands und nicht ein ureigenes Interesse im Land selbst. Bei allem Diskussionsbedarf über die aktuelle Situation dürfen wir die künftigen Herausforderungen nicht aus dem Blick verlieren: (Altersarmut ist längst nicht mehr nur in Osteuropa ein Thema, sondern beherrscht gerade dieser Tage die Medien auch in Deutschland. Die Rangliste der Altersarmut wird von östlichen und westlichen Ländern im Wechsel angeführt. Die Länder Südeuropas stehen vor gewaltigen volkswirtschaftlichen Herausforderungen.) Die demografische Entwicklung im gesamten Europa führt zunehmend zu einer Schieflage zwischen arbeitender Bevölkerung und Pensionären, die u.a. gravierende Fragen an die Systeme der Renten und sozialen Sicherung aufwirft und Konflikte zwischen den Generationen wahrscheinlich werden lässt. Welchen besonderen Herausforderungen steht Osteuropa gegenüber, das wie Prof. Hoff es in seinem

heutigen Vortrag auf den Punkt bringen wird - altert, bevor es wohlhabend wurde, im Gegensatz zum westlichen Europa, das wohlhabend wurde, bevor es alterte. Ein Thema, das sich viele von Ihnen für die Konsultation gewünscht haben, ist das der Demenz die wachsende Zahl von Erkrankungen, Mangel an ausgebildeten Betreuungs- und Pflegekräften und speziellen Therapieangeboten, überforderte Angehörige wie geht man in Deutschland mit dem Thema Demenz um? Diesem Thema widmen wir den gesamten Mittwoch mit Beiträgen von Prof. Dr. Hans Gutzmann vom Krankenhaus Hedwigshöhe in Berlin, Gerlinde Strunk-Richter von der Informationsund Koordinationsstelle der Landesinitiative Demenz-Service Nordrhein-Westfalen im Kuratorium Dt. Altershilfe, Dr. Dr. Rapp vom ASKLEPIOS Klinikum Brandenburg, einer Klinik für Gerontopsychiatrie, sowie Helga Schneider-Schelte von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Große Herausforderungen generieren große Ideen zu deren Lösung. Am Donnerstag widmen wir uns Modellen und Visionen eines aktiven und würdigen Alterns. Die Rolle und der Platz alter Menschen in der Gesellschaft muss neu entdeckt und definiert werden. Selbstbestimmung, Teilhabe und Inklusion, Wohnen und Leben jenseits von Institutionen dies sind Ansätze, denen Renata Sniegonova von der Schlesischen Diakonie/Tschechien, sowie Dr. Jürgen Gohde, der Vorsitzende des Kuratoriums Deutsche Altershilfe und ehem. Präsidenten des Diakonischen Werkes der EKD, in ihren Vorträgen nachgehen und die zur Diskussion einladen. Unsere Fachkonsultation findet statt im Europäischen Jahr des Fünf Simultandolmetscherinnen ermöglichten die Verständigung während der Konsultation. aktiven Alterns und der Solidarität zwischen den Generationen. Welchen Beitrag können wir als Kirche, als Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung gemeinsam mit Ihnen, unseren Partnern in Osteuropa zum sozialpolitischen Diskurs auf europäischer Ebene leisten, welche Gestaltungsspielräume können wir nutzen, bzw. schaffen etwa bei der jeweils nationalen Ausgestaltung des Aktionsplans der Vereinten Nationen bzw. zu Aktivitäten der EU zu Fragen des Alterns? Dazu hören Sie heute Nachmittag Anregungen von Heather Roy von der Eurodiaconia, Brüssel.

Nun lade ich Sie herzlich ein, sich unter dem Motto Voneinander lernen miteinander handeln von den Vorträgen und angeregten Diskussionen im Welt-Cafe oder den Arbeitsgruppen inspirieren zu lassen und Ihre Anliegen, Fragen und Lösungsvorschläge einzubringen, ich lade Sie ein zum informellen Austausch in den Pausen und an den langen Abenden. Gerade die Abende hier an unserem abgelegenen Tagungsort sind dazu angetan, Ideen weiterzuspinnen in einem offenen Raum, Kooperationen anzubahnen und konkrete Schritte zu verabreden. Aber wir haben Sie nicht nach Berlin gelockt, nur um Sie hier janz weit draußen einzusperren, sondern wir möchten Ihnen auch die Stadt zeigen, die seit Anfang Oktober diesen Jahres Sitz des neuen Ev. Werkes für Diakonie und Entwicklung ist und neue oder auch alte Heimat oder zumindest der Zweitwohnsitz für seine 600 Mitarbeitenden. Am Mittwoch Abend laden wir Sie deshalb ein zu einer Tour durch das nächtliche Berlin. Wichtig ist uns, dass Sie am Ende dieser Woche sagen ja, die Reise nach Berlin hat sich gelohnt.