Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie

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Transkript:

Franz Petermann (Hrsg.) Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie 7., überarbeitete und erweiterte Auflage Lehrbuch

Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie

Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie herausgegeben von Franz Petermann 7., überarbeitete und erweiterte Auflage Göttingen Bern Wien paris OXFORD prag toronto BOSTON AMsterDAM Kopenhagen Stockholm FLOrenZ

Prof. Dr. phil. Franz Petermann, geb. 1953. 1972 1975 Studium der Mathematik und Psychologie in Heidelberg. Wissenschaftlicher Assistent an den Universitäten Heidelberg und Bonn. 1977 Promotion. 1980 Habilitation. 1983 1991 Leitung des Psychosozialen Dienstes der Universitäts-Kinderklinik Bonn, gleichzeitig Professor am Psychologischen Institut. Von 1991 Lehrstuhl für Klinische Psychologie an der Universität Bremen und seit 1996 Direktor des Zentrums für Klinische Psychologie und Rehabilitation (ZKPR). y ps chlehrbuchplus hogrefe.de Informationen und Zusatzmaterialien zu diesem Buch finden Sie unter www.hogrefe.de/buecher/lehrbuecher/psychlehrbuchplus Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat für die Wiedergabe aller in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen etc.) mit Autoren bzw. Herausgebern große Mühe darauf verwandt, diese Angaben genau entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abzudrucken. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Die 1. bis 3. sowie die 6. Auflage des Buches erschienen unter dem Titel Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie. Die 4. und 5. Auflage erschienen unter dem Titel Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie und -psychotherapie. 1995, 1996, 1998, 2000, 2002, 2008 und 2013 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG Göttingen Bern Wien Paris Oxford Prag Toronto Boston Amsterdam Kopenhagen Stockholm Florenz Merkelstraße 3, 37085 Göttingen http://www.hogrefe.de Aktuelle Informationen Weitere Titel zum Thema Ergänzende Materialien Copyright-Hinweis: Das E-Book einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Der Nutzer verpflichtet sich, die Urheberrechte anzuerkennen und einzuhalten. Umschlagabbildung: Westend61 gettyimages.com Satz: ARThür Grafik-Design & Kunst, Weimar Format: PDF ISBN 978-3-8409-2447-7

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Vorwort Gesellschaftliche und gesundheitspolitische Notwendigkeiten bewirkten in den letzten Jahren, dass Themen wie Bildung, Familie, Kindheit und Jugend auf der Bedeutungsskala einen konstant hohen Stellenwert besitzen. Dieser gesellschaftliche Aufwind unterstützte zweifellos auch das Interesse an Klinischer Kinderpsychologie. Obwohl die intensive und systematische Beschäftigung mit Themen der Klinischen Kinderpsychologie im deutschen Sprachraum erst auf eine knapp 20-jährige Tradition zurückschauen kann, zeigt die vorliegende siebte Auflage des Lehrbuches der Klinischen Kinderpsychologie, dass sich das Anwendungsgebiet in diesem Zeitraum gemausert hat. Allein schon vom Erscheinungsbild her gesehen hat sich der Differenzierungsgrad der aufbereiteten Themen erhöht: von 20 Themen im Jahre 1994 (1. Auflage des Lehrbuches) wurde die Anzahl auf 45 im Jahre 2013 gesteigert. Eine solche Differenzierung findet man auch in der Forschungs- und Praxislandschaft wieder. Viele Universitäten und Hochschulen haben die Klinische Kinderpsychologie, die Heilpädagogik/Sonderpädagogik und Kinderpsychotherapie in ihr Lehr- und Forschungsprogramm aufgenommen. Immer mehr universitäre und privatwirtschaftliche Postgraduierteninstitute bieten die Ausbildung zum Kinderund Jugendlichenpsychotherapeuten an. Für all diese Bemühungen bildet die rasante Entwicklung der Klinischen Kinderpsychologie eine entscheidende Grundlage. Der aktuelle Entwicklungsstand der Klinischen Kinderpsychologie lässt sich mindestens durch sechs Merkmale kennzeichnen: Die Erforschung der psychischen Störungsbilder orientiert sich an einem biopsychosozialen Ursachenkonzept, die entwicklungspsychopathologische Perspektive hat sich weitgehend etabliert, das heißt, es werden normale und abweichende Entwicklungsverläufe miteinander verglichen und daraus Entwicklungsmodelle für psychische Störungen abgeleitet; man strebt danach entwicklungsorientiert zu klassifizieren, zu diagnostizieren und Interventionen zu begründen, ebenso kommt der Ressourcenorientierung im Kontext der Diagnostik und Intervention eine immer größere Bedeutung zu, die Familie und Lebensumwelten des Kindes werden umfassender berücksichtigt und man möchte frühzeitig Entwicklungsrisiken erkennen und diesen mit Präventionsprogrammen oder frühzeitigen Interventionen entgegenwirken. Diese Merkmale kennzeichnen auch die wichtigen aktuellen Trends der Klinischen Kinderpsychologie, die bei der Konzipierung des vorliegenden Lehrbuches berücksichtigt wurden.

6 Vorwort Die siebte Auflage des Lehrbuches wurde inhaltlich erheblich erweitert. Es war nötig, die Vielzahl der zu behandelnden Aspekte neu zu ordnen. Dies erforderte, die folgenden fünf Hauptkapitel sehr differenziert zu untergliedern: Grundlagen (Epidemiologie, Klassifikation, Entwicklungspsychopathologie, altersspezifische Entwicklungsrisiken und Entwicklungsabweichungen), Entwicklungsstörungen (tiefgreifende und umschriebene Entwicklungsstörungen, motorische und Sprachstörungen, Enuresis, funktionelle Harninkontinenz und Enkopresis), Verhaltens- und emotionale Störungen (ADHS, aggressives Verhalten, Tic-, Angst- und Zwangsstörungen, Depression, suizidales und selbstverletzendes Verhalten, Interaktions- und Persönlichkeitsstörungen), körperliche Krankheiten, Suchterkrankungen und andere Beeinträchtigungen der kindlichen Entwicklung (u. a. Adipositas, Anorexia und Bulimia nervosa, Substanzmittelmissbrauch und -abhängigkeit, Schlafstörungen, somatoforme Störungen, Kindesmisshandlung und Kinderschutz) und Förder- und Therapieansätze (u. a. Prävention, Früh- und sonderpädagogische Förderung, Kinder- und Jugendhilfe, Familien-, Psycho- und Pharmakotherapie). Was wurde in der siebten Auflage verändert? Insgesamt mussten 30 % aller Beiträge neu verfasst werden, da sich in den letzten knapp fünf Jahren Neuerungen ergeben haben, die berücksichtigt werden mussten. Alle fünf Hauptkapitel des Buches sind davon in einem unterschiedlichen Ausmaß betroffen. Im Grundlagenkapitel wurden die Kapitel einer grundlegenden Revision unterzogen: Bei der Klassifikation wurde das DSM-5 berücksichtigt, die Ergebnisse Säuglingsund Kleinkindforschung wurden erstmals umfassend vor dem Hintergrund früher Entwicklungsabweichungen berichtet. Des Weiteren wurde das Kapitel zur Entwicklungspsychopathologie erheblich erweitert. Das Hauptkapitel Diagnostik (Entwicklungs-, Leistungs-, Intelligenz- und Verhaltensdiagnostik) wurde aus Umfangsgründen in dieser Auflage ersatzlos gestrichen, dadurch war eine erhebliche Erweiterung des Hauptkapitels Entwicklungsstörungen möglich. Im Bereich der tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (Autismus), der Sprech- und der Sprachstörungen liegen so viele neue Befunde und teilweise neue Klassifikationsvorschläge vor, dass ein solcher Schritt unvermeidbar war. Ein Kapitel zum Themenkomplex umschriebene Entwicklungsstörungen, nämlich Störungen motorischer Funktionen, wurde erstmals in die aktuelle Auflage aufgenommen. Das Kapitel zu den Ausscheidungsstörungen (Enuresis, Enkopresis) wurde erheblich erweitert und auf zwei Kapitel aufgeteilt. Kaum Veränderungen traten in dem Hauptkapitel Verhaltens- und emotionale Störungen auf. Hier wurde der große Bereich Störungen des Sozialverhaltens neustrukturiert und durch die Befunde zur Psychopathy im Kindes- und Jugendalter ergänzt. Alle übrigen Kapitel in diesem Bereich wurden lediglich aktualisiert. Stark erweitert wurde das Hauptkapitel IV ( Körperliche Krankheiten, Suchterkrankungen und andere Beeinträchtigungen der kindlichen Entwicklung ).

Vorwort 7 Aktuelle und für Kinder- und Jugendlichentherapeuten wichtige Themen wie Missbrauch und Misshandlung sowie Kinder psychisch kranker Eltern wurden durch umfassende, neue Kapitel erstmals berücksichtigt. In dem abschließenden Hauptkapitel Förder- und Therapieansätze wurden die innovativen Bereiche Kinder- und Jugendhilfe sowie Psychopharmakotherapie neu verfasst. Noch eine technische Anmerkung: Wie in den früheren Auflagen enthält jedes Kapitel fünf bis sechs Verständnisfragen, die sich häufig am bundeseinheitlichen Prüfungskatalog für Psychotherapeuten orientieren. In der siebten Auflage sind die ausführlichen Antworten zu diesen Fragen nicht mehr im Buch selbst abgedruckt, sondern im Internet unter www.hogrefe.de/buecher/lehrbuecher/psychlehrbuchplus leicht zugänglich. Ich danke allen Autoren und Freunden, mit denen ich die Weiterentwicklung der siebten Auflage diskutieren konnte. Aus dieser Diskussion resultierte der Entschluss, mit mehr Themen, einer strengen Seitenvorgabe und einheitlichen Gliederung das Themengebiet differenzierter abzudecken. Dies bedeutet, dass in manchen Bereichen, vor allem im Bereich der Diagnostik und Indikationsstellung, die Ausführungen bewusst knapp gehalten werden mussten. Ich freue mich, dass mit allen Autoren diese Konzipierung im wechselseitigen Einverständnis umgesetzt werden konnte. Alle Autoren arbeiteten extrem zuverlässig und zügig; für den Leser bedeutet dieser Tatbestand, dass ein topaktuelles Lehrbuch entstanden ist. Dem Verlag danke ich für die langjährige Kooperation und hoffe sehr, dass die neue Auflage ebenso positiv von den Lesern aufgenommen wird wie die letzten sechs Auflagen. Bremen, im November 2012 Franz Petermann

Inhaltsverzeichnis I. Grundlagen 1. Grundbegriffe und Konzepte der Klinischen Kinderpsychologie Franz Petermann.... 15 2. Klassifikation und Epidemiologie psychischer Störungen Manfred Döpfner... 31 3. Entwicklungspsychopathologie Franz Petermann und Franz Resch... 57 4. Von Null bis Drei: Entwicklungsrisiken und Entwicklungsabweichungen Eva Vonderlin und Sabina Pauen... 77 5. Kindergarten- und Grundschulalter: Entwicklungsrisiken und Entwicklungsabweichungen Ute Koglin und Franz Petermann... 101 6. Jugendalter: Entwicklungsrisiken und Entwicklungsabweichungen Urs Fuhrer... 119 II. Entwicklungsstörungen 7. Tiefgreifende Entwicklungsstörungen Judith Sinzig und Martin H. Schmidt... 137 8. Umschriebene Lese-Rechtschreibstörung Andreas Warnke und Ellen Baier... 165 9. Rechenstörung Claus Jacobs, Franz Petermann und Lars Tischler... 181 10. Umschriebene Entwicklungsstörungen der motorischen Funktionen Julia Jaščenoka und Franz Petermann... 207 11. Sprech- und Sprachentwicklungs störungen Waldemar von Suchodoletz.... 229 12. Enuresis und funktionelle Harninkontinenz Alexander von Gontard.... 245 13. Enkopresis Alexander von Gontard.... 259

10 Inhaltsverzeichnis III. Verhaltens- und emotionale Störungen 14. Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) Manfred Döpfner und Tobias Banaschewski... 271 15. Störungen des Sozialverhaltens Ulrike Petermann und Franz Petermann... 291 16. Tic-Störungen Manfred Döpfner und Aribert Rothenberger... 319 17. Spezifische Phobien Ulrike Petermann und Cecilia A. Essau... 337 18. Trennungsangst Lydia Suhr-Dachs und Ulrike Petermann.... 353 19. Soziale Phobie Ulrike Petermann und Lydia Suhr-Dachs.... 369 20. Panikstörung und Agoraphobie Silvia Schneider und Chantal Herren.... 387 21. Posttraumatische Belastungsstörung Rita Rosner... 405 22. Zwangsstörungen Manfred Döpfner und Hildegard Goletz.... 423 23. Depressive Störungen Gunter Groen und Franz Petermann... 439 24. Suizidales Verhalten Katja Becker und Anikó-Eva Keitel... 459 25. Selbstverletzendes Verhalten Franz Petermann und Sandra Achtergarde.... 477 26. Interaktionsstörungen Martin H. Schmidt... 495 27. Persönlichkeitsstörungen Marc Schmid und Klaus Schmeck.... 513 IV. Körperliche Krankheiten, Sucht erkrankungen und andere Beeinträchtigungen der kindlichen Entwicklung 28. Chronisch-körperliche Erkrankungen Meinolf Noeker und Franz Petermann... 535 29. Adipositas Petra Warschburger und Franz Petermann... 553

Inhaltsverzeichnis 11 30. Anorexia nervosa und Bulimia nervosa Brunna Tuschen-Caffier und Caroline Bender... 569 31. Substanzmissbrauch und -abhängigkeit bei illegalen Drogen Stephan Mühlig.... 589 32. Substanzmissbrauch und -abhängigkeit bei Tabak, Alkohol, Medikamenten und Schnüffelstoffen Stephan Mühlig.... 607 33. Schlafstörungen Leonie Fricke-Oerkermann und Gerd Lehmkuhl... 621 34. Funktionelle und somatoforme Störungen Meinolf Noeker... 639 35. Kindesmisshandlung und Kinderschutz Lutz Goldbeck... 661 36 Kinder psychisch erkrankter Eltern Silke Wiegand-Grefe... 701 V. Förder- und Therapieansätze 37. Prävention psychischer Störungen Nina Heinrichs, Manfred Döpfner und Franz Petermann... 721 38. Frühförderung Klaus Sarimski... 739 39. Sonderpädagogische Förderung Matthias Grünke und Michaela Greisbach.... 755 40. Kinder- und Jugendhilfe Peter Büttner.... 771 41. Forensische Kinderpsychologie Dietmar Heubrock... 789 42. Neuropsychologische Therapie Kerstin Konrad und Thomas Günther.... 807 43. Psychotherapie Manfred Döpfner... 823 44. Familientherapie Manfred Cierpka.... 841 45. Psychopharmakotherapie Michael Kölch, Paul L. Plener, Alexandra Kranzeder und Jörg M. Fegert... 857

12 Inhaltsverzeichnis Anhang Die Autorinnen und Autoren des Bandes... 881 Sachregister... 887

13 I. Grundlagen 1. Grundbegriffe und Konzepte der Klinischen Kinderpsychologie... 15 2. Klassifikation und Epidemiologie psychischer Störungen... 31 3. Entwicklungspsychopathologie... 57 4. Von Null bis Drei: Entwicklungsrisiken und Entwicklungsabweichungen... 77 5. Kindergarten- und Grundschulalter: Entwicklungsrisiken und Entwicklungsabweichungen... 101 6. Jugendalter: Entwicklungsrisiken und Entwicklungsabweichungen... 119 Brebca Fotolia.com

Kapitel 1 Grundbegriffe und Konzepte der Klinischen Kinderpsychologie Franz Petermann Inhaltsübersicht 1 Einleitung... 15 1.1 Typische Fragestellungen... 16 1.2 Nachbardisziplinen... 17 1.3 Grundlagen und klinische Praxis... 18 2 Entwicklungspsychopathologie... 20 3 Biopsychosoziales Krankheitsmodell... 21 4 Klassifikation und Diagnostik psychischer Störungen... 22 4.1 Klassifikation... 23 4.2 Diagnostik... 24 5 Perspektiven... 24 5.1 Klinische Jugendpsychologie... 24 5.2 Klinische Kinderneuropsychologie... 25 5.3 Pädiatrische Psychologie... 26 Verständnisfragen... 28 Weiterführende Literatur... 28 Literatur... 29 1 Einleitung Das vorliegende Lehrbuch gibt eine Übersicht über wichtige Grundlagen der Klinischen Kinderpsychologie sowie zentrale Ansätze zur Erklärung und Behandlung psychischer Störungen. In diesem Kapitel sollen wichtige Grundbegriffe erläutert und in ausgewählte Themengebiete der Klinischen Kinderpsychologie eingeführt werden; es sollen vor allem die Neuentwicklungen des Bereiches thematisiert werden. Kasten 1: Definition der Klinischen Kinderpsychologie Die Klinische Kinderpsychologie beschäftigt sich in ihren Grundlagen mit den Ursachen, der Entwicklung und dem Verlauf psychischer Störungen, wobei früh wirksamen Risiko- und Schutzfaktoren eine besondere Bedeutung zukommt. Im Bereich der Diagnostik nimmt die Feststellung und Bewertung von psychischen Störungen Entwicklungsabweichungen und psychosozialen Belastungen eine zentrale Stellung ein; des Weiteren werden die psychischen Störungen und psychosozialen Folgen chronisch-körperlicher Krankheiten behandelt. Die Interventionen (Prävention, Therapie und Rehabilitation) dienen der Vorbeugung, Minderung oder Heilung psychischer Beeinträchtigungen und Störungen. Die Interventionen basieren auf empirisch abgesicherten biopsychosozialen Entwicklungsmodellen, die detailliert Risiko- und Schutzfaktoren der kindlichen