Zusammenfassung Studie über Co-Regulierungsmaßnahmen im Medienbereich



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Transkript:

Zusammenfassung Studie über Co-Regulierungsmaßnahmen im Medienbereich Studie für die Europäische Kommission, Generaldirektion Informationsgesellschaft und Medien, Abt. A1 Audiovisuelle Politik und Medienpolitik Ausschreibung DG EAC 03/04 Ziel und Vorgehensweise Die Europäische Kommission, Generaldirektion Informationsgesellschaft und Medien hat die vorliegende Studie im Dezember 2005 im Zusammenhang mit der Revision der Richtlinie Fernsehen ohne Grenzen in Auftrag gegeben. Der für diese Studie relevante Hintergrund ist allerdings breiter und kann als Wandel der Industriegesellschaft zur Informationsgesellschaft beschrieben werden. Dies könnte zu einer veränderten Rolle des Staates und supranationaler Institutionen wie der Europäischen Union führen. Co-Regulierung wird von Vielen als Weg angesehen, besser zu regulieren, und damit sowohl dem Risiko eines zunehmenden Versagens traditioneller Regulierungskonzepte zu begegnen, als auch dort, wo es sinnvoll erscheint, Verantwortung an die Gesellschaft zurückzugeben. In der interinstitutionellen Vereinbarung Bessere Rechtsetzung haben sich das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission auf Co-Regulierung als eine alternative Methode der Regulierung verständigt. Diese Studie schließt eine Untersuchung von Presse, Rundfunk, Online-Diensten und mobilen Dienste, Filmen sowie interaktiven Spielen ein; die Einbeziehung dieser unterschiedlichen Medientypen in die Untersuchung unterstellt keineswegs, dass die Medien in derselben Weise reguliert werden sollten oder dass den Mitgliedsstaaten oder den europäischen Institutionen derselbe Spielraum bei der Regulierung zur Verfügung steht. Sie beschreiben nur die Felder, in denen existierende Co-Regulierungssysteme gesucht wurden. In diesen Feldern wurden die folgenden Regulierungsziele in die Untersuchung einbezogen: der Jugendschutz und der Schutz der Menschenwürde, Werberegelungen, Qualität, Ethik und Vielfalt bei privaten Medien, als Annex: Zugangsfragen und Standardisierung. 1

Co-Regulierungssysteme wurden in drei Schritten identifiziert: 1. Überblick über alle Regulierungsaktivitäten in allen in die Studie einbezogenen Medien für alle berücksichtigten Regulierungsziele. 2. Ausschluss aller Systeme, in denen keine Aktivitäten sowohl des Staates als auch nicht-staatlicher Regulierung für ein bestimmtes Medium und ein bestimmtes Politikfeld zu finden waren. 3. Entwicklung einer Arbeitsdefinition von Co-Regulierung und ihre Anwendung auf die verbleibenden Regulierungssysteme. Die Korrespondenten aus dem Netzwerk des EMR fertigten zwei Länderberichte, einen über das Mediensystem in dem entsprechenden Land und einen zweiten über die Systeme, in denen sowohl staatliche als auch nicht-staatliche Regulierung zu finden waren. Alle Berichte wurden auf der Internetseite des Projektes veröffentlicht, um Transparenz sicherzustellen und auch als Instrument der Qualitätssicherung. Die Evaluation der Co-Regulierungssysteme ruht auf zwei Säulen; einer Dokumentenanalyse und einer Expertenbefragung (durchgeführt im Herbst 2005). Die Fragebögen für die Expertenbefragung waren in einen Allgemeinen Teil, der vor allem Verfahrensziele (Transparenz, Klarheit, Offenheit) und andere allgemeine Ziele guter Regulierung umfasste, und einen Besonderen Teil zur Funktionsweise des betroffenen Systems unterteilt. Die Fragebögen wurden entwickelt, um die unterschiedlichen Auffassungen der Experten (interne und externe, einschließlich der Vertreter von Verbraucherschutzverbänden) mit ihren unterschiedlichen Perspektiven auf das System zu vergleichen. Daher wurde die Einschätzung der Experten nicht unmittelbar als Grundlage für die Evaluation genommen, sondern die Existenz von signifikanten Übereinstimmungen oder Abweichungen bei den Antworten bewertet. Was ist Co-Regulierung? Die Untersuchung von Studien, die zu dem Thema bereits durchgeführt wurden, zeigt, dass unabhängig von unterschiedlichen theoretischen Hintergründen und methodischen Herangehensweisen Einigkeit darin besteht, dass traditionelle Formen der Regulierung vor schwerwiegenden und grundsätzlichen Problemen bei ihrer Durchsetzung stehen. Co-Regulierung wird von Vielen als Weg angesehen, auf Herausforderungen für traditionelle Regulierung wie etwa rasche technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen und das Problem dezentralisierten Wissens in der Informationsgesellschaft zu reagieren. Darüber hinaus lehrt die Steuerungstheorie, dass der Entwicklungspfad der Regulierung Bedeutung besitzt. Diskussionen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene haben von Zeit zu Zeit mit Missverständnissen zu kämpfen, die auf unterschiedlichen Ausgangsbedingungen für Co-Regulierung beruhen. Der Studie liegt das Verständnis zugrunde, dass Co-Regulierung eine spezifische Kombination staatlicher und nicht-staatlicher Regulierung darstellt. Andere Formen der Kombination von staatlicher und nicht-staatlicher Regulierung werden ebenso ausgeschlossen wie Systeme ohne jede staatliche Beteiligung (reine Selbst-Regulierung). Dies bedeutet allerdings nicht, dass ein System, das als Co-Regulierung im Sinne dieser Studie eingestuft wird, in jedem Fall effektiver sein muss als ein reines Selbst-Regulierungssystem. Auf der Basis von bereits durchgeführten Studien wird die folgende Definition von Co- Regulierung entwickelt: 2

Bei der nicht-staatlichen Komponente der Regulierungssysteme werden folgende Merkmale vorausgesetzt: Im Hinblick auf die Verbindung zwischen nicht-staatlicher und staatlicher Regulierung wird auf die folgenden Kriterien abgestellt: Die Entwicklung spezifischer Organisationen, Regeln oder Prozesse um Entscheidungen von Personen oder, im Falle von Organisationen, die Entscheidungen dieser Organisationen oder in diesen Organisationen zu beeinflussen soweit dies zumindest teilweise von oder in den Organisationen oder Teilen der Gesellschaft erfolgt, die bzw. deren Mitglieder Adressaten der (nicht-staatlichen) Regulierung sind. Das System dient der Erreichung im öffentlichen Interesse liegender Ziele in sozialen Prozessen. Es besteht eine rechtliche Verbindung zwischen dem nichtstaatlichen Regulierungssystem und der staatlichen Regulierung (allerdings muss der Einsatz nicht-staatlicher Regulierung nicht notwendigerweise in einem Gesetz erwähnt sein) Der Staat belässt dem nicht-staatlichen Regulierungssystem eigene Beurteilungsspielräume. Der Staat setzt Regulierungsressourcen ein, um das Ergebnis des Regulierungsprozesses zu beeinflussen (um die Erreichung der verfolgten Ziele zu gewährleisten). Die Anwendung dieser Definition führt zur Einbeziehung der folgenden Regulierungssysteme: Mitgliedsstaaten der Europäischen Union: Österreich: Jugendschutz in Spielfilmen Frankreich: Regulierung der Werbung Deutschland: Jugendschutz im Rundfunk, im Internet, in Filmen und Videospielen, Werberegulierung im Rundfunk Griechenland: Werberegulierung im Rundfunk Italien: Jugendschutz im Fernsehen, im Internet und in Mobilfunkdiensten, Werberegeln für pharmazeutische Produkte, Regulierung von Fernsehverkaufsveranstaltungen Niederlande: Jugendschutz, Werberegulierung im Rundfunk Portugal: Rundfunkprotokoll (enthält Werbezeitbeschränkungen) Slowenien: Jugendschutz im Rundfunk, Werberegulierung Großbritannien: Jugendschutz bei Mobilfunkdiensten, Werberegulierung im Rundfunk Ausgewählte nicht- EU Länder Australien: Jugendschutz im Rundfunk und Internet Kanada: Programmgrundsätze und Jugendschutz im Rundfunk Malaysia: Jugendschutz (und andere Schutzziele) in den Medien Südafrika: Jugendschutz (und andere Schutzziele) im Rundfunk Modelle der Co-Regulierung In den Mitgliedsstaaten der EU können co-regulative Ansätze vor allem in den Bereichen Jugendschutz und Verbraucherschutz durch Werberegeln gefunden werden. Dabei fallen allerdings sehr unterschiedliche Modelle unter den Begriff Co-Regulierung. So unterscheiden sich die Ansätze im Bereich des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor Inhalten, die für sie schädlich sein oder ihre Entwicklung beeinträchtigen könnten, im Hinblick auf die Einbeziehung der nicht-staatlichen Regulierung: In einigen Mitgliedsstaaten existieren nicht-staatliche Einrichtungen, die gegründet wurden, um Inhalte zu klassifizieren, bevor sie veröffentlicht werden (etwa in Deutschland und Österreich). In anderen Mitglieds- 3

staaten wird die Klassifizierung durch die Unternehmen selbst durchgeführt, und zwar basierend auf Kodizes, Vereinbarungen oder Formularen zur Kodierung, die von nicht-staatlichen Einrichtungen entwickelt wurden (wie in den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich, Italien, Slowenien). In einigen dieser Staaten gehört es zudem zur Aufgabe der nichtstaatlichen Organisationen, die Befolgung der Kodizes durchzusetzen (wie in den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich). Im Hinblick auf den Verbraucherschutz durch Werberegeln gibt es nicht-staatliche Einrichtungen, die Kodizes entwickeln und durchsetzen (wie im Vereinigten Königreich, den Niederlanden, Griechenland). In einigen Mitgliedsstaaten bieten die nicht-staatlichen Organisationen an, eine Vorabkontrolle von Werbung vor deren Veröffentlichung durchzuführen (wie in Frankreich). Die co-regulativen Ansätze in den Mitgliedsstaaten unterscheiden sich auch im Hinblick auf die Verbindung zwischen staatlicher und nicht-staatlicher Regulierung. Während in einigen Systemen die nicht-staatliche Regulierung in staatlichen Gesetzen erwähnt wird, gibt es viele andere Formen rechtlicher Verbindungen, wie etwa Ministererlasse, Verträge, Verwaltungsrichtlinien, Briefe usw. Darüber hinaus gibt es unterschiedliche Wege, auf denen der Staat die nicht-staatliche Regulierung beeinflussen kann, um die Erreichung des Regulierungsziels sicherzustellen: Die Zertifizierung von nicht-staatlichen Organisationen oder Kodizes, die Ernennung von Mitgliedern der nicht-staatlichen Organisationen und die Finanzierung nicht-staatlicher Organisationen sind Instrumente, die in vielen Mitgliedsstaaten genutzt werden. Implementation Hinsichtlich der Implementierung von Co-Regulierungsmaßnahmen in den Mitgliedsstaaten hat die Untersuchung zu folgenden Schlüssen geführt: Jede Regulierung in Staaten, die an die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) gebunden sind, muss Verletzungen der durch die EMRK geschützten Grundrechte vermeiden, u.a. Art. 10 Abs. 1 EMRK, der alle Typen von Medienkommunikation schützt. Nach dem Ergebnis der Studie gehen die Anforderungen an Klarheit und Verbindlichkeit von rechtlichen Regeln aber nicht über die Anforderungen des EU-Rechts hinaus. Spezielle Vorgaben für co-regulative Maßnahmen folgen aus der EMRK nur, wenn die Ziele des Regulierungssystems den Schutz von Rechten betreffen, die auch von der EMRK erfasst sind. Gem. Art. 249 Abs. 3 EGV ist eine Richtlinie hinsichtlich der zu erreichenden Regulierungsziele für jeden Mitgliedsstaat verbindlich, an den die Richtlinie adressiert ist. Den nationalen Behörden verbleibt aber die Wahl der Form und des Mittels. Dementsprechend sind Kombinationen von staatlicher und nichtstaatlicher Regulierung nicht ausgeschlossen. Jedoch müssen gemäß der EuGH-Rechtsprechung bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden: o Es muss eine vollständige Anwendung der Richtlinie in klarer und eindeutiger Art und Weise stattfinden; es muss für jeden durch die Vorschriften Verpflichteten erkennbar sein, was von ihm verlangt wird. Da es vielen der untersuchten 4

Systeme an Transparenz mangelt, sollte in Zukunft diesem Punkt besondere Aufmerksamkeit zukommen. o Die Umsetzung einer Richtlinie in wirksamer und verbindlicher Weise geschehen. Das bedeutet nicht, dass eine vollständige Übertragung in nationales Recht erforderlich ist; der Gerichtshof hat entschieden, dass z.b. Vereinbarungen zwischen Staat und Privaten genügen können. Demnach erfüllt die contracting-out -Variante von Co-Regulierung dieses Erfordernis zweifellos. Jedoch ist ein verbindlicher Rechtsrahmen auf dem in Rede stehenden Gebiet notwendig; diese Voraussetzung wäre nicht erfüllt, überließe man die Materie vollständig der Selbstregulierung. Co-Regulierungs-Strukturen könnten die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EGV verletzen. In bestimmten Konstellationen fallen auch Regelungen privater Verbände in den Anwendungsbereich des Art. 49 EGV, nämlich wenn sie die gleiche Wirkung zeitigen wie staatliche Regulierung. Jedoch könnten die verfolgten Allgemeinwohlziele im Medienbereich, nämlich die Vielfaltssicherung, Jugend- oder Verbraucherschutz, als Rechtfertigungsgründe für die Beschränkungen dienen. Jedenfalls müssen die Systeme Unternehmen, die in anderen Mitgliedsstaaten ihren Sitz haben, ohne jede ungerechtfertigte Beschränkung offen stehen. Die nichtstaatliche Komponente der Co-Regulierung könnte unter bestimmten Umständen den Wettbewerb verzerren oder beschränken. So könnten um ein Beispiel zu nennen marktstarke Unternehmen co-regulative Vereinbarungen eingehen, die den Markteintritt von Konkurrenten behindern könnten zumindest bei allen Kodexbasierten Co-Regulierungsmodellen. o Der Gerichtshof betrachtet manche Arten von Vereinbarungen als staatliches Recht und nicht als private Rechtssetzung; dies ist jedoch nur der Fall, wenn der Spielraum für private Institutionen relativ begrenzt ist. Nach unserer Definition setzt jedoch Co-Regulierung voraus, dass der nichtstaatlichen Regulierung ein Spielraum verbleibt. Deshalb wird Art. 81 EGV in aller Regel anwendbar sein. o Jedoch hat der EuGH entschieden, dass wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen dann Art. 81 Abs. 1 EGV nicht verletzen, wenn sie Teil eines Gesamtkonzeptes sind, das auf Verbesserung, Sicherung oder Ermöglichung von Wettbewerb in dem entsprechenden Wirtschaftszweig abzielt. Dies könnte für die in dieser Studie untersuchten Co-Regulierungssysteme der Fall sein. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass eine Vorschrift nach Abs. 3 für unanwendbar erklärt wird. o Jedenfalls werden Systeme, die durch eine Vereinbarung innerhalb der Wirtschaft aufgestellt werden, als wettbewerbsbeschränkend anzusehen sein, wenn sie für Wettbewerber nicht offen stehen. 5

Die Untersuchung gibt kein vollständiges Bild der Beschränkungen für Co-Regulierung im jeweiligen nationalen Recht. Jedoch hat sich herausgestellt, dass es keine wesentlichen Einschränkungen in den Mitgliedsstaaten hinsichtlich dieser alternativen Regulierungsform gibt. In manchen Mitgliedsstaaten finden allerdings Diskussionen statt hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Einordnung von Co-Regulierungs-Einrichtungen, hinsichtlich der Sicherstellung demokratischer Legitimierung und hinsichtlich wettbewerbsrechtlicher Fragen. Evaluation Die Evaluation der bestehenden Co-Regulierungsmodelle hat zu generellen Befunden geführt, die zugleich als Empfehlungen für die Gestaltung von effektiven Modellen angesehen werden können: Hinreichende Anreize für die Wirtschaft zur Kooperation: Ein co-regulatives System, das nicht hinreichend Anreize für die Wirtschaft bietet, wird höchstwahrscheinlich ineffektiv sein. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Wirtschaft aus selbstlosen Gründen oder zur Förderung eines Politikziels teilnehmen wird. Sowohl die theoretischen Ergebnisse als auch die empirische Evaluation zeigen, dass ein wirksamer Anreiz grundsätzlich im Drohen mit einer staatlichen Intervention in den entsprechenden Sektor bestehen kann. Verhältnismäßige und abschreckende Instrumente zur Durchsetzung der Regulierung: Einerseits müssen den nichtstaatlichen Organisationen effektive Sanktionsinstrumente zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite benötigt Co-Regulierung eine Auffangverantwortung, um effektiv zu sein. Selbst Experten von Selbstregulierungseinrichtungen, die in ein Co-Regulierungssystem eingebunden sind, gehen davon aus, dass ein staatlicher Regulierer im Hintergrund notwendig dafür ist, dass Co-Regulierung effektiv funktioniert. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Systeme, bei denen der staatliche Regulierer Kodizes oder Organisationen zertifiziert (oder wo der staatliche Regulierer ermächtigt ist, ein Contracting-Out durchzuführen), eine effektive Auffangverantwortung und damit die Durchsetzung der Regeln sicherstellen. Da die Regulierungswirkung zu einem großen Teil auf Faktoren wie der Regulierungskultur und der Erfahrung mit alternativen Formen der Regulierung beruht, ist es nicht überraschend, dass Systeme in Mitgliedsstaaten, die bereits Erfahrung in diesem Bereich gewonnen haben, bei der Evaluation eine gute Bewertung erfahren. Selbst Systeme, die bei unserer Analyse gut bewertet werden, werden häufig von Repräsentanten von Verbraucherschutzverbänden oder Elternorganisationen grundsätzlich kritisiert. Dies mag an deren Rolle als Watchdogs liegen, verweist aber auch auf den Umstand, dass die Entscheidung, bestimmte Interessengruppen in ein System einzubeziehen oder nicht, einen entscheidenden Aspekt darstellt, wenn die Regulierung nicht mehr komplett in der Hand des Staates liegt, sondern wenigstens teilweise privaten Governance-Strukturen überantwortet wird. Einige Ergebnisse beziehen sich auf die zwei Politikziele, zu deren Erreichung bereits in vielen Mitgliedsstaaten Co-Regulierung eingesetzt wird: 6

Jugendschutz Im Hinblick auf die Effektivität, wurden Systeme wie NICAM in den Niederlanden als gut bewertet. Zugleich werden auch die Grundsätze rechtsstaatlicher Verfahren mehrheitlich als gesichert angesehen. Die empirische Basis dieser Studie ist nicht breit genug, um tatsächlich Best Practise auszuzeichnen; jedenfalls ist NICAM ein Modell, das der eingehenden Betrachtung wert ist. Auch wenn die Systeme relativ neu sind, erhalten auch die deutschen Rundfunk- und Internet-Regulierungskonzepte eine positive Bewertung. Defizite werden allerdings im Hinblick auf die Transparenz moniert. Darüber hinaus zeigt das deutsche Beispiel, dass ähnliche Systeme für unterschiedliche Medientypen unterschiedlich funktionieren. Auch wenn es Differenzierungen im rechtlichen Rahmen gibt, basieren beide Systeme auf nichtstaatlichen Regulierungsinstanzen, die durch einen staatlich eingesetzten Regulierer überwacht werden. Das System im Bereich Internet ist allerdings so neu, dass ein abschließendes Urteil nicht möglich ist. Das traditionelle System der Regulierung im Bereich Film in Deutschland erhält ebenfalls eine positive Bewertung. Werberegulierung Bei der Werberegulierung scheinen Contracting-Out -Modelle zu einer hohen Effektivität des Systems zu führen. Jedenfalls erreicht die Werberegulierung in Großbritannien eine gute Bewertung bei der Evaluation. Der Contracting-Out -Ansatz scheint deshalb geeignet zu sein, weil er eine klare Arbeitsteilung zwischen staatlichem Regulierer und nicht-staatlichen Stellen ermöglicht. Als ebenfalls hocheffektiv erweist sich die Werberegulierung in Frankreich. Die Systeme sind allerdings nicht vergleichbar, da der französische Ansatz eine Vorab-Kontrolle vorsieht und die rechtliche Verbindung zwischen dem Staat und der nicht-staatlichen Regulierung eher schmal erscheint. Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass es keinen Grund gibt anzunehmen, dass Co- Regulierungsmodelle, wie sie in dieser Studie definiert werden, grundsätzlich nicht geeignet wären, europäische Richtlinien in nationales Recht umzusetzen (weder im Hinblick auf ihre Effektivität, noch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben). Allerdings sind Anforderungen wie Offenheit und Transparenz sicherzustellen, damit Co-Regulierung nicht hinter die demokratischen und rechtstaatlichen Standards traditioneller Regulierung zurückfällt. Darüber hinaus ist festzustellen, dass kein Co-Regulierungsmodell an sich als effektiv oder ineffektiv eingestuft werden kann; es kommt auf die konkrete Ausgestaltung an. Hans-Bredow-Institut in Kooperation mit dem EMR Die Studie und diese Zusammenfassung werden unter alleiniger Verantwortung der vertragsnehmenden Institute veröffentlicht und weder stellen sie eine Meinung der Europäischen Kommission da, noch üben sie eine bindende Wirkung für die Kommission aus. 7