Rastbestand und Verbreitung von Singschwan Cygnus cygnus und Zwergschwan C. bewickii im Winter 2004/05 in Deutschland

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Transkript:

VOGELWELT 130: 1 24 (2009) 1 Rastbestand und Verbreitung von Singschwan Cygnus cygnus und Zwergschwan C. bewickii im Winter 2004/05 in Deutschland Johannes Wahl & Axel Degen Wahl, J. & A. Degen 2009: Numbers and distribution of Whooper Swan Cygnus cygnus and Bewick s Swan C. bewickii in Germany in the winter season 2004/05. Vogelwelt 130: 1 24. Every five years, Whooper and Bewick s Swans wintering in Europe are counted during an international census in January to update estimates of their biogeographic populations. In Germany, 27,158 Whooper Swans were counted in January 2005 with an estimated total of 29,000 individuals. This constitutes the highest number of that species documented so far, almost doubling the estimate based on a previous census in 1995. The largest concentrations were found along the Baltic coast and the adjacent mainland, as well as inland in the (former) floodplains of the larger rivers (e.g. Oder, Elbe, Weser, Ems). 85% of all birds were aged, showing a juvenile percentage of 14.5%. Mean brood size was 2.53 cygnets per successful pair (sample biased towards NW Germany). There were large regional differences in population change (compared to 1995) and juvenile percentages, which we discuss with regard to conditions in the breeding grounds and wintering strategies. Sixty percent of all Whooper Swans were allocated to feeding habitats. Most birds were recorded on farmland, with rape (76.3%) dominating as feeding habitat. Winter cereals (9%), aquatic plants (6.3%), grassland (4%) and maize (2.6%) were overall of much lower importance, but reached considerable proportions in some regions. 3,390 Bewick s Swans were counted in January with an estimated total of 3,600 individuals. Compared to 1995 numbers increased threefold. This was probably due to a very mild first half of the winter with hardly any frost until mid January and an overall shift of the non-breeding distribution towards the northeast. Most of the swans were restricted to only a few sites, with almost half of the January total wintering in the lowlands of the river Ems at the Dutch-German border. Nearly all (98%) of the birds were aged, showing a juvenile percentage of 12.7%. Mean brood size was 1.93 cygnets per successful pair (sample biased towards NW Germany). For 87% of all birds information on feeding habitat was available. Bewick s Swans were almost exclusively found on farmland, with grassland (42.8%), rape (25.9%), maize (18.2%) and winter cereals (11.4%) accounting for more than 98% of swans allocated to a feeding habitat. Due to a cold spell in early March, preventing further migration, large concentrations of Bewick s Swans were found in northern and northwestern Germany around mid March with an estimated 11,000 being present at that time (7,400 in Schleswig-Holstein, alone). As in January, the swans largely concentrated at a few sites. Finally the census provided valuable information for future improvements of the national monitoring of swans. Some simple measures, such as co-ordinated yearly sampling of breeding success based on juvenile percentages are discussed in the last section of the paper. Key words: Whooper Swan Cygnus cygnus, Bewick s Swan Cygnus bewickii, population estimate, breeding success, habitat use, Germany 1. Einleitung Ein wesentliches Ziel der seit über vier Jahrzehnten im Rahmen des International Waterbird Census durchgeführten Erfassungen von Wasservögeln ist die Ermittlung von Gesamtbeständen auf Populationsebene, aus denen sich die sog. 1 %-Werte ableiten, anhand derer die Bewertung von Wasservogel-Rastgebieten hinsichtlich ihrer internationalen Bedeutung vorgenommen wird (Wetlands International 2006; Wahl et al. 2007). Wie bei den meisten Wasservogelarten lassen sich auch die Bestände von Singschwänen Cygnus cygnus und Zwergschwänen C. bewickii während des Winterhalbjahres am besten erfassen, da sie sich dann auf vergleichsweise kleinem Raum in Mittel- und Westeuropa konzentrieren. Ebenso wie Gänse oder Kraniche Grus grus halten sich Schwäne jedoch während des Tages oft abseits der Gewässer in den Nahrungsgebieten auf landwirtschaftlich genutzten Flächen auf. Ihre Bestände werden daher oft abhängig von der

2 J. WAHL & A. DEGEN: Sing- und Zwergschwan Winter 2004/05 bevorzugten Nahrung sowie deren räumlichen Verteilung nur zu einem Teil über die Zählgebietskulisse der Wasservogelzählung, dem für Schwäne hierzulande wichtigsten Monitoringprogramm, erfasst (Sudfeldt et al. 2003; Wahl & Sudfeldt 2005). Das hat seine Ursache in dem ursprünglich vorrangig auf eng an Gewässer gebundene Wasservogelarten ausgerichteten Erfassungsprogramm, aber auch in der zunehmenden Nutzung landwirtschaftlicher Flächen durch Schwäne (Laubek 1995; Degen et al. 1996; Rees et al. 1997a; Laubek et al. 1999; Nilsson 2002). Die Bestandsgrößen der Schwäne lassen sich aus diesen Gründen auch in anderen europäischen Ländern nur mit gezielten, die Nahrungsflächen abdeckenden Zählungen ermitteln (Nilsson 2002; Worden et al. 2006). Hinzu kommt, dass insbesondere bei den Zwergschwänen die räumliche Verteilung im Winter sehr stark von der vorherrschenden Witterung beeinflusst wird (Sudfeldt et al. 2003; Rees 2006), so dass nur synchrone Zählungen über einen großen Raum verlässliche Bestandsschätzungen auf Populationsebene liefern. Seit den 1980er Jahren und seit den 1990er Jahren in fünfjährigem Turnus werden deshalb internationale Synchronzählungen durchgeführt (Beekman et al. 1985; Laubek et al. 1999). Die bislang auf Mittel- und Westeuropa beschränkten speziellen Synchronzählungen haben zum Ziel, die Bestandsschätzungen für drei biogeographische Populationen, den im internationalen Wasservogel- und Feuchtgebietsschutz maßgeblichen Bezugseinheiten (Scott & Rose 1996; Boere & Stroud 2006), regelmäßig zu aktualisieren: von Deutschland westwärts bis Irland überwinternden Zwergschwäne, kum und im Nordwesten Russlands brütenden und von Polen über Süd-Skandinavien, Deutschland, die Niederlande bis nach England überwinternden Singschwäne (der auch die deutschen Brutvögel angehören) sowie winternden isländischen Singschwäne (auf die im Folgenden nicht eingegangen wird; Robinson et al. 2004). Eine solche spezielle Zählung bietet über die reine Bestandserfassung hinaus die Chance, über das gesamte Winterverbreitungsgebiet einer biogeographischen Population detaillierte Informationen über Verbreitungsschwerpunkte, die Rast- und Nahrungshabitate zu erheben. Bei Sing- und Zwergschwänen ziehen einzelne Familien gemeinsam in die Winterquartiere und bleiben vielfach bis zum Frühjahr vergesellschaftet (Brazil 2003; Rees 2006). Der Anteil an Jungvögeln sowie die Familiengröße gelten deshalb als gute Parameter für den Bruterfolg im vorangegangenen Sommer. Über die internationalen Synchronzählungen lassen sich somit nicht nur wichtige Rückschlüsse auf die möglichen Ursachen beobachteter Bestandsveränderungen auf Populationsebene ziehen, sondern auch die Ergebnisse der stets nur einen Ausschnitt erfassenden nationalen Monitoringprogramme in den Gesamtzusammenhang einordnen (vgl. Worden et al. 2006). Diese Grundlageninformationen sind für einen effektiven, international abgestimmten Wasservogelschutz, z. B. im Rahmen des Afrikanisch-Eurasischen Wasservogel- Abkommens (AEWA), grundlegende Voraussetzungen. So wurde seit Anfang der 1990er Jahre bei den Zwergschwänen ein deutlicher Bestandsrückgang festgestellt, dessen Ursache sehr wahrscheinlich der über Jahre zu geringe Bruterfolg ist, wie systematische Erfassungen der Jungvogelanteile in den Niederlanden nahe legen (van Roomen et al. 2007; SOVON 2009). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Bedingungen in den Überwinterungsgebieten verschlechtert hätten. Es ist somit davon auszugehen, dass sich die negativen Veränderungen in den Brutgebieten oder den nordöstlich gelegenen Rastgebieten vollzogen. Bei den Singschwänen, die überwiegend weiter östlich überwintern, wurde hingegen eine deutliche Bestandszunahme festgestellt (Laubek et al. 1999), die mit einer Ausweitung des Brutareals einhergeht. Im Zuge dieser Ausdehnung nach Süden und Westen, die in den 1960er und 1970er Jahren im Baltikum und Polen begann (Brazil 2003), wurden auch Deutschland (1990; Deutschmann 1997; Boschert 2005; Noah 2007), Dänemark (2002; Grell & Rasmussen 2002), die Niederlande (2005; van Dijk 2006) und Ungarn (2005; van Dijk 2006) besiedelt. Diese aktuellen Entwicklungen unterstreichen die Bedeutung regelmäßiger Erfassungen im Zentrum des Zug- und Überwinterungsgeschehens beider Populationen. Die mit großem organisatorischem und personellem Aufwand verbundene Synchronzählung lieferte darüber hinaus wichtige Erkenntnisse über die laufenden Erfassungsprogramme in Deutschland. An den Schluss unserer Ausführungen stellen wir deshalb einige Überlegungen zum Monitoring von Schwänen in Deutschland. 2. Material und Methoden Die Zählungen fanden an den Wochenenden 15./16. Jan., 12./13. Feb. sowie 12./13. März 2005 und somit an denselben Wochenenden wie die monatlichen Rastvogelerfassungen statt. Höchste Priorität hatte der international abgestimmte Januartermin, im Februar und März sollten vor allem wichtige Rastplätze der Zwergschwäne kontrolliert werden, die im Frühjahr ihre maximalen Rastbestände in Deutschland erreichen (Degen et al. 1996). Über 99 % der Zählungen erfolgten innerhalb eines Zeitraums von einer Woche um das Zählwochenende und 89 % zwischen dem 14. und dem 17. Jan. (78 % tatsächlich am 15./16. Jan.; Abb. 1b). Mögliche witterungsbedingte Verlage-

VOGELWELT 130: 1 24 (2009) 3 rungen sind damit unseres Erachtens vernachlässigbar (vgl. Abb. 6, Abb. 8). Um eine möglichst vollständige Erfassung der Sing- und Zwergschwanvorkommen zu erreichen, wurden alle Zähler der Rastvogelerfassungsprogramme in Deutschland in einem speziellen Anschreiben dazu aufgerufen, neben den regelmäßig im Rahmen der Wasservogelzählung erfassten Gebieten auch Bereiche aufzusuchen, in denen sie in früheren Jahren oder auch zu anderen Jahreszeiten rastende Schwäne angetroffen hatten oder wo aufgrund attraktiver Rasthabitate Vorkommen möglich erschienen. Daneben wurden Aufrufe über bundesweite E-Mail-Verteiler verschickt und in Fachzeitschriften platziert sowie allen Ringablesern aktueller Halsberingungsprojekte von Schwänen die Zählunterlagen zugesandt. Für die Synchronzählung wurde ein spezieller Zählbogen entworfen, auf dem neben den üblichen auch ergänzende Parameter abgefragt wurden: die Anzahl an Alt- und Jungvögeln (Vögel im ersten Lebensjahr), die Anzahl an Jungvögeln je sicher identifizierter Familie, as Nahrungshabitat, wobei Wasser (nur bei tatsächlicher Nahrungsaufnahme), Grünland, Wintergetreide, Raps, Maisstoppeln, Kartoffeln, Rüben, keine Nahrungsaufnahme und Sonstige aufgeführt waren. Weiterhin konnten (Hals-)Ringablesungen, Bemerkungen sowie der Hinweis auf eine starke Beeinträchtigung der Zählung durch Störungen angegeben werden. Datenauswertung Bis zum Sommer 2005 lag ein Großteil der Zählbögen vor, so dass bereits im Herbst desselben Jahres vorläufige Auswertungen auf Tagungen, im jährlichen Wasservogel-Rundbrief sowie in der Rubrik DDA-Aktuell in der Zeitschrift Die Vogelwelt Beiträge zur Vogelkunde vorgestellt werden konnten. Dies führte zu einem weitgehend vollständigen Rücklauf der Zählbogen sowie ergänzenden Meldungen, so dass für den Januar im Nachhinein nur sehr wenige Datensätze (< 1 % der Individuen) aus der Wasservogelzählung ergänzt werden konnten. Wir gehen deshalb davon aus, dass im Januar 2005 ein sehr hoher Abdeckungsgrad erreicht wurde. Für den Februar und den März lag der Erfassungsgrad aufgrund der Vorgaben deutlich unter dem des Januars, weshalb die Ergebnisse nachfolgend nur für spezielle Fragestellungen berücksichtigt werden. Tages-Mitteltemperatur daily mean temperature [ C] Tagestemperatur Min./Max. temperature min./max. [ C] 15 10 5 0 5 10 15 Greifswald Bremen Greifswald Bremen Zähltermine 31.10. 14.11. 28.11. 12.12. 26.12. 9.1. 23.1. 6.2. 20.2. 6.3. 20.3. 15 10 5 0 5 10 15 a b 2.1. Greifswald Min. GreifswaldMax. Bremen Max. Bremen Min. Zählungen counts 9.1. 16.1. Abb. 1: a) Tagesmitteltemperaturen und Schneehöhen zwischen 1. Nov. 2004 und 31. März 2005 in Greifswald und Bremen sowie b) Tagesamplituden an diesen Messstationen und die prozentuale Verteilung der Zählungen im Januar 2005. Quelle: Deutscher Wetterdienst, www.dwd.de. a) Daily mean temperatures and snow cover from 1 st November 2004 to 31 st March 2005 at Greifswald (NE Germany) and Bremen (NW Germany). Count dates are depicted as vertical lines. b) Minimum and maximum daily temperatures at these stations and relative distribution of counts in January 2005 (columns). Source: www.dwd.de. 23.1. 30.1. Alle Meldungen wurden zunächst so exakt wie möglich mit Koordinaten versehen, so dass ein räumlicher Abgleich sowohl zwischen den einzelnen Meldungen der Synchronzählung als auch den Ergebnissen der Wasservogelzählung erfolgen konnte. In Zweifelsfällen erfolgten persönliche Nachfragen bei den Beobachtern. Datensätze mit einer Abweichung von über einer Woche von den o. g. Terminen gingen nur in Einzelfällen in die weiteren Berechnungen ein (vgl. Abb.1b), u. a. wenn aufgrund einer großen Entfernung zum nächsten Gebiet eine Doppelerfassung unwahrscheinlich war. Zur Identifikation von Erfassungslücken sowie möglicher Doppelzählungen wurden den Regionalkoordinatoren und landesweiten Experten Karten mit den Ergebnissen der Wasservogelzählung (Mittelwert der Jahre 1995 2004) und der 60 40 20 60 40 20 0 Schneehöhe snow cover [cm] Zählungen counts [%]

4 J. WAHL & A. DEGEN: Sing- und Zwergschwan Winter 2004/05 Kältesumme winter severity 400 300 200 100 Winter winter Berlin-Tempelhof 1.11. -15.1. 16.1. - 31.3. 52/53 57/58 62/63 67/68 72/73 77/78 82/83 87/88 92/93 97/98 02/03 07/08 sehr streng very severe streng severe mild sehr mild very mild Abb. 2: Kältesumme in den Wintern 1948/49 bis 2007/08 in Berlin-Tempelhof. Die Kältesumme errechnet sich aus der Summe der negativen Tagesmitteltemperaturen zwischen dem 1. Nov. und dem 31. März. Je höher der Wert desto kälter der Winter. Die Klassifikation der Winter folgt dem Vorgehen von BLÜTHGEN & WEISCHET (1980: 158): Die Winter von 1948/49 bis 2007/08 wurden entsprechend ihrer Kältesumme aufsteigend sortiert. Die Winter 1 10 fallen in die Kategorie sehr mild, die Winter 11 20 in die Kategorie mild usw. Die Winter 21 40 wurden zusammengefasst ( normale Winter). Pfeil: Winter 2004/05. Hinweis: Eine offizielle Regel zur Klassifikation der Winter gibt es nicht (G. MÜLLER-WESTERMEIER, DWD, pers. Mitt.). Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst, www.dwd.de. Winter severity between 1948/49 and 2007/08 at Berlin-Tempelhof (airport), calculated as the sum of negative mean daily temperatures between 1 st November and 31 st March. The higher the value the colder was the winter. The classification of winters follows BLÜTHGEN & WEISCHET (1980: 158): winters from 1948/49 to 2007/08 were ranked in ascending order by the sum of negative mean daily temperatures and divided into six classes of 10 winters. Winters 1 10 were regarded as very mild, winters 11 20 as mild etc. Winters 21 40 were regarded as normal. Arrow: winter 2004/05. Data: www.dwd.de. um den Gefrierpunkt. Erst ab Ende Januar kam es zu meist kurz andauernden Kälteeinbrüchen. Die kälteste Phase des Winters wurde Ende Februar/Anfang März erreicht und endete erst kurz vor dem Zähltermin im März. Deutliche Temperaturunterschiede zwischen Nordwest- und Nordostdeutschland waren den gesamten Winter über nicht zu verzeichnen (Abb. 1a). Zu einer über mehrere Tage geschlossenen Schneedecke kam es erst Ende Januar sowie ab Mitte Februar, die v. a. im Nordosten Deutschlands zumindest kurzzeitig eine beträchtliche Höhe erreichte (Abb. 1a). In den Tagen vor der Januarzählung herrschte ruhiges Hochdruckwetter, das allerdings vor allem in den Flussniederungen zu teilweise zähem Nebel führte. Die Windstärken lagen bei 2 Bft und die Windrichtung drehte von West am 14. auf Süd am 16. Jan. Der Winter 2004/05 wurde anhand einer 60-jährigen Zeitreihe der Messstation Berlin-Tempelhof des Deutschen Wetterdienstes als normal klassifiziert. Im langjährigen Vergleich mit den vorangegangenen Wintern wird jedoch der vor allem viel zu milde erste Teil des Winters deutlich (Abb. 2). Synchronzählung 2005 zur Verfügung gestellt, um die Erfassungsgüte und damit den wahrscheinlichen bundeslandweiten Rastbestand im Januar abschätzen zu können. Da auf den Zählbögen nicht vermerkt war, wie detailliert die Daten gemeldet werden sollten, wurden sowohl einzelne Trupps als auch Gesamtanzahlen größerer Gebietseinheiten gemeldet. Aus diesem Grund konnte keine Auswertung der Truppgröße erfolgen. Die Einteilung der Regionen orientiert sich an den Verbreitungsschwerpunkten der Singschwäne im Januar unter Berücksichtigung der naturräumlichen Gliederung Deutschlands (Bundesamt für Naturschutz 2008). Die Umsetzung erfolgte auf Basis von Landkreisen, die in wenigen Fällen unterteilt werden mussten (z. B. Schleswig-Holstein), um Schwerpunkträume von einander trennen zu können (Anhang). Einzelvorkommen abseits der Verbreitungsschwerpunkte wurden keiner Region zugeordnet. Witterung Der Winter 2004/05 war bis Mitte Januar sehr mild, selbst im Nordosten des Landes fielen die Tagesmitteltemperaturen nur an wenigen Tagen unter den Gefrierpunkt. In der ersten Januarhälfte herrschten mit Tagesmitteln von über 10 C fast frühlingshafte Temperaturen. Allerdings gingen die Temperaturen in den Tagen unmittelbar vor der Januarzählung um etwa 10 Grad zurück und die Tagesmitteltemperaturen lagen 3. Ergebnisse 3.1. Rastbestand und Verbreitung im Januar 2005 Im Rahmen der Januarzählung wurden in Deutschland 27.158 Singschwäne mit einem deutlichen Verbreitungsschwerpunkt im Nordosten erfasst. Große Rastansammlungen wurden entlang der Ostseeküste und dem angrenzenden Hinterland im Bereich des Darß, Rügens und Usedoms, im Bereich der Wismarbucht sowie im östlichen Schleswig-Holstein vor allem im Bereich der schleswig-holsteinischen Seenplatte und am Unterlauf der Schlei festgestellt. Im westlichen Teil Schleswig-Holsteins traten Singschwäne nur in vergleichsweise geringen Anzahlen und im Wattenmeer überhaupt nicht auf (nur wattenmeernah in den Kögen oder im unmittelbar angrenzenden Hinterland). Im Gegensatz zum Bereich um Rügen wurden weiter westlich nur vereinzelt Singschwäne auf der Ostsee angetroffen (Abb. 3). Im Binnenland konzentrierten sich die Vorkommen vor allem auf die Flusstäler sowie die Umgebung größerer Seen. Hervorzuheben sind das Untere Odertal, die Niederung der unteren Havel zwischen der Stadt Brandenburg und der Mündung in die Elbe,

VOGELWELT 130: 1 24 (2009) 5 das gesamte Elbetal ab der sächsischsachsen-anhalter Landesgrenze (insbesondere das niedersächsische Elbtal), der Unterlauf der Weser sowie allerdings in wesentlich geringerem Maße als bei den Zwergschwänen das Emsland. Das im Westen Europas mit Abstand südlichste bedeutende Überwinterungsgebiet befindet sich am Bodensee, wo im Januar 2005 (einschließlich Österreichs und der Schweiz) der bis dato höchste Rastbestand von 608 Singschwänen gezählt wurde. Obgleich ein hoher Erfassungsgrad erreicht wurde, ist vor allem in den nördlichen Bundesländern aufgrund der weiten Verbreitung und eines mitunter recht verstreuten Vorkommens von einer bundeslandspezifischen Dunkelziffer auszugehen. Den Gesamtbestand im Januar 2005 schätzen wir deshalb auf 29.000 Ind. (Tab. 1). Im Rahmen der Wasservogelzählung wurden 62 % des im Januar 2005 gezählten Bestandes erfasst. Individuenreiche Vorkommen außerhalb der (damaligen) Zählgebietskulisse gab es vor allem in Niedersachsen, Singschwan Januar 2005 0 1 20 21 50 51 150 151 400 401 1.000. > 1.000 0 50 100 150 200 km Abb. 3: Singschwan-Verbreitung im Januar 2005 in Deutschland (einschl. ausländischer Anteile des Bodensees). Als Nullzählungen sind alle im selben Monat kontrollierten Wasservogelzählgebiete dargestellt, in denen keine Singschwäne angetroffen wurden. Distribution of Whooper Swans in January 2005 in Germany (including Austria and Switzerland at Lake Constance). Zero counts represent sites counted as part of the waterbird census this month and where no Whooper Swans were encountered. Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Im Rahmen der Januarzählung wurden 3.390 Zwergschwäne gezählt, die sich vorrangig im Nordwesten Deutschlands und dort in den großen Flusstälern aufhielten. Zu nennen sind vor allem das Emsland (im Januar 1.555 Ind.) und die Eider-Treene-Sorgeniederung sowie die Niederungsgebiete südwestlich von Rendsburg am Nord-Ostsee- Kanal in Schleswig-Holstein, das niedersächsische Elbtal und der Unterlauf der Weser einschließlich der Hunteniederung östlich von Oldenburg (Abb. 4). Aufgrund einer sehr guten Abdeckung der zu dieser Jahreszeit bedeutenden Zwergschwan-Rastgebiete gehen wir von einer sehr geringen Dunkelziffer aus und schätzen den Bestand im Januar 2005 in Deutschland auf rund 3.600 Individuen (Tab. 1). Im Rahmen der Wasservogelzählung wurden 18 % des im Januar 2005 gezählten Bestandes erfasst. Individuenreiche Vorkommen außerhalb der (damaligen) Zählgebietskulisse befanden sich in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Nahezu alle wichtigen Zwergschwan-Rastgebiete in Niedersachsen, Schleswig-Holstein (dort im Rahmen einer gezielten landesweiten Zählung; Jeromin & Koop 2007) und Mecklenburg-Vorpommern wurden auch Mitte März kontrolliert und 10.510 Ind. erfasst. Unter Berücksichtigung einer geringen Dunkelziffer schätzen wir, dass zu dieser Zeit mindestens 11.000 Zwergschwäne in Deutschland rasteten (Tab. 5). 3.2. Bruterfolg Von den 23.018 (= 85 %) im Januar nach Alter differenzierten Singschwänen waren 14,5 % im ersten Lebensjahr. Es zeigten sich jedoch innerhalb Deutschlands einige Unterschiede: Vor allem im äußersten Nordosten (Darß, Rügen, Usedom) lagen die Jungvogelanteile unter dem bundesweiten Wert, im Süden und Westen der Januarverbreitung in Deutschland lagen sie hin-

6 J. WAHL & A. DEGEN: Sing- und Zwergschwan Winter 2004/05 gegen darüber. In den räumlich dazwischen liegenden Regionen wichen die Jungvogelanteile mit Ausnahme der Regionen Elbe-Havel und Schaalsee-Lewitz nur wenig vom bundesweiten Wert ab. In der Region Süddeutschland lag der Jungvogelanteil bei 14,7 % (einschl. ausländischer Teile des Bodensees; Tab. 2, Abb. 5). Bundesweit betrachtet, veränderte sich der Jungvogelanteil bis zum März nur wenig. Auch in den meisten Regionen blieben die Jungvogelanteile über die drei Monate in der Größenordnung des Januars. Allerdings ist zu beachten, dass regional im Februar und März deutlich geringere Anteile des Rastbestandes ausgezählt wurden (Tab. 3a). Zwischen Dezember und Februar zeigten die Jungvogelanteile in vier Regionen, in denen über den gesamten Winter bis zu wöchentliche Zählungen durchgeführt wurden, nur geringe Veränderungen trotz teilweise beträchtlicher Veränderungen im Rastbestand. Nur in einzelnen Wochen kam es in diesem Zeitraum zu größeren Abweichungen. Zu Beginn der Rastperiode im Oktober und November sowie mit dem einsetzenden Abzug ab März traten hingegen deutliche gerichtete Veränderungen von Woche zu Woche auf, die auf eine zeitversetzte Ankunft der Familien sowie einen früheren Abzug der Altvögel hinweisen (Abb. 6). Die Jungenanzahl je erfolgreicher Familie reichte im Januar von einem bis maximal sieben, das arithmetische Mittel lag bei 2,53 Jungvögeln (n = 206; Abb. 7). 79,2 % der erfolgreichen Brutpaare wurden mit 1 3 Jungvögeln angetroffen, die meisten mit 2 (30,6 %). Es wurden allerdings überproportional viele Familien im westlichen Teil des Überwinterungsgebiets ausgezählt (50,5 % in den Regionen 14 16, auf die nur 8,4 % des Bestandes entfielen). Vor allem aus dem Nordosten lagen kaum Informationen zur Familiengröße vor. Von den 3.319 (= 98 %) im Januar nach Alter differenzierten Zwergschwänen waren 12,7 % im ersten Lebensjahr. Fasst man die Regionen zu drei übergeordneten Einheiten westlich bzw. östlich (und einschließlich) des Elbtals sowie in Schleswig-Holstein zusammen, so zeigt sich ein höherer Jungvogelanteil Tab. 1: Rastbestände von Sing- und Zwergschwänen in Deutschland im Januar 2005. Der unter Synch. aufgeführte Bestand ist das abgeglichene Gesamtergebnis aller Quellen. Diesem gegenübergestellt ist der im Rahmen der Wasservogelzählung (WVZ) erfasste Bestand. Unter Berücksichtigung vermutlich nicht erfasster Gebiete erfolgte die in der vorletzten Spalte angegebene Bestandsschätzung. Numbers of Whooper and Bewick s Swans in Germany in January 2005 per federal state. IWC gives only the number of swans within sites counted during the International Waterbird Census (same weekend), Swan 05 gives the counted number of swans in January 2005 of all sources combined, the third column gives the estimated number of birds per federal state. Singschwan Whooper Swan Zwergschwan Bewick s Swan Bundesland federal state WVZ IWC Synch. Swan 05 Schätz. estimate WVZ IWC Synch. Swan 05 Schätz. estimate Koordinatoren coordinators Schleswig-Holstein 3.050 4.952 5.000 22 478 500 K. GÜNTHER, J. KIECKBUSCH Hamburg 2 2 2 0 0 0 D. SCHLORF Mecklenburg- Vorpommern 7.814 11.180 12.000 223 578 600 B. FREITAG, H.EICHSTÄDT, H. W. NEHLS, I.STODIAN, H. ZIMMERMANN Niedersachsen 931 3.076 3.200 185 2.072 2.200 A. DEGEN Bremen 215 215 215 79 79 79 W. EIKHORST Sachsen-Anhalt 2.101 2.795 3.000 69 80 80 M. SCHULZE Brandenburg 2.007 4.004 4.500 20 78 80 B. LITZKOW, M. MIETHKE, M. MÜLLER Berlin 0 0 0 0 0 0 B. SCHONERT Nordrhein-Westfalen 12 133 150 5 6 6 S. SUDMANN Hessen 6 6 6 1 1 1 R. BURKHARDT Rheinland-Pfalz 0 0 0 0 0 0 T. DOLICH Saarland 0 0 0 0 0 0 G. SÜSSMILCH Baden-Württemberg* 179 181 181 0 0 0 G. MÜLLER, OAG BODENSEE, K. WESTERMANN Bayern 54 57 60 0 0 0 S.KLUTH Thüringen 2 14 50 0 0 0 F. RADON Sachsen 380 543 600 4 12 15 J. ULBRICHT Summe total 16.753 27.158 ± 29.000 608 3.390 ± 3.600 * ohne ausländische Anteile des Bodensees excluding birds in Austria and Switzerland at Lake Constance.

VOGELWELT 130: 1 24 (2009) 7 im Osten (16,2 %, n = 748) als im Westen (12,2 %, n = 2.114) und wiederum ein geringerer im Norden (9,6 %, n = 456; Tab. 2). Von Januar bis März nahm der Jungvogelanteil bundesweit ab. Betrachtet man die wichtigsten Rastregionen getrennt, so zeigte sich eine deutliche und kontinuierliche Abnahme in den nordöstlich gelegenen Regionen an der Mittelelbe und in Schleswig-Holstein, hingegen eine leichte Zunahme zum März in den westlich gelegenen Regionen, insbesondere im Emsland (Tab. 3b). Ein solcher Verlauf wurde auch in zwei wöchentlich kontrollierten bedeutenden Rastgebieten festgestellt (Abb. 8). Die Jungenanzahl je erfolgreicher Familie reichte im Januar von einem bis maximal vier, das arithmetische Mittel lag bei 1,93 Jungvögeln (n = 107; Abb.9). 79,4% der erfolgreichen Brutpaare wurden mit einem oder zwei Jungvögeln angetroffen, die meisten mit 2 (48,6 %). Es wurden allerdings überproportional viele Familien im westlichen Teil des Überwinterungsgebiets ausgezählt (95,3 % in den Regionen 14 16, die 62,3 % des Bestandes beherbergten). Zwergschwan Januar 2005 0 1 20 21 50 51 150 151 400 401 1.000 > 1.000 3.3. Habitatnutzung Von den im Januar 2005 gezählten Singschwänen wurden 60 % einem Nahrungshabitat zugeordnet. Mit einem Anteil von 76 % dominierte Raps, mit weitem Abstand folgten Wintergetreide (9 %) und Wasserpflanzen (6%). Auf abgeernteten Maisäckern und Grünland hielt sich im Gegensatz zu den Zwergschwänen nur ein geringer Anteil auf (Tab. 4a). Im Norden und vor allem im Osten (Regionen östlich und einschließlich des Elbtals) lag der Rapsanteil deutlich höher als im Westen, wo nur 39 % auf Raps festgestellt wurden. Lediglich im westlichen Niedersachsen und im westlichen Schleswig-Holstein spielten Grünland und Wintergetreide als Nahrungshabitat eine bedeutende Rolle. Vor allem im Emsland und im Osten Brandenburgs bzw. nördlichen Sachsen wurden zu nennenswerten Anteilen Maisstoppeln als Nahrungsquelle genutzt. Als niedersächsische Spezialität einzustufen ist die Nutzung von abgeernteten Kartoffelfeldern (vor allem im Emsland). Am Bodensee hielten sich die Singschwäne 0 50 100 150 200 km Abb. 4: Zwergschwan-Verbreitung im Januar 2005 in Deutschland. Als Nullzählungen sind alle im selben Monat kontrollierten Wasservogelzählgebiete dargestellt, in denen keine Zwergschwäne festgestellt wurden. Distribution of Bewick s Swans in January 2005 in Germany. Zero counts represent sites counted as part of the waterbird census this month and where no Bewick s Swans were encountered. ausschließlich im Flachwasser auf (S. Werner pers. Mitt.). Ebenso wurde an der mecklenburg-vorpommerischen Küste Nahrung in Flachwasserbereichen aufgenommen (Abb. 9). Hierzu ist allerdings anzumerken, dass auf Rügen nur für 15 % des Bestandes Informationen zum Nahrungshabitat vorliegen, sich aber meist ein erheblicher Anteil auf dem Wasser aufhält (z. B. im Januar 2006 rund 60 %; T. Heinicke pers. Mitt.). Auch in den Regionen Usedom/Ost-Vorpommern und Darß/Nord-Vorpommern wurden nur rund 50 % des Bestandes Nahrungshabitaten zugeordnet. Der Anteil aquatisch Nahrung suchender Singschwäne dürfte deshalb sehr wahrscheinlich höher gewesen sein. Für fast 86 % der gezählten Zwergschwäne liegen Informationen zum Nahrungshabitat im Januar 2005

8 J. WAHL & A. DEGEN: Sing- und Zwergschwan Winter 2004/05 Tab. 2: Jungvogelanteile bei Sing- und Zwergschwänen im Januar 2005 in verschiedenen Regionen Deutschlands (Definition der Regionen s. Anhang). Bestand = Gesamtbestand innerhalb der Region, n = nach Alter differenzierte Vögel. Regionen mit weniger als 100 differenzierten Vögeln sind kursiv und in kleinerer Schrift gesetzt. Die Region Süddeutschland schließt für den Jungvogelanteil des Singschwans ausländische Teile des Bodensees ein (eine Überwinterungspopulation). Juvenile percentages of Whooper and Bewick s Swans in January 2005 in different regions in Germany (see appendix for definition). total = total number of swans within the region, n = number of swans aged, % Juv. = percentage of juveniles. Regions with < 100 swans aged are given in smaller font and italics. In region 18 (southern Germany) juvenile percentage for Whooper Swan was calculated including birds from Austrian and Swiss parts of Lake Constance (same wintering population). Nr. no. Region region Bestand total Singschwan Whooper Swan n % Juv. Bestand total Zwergschwan Bewick s Swan 1 Schleswig-Holstein West 1.449 1.342 19,1 470 452 9,7 2 Schleswig-Holstein Ost 3.498 2.567 17,2 8 4 0,0 3 Nordwest-Mecklenburg 1.391 852 15,1 4 4 25,0 4 Darß/Nord-Vorpommern 1.975 1.797 11,0 20 20 30,0 5 Rügen 2.155 1.237 10,3 6 Usedom/Ost-Vorpommern 1.406 1.309 10,8 9 9 0,0 7 Müritz 521 517 15,9 10 10 0,0 8 Nordost-Brandenburg 1.917 1.869 14,0 36 36 2,8 9 Südost-Brandenburg/Nordsachsen 840 708 17,8 29 29 34,5 10 Zentrale Mittelelbe/Saale 1.602 1.539 20,5 40 31 16,1 11 Mittelelbe/Untere Havel 2.884 2.053 11,4 71 46 4,3 12 Schaalsee/Lewitz 1.525 1.510 8,7 72 72 11,1 13 Untere Mittelelbe 3.280 3.216 15,0 493 491 17,9 14 Weser- und Aller-Niederung 1.009 1.007 13,7 247 247 13,4 15 Diepholzer Moorniederung 661 430 17,4 311 311 13,5 und Hunte-Niederung 16 Emsland 598 598 19,4 1.555 1.555 11,7 17 niedersächsische Nordseeküste 194 87 20,7 9 1 0,0 18 Süddeutschland 234 * 367 14,7 übrige Regionen other regions 19 13 15,4 6 1 0,0 Gesamt overall 27.158 23.018 14,5 3.390 3.319 12,7 * einschließlich ausländischer Anteile des Bodensees. Including birds in Austria and Switzerland at Lake Constance. n % Juv. vor. Diese hielten sich vorrangig auf Grünland (42,8 %) und Raps (25,9 %) auf, abgeerntete Maisäcker (18,2 %) und Wintergetreidefelder (11,4 %) spielten eine deutlich untergeordnete Rolle (Tab. 4b). Nach Osten nahm der Rapsanteil deutlich zu (Abb. 10). 4. Diskussion Bei der Synchronzählung im Januar 2005 wurde eine sehr hohe Abdeckung potenzieller Rastplätze beider Arten erreicht. Bei den Zwergschwänen, die sich in wenigen traditionellen Gebieten konzentrierten, dürfte der Erfassungsgrad bei rund 95% gelegen haben. Im Zusammenhang mit der deutlichen Bestandszunahme der kontinentalen Singschwan-Population stieg auch die Anzahl der aufgesuchten Rastgebiete. Die Art zeigte eine großräumigere Verbreitung als vor 10 Jahren (Degen et al. 1996; Laubek et al. 1999) und erschloss sich in den letzten Jahren neue, mitunter mehrere Hundert Individuen beherbergende Rastplätze (z.b. Blüml et al. 2007). Aufgrund einer höheren Anzahl erfasster Gebiete gehen wir dennoch von einem ähnlichen Erfassungsgrad aus wie im Januar 1995, als für Deutschland ein Erfassungsgrad von etwa 90% angenommen wurde (Laubek et al. 1999). Diese Einschätzung wird dadurch gestützt, dass 1995 der Anteil über die Wasservogelzählung erfasster Individuen mit 65% in einer ähnlichen Größenordnung lag. Die trotz der weiteren Verbreitung gute räumliche Abdeckung der Singschwan-Vorkommen wurde unseres Erachtens zum einen durch das zusätzliche Engagement der Mitarbeiter der regelmäßigen Wasservogelerfassungen und zum anderen durch die gezielte Information aller Ringableser aktueller Halsberingungsprojekte von Schwänen erreicht. Sie steuerten Daten über viele,

VOGELWELT 130: 1 24 (2009) 9 Tab. 3: Jungvogelanteile von a) Sing- und b) Zwergschwan im Januar, Februar und März 2005 in Regionen mit mehreren Zählungen sowie einer Stichprobengröße von >100 Ind. in mindestens einem Monat. Unter übrige Regionen sind alle weiteren Daten zusammengefasst. Die Jungvogelanteile für diese Region sind damit zwischen den Monaten nicht vergleichbar. Juvenile percentages of a) Whooper and b) Bewick s Swan in January, February and March 2005 per region. Only regions with aged birds from at least two month and >100 aged birds in a least one month. Other Regions summarises all regions not meeting these criteria (thus not comparable). a) Singschwan Whooper Swan Nr. no. Region region Januar January Februar February März March n % Juv. n % Juv. n % Juv. 1 Schleswig-Holstein West 1.342 19,1 1.410 18,8 990 13,7 2 Schleswig-Holstein Ost 2.567 17,2 1.969 13,4 597 16,8 3 Nordwest-Mecklenburg 852 15,1 315 10,5 4 Darß/Nord-Vorpommern 1.797 11,0 252 15,9 20 10,0 6 Usedom/Ost-Vorpommern 1.309 10,8 201 14,4 565 12,4 7 Müritz 517 15,9 141 9,9 65 15,4 8 Nordost-Brandenburg 1.869 14,0 386 13,5 409 8,1 9 Südost-Brandenburg/Nordsachsen 708 17,8 369 13,0 367 10,6 10 Zentrale Mittelelbe/Saale 1.539 20,5 724 20,0 597 24,6 11 Mittelelbe/Untere Havel 2.053 11,4 858 12,4 1.165 14,3 12 Schaalsee/Lewitz 1.510 8,7 298 11,7 467 10,7 13 Untere Mittelelbe 3.216 15,0 1.681 17,9 1.861 17,9 14 Weser- und Aller-Niederung 1.007 13,7 228 13,2 259 5,8 15 Diepholzer Moorniederung 430 17,4 268 14,9 200 12,0 und Hunte-Niederung 16 Emsland 598 19,4 395 16,5 201 18,9 18 Süddeutschland * 367 14,7 397 14,4 171 17,0 übrige Regionen other regions 1.337 11,0 1 0,0 23 8,7 Gesamt overall 23.018 14,5 9.579 15,6 8.272 14,8 * einschließlich ausländischer Anteile des Bodensees. Including birds in Austria and Switzerland at Lake Constance. b) Zwergschwan Bewick s Swan Nr. no. Region region Januar January Februar February März March n % Juv. n % Juv. n % Juv. 1 Schleswig-Holstein West 452 9,7 2.915 8,4 4.857 6,2 13 Untere Mittelelbe 491 17,9 326 15,6 521 14,6 14 Weser- und Aller-Niederung 247 13,4 36 8,3 55 3,6 15 Diepholzer Moorniederung 311 13,5 56 26,8 129 14,0 und Hunte-Niederung 16 Emsland 1.555 11,7 890 11,2 1.007 14,1 übrige Regionen other regions 263 12,5 106 9,4 313 8,3 Gesamt overall 3.319 12,7 4.329 9,8 6.882 8,2 teilweise individuenstarke Vorkommen abseits der über die Wasservogelzählung abgedeckten Gebiete bei. Die Erfassungen konzentrierten sich auf eine möglichst gute Abdeckung der Rastgebiete zum Zeitpunkt der internationalen Zählung im Januar. Aufgrund der hohen zeitlichen Synchronität der Zählungen und der stabilen Wetterlage um das Zählwochenende halten wir eine mögliche Unter- oder Überschätzung der Bestände durch großräumige Verlagerungen für vernachlässigbar. Im Februar und März sollten vor allem wichtige Rastplätze der Zwergschwäne kontrolliert werden, weshalb die räumliche Abdeckung insgesamt deutlich geringer ausfiel und deshalb für den Singschwan nur für den Januartermin eine Bestandsschätzung vorgenommen wurde.

10 J. WAHL & A. DEGEN: Sing- und Zwergschwan Winter 2004/05 Singschwan Januar 2005 1. Winter "Adult" 1 16 15 17 18 14 13 0 50 100 150 200 km Abb. 5: Jungvogelanteile der Singschwäne in verschiedenen Regionen Deutschlands im Januar 2005. Die Nummern der Regionen entsprechen jenen in Tab. 2; unterstrichen fett = > 10% über bundesweitem Durchschnitt; normal = ± 10 % um bundesweiten Durchschnitt; unterstrichen kursiv = > 10% unter bundesweitem Durchschnitt. Percentages of juvenile Whooper Swans in January 2005 in Germany. Legend: juvenile percentage = dark red; numbers of regions refer to Tab. 2. Underlined bold: >10 % above national average; plain numbers: ± 10 % around national average; underlined italics: >10 % below national average. 2 3 11 10 12 4 5 4.1. Singschwan Verbreitung, Rastbestand und Bestandsentwicklung An der grundsätzlichen Verbreitung der Singschwäne in Deutschland hat sich gegenüber der Synchronzählung im Januar 1995 nichts verändert: Mit Ausnahme des Vorkommens am Bodensee finden sich Rastgebiete mit Beständen von über 100 Ind. ausschließlich nördlich der Mittelgebirge und dort insbesondere in den großen Flussniederungen sowie an der Ostseeküste. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt, wie auch 10 Jahre zuvor, eindeutig im Nordosten Deutschlands. Im Vergleich mit Laubek et al. (1999) und Degen et al. 7 8 6 9 (1996) der aufgrund einer ähnlichen Ausprägung des Winters zulässig ist (Abb. 2) fällt allerdings auf, dass die Singschwäne im Binnenland deutlich zugenommen haben und weiter verbreitet sind. Eine Entwicklung, die auch Nilsson (2002) feststellte. So finden sich inzwischen individuenstarke Vorkommen auch im Hinterland der schleswig-holsteinischen Westküste, und nachweislich nach 1995 etablierten sich bedeutende Rastansammlungen im westlichen Niedersachsen (Blüml et al. 2007; A. Degen eig. Daten) und an der zentralen Mittelelbe (Hampe & Schwarze 2006a). Diese Zunahme ist in allen Bundesländern mit nennenswerten Singschwanbeständen zu beobachten (Tab. 6). Bundesweit hat sich der Rastbestand seit Januar 1995 auf 29.000 Ind. nahezu verdoppelt. Nach den Januardaten der Wasservogelzählung wurde 2005 der höchste Indexwert seit Beginn der Erfassungen im Jahr 1968 erreicht (DDA, unveröff. Daten). Ebenso hat die skandinavischnordwestrussische biogeographische Population deutlich zugenommen von 59.000 Ind. (Laubek et al. 1999) auf mind. 90.000 Ind. (Tab. 7a) und vermutlich einen neues Bestandshoch erreicht. Die Erfassung im Januar 2005 machte damit einmal mehr die Bedeutung regelmäßiger, international abgestimmter Synchronzählungen und Auswertungen deutlich. Gleichzeitig bilden sie auf nationaler Ebene einen wichtigen Baustein regelmäßig aktualisierter Rastbestandsschätzungen und der daraus abgeleiteten 1 %-Werte für Feuchtgebiete nationaler Bedeutung (z. B. Burdorf et al. 1997). Den Anstieg der Gesamtpopulation führt Nilsson (2005a) auf eine kontinuierliche, süd- und westwärts gerichtete Ausweitung des Brutareals zurück, die günstigere und konstantere Bedingungen während der Brutzeit und damit einen durchschnittlich höheren Bruterfolg mit sich bringt. Ausgangspunkt des Bestandsanstiegs (bzw. der Wiederausbreitung) war die deutliche Verringerung des Jagddrucks Mitte des 20. Jahrhunderts (Rees et al. 1997b; Laubek et al. 1999; Rees 2006). In der Folge dürften sich wie bei nahezu allen Gänse- und Schwanenarten in Nordwesteuropa vor allem landwirtschaftliche und klimatische Verän-

VOGELWELT 130: 1 24 (2009) 11 Rastbestand number of swans Rastbestand number of swans Rastbestand number of swans Rastbestand number of swans 600 400 200 2000 1500 1000 500 400 300 200 100 800 600 400 200 Singschwan Cygnus cygnus Rastbestand number of swans Jungvogelanteil percentage juveniles Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Singschwan Cygnus cygnus Rastbestand number of swans Jungvogelanteil percentage juveniles Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Singschwan Cygnus cygnus Rastbestand number of swans Jungvogelanteil percentage juveniles Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Singschwan Cygnus cygnus d Rastbestand (gesamt) number of swans (overall) Rastbestand (deutscher Teil) number of swans (German part) Jungvogelanteil percentage juveniles Okt Nov Dez Jan Feb Mrz a b c 80 60 40 20 80 60 40 20 80 60 40 20 80 60 40 20 Jungvogelanteil percentage juveniles [%] Jungvogelanteil percentage juveniles [%] Jungvogelanteil percentage juveniles [%] Jungvogelanteil percentage juveniles [%] derungen positiv auf die Bestandsentwicklung des Singschwans ausgewirkt haben. Die Umstellung in der Ernährung von aquatischer Vegetation auf landwirtschaftliche Nutzflächen (van Eerden et al. 1996; Nilsson 2002), die durch die landwirtschaftliche Intensivierung und Veränderungen im Anbau landwirtschaftlicher Kulturen (z. B. verstärkter Anbau von Raps, Wintergetreide und Mais; Gatter 2000; Ewert et al. 2005) eine verbesserte Nahrungsgrundlage in den Winterquartieren mit sich brachte (z. B. höherer Energiegehalt; van Eerden et al. 1996), sowie die überwiegend milden Winter seit Ende der 1980er Jahre führten zu einer reduzierten Wintersterblichkeit und einem höheren Bruterfolg (vgl. Fox et al. 2005 ; Kery et al. 2006). Vergleicht man die Bestandsentwicklungen innerhalb Deutschlands, so ergeben sich trotz der in nahezu allen Bundesländern festgestellten Zunahmen bemerkenswerte Unterschiede, die sich auch im angrenzenden Ausland widerspiegeln und damit auf großräumige Entwicklungen hinweisen. Die Rastbestände in Niedersachsen (einschließlich Bremens) nahmen zwischen 1995 und 2005 um etwa 30 % und damit in deutlich geringerem Maße als bundesweit zu. In den benachbarten Niederlanden, die die Westgrenze des Kernüberwinterungsgebiets der kontinentalen Singschwan-Population bilden, kam es ebenfalls nur zu einem Anstieg von etwa 30 % (Tab. 7a). Sowohl in den Niederlanden als auch im Emsland zeigt sich bei den Jungvogelanteilen seit Anfang der 1990er Jahre eher ein positiver als ein negativer Trend (van Roomen et al. 2006; A. Degen unveröff. Daten). Wir gehen deshalb davon aus, Abb. 6: Singschwan-Rastbestände und Jungvogelanteile im Verlauf des Winterhalbjahres 2004/05 a) im Emsland, b) an der niedersächsischen Mittelelbe, c) im Neekener Ackerland bei Dessau (Sachsen-Anhalt) sowie d) am Bodensee auf Basis teilweise wöchentlicher Zählungen. Für a), b) und c) entspricht die Anzahl ausgezählter Individuen dem Rastbestand, am Bodensee wurde jeweils ein wechselnder Anteil differenziert. Wochen, in denen mind. ein Drittel des (zwischen den monatlichen Zählungen linear gemittelten) Rastbestandes ausgezählt wurde, sind durch einen Punkt hervorgehoben. Numbers of Whooper Swans and percentages of juveniles during winter 2004/05 in four main staging regions in Germany, a) Ems lowlands (western Lower Saxony, part of region 16 in table. 2), b) Elbe lowlands in eastern Lower Saxony (part of region 13), c) near Dessau (Saxony-Anhalt, part of region 10) and d) Lake Constance (southern Germany) based on up to weekly counts. For a, b and c the number of birds aged equals the number of birds present, for d it varies between weeks. If at least one third of the wintering population (linear interpolation between monthly counts) was aged the respective value is highlighted with a dot. Datenquellen sources: a) A. DEGEN, N. FEHRMANN, W. SCHOTT; b) A. DEGEN; c) E. SCHWARZE; d) OAG BODENSEE.

12 J. WAHL & A. DEGEN: Sing- und Zwergschwan Winter 2004/05 Anteil percentage [%] 50 40 30 20 10 Singschwan Cygnus cygnus Zwergschwan Cygnus bewickii 1 2 3 4 5 6 7 Familiengröße brood size Abb. 7: Familiengröße von Sing- (n = 206, arithm. Mittel = 2,53) und Zwergschwan (n = 107, arithm. Mittel = 1,93) in Deutschland im Januar 2005. Brood size of Whooper Swans (n = 206, arithm. mean = 2.53) and Bewick s Swans (n = 107, arithm. mean = 1.93) in January 2005 in Germany. Please note: data on brood sizes are mainly from Lower Saxony (NW Germany). Rastbestand number of swans Rastbestand number of swans 2000 1500 1000 500 600 400 200 Zwergschwan Cygnus bewickii Rastbestand number of swans Jungvogelanteil percentage juveniles Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Zwergschwan Cygnus bewickii Rastbestand number of swans Jungvogelanteil percentage juveniles Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Abb. 8: Zwergschwan-Rastbestände und Jungvogelanteile im Verlauf des Winterhalbjahres 2004/05 a) im Emsland und b) an der niedersächsischen Mittelelbe auf Basis wöchentlicher Zählungen (n = Rastbestand). Numbers of Bewick s Swans and percentages of juveniles during winter 2004/05 in two main staging regions in Germany, a) Ems lowlands (western Lower Saxony, part of region 17 in Tab. 2) and b) Elbe lowlands in eastern Lower Saxony (part of region 13) based on weekly counts (n = number of swans). Datenquellen sources: a) A. DEGEN,N.FEHRMANN, W. SCHOTT; b) A. DEGEN. a b 80 60 40 20 80 60 40 20 Jungvogelanteil percentage juveniles [%] Jungvogelanteil percentage juveniles [%] dass die Singschwäne im westlichsten Teil des Überwinterungsgebietes ihre Zugwege verkürzt haben. In diesem Zusammenhang ist möglicherweise auch die Entwicklung in Schleswig-Holstein zu sehen. Die dort und im Süden Dänemarks überwinternden Vögel überschneiden sich in ihren finnischen Brutgebieten vermutlich mit jenen aus dem westlichen Teil des Überwinterungsgebiets (vgl. Laubek 2006). Der überdurchschnittlich starke Anstieg der Winterbestände in Schleswig- Holstein könnte daher seine Ursache in zwei sich überlagernden Entwicklungen haben: der Tendenz zu einer Verkürzung der Zugwege im westlichen Teil des Überwinterungsgebiets sowie einem weiteren Anstieg der Brutpopulation. Darauf, dass in Schweden überwinternde südfinnische und russische Brutvögel (vgl. Fransson & Pettersson 2001) zunehmend weiter nördlich entlang ihrer Zugroute an der schwedischen Ostküste überwintern, deuten die Veränderungen zwischen 1995 und 2005 innerhalb Schwedens (Nilsson 2005a) sowie Ablesungen in Niedersachsen beringter Vögel hin (A. Degen unveröff. Daten). Ob und in welchem Maße auch Veränderungen in der Habitatnutzung, im Nahrungsangebot bzw. -qualität bei diesen Entwicklungen eine Rolle spielen, lässt sich nicht beurteilen. Verglichen mit der bundesweiten Entwicklung stiegen die Rastbestände in Mecklenburg-Vorpommern in geringerem Maße an. Ein Grund für den geringeren Anstieg im Nordosten Deutschlands könnte eine andere Herkunft und damit eine unterschiedliche Entwicklung der Brutpopulation dort überwinternder Vögel sein. Nach derzeitigen Erkenntnissen stammen die im Raum Darß-Rügen-Usedom überwinternden Vögel zu einem hohen Anteil aus Nordwest-Russland (Degen & Heinicke 2007), wo die Brutbedingungen in der Regel ungünstiger sind als in südlicheren Brutgebieten, womit häufig ein geringerer und gleichzeitig jährlich stärker schwankender Bruterfolg einhergeht (s. Nilsson 1979). Überdurchschnittlich starke Zunahmen zeigten sich in Brandenburg und Sachsen. Bei den dort überwinternden Singschwänen handelt es sich zu einem großen Teil um polnische und baltische Brutvögel (Degen & Heinicke 2007), die in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme zeigten. So hat sich etwa der lettische Brutbestand innerhalb von zehn Jahren von 50 70 auf etwa 150 Brutpaare im Jahr 2005 mehr als verdoppelt (D. Boiko pers. Mitt.). Auch das stützt die These, dass das Vordringen in Brutgebiete mit günstigeren und konstanteren Bedingungen eine bedeutende Rolle bei der deutlichen Bestandszunahme der Gesamtpopulation spielt.

VOGELWELT 130: 1 24 (2009) 13 Tab. 4: Genutzte Habitate von a) Sing- und b) Zwergschwänen im Januar 2005 in verschiedenen Regionen Deutschlands. Regionen mit weniger als 100 zugeordneten Vögeln sind kursiv und in kleinerer Schrift gesetzt. n umfasst nur die einem Habitat zugeordneten Vögel. Die Gesamtbestände je Region sind Tab. 2 zu entnehmen. Habitat use by a) Whooper Swans and b) Bewick s Swans in January 2005 per region in Germany. n = number of swans allocated to a habitat category. Grand totals per region are given in table 2. Regions with < 100 swans aged are given in smaller font and italics. a) Singschwan Whooper Swan Nr. no. Region region n Raps rape Grünland grassland Mais maize (stubbles) Wintergetreide winter cereals Wasserpflanzen aquatic feeding Sonstige* others * 1 Schleswig-Holstein West 410 75,8 22,7 1,5 2 Schleswig-Holstein Ost 1.629 93,0 5,0 2,0 3 Nordwest-Mecklenburg 1.114 98,2 1,8 4 Darß/Nord-Vorpommern 1.004 97,2 2,8 5 Rügen 320 100,0 6 Usedom/Ost-Vorpommern 745 77,3 2,7 20,0 7 Müritz 481 96,5 3,5 8 Nordost-Brandenburg 284 69,4 30,6 9 Südost-Brandenburg/Nord-Sachsen 372 67,5 2,2 16,9 13,4 10 Zentrale Mittelelbe/Saale 928 99,0 1,0 11 Mittelelbe/Untere Havel 1.688 88,6 0,5 4,8 0,2 5,9 12 Schaalsee/Lewitz 1.468 77,5 22,5 13 Untere Mittelelbe 2.839 86,5 3,6 3,0 2,5 4,4 14 Weser- und Aller-Niederung 1.005 72,4 1,2 15,3 8,0 3,1 15 Diepholzer Moorniederung und Hunte-Niederung 673 0,6 13,8 6,1 78,5 1,0 16 Emsland 544 10,3 31,2 22,8 27,8 1,6 6,3 17 niedersächsische Nordseeküste 191 82,2 17,8 18 Süddeutschland ** 610 0,3 99,7 nicht zugeordnet not allocated 5 20,0 80,0 Gesamt total 16.310 76,3 4,0 2,6 9,0 6,3 1,8 * 11: 5,9% überschwemmtes Grünland flooded grassland 13: 0,9% Getreidestoppeln cereal stubbles; 3,5% überschwemmtes Grünland flooded grassland 14: 1,3 % Möhren carrots; 1,1% Kartoffeln potatoes; 0,4% Brache set aside; 0,3% Getreidestoppeln cereal stubbles 16: 6,3 % Kartoffeln potatoes Gesamt overall: 1,2 % Grünland überschwemmt flooded grassland; 0,3% Kartoffeln potatoes; 0,2% Getreidestoppeln cereal stubbles; 0,1 % Möhren carrots. ** Einschließlich ausländischer Anteile des Bodensees. Including birds in Austria and Switzerland at Lake Constance. b) Zwergschwan Bewick s Swan Nr. no. Region region n Raps rape Grünland grassland Mais maize (stubbles) Wintergetreide winter cereals Wasserpflanzen aquatic feeding Kartoffeln potatoes 1 Schleswig-Holstein West 232 100,0 4 Darß/Nord-Vorpommern 16 100,0 7 Müritz 10 100,0 8 Nordost-Brandenburg 20 25,0 75,0 9 Südost-Brandenburg/Nord-Sachsen 18 50,0 22,2 27,8 10 Zentrale Mittelelbe/Saale 17 100,0 11 Mittelelbe/Untere Havel 28 100,0 12 Schaalsee/Lewitz 51 100,0 13 Untere Mittelelbe 493 98,4 1,6 14 Weser- und Aller-Niederung 235 48,1 12,8 38,3 0,9 15 Diepholzer Moorniederung und Hunte-Niederung 253 65,6 34,4 16 Emsland 1.519 0,1 53,7 33,1 10,2 0,1 2,8 17 niedersächsische Nordseeküste 9 100,0 nicht zugeordnet not allocated 4 100,0 Gesamt total 2.905 25,9 42,8 18,2 11,4 0,3 1,4