Erneuerbare Energien Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz Der Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland sorgte in Deutschland für große Unruhen am bisher starren Gasmarkt. Mit 34 Prozent ist Russland vor Norwegen (25 Prozent) der größte Erdgaslieferant für Deutschland. Fatal, wenn diese Quelle versiegen würde. Nun fordern die Politiker, sich von russischem Gas unabhängig zu machen. Die Frage ist nur wie? Biogas ist eine Antwort. Die Monopolstellung des russischen Gaskonzerns Gazprom wird durch die Tatsache gestärkt, dass in Zukunft auch China und Japan russisches Gas beziehen werden. Nach Schätzungen der Internationalen Energie-Agentur (IEA) droht den ausländischen Kunden Gazproms bis 2020 ein Lieferdefizit von mehreren Dutzend Milliarden Kubikmetern. Und Gazprom hält laut Pressemeldung erneut Engpässe bei der Versorgung Europas im kommenden Winter für möglich. Was mit dem Preis passiert, wenn viele auf der Nachfrageseite stehen und nur einer auf der Angebotsseite sitzt, ist bekannt. Damit sich die Preisspirale nicht weiter nach oben dreht, müssen Alternativen geschaffen werden. Und die Alternativen sind die Erneuerbaren Energien. Allein Biogas könnte bei einem kontinuierlichen Ausbau bis 2020 etwa 10 Prozent des bundesdeutschen Erdgasverbrauchs und damit mehr als 30 bis 50 Prozent der russischen Erdgasimporte ersetzen. Mit Biogas in das Erdgasnetz Die Verwertung von Biogas in einer Kraft-Wärme-Kopplung zur dezentralen Erzeugung von Strom und Wärme ist mittlerweile eine anerkannte Technik. Strom verfügt wie kein anderer Energieträger über ein sehr gut ausgebautes Transportnetz und ermöglicht so unterschiedlichste Anwendungen. Die Einspeisung von veredeltem Biogas in das Erdgasnetz ermöglicht den Zugang zu einem ebenfalls weit ausgebauten Transportnetz und öffnet das Tor zu weiteren Einsatzgebieten. Die wirtschaftliche Nutzung von Biogas zur Stromerzeugung ist stark abhängig von der Verwertbarkeit der Wärme am Standort der Biogasanlage. Die Einspeisung von veredeltem Biogas in das Newsletter zur gat 2006 Kontakt: Heike Gruber Tel.: 0228 9191-443 gruber@wvgw.de www.wvgw.de 1
Erdgasnetz ist dagegen wesentlich flexibler, weil die energetische Nutzung des aufbereiteten Biogases an keinen Standort nahe einer Biogasanlage, sondern nur an das Erdgasnetz gebunden ist. Durch die Einspeisung von Biogas in ein bestehendes Erdgasnetz wird gegenüber der Verstromung ein höherer Wirkungsgrad erzielt. Bei der Verstromung von Biogas beträgt der Gesamtwirkungsgrad zwischen 30 Prozent ohne Wärmenutzung und 68,5 Prozent mit 100 Prozent Wärmenutzung. Bei der Biogasaufbereitung zur Einspeisung in das Erdgasnetz beträgt der Eigenstrombedarf inklusive Anlagenbeheizung rund 15 Prozent. Zusätzlich entstehen weitere 5 Prozent Verlust bei der Aufbereitung. Es verbleiben aber netto beachtliche 80 Prozent Wirkungsgrad (Erfahrungswerte der Pilotanlage Pucking). Diese Energie kann dann an einem geeigneten Standort entlang des Erdgasnetzes in Heizanlagen, BHKW etc. genutzt werden. Eigenschaften des Biogases Biogas ist ein Mischgas, dessen Hauptkomponente der Brennstoff Methan ist. Rohbiogas enthält je nach Art des Ausgangs-Rohstoffes bis zu 2/3 Methan, 1/3 Kohlenstoffdioxid und kleine Anteile von Schwefelwasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff. Das aufbereitete Biogas ist chemisch nahezu identisch mit Erdgas. Der Unterschied liegt im Methangehalt, der im Biogas ca. 55 Prozent und im Erdgas jedoch 96 Prozent beträgt (Tab. 1). Tabelle 1 Zusammensetzung von Biogas (Quelle: BMU Studie Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz) Schwankungsbreite Durchschnitt Methan 45 bis 70 Prozent 60 Prozent Kohlenstoffdioxid 25 bis 55 Prozent 35 Prozent Sauerstoff 0,01 bis 2 Prozent 0,3 Prozent Stickstoff 0,01 bis 5 Prozent 1 Prozent Schwefelwasserstoff 10.000 bis 30.000 mg/m 3 500 mg/m 3 Bedingung für die Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz ist die Reinigung des Biogases auf Erdgasqualität. Relevant sind dabei neben dem hohen geforderten Methangehalt die Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoff, Sauerstoff und Schwefelwasserstoff. Schmack Biogas hat für die Entschwefelung, in Kooperation mit der oberösterreichischen Entwicklungsfirma PROFACTOR, ein innovatives, für dezentrale Anlagen geeignetes Verfahren entwickelt, das erstmals in Pucking (Österreich) zum Einsatz kommt. Veredeltes Biogas kann unabhängig vom Standort der Produktion auch als Treibstoff für Fahrzeuge oder in Kraft-Wärme-Kopplungen (wie z. B. stationäre Brennstoffzellen) verwendet werden. Newsletter zur gat 2006 Kontakt: Heike Gruber Tel.: 0228 9191-443 gruber@wvgw.de www.wvgw.de 2
Pilotanlage zur Einspeisung von gereinigtem Biogas Seit Juni 2005 ist in Pucking die erste Einspeiseanlage für Biogas in Österreich in Betrieb. Das Pilotprojekt wird durch die erdgas oö. und OÖ. Ferngas AG betrieben. Die Anlage mit einer Leistung von 10 m 3 /h Rohgas speist 6 m 3 /h gereinigtes Biogas in Erdgasqualität in das bestehende Gasnetz ein. Das sind jährlich bis zu 400.000 kwh, was dem durchschnittlichen Jahresbedarf von rund 40 Wohnungen entspricht. Bei der Biogasproduktion wurde auf eine vorhandene Biogasanlage zurückgegriffen, die bisher Biogas zur Verbrennung und Verstromung erzeugt hat. Reinigung und Aufbereitung des Biogases auf Erdgasqualität Ziel der Gasaufbereitung ist es, das Biogas auf Erdgasqualität anzureichern sowie alle störenden Begleitstoffe im Gas zu entfernen. Um das erzeugte Biogas in das bestehende Erdgasnetz einspeisen zu können, werden nach der Entschwefelung der Methangehalt des Biogases durch Abtrennung des Kohlenstoffdioxids angehoben und das Wasser entfernt. Das gereinigte Produktgas Biomethan muss den Anforderungen und den Regeln der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfachs (DVGW) bzw. im Fall der Anlage in Pucking den Anforderungen und Regeln der Österreichischen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches (ÖVGW) entsprechen (Tab. 2). Tabelle 2 Gaszusammensetzung und Grenzwerte (Quelle: Herstellerangaben Gasaufbereitung, DVGW-Arbeitsblatt 260, Richtwerte für H-Gas) Zusammensetzung Einheit Biomethan DVGW-Richtwerte 260 CH 4 % 96,5 keine Mindestwerte CO 2 % < 3,0 keine Mindestwerte (Höchstwert DVGW-G 262 6%) O 2 % < 0,5 < 0,5 Spurenstoffe H 2 S mg/m 3 < 0,5 < 5 Brenntechnische Kenndaten Brennwert H s,n kwh/nm 3 10,7 8,4 bis 13,1 Wobbe-Index W s,n kwh/nm 3 14,7 12,8 bis 15,7 Die Biogasaufbereitung umfasst folgende Schritte: Entschwefelung (H 2 S-Reinigung) Trocknung und CO 2 -Abtrennung Druckerhöhung und Odorierung (Übergabe-Station) Newsletter zur gat 2006 Kontakt: Heike Gruber Tel.: 0228 9191-443 gruber@wvgw.de www.wvgw.de 3
Zur Aufbereitung von Biogas auf Erdgasqualität stehen verschiedene bewährte Verfahren und Technologien zur Verfügung. Dabei ist die Anordnung der Verfahrensschritte von den gewählten Technologien und der vorhandenen Biogasqualität abhängig. Prinzipiell können für die Aufbereitung von Biogas die gleichen Verfahren verwendet werden, welche für die Aufbereitung von anderen technischen Gasen Anwendung finden. Die angewandten Technologien unterscheiden sich nur im Gasdurchsatz von industriell bereits gängigen Verfahren. Biomethan-Anlagen auch bald in Deutschland Mit dem Bau der Biomethananlagen in Kerpen (Nordrhein-Westfalen) und Pliening (Bayern) startet der Anlagenhersteller Schmack Biogas AG eines der innovativsten Projekte im Bereich Biogas. Im April wurde bereits mit den vorbereitenden Arbeiten begonnen. Jetzt entsteht die eigentliche Biogasanlage, und im Oktober wird auch der entscheidende Anlagenteil für das neue Verfahren, die Gasaufbereitungsanlage, aufgebaut. Mit einer elektrischen Leistung von zwei Megawatt deckt die Kerpener Anlage den Strombedarf von rund 5.200 Haushalten. Am Standort Kerpen entstehen langfristig vier Arbeitsplätze. Abbildung 1 Schon bald wird die Anlage in Pliening Biorohgas produzieren. Damit ist ein Schritt in Richtung nationaler Unabhängigkeit auf dem Energiemarkt getan. (Quelle: Schmack Biogas AG) Parallel zum Kerpener Projekt errichtet die Schmack Biogas in Pliening nördlich von München eine weitere Biomethan-Anlage (Abb. 1). Das Projekt Biomethananlage Pliening wird gemeinsam mit der Planungsfirma Renewable Energy Systems (RES) und der Aufwind Schmack Betriebs GmbH & Co. KG verwirklicht. Die Finanzierung der Anlage erfolgt über den Fonds III. Cash Cow KG. 6,3 Mio. Nm 3 Biorohgas werden jährlich in Pliening erzeugt. Nach der Aufbereitung in Erdgasqualität können 3,2 Mio. Nm 3 Biomethan durch eine Gasleitung an den ca. 10 Kilometer entfernten Bestimmungsort weitergeleitet werden. Projektpartner und Abnehmer des Gases ist der Newsletter zur gat 2006 Kontakt: Heike Gruber Tel.: 0228 9191-443 gruber@wvgw.de www.wvgw.de 4
Energieversorger E.ON Bayern AG. Auch diese Anlage soll wie die Anlage in Kerpen bereits im Herbst fertig gestellt sein. Als bundesweit erstes Unternehmen werden die Stadtwerke Aachen (STAWAG) noch in diesem Jahr an zwei Standorten aufbereitetes Biogas (Biomethan) in das deutsche Erdgasnetz einspeisen. Damit ist STAWAG Vorreiter in Deutschland, erstmals wird das deutsche Erdgasnetz für regenerative Energie geöffnet. Hier entsteht ein neuer Markt, den mit zunehmendem Interesse auch viele andere Energieversorger beobachten. Mit diesem Schritt wird ein wichtiger Meilenstein im Hinblick auf die Nutzungsmöglichkeiten von regenerativen Energien beschritten. Autorin: Petra Krayl Schmack Biogas AG Bayernwerk 8 92421 Schwandorf Tel.: 09431 751-285 Fax: 09431 751-5285 E-Mail: petra.krayl@schmack-biogas.com Internet: www.schmack-biogas.com Die Langfassung des Beitrags finden Sie in DVGW energie wasser-praxis 09/2006, Seite 17-19. Newsletter zur gat 2006 Kontakt: Heike Gruber Tel.: 0228 9191-443 gruber@wvgw.de www.wvgw.de 5