Vorlesung Grundlagen der Anatomie & Embryologie Embryologie Plazenta und Eihäute Martina Schmitz WS 16/17 Vesalius, De humani corporis fabrica (1543) Institut für Anatomie und vaskuläre Biologie, Direktor Prof. H. Schnittler
Embryologie Plazenta und Eihäute Die Studierenden...kennen den Aufbau des Chorions und können die Entwicklung der Zotten erklären.kennen den Unterschied in der Plazentaschranke in der 10. EW und zum Zeitpunkt der Entbindung..können den prinzipiellen Aufbau der Plazenta erklären..kennen die Entwicklung der Eihäute und können diese erklären..kennen die allgemeinen Reifezeichen zur Geburt..können den Unterschied zwischen monozygoten und dizygoten Zwillingen erklären..können unterschiedliche Entstehung von dizygoten Zwillingen erklären.
Funktionen der Plazenta 1. Transport von Atemgasen, Nährstoffen, Stoffwechselabbauprodukten, Hormonen 2. Hormonproduktion: hcg = humanes Chorion Gonadotropin In der Frühphase der Schwangerschaft sorgt es für die Aufrechterhaltung der Funktion des Gelbkörpers. Dieser wird zum Corpus luteum graviditatis (Schwangerschafts Gelbkörper) und sorgt über die ausreichende Produktion von Progesteron für den Schwangerschaftserhalt. In der Spätphase der Schwangerschaft übernimmt die Plazenta selbst die Produktion von Progesteron und auch Östrogen 3. Immuntoleranz, um eine Abstoßung des Kindes zu verhindern
Menstruationszyklus und Schwangerschaft (Faller/Schünke, Der Körper des Menschen, Thieme)
Schwangerschaftstest Schwangerschaftstest Schema von Martin Brändli geändert von Klaus Hoffmeier Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY SA 2.5 über Wikimedia Commons http://commons.wikimedia.org/wiki/file:schwangerschaftstest_schema.png#mediaviewer/file:schwangerschaftstest_schema.png
7/8. ET: Bildung der zweiblättrigen Keimscheibe Blastozystenhöhle Der Embryoblast bildet zwei Keimblätter, den und den. Zwischen Epiblast und Trophoblast entsteht die flüssigkeitsgefüllte. (Benninghoff/Drenckhahn, TB Anatomie, Elsevier)
9. ET: Bildung des primären Dottersacks Das Dottersackepithel kleidet als die Blastozystenhöhle aus. Diese wird so zum primären Dottersack. Zwischen Trophoblast (außen) und Dottersack und Amnion (innen) entsteht das. (Benninghoff/Drenckhahn, TB Anatomie, Elsevier)
9. ET: Entwicklung der Primärzotten Primärzotte: 1. innerer Zytotrophoblastkern 2. äußere Synzytiotrophblastschicht (Sadler, Medizinische Embryologie, Thieme) (Benninghoff/Drenckhahn, TB Anatomie, Elsevier)
13. ET: Entwicklung der Sekundärzotten Sekundärzotte: 1. innerer Kern aus extraembryonalem Mesoderm (Sadler, Medizinische Embryologie, Thieme) (Benninghoff/Drenckhahn, TB Anatomie, Elsevier) 2. mittlere Schicht aus Zytotrophoblastzellen 3. äußere Schicht aus dem Synzytiotrophoblasten
Entwicklung der Chorionzotten Im mesodermalen Kern der Sekundärzotte entstehen Blutzellen und Kapillaren; damit wird die Sekundärzotte zur Tertiärzotte. Ihre Gefäße treten über den Haftstiel (Vorläufer der Nabelschnur) in Kontakt mit den Gefäßen des Embryos. (Sadler, Medizinische Embryologie, Thieme)
Keim am Ende der 3. EW (Sadler, Medizinische Embryologie, Thieme)
Entwicklung der Chorionzotten (Sadler, Medizinische Embryologie, Thieme)
Entwicklung von Plazenta und Eihäuten Mütterlicher Teil: Die Uterusschleimhaut nach der Implantation wird als bezeichnet. Sie gliedert sich nach der Lage in Decidua basalis Decidua capsularis Decidua parietalis. Kindlicher Teil: Das Chorion entwickelt sich zum zottentragenden sowie zum zottenlosen. (Schiebler, Anatomie, Springer)
Entwicklung von Plazenta und Eihäuten Im 3. Monat verschmilzt das Amnion mit dem Chorion. Die Chorionhöhle (extraembyonales Zölom)verschwindet. Die Decidua capsularis verschmilzt mit der Decidua parietalis. Das Uteruslumen verschwindet. Amnion, Chorion laeve und Decidua Anteile bilden zusammen die Eihäute. Das Chorion frondosum wird zum fetalen Teil der Plazenta. (Schiebler, Anatomie, Springer)
Entwicklung der Amnionhöhle (Moore/Persaud;, Embryologie, Elsevier)
Entwicklung der Amnionhöhle Von den ursprünglich vorhandenen Höhlen bleibt nur die Amnionhöhle erhalten. Sie ist mit Fruchtwasser gefüllt (bei Geburt ca. 1 l), in dem der Fetus schwimmt. Die Eihäute umgeben die sogenannte Fruchtblase, die unter der Geburt einreißt ( springt ). (Faller/Schünke, Der Körper des Menschen, Thieme)
Eröffnete Gebärmutter im 6. Schwangerschaftsmonat Die menschliche Plazenta hat die Form einer Scheibe (Placenta discoidea). Sie hat bei der Geburt einen Durchmesser von ca. 20 cm und wiegt ca. 500 gr. (Faller/Schünke, Der Körper des Menschen, Thieme)
Plazenta nach der Geburt von fetal und basal Fetale Seite Basale Seite (Faller/Schünke, Der Körper des Menschen, Thieme; Benninghoff/Drenckhahn, Anatomie, Elsevier)
Eröffnete Gebärmutter im 6. SS Monat Fetaler Teil: Chorionplatte aus Chorion frondosum mit Amnionüberzug Mütterlicher Teil: Decidua basalis Das mütterliche Blut umspült die Chorionzotten Die menschliche Plazenta ist eine Placenta hämochorialis. (Faller/Schünke, Der Körper des Menschen, Thieme)
Bestandteile der reifen Plazenta: Chorionplatte (Deckel über dem intervillösen Raum) an der die Nabelschnur mit den fetalen Gefäßen ansetzt. Zottenbäume, die vom mütterlichen Blut im intervillösen Raum umspült werden. Basalplatte: Bildet den Boden des intervillösen Raumes. Plazentabett, das die materno fetale Gewebemischung an der Grenze von Uterus zu Plazenta umfasst. (Zilles/Tillmann, Anatomie, Springer)
Plazentaschranke Terminale Zotte 10. Woche Die Plazentaschranke für den Gas und Stofftransport besteht ausschließlich aus fetalem Gewebe: Endothel der kindlichen Blutgefäße Zottenbindegewebe aus dem extraembryonalen Mesoderm Zytotrophoblast Synzytiotrophoblast Terminale Zotte zum Entbindungszeitpunkt (Moore/Persaud;, Embryologie, Elsevier)
Mediansagittalschnitt des weibl. Beckens bei Schwangerschaft Bei einem Kaiserschnitt (Sectio caesarea) wird die Mutter auf operativem Wege von ihrem Kind entbunden (Schnittentbindung). Dabei werden folgende Schichten durchtrennt: Haut (Cutis) Unterhaut (Subcutis) Muskelaponeurosen (flächige Ansatzsehnen) Bauchfaszien (Fasciae abdominis) Äußeres Blatt des Bauchfells (Peritoneum parietale) Inneres Blatt des Bauchfells (Peritoneum viscerale, Bauchfellüberzug des Uterus, Perimetrium) Myometrium Endometrium (Sobotta, Atlas der Anatomie, Elsevier)
Mehrlingsschwangerschaften Häufigkeit folgt der Hellin Hypothese: Zwillinge etwa 1/85 Geburten (ca. 1,2%) Drillinge etwa 1/85 2 (1:7 000) Vierlinge etwa 1/85 3 (1:600 000) Häufigkeit hat in den letzten 2 Jahrzehnten wegen Fertilitätsbehandlungen deutlich zugenommen Regionale Unterschiede bestehen Asien 1/500; Westeuropa 1/125; Yoruba 1/8
Entstehung von Zwillingen Zweieiige Zwillinge = dizygot (ca. 70%) Eineiige Zwillinge = monozygot (ca. 30%) Dizygote sind genetisch verschieden. Zwischen ihnen besteht keine größere Ähnlichkeit als bei Geschwistern, die nicht gleich alt sind. Sie können das gleiche oder das entgegengesetzte Geschlecht haben. Sie können aus 2 Eizellen desselben Ovars oder aus unterschiedlicher Ovarien stammen. Sie besitzen jeweils ihre eigene Chorionhülle und ihr eigenes Amnion; d. h. sie sind dichorial und diamniotisch. Monozygote sind genetisch identisch. Sie haben immer dasselbe Geschlecht. Es hängt vom Zeitpunkt der Trennung des Entwicklungsweges ab, ob sie dichorial diamniotisch sind, monochorial diamniotisch sind oder selten eine gemeinsame Amnionhöhle (und damit auch Chorionhöhle) haben.
Dizygote Zwillinge (Moore/Persaud;, Embryologie, Elsevier)
Entstehung eineiiger Zwillinge A. dichorial diamniotisch ~ 30% B. monochorial diamniotisch ~ 70% C. monochorial monoamniotisch ~ 1% (Sadler, Medizinische Embryologie, Thieme)
Entstehung eineiiger Zwillinge dichorial monochorial monochorial diamniotisch diamniotisch monoamniotisch blau: Amnion rot: Chorion schwarz: Decidua (Martius, Geburtshilfe, Thieme)
Variationen der Teilung Teilung bis 3. ET Teilung von Blastomeren. Jeder Zwilling entwickelt eine eigene Plazenta, eine eigene Chorion und eine eigene Amnionhöhle (dichoriale diamniotische Zwillinge) Teilung zwischen 3. und 7. ET vollständige Teilung des Embryoblasten, aber nicht des Trophoblasten. Es entwickeln sich eine gemeinsame Plazenta und eine gemeinsame Chorionhöhle, jedoch getrennte Amnionhöhlen (monochoriale diamniotische Zwillinge) Teilung nach 8. ET gemeinsame Plazenta, Chorion und Amnionhöhle (monochoriale monoamniotische Zwillinge) Die in Siam (heute Thailand) geborenen Brüder Chang und Eng Bunker (1811 1874), auf welche die Bezeichnung Siamesische Zwillinge zurückgeht Teilung nach 13. ET unvollständige Teilung des Embryoblasten: Entwicklung Siamesischer Zwillinge (Wikipedia)
Glossar (erstellt von A. Schober) trop (in Zusammensetzungen): gerichtet auf (gr. trepo: drehen, hinwenden) villus, i m: zottiges Haar, Zotte intervillosus, a, um: zwischen den Zotten, intervillös capillus, i m: Haar Vas capillare n: Haargefäß, Kapillare decidua, ae f: Schleimhaut des schwangeren Uterus (lat. decidere: abfallen) frondosus, i, um: reich an Zotten (frons, frondis f: Laub) laevis, e: glatt, unbehaart (d.h. ohne Zotten) funiculus, i m: kleiner Strang (Diminutiv von funis, is m: Strick, Seil) umbilicus, i m: Nabel, Mittelpunkt umbilicalis, e: zum Nabel gehörend cotyledo(n), onis m (!): Gelenkpfanne; Zottenbüschel des Chorions mit umgebenden Plazentasepten, Lappen der Plazenta (gr. kotyledon f: Napf, Becher)