Stark unterschätzte erneuerbare Energievorkommen mit Wärme- und Kältenetzen wirtschaftlich nutzen Hanspeter Eicher VR Präsident eicher+pauli 1
Wärmebedarf Schweiz 2010 wurden 85 TWh/a Endenergie für Raumwärme und Warmwasser verwendet. Das waren 42.4 % des gesamten und 52.3 % des fossilen inländischen Energieverbrauchs Effizienzmassnahmen ermöglichen eine Reduktion auf 45 TWh/a Dieser Bedarf soll langfristig möglichst ökonomisch mit erneuerbaren Energien und Abwärme gedeckt werden Welche Rolle spielen dabei Wärmenetze? 2
Bedeutung von Wärmeverteilnetzen 2012 gab es 1,67 Mio. Gebäude. Davon waren 57 % Einfamilienhäuser, die zukünftig überwiegend mit Wärmepumpen als Einzelheizungen versorgt werden können. Von den übrigen Gebäuden lagen 26 % in städtischen Gebieten. Wärmepumpen als Einzelheizungen sind nur einsetzbar, wenn die Wärmeverbrauchsdichte nicht zu hoch ist. Hier können erneuerbare Energien, die über Wärmenetze verteilt werden, eingesetzt werden. 3
Bedeutung von Wärmeverteilnetzen Gibt es bei halbiertem Verbrauch noch Gebiete, welche mit Wärmenetzen überhaupt ökonomisch versorgt werden können? 4
Zukünftige Wärmenetze Auf der Basis von statistischen Verbrauchsdaten werden mit einer GIS Analyse Hektaren mit Wärmeverteilkosten von max. 5 Rp./kWh lokalisiert. Dies ermöglicht Wärmekosten für Endabnehmer von 10 bis 16 Rp./kWh Zusammenfassung angrenzender Hektaren zu Clustern Rot = Stadt-, Gelb = Agglomerations-, Grün = Landhektaren 5
Langfristig möglicher Anteil Wärmenetze Bei halbiertem Wärmebedarf für Raumheizung und Warmwasser liegt knapp 40 % des Verbrauchs in Clustern (zusammenhängende Hektaren), welche für Wärmenetze ökonomisch geeignet sind. Die insgesamt 5 500 Cluster befinden sich vorwiegend in Städten und Agglomerationen. 6
Erneuerbare Wärmequellen und Abwärme Gibt es genügend erneuerbare Energien und Abwärme, um den Bedarf von 17 TWh/a zu decken? 7
Erneuerbare Wärmequellen und Abwärme Geografisch gebundene Wärmequellen 1. Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) 2. Abwärme aus Industriebetrieben 3. Abwasserreinigungsanlagen (ARA) 4. Grundwasser 5. Oberflächengewässer Geografisch ungebundene erneuerbare Energiequellen 6. Energieholz 7. Tiefengeothermie 8
Abwärme aus Kehrichtverbrennung Beispiel: Wärmenutzung aus KVA Thun für die Fernwärmeversorgung Thun durch AVAG und BKW Potential KVA Energieinhalt Abfall 12.0 TWh/a Wärmenutzung 2010 2.8 TWh/a Abwärmepotential 5.7 TWh/a 9
Abwärme aus Prozessen Beispiel: Abwärmenutzung aus der Ölmühle Florin Muttenz für den Nahwärmeverbund Polyfeld in Muttenz durch das AIB BL Abwärme Industrie Potential > 60ºC (grob) Potential > 20ºC < 60ºC Lokalisierung 3.6 TWh/a unbekannt unbekannt 10
Abwärmenutzung aus Abwasserreinigung Beispiel: ARA Rheinfelden mit Abwärmenutzung aus geklärtem Abwasser zur Beheizung von 1 000 Wohnungen durch AEW Potential: 296 Anlagen mit mindestens 10 000 Einwohnergleichwerten Abwärmepotential 7.7 TWh/a 11
Wärme und Kälte aus Grundwasser Beispiel: Wärme und Kältenutzung in der Stadt Aarau durch IBA Potential: Grundwassergebiete (orange) mit Mächtigkeit von mehr als 10 m. Wärmepotential 12 TWh/a 12
Wärme und Kälte aus Seewasser Beispiel: Genilac: Wärme- und Kältenutzung aus dem Genfersee Projekt SIG Potential: Geeignete Seen (rot) für die Wärmenutzung. Wärmepotential 97 TWh/a 13
Wärme und Kälte aus Flusswasser Beispiel: Bahnhof Visp. Rhonewassernutzung Architektur Steinmann & Schmid Potential: Flüsse mit mehr als 10 m 3 /s Mindestabfluss (Dunkelblau). Wärmepotential 23 TWh/a 14
Potential erneuerbare Wärme- und Abwärme Zum Vergleich: Der Wärmebedarf für Heizung und Warmwasser 2010 betrug 85 TWh/a Langfristiger Bedarf 17 TWh/a Das Potential für erneuerbare Energienutzung mit Wärmenetzen beträgt 240 TWh/a. Das ist 14-mal mehr als notwendig 15
Nutzung der Wärmequellen Liegen die erneuerbaren Energiequellen genügend nahe bei den Verbrauchern? 16
Matching von Quellen und Verbrauchern Radiale Wärmedichte Radiale Wärmedichte eines Clusters ist gleich Jahreswärmebedarf Q dividiert durch radialen Abstand r von der Energiequelle Cluster, welche eine radiale Wärmedichte von mehr als 1.5 MWh pro Jahr und Meter Trasselänge aufweisen, werden angeschlossen. Falls das Potential der Wärmequelle noch nicht ausgeschöpft ist, werden radial um die gewählten Hektaren weitere geeignete Hektaren versorgt. 17
Das Ergebnis Die 17 TWh/a Wärme können wie folgt aus erneuerbaren Quellen und Abwärme gedeckt werden Nicht zugeordnet wurde die Abwärme aus industriellen Anlagen, da Daten über verfügbare Abwärme und deren geographischer Lokalisation bisher fehlen. 18
Fazit In städtischen Gebieten und Agglomerationen können 40 % des langfristigen Bedarfs von Raumwärme und Warmwasser mit erneuerbaren Energien und Abwärme gedeckt werden. Erneuerbare Kälteerzeugung erhöht die Attraktivität. Erdgasnetze werden langfristig zu Wärme- und Kältenetzen. Stadtwerke sind wichtige Träger und Umsetzer dieses langfristigen Trends. Die Politik muss geeignete, langfristig stabile Rahmenbedingungen für diesen Wechsel schaffen. 19
Rahmenbedingungen Investiert wird nur, wenn die Rendite stimmt und planbar ist Lenkungsabgabe auf CO 2 im Energiegesetz langfristig planbar machen und sukzessive auf 125 Fr. pro Tonne anheben (aktuell max. Wert gemäss CO 2 Gesetz). Energieplanung für Gebiete mit Nahwärme- und Nahkältepotential. Primat für erneuerbare Energien. Risikodeckung für Wärmenutzung aus industrieller Abwärme. Im Gegenzug können die heutigen Förderbeiträge abgeschafft werden. 20
Literatur 1. Sres, Nussbaumer, Eicher; Langfristperspektiven für erneuerbare Nah- und Fernwärme in der Schweiz, eicher+pauli 2014 http://eicher-pauli.ch/de/publikationen-und- Wettbewerbe/Newsmeldung?newsid=49 2. Bacher, Binz, Eicher, Iten, Keller; Energierespekt, Faktor Verlag 2014 http://www.faktor.ch/artikel/category/buecher/article/energierespekt.html 21