Thema Ägypten. Wie wurde der Mörtel für die Pyramiden erzeugt? War etwa alles ganz anders? Gernot L. Geise

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Transkript:

Wie wurde der Mörtel für die Pyramiden erzeugt? War etwa alles ganz anders? Die offizielle Pyramiden- Reihenfolge Wie schon mehrfach erwähnt, ist sich die Ägyptologie bis heute sicher, dass die weltbekannten Gizeh-Pyramiden selbstverständlich von einem Pharao Cheops (Khufu) die Große Pyramide, von dessen Sohn Chephren (Khaefre) die zweitgrößte und von dessen Sohn Mykerinos (Menkaure) die dritte, kleinste der Pyramiden errichtet wurden. Zwischenzeitlich fand man bei der kleinen Ortschaft Abu Roasch, etwa acht Kilometer nördlich von Gizeh, den Rest einer weiteren Pyramide, die einem weiteren Sohn Cheops zugeordnet wurde, Djedefre, der angeblich vor Chephren den Pharaonenthron besetzte. Soweit die offiziellen Tatsachen. Ich weiß nicht, ob die Ägyptologen blind sind, aber ihnen müsste doch längst aufgefallen sein, dass sich diese Bauwerke vom Baustil her teilweise gravierend unterscheiden. Pharao Cheops soll die perfekteste Pyramide erbaut haben und alle anderen sind nur ein müder Abklatsch? Ich fragte mich schon früher, wo denn nach ihrem Superbau die meisterhaften Baumeister der Cheopspyramide geblieben sind, denn zwischen Vater und Sohn dürfte kein allzu großer zeitlicher Zwischenraum gewesen sein. Gernot L. Geise So exakt wurden an der Cheopspyramide die bearbeiteten Steinblöcke verlegt: völlig ohne Mörtel. Die baulichen Unterschiede Die Cheopspyramide als perfekteste der Pyramiden weist einige herausragenden Eigenschaften auf, die an den anderen Pyramiden nicht zu finden sind. So etwa ein ausgeklügeltes Gangsystem mit Kammern inmitten des Pyramidenkörpers. Steinblöcke (nicht nur aus Sandstein, sondern auch aus Granit) völlig glatt bearbeitet und mit einem Abstand von Millimeter-Bruchteilen verarbeitet, um Auch die sauber verarbeiteten Granitblöcke in der Großen Galerie wurden passgenau ohne Mörtel verlegt. nur einige von jedem nachprüfbare Offensichtlichkeiten zu nennen. Die Chephren-Pyramide sieht zwar rein äußerlich wie die Cheopspyramide aus (allerdings besitzt sie noch einen Rest der ehemaligen Verkleidungssteine an der Spitze). Ihre Gänge und Grabkammern führen jedoch in den gewachsenen Felsboden unter der Pyramide. Angeblich hat 30 SYNESIS-Magazin Nr. 6/2014

man diese angelegt, als die Pyramide noch nicht errichtet war (ist ja auch viel praktischer!). Anschließend hat man den großen Steinhaufen darüber aufgeschichtet, der dann die Pyramide ergab. Für mich erschien es schon immer höchst unwahrscheinlich, dass in diesem riesigen Steinquader-Berg keine einzige noch so kleine Kammer eingebaut worden sein soll. Aber die Ägyptologen sagen nein dazu. Betrachtet man sich nun die Bauweise der Chephren-Pyramide, so erkennt man bei näherem Hinsehen, dass durchaus bei weitem nicht mit derselben Präzision gearbeitet wurde, wie bei der Cheopspyramide. Sicher, in den unteren Steinlagen wurden gigantische Steinblöcke (oder -platten?) verarbeitet, mit zwanzig Metern Länge und mehr, bei einer Höhe von rund eineinhalb Metern. Aber die millimetergenaue Präzision fehlt! Da sieht man schon mal bis zu einigen zehn Zentimeter breite Zwischenräume zwischen den Steinblöcken, die mehr notdürftig mit einer Art bröseligem Mörtel verfüllt sind. So etwas gibt es an der Cheopspyramide nicht! Weiterhin kann man im Gegensatz zur Cheopspyramide an den Außensteinen fast überall sehr deutlich Meißelspuren erkennen (für einige Außenseiter sind das die Spuren von Trennschneidern). Die Mykerinos-Pyramide schließlich unterscheidet sich wiederum von den beiden anderen Pyramiden. Auch hier ist man den einfachen Weg gegangen und hat Gänge und Räumlichkeiten vor dem eigentlichen Pyramidenbau in den vorhandenen Felsboden gearbeitet. Anschließend hat man dann einen Steinhaufen darüber errichtet. Fertig ist die Pyramide! Ist die Chephren-Pyramide schon im Vergleich zur Cheopspyramide relativ primitiv erbaut, so weicht die Mykerinos-Pyramide im Vergleich zur Chephren-Pyramide qualitativ ebenso ab. Die verwendeten Steinblöcke sind nur notdürftig in Form gebracht worden, größere Zwischenräume (teilweise mehr als zwanzig Zentimeter!) nur notdürftig mit bröseligem Mörtel verfüllt. Allerdings weist die Mykerinos- Pyramide etwas auf, das bei den beiden anderen Pyramiden fehlt: Sie ist im unteren Viertel mit Granitblöcken verkleidet, die allerdings nur unzureichend geglättet wurden. Auch die beiden anderen Pyramiden könnten in den unteren Bereichen ursprünglich mit Granitblöcken verkleidet gewesen sein, SYNESIS-Magazin Nr. 6/2014 So ungenau wurde an der Chephren-Pyramide gearbeitet. Spalten hat man einfach mit Mörtel zugekleistert. (Hier: Westseite) Mörtel Mörtel Mörtel Chephren-Pyramide, Blick nach oben. Man erkennt, dass fast in jeder Steinlage mit Mörtel gearbeitet wurde. 31

An der Mykerinos-Pyramide wurde richtig geschludert. Zwischenräume bis über zwanzig Zentimeter sind die Regel. Sie wurden notdürftig mit Mörtel verfüllt. (Hier: Westseite) denn rings um die Pyramiden liegen insbesondere um die Chephren-Pyramide relativ große Mengen bearbeiteter Granitblöcke herum. Fehlt noch die Djedefre-Pyramide bei Abu Roasch (oder das, was von ihr übrig ist). Sie besteht heute nur noch aus ein paar Gesteinslagen, der Rest ist wohl im Laufe der Jahrhunderte abgetragen worden. Es heißt, bis Anfang des letzten Jahrhunderts sei dort immer noch Steinraub in großem Umfang praktiziert worden. Tatsächlich kann man noch heute in der nahe gelegenen Ortschaft Abu Roasch an den Häusern teilweise mit Hieroglyphen verzierte verbaute Steinblöcke sehen. Diese dürften jedoch überwiegend von den geschleiften Tempelanlagen rund um die Pyramide stammen. Vorhanden ist innerhalb der Pyramide ein relativ großer Innenhof, erreichbar über einen recht steilen Abgang. Darin alles nur grob bearbeitet, einen sauber bearbeiteten Abgang oder irgendwelche Kammern sucht man vergebens. Deshalb tendieren auch einige Ägyptologen dazu, diese Pyramide sei wohl niemals fertiggestellt worden. Die Ägyptologen vertreten die Ansicht, den Innenhof hätte man wohl, nachdem Grabkammern angelegt wurden, wieder mit Steinblöcken verfüllt, den heutigen Abgang ebenso, wobei wohl nur ein enger Durchgang freigelassen worden wäre, ähnlich wie die Zugänge bei den Gizeh-Pyramiden. Schaut man sich die Pyramiden- Überreste genauer an, so fällt auf, dass im Vergleich dazu die Gizeh-Pyramiden wahre bauliche Wunderwerke gewesen sein müssen. In der Djedefre-Pyramide wurden munter Sandsteine und Granitblöcke wild durcheinander verbaut, oftmals nur notdürftig in Form gebracht, aber mit jeder Menge Mörtel miteinander verbunden (gut erkennbar an den noch vorhandenen Steinresten). Die Ägyptologen erzählen uns also folgende Reihenfolge des Py ra midenbaus: 1) Cheopspyramide in Gizeh 2) Djedefre-Pyramide in Abu Roasch 3) Chephren-Pyramide in Gizeh 4) Mykerinos-Pyramide in Gizeh Nun ist es ja allgemein so, dass irgendeine Erfindung nicht vom Himmel fällt, sondern zunächst ausgedacht, dann relativ primitiv umgesetzt und im Laufe der Zeit immer mehr verbessert wird. Nur bei den Gizeh-Pyramiden soll es umgekehrt gewesen sein: erst die überperfekte Cheopspyramide und dann immer schlechtere Kopien. Ich wundere mich, dass die Ägyptologen die Stufenpyramide von Saqqara als erste Pyramide einordnen, der dann alle weiteren Pyramiden folgten. Wenn eine Entwicklung von einfach und primitiv zu immer Besserem und Perfekterem verläuft, muss es beim Pyramidenbau genauso verlaufen sein: von einfachen zu immer perfekteren Pyramiden, mit dem END-Ergebnis der perfekten Pyramide, der Cheopspyramide. Oder anders ausgedrückt: von der Mastaba (primitives Bankgrab) über mehrstufige Mastabas, zu Pyramiden umgebauten Mastabas über einfache, primitive Pyramiden bis zu den Gizehpyramiden. Pharaonen hin oder her auch ob die Gizeh-Pyramiden den jeweiligen Pharaonen zuzuordnen sind (oder umgekehrt), davon ist noch nicht einmal jeder Ägyptologe überzeugt. Im Prinzip ist es bisher noch völlig ungeklärt, wer schlussendlich die Pyramiden erbaute. Die Zuordnung geschah aufgrund irgendwelcher Tempel 32 SYNESIS-Magazin Nr. 6/2014

oder Statuen (-Reste), die man in der Nähe einer Pyramide fand. Das trifft allerdings nicht für die primitiveren Spät-Pyramiden zu, die im Inneren teilweise kunstvoll ausgemalt wurden (-> Pyramidentexte ). Woher kommt der Mörtel? Nun wollen wir mal überlegen: Mörtel liegt nicht irgendwo benutzerfreundlich säckeweise in der Wüste herum. Um ihn herzustellen, benötigt man Hitze, nicht nur ein Lagerfeuer. Um Hitze erzeugen zu können, benötigt man starke Feuer, und dazu entsprechend Brennmaterial, große Mengen Brennmaterial. Nun gibt es verschiedene Arten Mörtel: Gipsmörtel (wurde nach dem Ägyptologen Dr. Rainer Stadelmann überwiegend für die Pyramiden-Außenverkleidung verwendet), Lehmmörtel und Mergelmörtel sollen im Inneren zur Anwendung gekommen sein. Doch egal, welche Mörtelart man anwendet, alle enthalten irgendwelche Bindemittel: Gips, Kalk oder Zement. Je nach Ägyptologe wird allein der Mörtelgehalt der Cheopspyramide auf mindestens drei Prozent des Gesamtvolumens geschätzt. Die Cheopspyramide umfasst einen Rauminhalt von rund 2,6 Millionen Kubikmetern. Demgemäß müssten in dieser Pyramide rund 78.000 Kubikmeter oder über 150.000 Tonnen Mörtel enthalten sein. Hinzu kommen natürlich noch die wesentlich größeren Mörtelmassen, die in der Chephren- und in der Mykerinos- Pyramide verbaut wurden. Von der Djedefre-Pyramide in Abu Roasch ganz zu schweigen. Da man im Mörtel Holzkohleanteile nachweisen konnte, gilt es als gesicherte Tatsache, dass Holz als Brennstoff zur Erzeugung der Bindemittel zur Anwendung kam. Dazu wollen wir uns zunächst einmal ansehen, aus was Mörtel besteht: Mörtel besteht aus Zuschlagstoff (meist Sand), Bindemittel (Zement, Gips oder Kunststoff) und Ansatzwasser. Mörtel besteht aus Sand und gelöschtem Kalk, dazu gibt man Zement und Wasser, die Menge an Zement hängt von dem Verwendungszweck ab. (www.cosmiq.de) Mörtel wird also unter Zugabe von Zement hergestellt. Und wie wird Zement erzeugt? SYNESIS-Magazin Nr. 6/2014 Ein weiterer breiter Spalt an der Mykerinos-Pyramide, der mit Mörtel verfüllt wurde. (Hier: Ostseite) Das Ausgangsmaterial moderner Bauzemente besteht aus einer Mischung von 70 bis 80 Masseprozent Kalkstein und 20 bis 30 Masseprozent Ton. Je nach chemischer Zusammensetzung der Abbaustätte müssen Korrekturstoffe, etwa Eisenerz oder Sand, zugefügt werden. Nach Gewinnung, Förderung, Zerkleinerung und Homogenisierung wird das Rohmaterial zu Rohmehl gemahlen, entsäuert und anschließend im Drehofen bei etwa 1.400 Grad zu Zementklinker gebrannt, der anschließend gekühlt und gemahlen wird. (www.vdz-online.de) Eine Temperatur von rund 800 bis 1400 Grad benötigt man, um aus Kalkstein ungelöschten Kalk (Ätzkalk/Branntkalk und Kohlendioxid) herzustellen. CaCo 3 > erhitzt > CaO + CO 2 Der Löschkalk wird dann durch zusätzliche Wasserzufuhr zu Kalkbrei, woraus Kalkmörtel zum Bauen bereitet wird. Diese vorgenannten Temperaturen müssen also (durch Verbrennen von Holz) erzeugt werden, um aus den gegebenen Materialien im Endeffekt Zement herstellen zu können. Es müssen Millionen Bäume gewesen sein, die während der Pyramiden-Bauzeit verfeuert wurden, um den für die Mörtelherstellung benötigten Zement zu erhalten (allerdings könnte auch getrocknetes Schilf mit verwendet worden sein). Hinzu muss ja noch das Holz gerechnet werden, das zum Bau von Transportschiffen, für Krananlagen und Sonstiges (etwa als Unterlagen zum Steintransport, Schlitten o. ä.) benötigt wurde. Ganz abgesehen davon, dass in Ägypten große Mengen Tempelanlagen stehen, bei denen garantiert ebenfalls Mörtel zum Einsatz kam. Woher also kamen die zur Herstellung benötigten Holzmengen? Die natürliche Vegetation ist wegen der geringen Niederschläge wie auch der intensiven agrarischen Nutzung des Niltals stark eingeschränkt. Die Wüste ist fast völlig vegetationslos, vereinzelt wachsen Tamarisken, Akazien und Dornsträucher, in der Wüstensteppe auch Hartgräser; entlang dem Nilufer gruppieren sich Nilakazien, 33

Die unteren Lagen der Djedefre-Pyramide in Abu Roasch. Man hat wild drauflos gebaut, kleine und große Steinblöcke lösen sich munter ab, ebenso Sandstein- und Granitblöcke, und alle Steine sind, wie man sieht, gut vermörtelt! (Beispiele siehe die Pfeile) Dattelpalmen, Maulbeerfeigen und Johannisbrotbäume sowie eingeführte Kasuarinen. Typisch für das Nildelta sind Lotuspflaumen, Bambusrohr und Schilfgewächse; die im Altertum hier kultivierten Papyrusstauden gibt es kaum noch. (Flora, Wikipedia) Das klingt nicht unbedingt nach großen Wäldern. Wer auf seiner Ägyptenreise aufmerksam die Wandbilder und Reliefs in den ägyptischen Gräbern studiert oder die Chance hat, im Gilf Kebir (in der südwestlichen Ecke der Libyschen Wüste Ägyptens) die Felsbilder der ägyptischen Sahara zu besichtigen, wird feststellen, dass vor Jahrtausenden eine andere Flora und Fauna in Ägypten vorherrschte. Ägypten war nicht immer ein reines Wüstenland. Im Zuge der wechselnden Kalt- und Warmzeiten des Holozäns (d. h. des jüngsten geologischen Erdzeitalters) gab es auch Klimaveränderungen in Nordafrika. Dort, wo sich heute der weite, nordafrikanische Wüstengürtel erstreckt, herrschte vor sechs- bis zehntausend Jahren das feuchtere Klima des sogenannten Sahara-Subpluvials, das im Süden der heutigen Sahara tropische Trockensavannen und im Norden subtropische Steppenvegetation ermöglichte. [...] Besonders das tropisch beeinflusste Saharagebiet südlich der zentralen Gebirge war von einem relativ humiden (d. h. feuchten) Regime beeinflusst. Der Tschadsee zeigte vom 8. bis zum 4. Jahrtausend v. Chr. einen um 30-40 m höheren Wasserspiegel und besaß die Fläche eines großen Binnenmeeres. Die Regenmenge war erheblich höher und die Verdunstung wegen der dichteren Wolkendecke merklich geringer. [...] In der heutigen Libyschen Wüste und im Bereich der Flachwüsten der Westsahara begann der Prozess der Aridisierung und Desertifikation am Ende des Subpluvials. Das Zentrum der Libyschen Wüste war schon in der zweiten Hälfte des 4. Jahrtausends v. Chr. eine große, trockene, öde Region mit weniger als 50 mm Jahresniederschlag. Heute gehört dieses hyperaride Gebiet zu den trockensten Regionen überhaupt. Die Gebirgsregionen der Zentralsahara hielten sich noch lange als humide Feuchtinseln, welche noch längere Zeit eine größere Flora und Fauna beherbergten. Auch die sich östlich des Niltals erstreckende Arabische Wüste wies noch größere Niederschlagsmengen auf, was unter anderem an der Höhenlage der dortigen Gebirge liegt. Durch Höhe bedingte Abkühlung ergibt eine Erhöhung der relativen Luftfeuchtigkeit. Das Wasser sammelte sich in zahlreichen Wadis, sodass an den Rändern eine entsprechende Flora sprießen konnte. (www.aegyptenonline.de) Das sagt jedoch nur über die Wetterverhältnisse etwas aus, nicht über die Flora. Die Sykomore (Ficus sycomorus L., Sycomorus antiquorum Miq.), arabisch: Gimmayz, auch Tin, ist unstreitig in Ägypten autochthon. Sie war unter den einheimischen Bäumen derjenige, den die prosemitischen Einwanderer in prähistorischer Zeit überall in großer Mächtigkeit Wälder und Haine bildend antrafen... [...] Wie schon oben bemerkt, sind Syko- 34 SYNESIS-Magazin Nr. 6/2014

moren- und Akazienholz diejenigen Hölzer, aus denen fast ausschließlich die altägyptischen Holzmonumente, die verschiedensten Haus- und technischen Geräte, Bau-, Kunstund Industrieerzeugnisse, Kisten und Mumiensärge bestehen. Man war gezwungen, sich mit diesem knorrigen, schwer zu bearbeitenden Material zu begnügen, da Maulbeerfeige und Mimose im Verein mit der Dattelpalme unter allen Baum arten einzig gruppenweise, vielleicht auch waldbildend auftraten. (https://archive. org/stream/diepflanzenimal00woengoog/diepflanzenimal00woengoog_djvu.txt) Die alten Ägypter pflanzten die Sykomore als Obst- und Schattenbaum schon vor Jahrtausenden in ihren Gärten an. Ihr Holz nutzten sie für Möbel, Schiffe, Särge und Statuen. Den Milchsaft und die Früchte verwendeten sie als Heilmittel. Seit der Zeit des ägyptischen Alten Reiches um 2600 v. Chr. wurde die Sykomore nahe Memphis als Liebesgöttin Hathor verehrt. Tamarisken und Maulbeerfeigen waren vor dem Grab von König Mentuhotep II. in Deir el-bahari gepflanzt. Die Sykomore wurde im Frühen Neuen Reich als Himmelsbaum verehrt und galt als eine Erscheinungsform der Göttin Nut, die den Toten Schatten, Wasser und Nahrung spendete. (Wikipedia) Wenn jedoch ein solcher Baum als verehrungswürdig angesehen wurde, wird man ihn wohl kaum in größeren Mengen gefällt und verfeuert haben. Umso mehr stellt sich die Frage, woher das ganze Brennholz kam, um die benötigten Zementmengen für den Mörtel herzustellen, denn Mörtel wurde ja nachweislich bei vielen Bauten verwendet. Könnte es sein, dass ursprünglich die ganze Nilregion relativ dicht bewaldet war? Mit dem Abholzen dieser Wälder schufen sich die alten Ägypter dann gleichzeitig Anbauflächen für Getreide, Obst und Gemüse. Damit hätten sie zwar möglicherweise das Brennmaterial, um Zement herzustellen, erzeugten jedoch parallel dazu eine Klimakatastrophe, die im Prinzip bis heute andauert. Beispiele dafür, wie sich das Klima durch das Abholzen ganzer Wälder negativ verändert, gibt es weltweit genügend. Wir hätten damit auch eine Erklärung dafür, dass in späteren Zeiten in den Bauten kaum noch Mörtel zum Einsatz kam, denn es fehlte dafür im SYNESIS-Magazin Nr. 6/2014 Die Sykomore. Das war die am weitesten verbreitete Baumart in Ägypten. wahrsten Sinne des Wortes das Brennmaterial zur Zementherstellung. Wenn die Pharaonen bzw. ihre Baumeister zwangsläufig ihre Baumbestände abgeholzt hatten (die heute dort wachsenden Palmen eignen sich absolut nicht dazu, heiße Feuer zu erzeugen), um Zement herzustellen, dann hat sich damit auch die Theorie, die Pyramiden (oder Teile davon) seien aus gegossenem Stein hergestellt worden, quasi von selbst erledigt, denn es dazu fehlte schlicht und einfach das benötigte Brennmaterial. Wir halten fest: In der kleinsten Gizeh-Pyramide, der Mykerinos-Pyramide, wurde sichtbar am meisten Mörtel verbaut. Anscheinend muss es zu diesem Zeitpunkt noch genügend Brennmaterial zur Zement herstellung gegeben haben. In der Chephren-Pyramide wurde schon wesentlich sparsamer mit Mörtel umgegangen. Möglicherweise war zu diesem Zeitpunkt bereits das Brennmaterial knapp. In der Cheopspyramide hingegen ist (zumindest äußerlich) so gut wie kein Mörtel erkennbar. Also muss die Reihenfolge der Pyramidenerbauung zwangsläufig geändert werden, unabhängig davon, welchem Pharao sie die Ägyptologen zuordnen. Und damit würde die Pyramiden- Evolution vom Einfachen zum Perfekten wieder passen. Bildnachweis Alle Fotos: Gernot L. Geise Bild Sykomore: Wikipedia (gemeinfrei). 35