Ed Cherney. Verwendest du beim Aufnehmen jedes Mal das gleiche Setup?

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KAPITEL 18 Ed Cherney Als einer der vielseitigsten und talentiertesten Toningenieure unserer Zeit saß Ed Cherney bei Projekten für The Rolling Stones, Iggy Pop, Bob Dylan, Was (Not Was), Elton John, Bob Seger, Roy Orbison, The B-52s und viele andere bei Aufnahme und Mixdown an den Reglern. Ed hat außerdem die mit mehreren Grammys ausgezeichneten CDs Nick of Time und Luck of the Draw für Bonnie Raitt aufgenommen und abgemischt sowie den ebenfalls Grammy-prämierten Song Tears in Heaven für den Film Rush (Musik: Eric Clapton) produziert. Verwendest du beim Aufnehmen jedes Mal das gleiche Setup? Ed Cherney: Ja und nein. Das hat sich so im Lauf der Jahre entwickelt. Man hat aktuell immer bestimmte Favoriten und solche für den Musikstil, mit dem man sich gerade beschäftigt. Bei Standard-Rocksachen gehe ich immer gleich vor, zumindest als Ausgangspunkt. Und wie sieht das konkret aus? Ed Cherney: Für die Overheads links und rechts nehme ich als erstes ein Pärchen von Coles und für die Toms die Audio Technica ATM25. Die kommen gut bei schnellem Attack. Man stellt sie einfach auf, und los geht s. In den meisten Fällen muss man nicht mal mit dem Equalizer nachhelfen. Bei der Bassdrum entscheide ich mich für ein 421 im Kessel, ziemlich nah am Schlagfell, um den Knack einzufangen, und dazu ein FET 47 in einem Abstand von 60 90 cm vor der Trommel. Die Snaredrum nehme ich von unten mit einem 441 ab und von oben mit einem ATM23HE. Nimmst du auch die HiHat ab? Ed Cherney: Ja, und zwar mit einem B&K 4011. Ich stelle ein 87 mit Kugelcharakteristik ungefähr 3 m vor dem Schlagzeug und in einer Höhe von etwa 1,8 m als Raummikrofon auf, nur um mir die Dinge einmal anzuhören und um die Sache ins Rollen zu bringen. Was nicht unbedingt heißt, dass am Ende irgendwas von dieser Konstellation noch so steht. Doch mir ermöglicht diese Vorgehensweise, so schnell es geht mit den Aufnahmen zu beginnen. 357

Kapitel 18: Ed Cherney 358 Wie lange brauchst du dann für die Feineinstellungen? Ed Cherney: Rund zehn Minuten. Ich habe festgestellt, wenn ich flotter arbeite, klappt es besser. Ich lasse den Drummer eine Weile spielen, ohne dass er sich dabei verausgabt, und wenn es nicht richtig klingt, spürst du es sofort. Und manchmal, wenn der Sound nicht optimal ist, macht man trotzdem weiter und nimmt den Song auf. Gute Musiker sagen dann beim Abhören Oh ja, meine Snare ist zu dunkel oder so was in der Art. Wenn du die Overheads aufstellst, setzt du sie dann mehr als Becken-Mikrofone ein oder sollen sie das ganze Drumkit aufnehmen? Ed Cherney: Es kommt darauf an. Wenn es ein ruhiger Song ist und die Drums atmosphärisch klingen sollen, setze ich Spot-Mikros für die Crash-, die Ride-Becken ein und die Swell-Cymbals. Aber bei einem Rock-Schlagzeug versuche ich, mit den Overheads eine recht gute Balance zu erzielen und trotzdem die Becken so abzunehmen, dass sie dir nicht den Kopf abreißen. Hattest du in deiner Anfangszeit einen Lehrmeister? Ed Cherney: Ich saß hinter einigen wirklich großartigen Toningenieuren. Als ich nach Los Angeles umzog, war ich Bruce Swediens Assistent bei zehn oder 20 Plattenproduktionen im Westlake. Er versorgte mich sehr freizügig mit Informationen. Mick Guzauski war ein weiterer Engineer, dem ich assistierte, auch er gab mir viele Tipps. Gibt es irgendwelche Unterschiede zwischen der damaligen Arbeitsweise und der Art, wie man heute vorgeht? Ed Cherney: In vielen Punkten ist es gleich geblieben und in anderen könnte es nicht unterschiedlicher sein. Wenn man zum Beispiel vor zehn Jahren ein Schlagzeug aufnahm, musste man die Sounds schon beim Aufnehmen festlegen. Für bestimmte Musikrichtungen war es ziemlich schwierig, Snaredrums und Bassdrums zu ersetzen. Es war nicht unmöglich, aber es war nicht leicht. Deshalb achtete man hauptsächlich auf den Gesamtsound und das Feeling. Wenn du dagegen heute ein Drumkit aufnimmst, zeichnest du praktisch bloß Triggerimpulse auf. Ich bemühe mich nach wie vor, den optimalen Sound aufs Band zu bekommen. Wenn dann aber etwas nicht stimmt, kannst du es mühelos nachbearbeiten. Ist es dein Ziel, beim Aufnehmen erst einmal nur mit einem ordentlichen Drumtrack dazustehen, oder willst du gleich so viel wie möglich rausholen? Ed Cherney: So viel wie möglich. Musikalisch ist es so deutlich besser, wie ich finde. Bei vielen Instrumenten isoliere ich auch weniger streng als früher. Ich habe gerade die Rolling Stones aufgenommen, und die Verstärker waren im Aufnahmeraum aufgestellt, mit nur ganz wenigen Gobos, also akustischen Trennwänden, jedoch im wesentlichen frei, sodass die Musiker sie hören konnten. Überall fand gegenseitiges Übersprechen statt, aber genau das verlieh dem Ganzen diesen inneren Halt, besonders, wenn s gut eingespielt war.

Gitarre, Bass, Einsatz von Equalizern Dann stört dich das Übersprechen also nicht? Ed Cherney: Es hängt von der Band ab und davon, was man beabsichtigt. Wenn man weiß, dass sich alles nach den Drums richten wird, dann wird man versuchen, es mit einzufangen. Sonst legt man nur ein Template an, und dann muss man die Dinge so gut wie möglich akustisch voneinander isolieren, denn man weiß, dass nachher noch Gitarren und andere Instrumente darübergelegt werden sollen. Wie nimmst du Gitarrenverstärker ab? Ed Cherney: Wie wohl so ziemlich jeder andere setze ich seit Ewigkeiten ein 57 ein, in letzter Zeit aber kommen auch Royer R-121 immer öfter zum Einsatz. Die haben mir gefallen und den Musikern, mit denen ich gearbeitet habe, haben sie auch zugesagt. Mit ihnen läuft es ziemlich genau so: Du ziehst einfach den Fader auf und sie fangen das ein, was der Amp von sich gibt. Sie haben einen sehr weichen Klangcharakter. Stellst du immer nur ein Mikro vor der Box auf? Ed Cherney: Meistens, außer bei Stereo-Aufnahmen. Manchmal postiere ich ein 414 oder ein Großmembran-Kondensatormikro in einiger Entfernung zur Box, wenn wir den Raumklang mit einfangen wollen. In der Regel aber stelle ich ein 121 vor die Lautsprecherbox. Welche Mikrofon-Vorverstärker verwendest du? Und für wie wichtig hältst du sie? Ed Cherney: Sie sind mir sehr wichtig. Ich fahre immer noch so oft wie möglich im Class-A-Betrieb. Ich besitze einige 1073er, auf die ich in kritischen Situationen zurückgreife. Kürzlich aber war ich in Paris, wo ich mit den Stones gearbeitet habe, und da habe ich die Vorverstärker der SSL 9000er Mischpultserie genommen. Ich war wirklich erstaunt, wie gut die klangen. Nimmst du den Bass direkt auf, oder läuft er auch über einen Verstärker? Ed Cherney: Ich probiere es mit beidem. Das ist wiederum vom Anwendungsfall abhängig. Wenn dir nicht so viel Platz zur Verfügung steht und obendrein keinerlei akustische Abgrenzung vorgenommen wird, dann nehme ich den Bass direkt ab, abhängig vom Spielertyp. Normalerweise aber stelle ich ein FET 47 oder etwas in der Art vor die Box und nehme dazu eine DI. Ich finde die von Groove Tubes klasse, aber wie gesagt, es ist von Fall zu Fall verschieden. Ist es ein Aktivbass, entscheide ich mich vielleicht lieber für eine DI-Box mit trafosymmetriertem Eingang. Gebrauchst du den Equalizer während der Aufnahme? Ed Cherney: Aber sicher! Allerdings arbeite ich mehr mit Absenkung als sonst etwas. Wenn dir das Klangbild ein wenig zu dunkel erscheint, dann kann der Grund darin liegen, dass der Bereich um 200 oder 300 (Hz) zu stark betont ist. Also senkst du diesen Abschnitt etwas ab und gibst vielleicht noch etwas Bril- 359

Kapitel 18: Ed Cherney lanz hinzu. Wenn man auf Band aufnimmt, will man möglicherweise ohnehin die Höhen leicht anheben. Nimmt man dagegen in Pro Tools auf, könnte es durchaus sinnvoll sein, 2, 3 und 4 khz ein wenig abzusenken, um dem Klang etwas von der Schärfe zu nehmen. Kommt Kompression schon während der Aufnahme zum Einsatz? Ed Cherney: Nicht zu stark. Klar, beim Gesang. Ich begrenze das DI-Signal vom Bass dezent mit einem Peak-Limiter, um den Eingang nicht zu übersteuern, aber nicht das Mikro an der Box, weil das meistens ziemlich originalgetreu überträgt. Also setze ich wirklich nicht viel Kompression ein. Ich setze alles dran, es so fett und klar wie möglich aufs Band zu bekommen. Nimmst du immer zuerst auf Band auf? Ed Cherney: Nicht immer. Wenn ich Band sage, meine ich Festplatte oder das Speichermedium, mit dem ich gerade arbeite. Ich sehe einfach zu, dass die Anzeigen kräftig was zu tun haben und dass es fett und klar aufs Band kommt. Was ist deiner Meinung nach am schwierigsten aufzunehmen? Ed Cherney: Die menschliche Stimme, denn jede klingt anders. Du weißt, was du von einem Drumkit erwarten kannst oder von einem Gitarrenverstärker oder einem Klavier, aber die menschliche Stimme ist so persönlich. Auch wenn du ein Mikrofon hast, dass in 90% aller Fälle funktioniert, bist du immer auf der Suche und du hinterfragst dich ständig. Außerdem ist die Stimme ein extrem dynamisches und variables Instrument. Besitzt du eine Signalkette, mit der du beim Gesang beginnst? Ed Cherney: Das kommt drauf an, denn oft nehme ich Bands auf, bei denen der Sänger draußen in einem Raum mit dem Schlagzeug steht. Dann muss ich ein bisschen tricksen und an dieser Performance herumfeilen, was aber bedeutet, dass ich am Ende ein SM7 oder RE-20 für das Projekt nehme. Für die meisten Rock-Vocals benutze ich ein dynamisches Mikrofon, wie etwa ein RE-20 oder ein SM7. Ich habe gerade mit Hootie and the Blowfish gearbeitet, und der Sänger (Darius Rucker) klang klasse mit einem SM7. Oftmals klingt ein C 12 gut für eine weibliche Stimme. (Mick) Jagger ist auch davon begeistert, aber er klingt fast gleich, egal, in welches Mikrofon er singt. 47er klingen gewöhnlich gut. Ich habe das Audio Technica 4050 ausprobiert, und ich mag auch das. Das ist eigentlich ein recht guter Ausgangspunkt. Statt sich am Kopf zu kratzen muss man halt irgendwo mal anfangen, damit etwas passiert. Stell was auf die Beine und lass Menschen Musik machen. Dann hörst du dir das Playback an, achtest darauf, wie es klingt, und nimmst von da aus weitere Justierungen vor. Möchtest du erreichen, dass es sich in die Aufnahme einfügt, oder soll es für sich allein möglichst gut klingen? 360

Kopfhörermix, Schlagzeug Ed Cherney: Es soll sich so gut es geht in die Aufnahme einfügen. Wie wichtig ist dir der Kopfhörer-Mix? Erstellst du den selber oder delegierst du das an einen Assistenten? Ed Cherney: Nun, dieser Mix ist entscheidend. Mir ist er überaus wichtig, also übernehme ich das selbst. Ich mache normalerweise folgendes: Ich leite das, was ich höre, den Stereo-Buss, an die Kopfhörer, und wenn ich das große Glück habe, ein Kopfhörer-Mischpult zur Verfügung zu haben, dann gebe ich ein wenig Bassdrum, Bass, Gesang und sonst etwas, wo jemand noch mehr von mir benötigt, hinzu. Sehr oft füge ich sogar den Stereo-Buss zu dem Stereo-Cue-Mix hinzu, sodass ich also additiv vorgehen kann. So habe ich den Stereo-Buss auf dem Kopfhörerweg und kann dann etwas mehr Kickdrum und Snare hinzufügen, weil man es schon so mischen muss, dass es sich über dem, was man im Raum hören kann, hinwegsetzt. Also versüße ich die Drums, und das ist gewöhnlich mein Ausgangspunkt. Der Grundgedanke dabei ist, dass man schnell in der Lage sein soll, Musik zu machen und jeder sich hören soll. Wenn ich sie höre, dann hören sie es auch. Ich will einfach nicht mehr Zeit damit verbringen, Sounds zu erstellen als nötig, bevor Leute anfangen zusammenzuspielen und das rote Lämpchen angeht. Legst du viele Effekte auf die Kopfhörer? Ed Cherney: Ich fange ganz simpel an. Möglicherweise habe ich ein paar Reverbs in Bereitschaft, einen kurzen, hellen Hall und einen mit einer etwas längeren Decay-Zeit. Vielleicht habe ich auch ein Delay in den Startlöchern. Meist aber beginne ich ziemlich trocken, weil heutzutage die meisten Rock- Scheiben so klingen. Und wenn ich was hinzufüge, geht der Stereobuss auf den Kopfhörer, deshalb bekommen sie auch das, was ich höre. Manchmal kann das inspirierend wirken, und die Musiker sprechen darauf an. Liefen die Aufnahmen mit den Stones irgendwie anders ab als mit anderen Bands? Ed Cherney: Es ist ein Rock-Gig, aber da drinnen sitzen fünf Typen, alte Hasen, die sich auskennen und wissen, was sie hören wollen. Da darfst du wirklich nichts verbocken. Manche Jüngeren könnten dir vielleicht das eine oder andere nachsehen, aber bei diesen Jungs musst du dein Handwerk vollauf beherrschen und voll fokussiert sein, mehr als bei sonst irgendjemandem. Wie hast du Charlies Schlagzeug abgenommen? Ed Cherney: Es ist ein ganz normales Rock-Drumkit. Je weniger man da macht, um so besser ist man dran. Du stellst ein paar Mikros auf und versuchst das Schlagzeug als Ganzes einzufangen, als ein Instrument und nicht ein Ansammlung von einzelnen Trommeln. Du gehst einfach in den Aufnahmeraum hinaus, hörst es dir an und versuchst das einzufangen. Aber das ist nicht mit viel Arbeit verbunden. Die Aufgabe besteht in der Wahrnehmung, nicht im Schrauben an irgendwelchen Knöpfchen. 361

Kapitel 18: Ed Cherney Wie hast du entschieden, wo du jeden im Raum platzieren wirst? Ed Cherney: Ich glaube, darüber habe ich vorher anderthalb Tage lang nachgedacht. Ich bin da rausgegangen und habe ein Lied gesungen, in die Hände geklatscht, mit den Füßen aufgestampft und eine Umgebung zu schaffen versucht, wo jeder den anderen sehen kann. Außerdem war ich bestrebt, ein paar Dinge off-axis einzufangen, dabei aber den Raum halbwegs offen und lebendig zu halten, damit sich die Jungs nicht nur auf ihre Kopfhörer verlassen mussten, ihre Verstärker hören konnten und dieses Gruppen-Feeling aufkommen konnte. Ich wollte die Sichtlinien direkt und persönlich halten, jedoch eine gewisse akustische Trennung erreichen. Oh, und ich habe auch den Assistenten gefragt, wo jeder normalerweise sein Equipment aufbaut [lacht]. Welche Eigenschaften soll denn für dich ein Assistent haben? Ed Cherney: Es sollte jemand sein, der fleißig, hell im Kopf und begeisterungsfähig ist. Jemand, der sein Studio kennt. Soziale Kompetenzen sind ebenfalls sehr wünschenswert. Und er sollte die Fähigkeit besitzen, 30 Sekunden in die Zukunft zu blicken und im voraus zu erkennen, was abgeht. Wie sehr verlässt du dich auf den Assistenten? Machst du alles selbst und lässt ihn nur für das Wohl des Kunden sorgen? Ed Cherney: Das kommt auf den Kunden an, aber auch auf den Assistenten. Man will sich ja nicht die Finger verbrennen. Manchmal kann dich jemand, der mehr zu wissen vorgibt, als er tatsächlich weiß, in Schwierigkeiten bringen. Man muss sicherstellen, dass keine Daten verloren gehen oder keine Analogspur versehentlich gelöscht wird. Ich erledige allerdings eine Menge selber. Nimmst du noch viel auf Band auf oder geht das meiste auf Festplatte? Ed Cherney: Das meiste wird auf Festplatte aufgezeichnet. Die Stones haben wir auf Band und in Pro Tools aufgenommen. Nach einem A/B-Vergleich entschieden wir uns am Ende für das Tonband. Es klang deutlich besser. Wir nahmen dann immer einen Take auf, überspielten ihn in Pro Tools und bearbeiteten ihn dort weiter. Hast du eine persönliche Recording-Philosophie? Ed Cherney: Ich möchte die Aufnahmen möglichst rasch aufs Band bekommen und es dann abspielen, um darüber zu sprechen. Ab diesem Punkt ist es real. Das ist zu hell. Das ist zu dunkel. Das sollte lauter sein. Das sollte ein anderer Part sein. Hier sollten wir eine andere Snaredrum nehmen. Es ist leicht zu verändern, sobald man es hören kann. Ich habe schon miterlebt, dass eifrig herumdiskutiert wurde, bevor auch nur ein Takt Musik eingespielt war, und dann geht es mit der Session nicht voran. So kann man einfach nicht Musik machen. 362