Perspektiven der Verwertung von Alttextilien Fachtagung am 08. November 2016

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Transkript:

Perspektiven der Verwertung von Alttextilien Fachtagung am 08. November 2016 Nicole Kösegi, Boer Group Recycling Solutions GmbH

Agenda 1. Herausforderungen der Textilindustrie 2. Ökologische Effekte 3. Status Quo Verwertungsverfahren 4. Kritische Faktoren des Closed-Loop Recyclings 5. Zusammenfassung 2

1. Herausforderungen der Textilindustrie (I) Die Textilindustrie ist der zweitgrößte Umweltsünder der Welt 10% CO² Emissionen 25% Insektizideinsatz 11% Pestizideinsatz Ø 25.000 ltr. Wasserverbrauch 1kg Baumwolle ca. 25Mio t. Produktion Baumwolle 1989 2008 3

1. Herausforderungen der Textilindustrie (II) Megatrends FC 2030 FC 2025 Faserverbrauch * and. Naturfasern 5% Wolle 1% Holzbasierte Fasern 7% Produktion * FC 2020 FC 2015 2010 0 20 40 60 80 100 120 140 160 Verbrauch (Mio. t.) Faserverbrauch pro Kopf Bevölkerung (Mrd.) Baumwolle 25% Synt. Fasern 62% Überproportionaler Anstieg des Faserverbrauchs im Verhältnis zum Bevölkerungswachstum Die Baumwollproduktion kann maximal zum heutigen Niveau gehalten werden (Konkurrenz Anbaufläche Nahrung und Verschlechterung des Bodens Wüstenbildung ) Produktionsmix wird sich weiter verändern (geringerer Anteil an Baumwolle) * Lenzinger Berichte 89 (2011) 4

2. Ökologische Effekte Der Lebenszyklus von Bekleidung (%-tualer Beitrag der verschiedenen Stufen am Fußabdruck und Abfallanfall) Produktion bis zum Verkauf Nutzungsphase Entsorgung Re-Use, Fasererzeugung Produktion Distribution, Verkauf Reinung, Pflege Recycling, Entsorgung 15 60 6 26-7 CO2 87 13 0 <1 0 Wasser 3 32 <1 <1 64 Abfall Wiederverwendung von Altkleidern schafft positiven Beitrag zur Reduzierung der umweltschädlichen Auswirkungen Global gesehen wandern aber immer noch ca. 80% der Altkleider auf den Müll Abfallwirtschaftskonzepte fördern die Getrennterfassung von Altkleidern in den Industrieländern, sodass mit steigenden Sammelmengen zu rechnen ist Welche Recyclinglösungen gibt es, um diesen Entwicklungen gerecht zu werden? * WRAP: Studie Value of Clothes 2012 5

3. Status Quo der Verwertungsverfahren (I) Hauptverwertungswege Putzlappenherstellung: Altkleider werden nach Farbe und Material (Kattun, Trikot, Frottier, Schwerputz) sortiert und in Stücke geschnitten (mind. 20x30cm groß). Reißfaser: für Dämmstoffe, Malerflies Herausforderungen aus Sicht eines Sortierers Kosten der Sammlung und Sortierung werden alleine betrachtet nicht über Vermarktungserlöse gedeckt (Vermarktungserlöse Secondhandartikel subventioniert den nicht mehr trag- und marktfähigen Anteil) aus Sicht eines Recyclers Faserlänge maßgeblich für Einsatzgebiet (Downcycling, Niedrigpreissegment) Höhere Wertschöpfung erfordert Materialreinheit; derzeit gibt es keine automatisierte Erkennung und Trennung; es gibt fast nur noch Fasermischungen 6

3. Status Quo der Verwertungsverfahren (II) Closed-Loop Recycling Einige Faserhersteller befassen sich bereits heute mit dem Einsatz von Sekundärrohstoffen (hauptsächlich aber aus anderen Bereichen wie Produktionsabfälle, PET-Flaschen, Fischernetz usw.) Der Einsatz von Recyclingfasern aus Altkleidern in der Bekleidungsherstellung befindet sich in der Entwicklungsphase und wird auch namhaften Unternehmen unterstützt Einzelne EU-Mitgliedstaaten unterstützen verschiedene Programme, um die Altkleiderverwertung zu fördern Im Rahmen von EU-Förderprogrammen werden Projekte unterstützt 7

3. Status Quo der Verwertungsverfahren (III) Closed-Loop Recycling / Forschungsfelder Generell geht es darum, ein hochwertiges Ausgangsprodukt erzeugen, um es wieder in den textilen Kreislauf zurückzubringen Erkennungstechnologien: automatische Sortierung in verschiedene Materialarten durch NIR-Technologien SIPTex Erkennung anhand RFID oder Bar-Codes Materialvorbereitung: Entfernung von Störstoffen (Ösen, Knöpfe, Applikationen etc.) Entfärbung Recyclingprozess: je nach Fokus / Materialart (Syntetische, cellulose-basierte Fasern) Chemisches Recycling Biochemisches Recycling Nahezu alle Technologien befinden sich im Pilotstatus oder haben sehr beschränkte Annahmekriterien 8

3. Status Quo der Verwertungsverfahren (IV) Closed-Loop Recycling / Ganzheitliche Projekte This project has received funding from the European Union s Life funding programme This project has received funding from the European Union s Horizon 2020 research and innovation programme under grant agreement No.646226 This project has received funding from the European Union s Horizon 2020 research and innovation programme under grant agreement No.641942 Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette von der Sammlung bis zum textilen Rohstoff Steigerung der Effektivität und Menge bei Sammlungen Neue Recyclingmethoden Life Cycle Analysis (LCA) und Life Cycle Costing (LCC) Finden von Möglichkeiten, um Verbraucherverhalten zu beeinflussen Entwicklung von Fallstudien mit Kunden, Verbraucher, Politik und anderen Partnern für den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft für Bekleidung 9

4. Kritische Faktoren des Closed-Loop Recyclings Stakeholderbefragung im Rahmen Mistra Future Fashion Wer ist am besten in der Lage, diese Faktoren zu beeinflussen? (insgesamt wurden 43 benannt) Mangel an Information in Bezug auf Inhaltsstoffe/Materialarten Verfügbarkeit von Recyclingtechnologie Am meisten tangiert Marktpreise für (recycelte) Fasern Begrenzung des Recyclings an sich (Qualitäts-,Materialverluste, begrenztes Einsatzgebiet) Verwerter Mode- Unternehmen Existenz von nicht-textilen Anteilen am Produkt Existenz von Chemikalien im Produkt Gebrauch von Fasergemischen Nachfrage an Recyclingfasern Sortierer/ Sammler Konsument Sonstige Aspekte Materialqualität für das Recycling Verfügbarkeit von Sortiertechnologie Wirtschaftlichkeit der Sortierung/Verwertung von Textilen Abfällen Handelsbarrieren Mangelnde Regelung in Bezug auf die Eigentümerschaft * Studie: Critial aspects in design for fiber-to-fiber-recycling of textiles by M.Elander and H.Ljundkvist (IVL Swedish Environmental Research Institut Ltd.), März 2016 10

5. Zusammenfassung Nur ganzheitliche Ansätze schaffen die Basis für Textilrecycling Die Faktoren betreffen die Stakeholder in unterschiedlicher Art und Weise Die Stakeholder haben Möglichkeiten, diese Faktoren (positiv) zu beeinflussen, allerdings haben diese kaum Effekte auf ihre eigene Aktivität Henne-Ei-Problem in Bezug auf Angebot und Nachfrage von Recyclingfasern Nur Recyclingtechnologien im großen Maßstab sind wirtschaftlich (hoher Investitionsbedarf) Was hilft, um Textilrecycling zu fördern Dialog zwischen den Stakeholdern zum Austausch von Informationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette und...politische Maßnahmen, die die globale Verfügbarkeit an getrennt erfassten Altkleidern erhöhen die die Nachfrage nach Recyclingfasern steigern 11

Kontakt Reinhardtstraße 34 10117 Berlin T +49 30 26 93 18 89 F +49 30 25 79 72 25 M gemeinschaft@textile-zukunft.de Weitere Informationen zur Gemeinschaft sind abrufbar unter www.textile-zukunft.de 12