Auswahlkriterien und Beschreibung von Good Practices. Fernkälte in Wien durch Wien Energie

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Transkript:

Auswahlkriterien und Beschreibung von Good Practices Fernkälte in Wien durch Wien Energie Projekt: Innospirit Enabling and Capitalising of Urban Technologies Arbeitspaket: AP 3 Optimierte Technologienutzung Verfasser: DI Vincent Neumayer Datum: 04.12.2013

Inhaltsverzeichnis 1 Beispiel: Fernkältesystem Wien... 3 1.1 Ausgangssituation & Motivation... 4 1.2 Zielsetzungen... 4 1.3 Wirtschaftliches Konzept und Grundbedingungen... 4 1.4 Inhaltliche Umsetzung der Fernkälte in Wien... 6 1.4.1 Ausgangssituation... 6 1.4.2 Installation... 6 1.4.3 Einsparungspotential... 7 1.4.4 Monitoring und Verbreitung... 9 1.4.5 Methodische Vorgehensweise... 9 1.5 Erwartete Ergebnisse... 9 1.6 Projektbeteiligte... 10 2 Bewertung: Fernkälte Wien.... 11 Quellen:... 12 2/12

1 Beispiel: Fernkältesystem Wien Kühlung von einzelnen Gebäuden und Stadtteilen durch die Nutzung von Fernwärme. FACTBOX Kurzbeschreibung Versorgung von Gebäuden und Gebäudeblocks mit Kühlleistung per zentralem oder dezentralem Fernkältesystem. Betriebsführung, Instandhaltung, Energie- und Verbrauchsmaterial für den Betrieb bis zur vereinbarten Leistungsgrenze durch Wien Energie. Nutzung der Fernwärmekapazitäten im Sommer zur Erschließung neuer Geschäftsfelder für Wien Energie und als Ressourcen schonende Alternative von Kompressionskältemaschienen. Wirtschaftliche Kennzahlen Hohe Investitionskosten - geringe Kältelieferungskosten Erzeugung von Fernkälte in zentralen Einrichtungen wesentlich effizienter als in dezentralen Einrichtungen. Risikoüberwälzung - Wien Energie übernimmt das Investitions- und das Betriebsrisiko. Bei sich ändernden Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel durch eine neue Kältemittelverordnung, übernimmt Wien Energie alle nötigen Änderungsmaßnahmen und nicht der Kunde. Stromanbindungskosten, welche vor allem bei Neubauprojekten oder Erweiterungen relevant sind, fallen gegenüber der herkömmlichen Kälteerzeugung weg (ca. 200.000,- / MW Kälteleistung) Technische Kennzahlen Dezentrale Anlagen von wenigen kw-leistung bis zu zentralen Anlagen von bis zu 20 MW Leistung möglich Bezogen auf eine MWh genutzter Kältearbeit ergeben sich bei der Fernkälte gerade einmal rund 100 kg CO 2 -Ausstoß -, während bei herkömmlicher Erzeugung (Kompression) rund 340 kg CO 2 - Ausstoß emittiert werden (Stromemissionsfaktoren der Österreichischen Energieagentur). Projektumsetzung Mitplanung der Fernkälteinfrastruktur in der Errichtung neuer Stadtteile. Versorgung vorhandener Gebäude durch vertragliche Lieferungen durch Wien Energie. Interesse primär seitens öffentlicher Institutionen und größerer Firmen zur Kühlung ihrer (Gesamt-)Gebäude. Umsetzungspartner Wien Energie als einziger Betreiber von Fernwärme-, Fernkältenetzen in Wien Linz AG als zweiter Betreiber von dezentralen Kälteanlagen in Österreich Kontaktadresse Wien Energie Burkhard Hölzl, burkhard.hoelzl@wienenergie.at, +43 / 1 31326 2352 http://www.wienenergie.at/eportal/ep/programview.do/pagetypeid/11893/programid/12413/ channelid/-22449 3/12

1.1 Ausgangssituation & Motivation In Zukunft kommt es in Folge der Klimaerwärmung zu einer signifikanten Zunahme der Kühlgradtage (KGT), vor allem in Nordostösterreich sowie in der Südoststeiermark und dem Südburgenland. Hier beträgt die Zunahme der KGT bis zur Zielperiode 2041 2050 zwischen 200 und 300 Kühlgradtage verglichen mit der Basisperiode 1981 1990. Dies bedeutet nicht nur einen höheren Kühlenergiebedarf, sondern auch eine höhere Netzaufbringung von ca. 3 MW je KGT. Im Großraum Wien ist damit bis 2050 mit einer zusätzlichen Kraftwerkskapazität von etwa 400 MW alleine für die Klimatisierung zu rechnen. (Hinterndorfer et al, 2013, S. 5) Diese prognostizierte, zu erbringende Kühlleistung soll in Wien einerseits durch bauliche Maßnahmen reduziert werden, andererseits durch die Nutzung von Abwärme und Fernwärme, die in Sommermonaten zur Genüge zur Verfügung steht, und im Rahmen des Ausbaus des Fernkältenetzes in Wien zur Anwendung gebracht wird. Erst als letzter Schritt wird der Einsatz von konventionellen Kompressionskühlungsmaschinen angepeilt. Wien sieht als Alternative zu Kompressionskühlungsmaschinen die Nutzung von Fernwärme als Zukunftstechnologie. Anstelle von Strom wird bei Absorptionskältemaschinen Wärme für die Erzeugung der Kälte verwendet und über Fernleitungen, ähnlich der Fernwärme als Fernkälte transportiert. Die Wärme stammt aus Kraft-Wärme-Kopplung-Kraftwerken, Biomasseheizkraftwerken und den Müllverbrennungsanlagen (Wärmezufuhr von ca. 140 C) der Stadt Wien (siehe auch Abb.1 ) 1.2 Zielsetzungen Ersetzung von dezentralen Kompressionskühlungsmaschinen durch dezentrale und hauptsächlich zentrale Absorptionskältemaschinen Nutzung von Abwärme und Fernwärme in heizarmen Jahresperioden zu Kühlungszwecken Reduktion des Energieverbrauches zur Kühlung Reduktion der CO2-Emissionen, resultierend aus Energieeinsatzreduktion zu Kühlungszwecken Ausbau des Fernkältenetzes und dezentraler Fernkälteversorgung. Neue Geschäftsfelder für stadtnahe Betriebe Ersetzung vieler kleiner Kältemaschinen vor Ort beim Kunden, durch Anbindung von Gebäuden und Stadtteilen an das Fernkältenetz der Stadt Wien 1.3 Wirtschaftliches Konzept und Grundbedingungen Die Vorgangsweise der Wien Energie zur Vorbereitung der Installation einer zentralen Fernkälteanlage hängt stark von einem Großkunden zur Versorgung ab. Eine zentrale Anlage bedarf einer großen Investition seitens der Wien Energie. Diese übernimmt die Investition in die Kälteanlagen, je nach Vereinbarung, und führt den Betrieb der Anlage und Kältelieferung durch. Der Kunde zahlt für die Leistungsbereitstellung ein Entgelt. Hierdurch entsteht auch für den Kunden (zumeist Hausbesitzer) eine wirtschaftliche Risikominimierung. Ein Großkunde, der Interesse an der Abnahme von Fernkälte zeigt, generiert die zu erbringende Grundleistungabnahme der zentralen Fernkälteanlage. In weiterer Folge wird durch die lokalen 4/12

Gegebenheiten und weitere Anschlusspartner an das Netz, die Größe der Anlage dimensioniert. Derzeit ist der Maximalanschlusswert in Wien mit 20 MW (generiert aus einer Anlage) erreicht. Die wichtigsten Grundvoraussetzungen für die Installation einer Fernkälteanlage sind: Platz für Maschinen und Rückkühler entweder im Gebäude oder ein geeigneter Ort mit Fernwärmeanschluss in Reichweite der Fernkältezentrale. Günstige Rückkühlmöglichkeiten (Donaukanal, Donau) Ressourcen für Free-Cooling; Aufstellmöglichkeit für Kühltürme. Günstige Energiequellen (Abwärme) für Absorption (d.h. eine Wärmequelle muss vorhanden sein um diese als Energieinput zu gebrauchen). Generell sind geringere spezifische Investitionskosten für die Kältezentralen bei hoher Auslastung (Volllaststunden) gegeben. Für Fernkälte notwendig ist ein Gebiet mit hoher Kältedichte, d.h. ein Gebiete mit möglichst vielen Abnehmern in örtlicher Nähe zueinander (Minimierung des Leitungsbaus). Leitungstrassen großer Dimension müssen auffindbar sein bzw. möglich hergestellt zu werden. Versorgungssicherheit spezieller Kunden zu beachten (zb. Datacenter, Labor, Krankenhaus) = Ausfallskompensation. Unter Beachtung dieser Faktoren kann die Anlage einer dezentralen Fernkältestation große Vorzüge mit sich bringen. Im Kostenkapitel überrascht die relativ großanlagige Fernkältekühlung durch relativ geringe Investitionskosten, wie es in Tabelle 1 symbolisch dargestellt wird. Tab 1: Investitionskosten verschiedener Kühlsysteme (Pohl, Preisler et.al., 2010) Folgende wirtschaftliche Kennzahlen stellt Wien Energie zur Verfügung: Leistungspreis: 85.855,- per MW Arbeitspreis: 53,66 per MWh Mischpreis bei 1000 Volllaststunden: 139,5 / MWh 5/12

Mischpreis bei Kundeneigenerzeugung zwischen 125 und 185 /MWh Inputseitig stehen den relativ hohen Stromkosten geringe Energiekosten in Form von Fernwärme zur Verfügung, die im Sommer, wie oben erläutert, in ausreichender Menge zur Verfügung steht (siehe Tab. 2). Tab2: Energiepreise (Pohl, Preisler et.al., 2010) 1.4 Inhaltliche Umsetzung der Fernkälte in Wien Die Nutzung von Abwärme bestehender Kraftwerksbauten, Wärmeproduktionsanlagen und Geothermie- Anlagen ist die energetische Ressource, die die Etablierung eines Fernkältesystems, trotz hoher Investitionskosten, attraktiv für den städtischen Bereich macht. Fernwärme Wien gehört mit einem Leitungsnetz von über 1.000 Kilometern zu den größten Fernwärmeunternehmen Europas. Mehr als 1.200 MitarbeiterInnen versorgen rund ein Drittel aller Wiener Haushalte und Großkunden mit Wärme für Heizung und Warmwasser. 1.4.1 Ausgangssituation Die Nutzung der Energie aus Abfällen hat in Wien eine lange Tradition. Bereits seit 1969 ist die Anlage in der Spittelau in Betrieb. Die Anlage sollte zunächst das neue Allgemeine Krankenhaus mit Wärme versorgen. Heute ist die Spittelau der zweitgrößte Erzeuger im Fernwärmeverbund der Stadt Wien. Problem war bisher, dass im Sommer große Mengen an Abwärme aus der thermischen Abfallbehandlung ungenutzt blieben, gleichzeitig aber viele Objekte mit konventionellen Kältemaschinen versorgt wurden. 1.4.2 Installation In der Spittelau wurde in einem aufgelassenen U-Bahntunnel (Stadtbahntunnel) die erste Ausbaustufe der Fernkältezentrale mit einer Kälteleistung von insgesamt 17 MW errichtet. Zwei Absorptionskältemaschinen mit je fünf MW und eine Kompressionskältemaschine mit sieben MW wurden dafür am Standort errichtet. Zwar besitzen die Absorptionskältemaschinen einen höheren Wirkungsgrad, jedoch bedarf es einer konventionell betriebenen Kompressionskältemaschine um kurzfristig, mit Strom als Energielieferant, Ausfälle, Bedarfsspitzen und Engpässe zu kompensieren. Die Zentrale in der Spittelau versorgt das rund zwei Kilometer entfernte Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien (AKH Wien) (winters wie sommers) sowie das Immobilienprojekt Skyline am Döblinger Gürtel. Zusätzlich wurde eine zweite rund zwei Kilometer lange Fernkälteleitung in Richtung Muthgasse verlegt, um die Universität für Bodenkultur, das Ö3-Gebäude und andere in diesem Gebiet angesiedelte Projekte mit Fernkälte versorgen zu können. Das Besondere an der Fernkälteproduktion in der Spittelau: als Antriebsenergie für die Kältemaschinen werden bereits vorhandene Energieressourcen genutzt, wodurch gleichzeitig auch der Ausstoß schädlicher Treibhausgase und Luftschadstoffe insgesamt reduziert wird. Sowohl die für die Kälteproduktion benötigte Wärme als auch der Strom stammen direkt aus der benachbarten Abfallbehandlungsanlage Spittelau und werden bei der thermischen Behandlung des Mülls 6/12

gewonnen. Außerdem erfolgt die Donauwasserkühlung der Kältemaschinen über die bestehenden Rückkühlanlagen der Abfallbehandlungsanlage im Donaukanal (siehe Abb.1) Abb.1: Temperaturflussdiagramm der Kältezentrale Spittelau. 1.4.3 Einsparungspotential Eingespart wird der Strom bei Fernkälte durch zwei Effekte einerseits durch die Nutzung von Abwärme in Absorptionskältemaschinen aber auch ganz wesentlich durch die höhere Effizienz von großen Kältemaschinen in einer Kältezentrale gegenüber vielen kleinen kälteerzeugenden Maschinen vor Ort. Bei der eigenen Kälteerzeugung in modernen Kompressionskältemaschinen vor Ort werden zehn Mal so viel fossile Brennstoffe verbraucht und damit auch Treibhausgasemissionen erzeugt, als dies bei der Kältezentrale Spittelau der Fall ist (abhängig vom ursprünglichen Energieträger, aus dem der Strom zum Betrieb der KKM gewonnen wird). Für Fernkälteanlagen, die nicht direkt in der Spittelau stehen und in der Regel kleiner dimensioniert Sind, ergibt sich noch immer eine Einsparung von mehr als 50 % (siehe auch Abb.2). Zusätzlicher Effekt ist eine verringerte Treibhausgasschädigung durch die Verwendung des Kältemittels Wasser und der Absorptionsflüssigkeit Lithium-Bromid in den Absorptionskältemaschinen, anstelle von auf Fluor-Kohlen-Wasserstoff Verbindungen basierenden Kältemitteln bei Kompressoren. (Hinterndorfer et al. 2010, S. 34f) 7/12

Abb.2: Vergleich des Primärenergieeinsatzes und der CO2-Emissionen je nach Art der Kältemaschiene (Wien Energie, 2013) Als weitere lokale Anwendung dieses Good Practice Beispiels dient die neue Fernkältezentrale am Schottenring im ersten Wiener Gemeindebezirk. Die Dimensionierung dieser Anlage ist ähnlich groß wie jene in der Spittelau. Eine Gesamtleistung von ca. 15 MW kühlt mehrere Ringstraßengebäude und Gebäude in näherer Umgebung im neunten Wiener Gemeindebezirk. In der Endausbaustufe soll ein Trassennetz von ca. 2,4 km vor Ort ca. 25.000 Arbeitsplätze kühlen und damit einzelne Kompressionskühlungsmaschinen ersetzen. Laut Berechnungen von Wien Energie werden ca. 50 % weniger Primärenergie, als durch dezentrale Kühlungslösungen verbraucht. Die Kühlung erfolgt hier auch über das Wasser des Donaukanals. Ein Grund für den platzsparenden Anlagenstandort. Ein weiterer Grund ist die Integrierung der Anlage in eine neu gebaute Parkgarage, deren Planung sich an den Anlagentyp angepasst hat. Mittlerweile gibt es auch noch weitere Kältezentralen bzw. -anlagen von Wien Energie im Krankenhaus SMZ Ost, bei der Rudolfsstiftung bzw. am Bürostandort TownTown im dritten Wiener Gemeindebezirk, in der Modecenterstraße für das Modegroßhandelscenter MGC und in der Renngasse im 1.Gemeindebezirk. Für dieses Jahr sind weitere Projekte, zum Beispiel am Hauptbahnhof Wien, geplant. Im Vergleich zu den Anlagen in der Spittelau und am Schottenring, werden hierfür jedoch konventionelle Kühltürme auf Hausdächern angebracht, um die Abwärme aus dem zur Kühlung zur Verfügung gestellten aufgewärmten Wasser abzuleiten. Derzeit sind in Wien 57 Megawatt Fernkälte in Betrieb, bis 2020 ist ein Ausbau um fast das Vierfache auf 200 Megawatt geplant. Trotz Rückstellungen diverser Investitionen. Die folgende Graphik (Abb.3) zeigt eine Systemskizze des Einsatzes der Fernkältezentrale am Schottenring. 8/12

Abb.3: Die Fernkältezentrale Schottenring in Wien. (Wien Energie, 2013) 1.4.4 Monitoring und Verbreitung 1.4.5 Methodische Vorgehensweise 1.5 Erwartete Ergebnisse 9/12

1.6 Projektbeteiligte Wien Energie Kälteanlagen Burkhard Hölzl Teamleiter Kältetechnik Burkhard.hoelzl@wienenergie.at Spittelauer Lände 45 1090 Wien (Tel.: +43 (0)1 313 26-2352 Fax: +43 (0)1 313 26-2348 10/12

2 Bewertung: Fernkälte Wien. Masse an Projektmöglichkeiten: Der Einsatz von zentralen und dezentralen Absorptionskältemaschinen ist begrenzt. Begrenzt durch im Bericht genannte Faktoren, die mit der Größe des Abnehmers im Zusammenhang stehen, aber auch den Energieinput betreffen. Steht keine (Ab-)Wärmequelle zur Verfügung, ist die Investition in eine Fernkälteanlage nicht rentabel. Dadurch begrenzt sich die Masse an Projektmöglichkeiten auf eine kritische Masse, die erreicht werden muss, bevor eine Realisierung möglich ist. Bewertung: 3 Technologieauswahl: Die Technologie zu einer Installation von Absorptionskältemaschinen steht derzeit zur Verfügung und bedarf keiner überproportionalen, weiteren Entwicklung. Das Novum ist der Einsatz von verfügbarer Technologie in einem neuen Umfeld. Bewertung: 1 Exportpotential: Ob der Einzigartigkeit des Wiener Fernkältenetzes in Österreich, kann der Technologie ein gutes Exportpotential bescheinigt werden. Dies bestätigen auch diverse Anfragen aus dem In- und Ausland an Wien Energie. Bewertung: 1 Umsetzungsstufe: Durch einige Projekte in unterschiedlichem Umfeld, in Anwendung verschiedener Kombinationen des Kühlmittels und der Technik, der örtlichen Gegebenheit, der wirtschaftlichen Voraussetzung und der Kundenwünsche, kann der aktuelle Fernkälteausbau als umfangreich getestet und in unterschiedlichen Setting umgesetzt angesehen werden. Bewertung: 1 Ressourcen (Förderoption etc.): Fernkälteanlagen sind prinzipiell nicht förderfähig. Durch den Aufbau einer Anlage von Fernwärmeleitungen und kraftwerken kann jedoch eine Förderung im Zusammenhang mit dem Aufbau einer Fernkälteanlage abgerufen werden. Bewertung: 4 Nutzen /Wirtschaftlichkeit: Wird das Investitionsmodell der Wien Energie auf andere (semi)kommunale Betriebe angewendet, d.h. der Betrieb ist einziger Investor und der Kunde garantierter Abnehmer für einen vordefinierten Zeitraum, ist sowohl der wirtschaftliche Nutzen (gesamtwirtschaftlich), aber auch die verbesserte ökologische Verträglichkeit im Vergleich zu alternativen Kühlungsmöglichkeiten erwiesen. Der Betrieb einer Fernkälteanlage im Privatbereich (Industrieanlagen, große Bürostandorte etc.) erfordert eine gut funktionierende Kollaboration mit einem Anlagenbauer und ein Contractingmodell für die Jahre der Nutzung der Kälte. Bewertung: 2 11/12

Quellen: Hinterndorfer, Laaber, Sattler (2010): Energieeffiziente Kühlung. Verfügbar unter http://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/energieplanung/sep/pdf/klimatisierung.pdf [09.08.2013] Eigenverlag MA 27 der Stadt Wien. Wien, Österreich. Magistratsdirektion Klimaschutzkoordination (Hrsg.) (2013). Fernkälte in Wien. Eigenpublikation. Wien, Österreich. Pol, O.; Preisler, A.; et al. (2010): City Cooling Intelligente Fernkälteversorgung in Wien. Aus: Berichte aus Energie- und Umweltforschung 38/2010. Ein Projektbericht im Rahmen der Programmlinie Energiesysteme der Zukunft, Impulsprogramm Nachhaltig Wirtschaften, Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, Wien, Österreich. INNOSPIRIT_LP_Good_Practice_Fernkaelte_131204 12/12