GURMAT SIDDHANT. Baba Sawan Singh. Die Lehre von Sant Mat. Kurzfassung. Kirpal Books

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Transkript:

GURMAT SIDDHANT Baba Sawan Singh Die Lehre von Sant Mat Kurzfassung ॐ Kirpal Books

Das Gurmat Siddhant, eine umfassende Darstellung der Lehre von Sant Mat oder des Surat-Shabd-Yoga, wurde von Sant Kirpal Singh als Schüler vom Meister Hazoor Baba Sawan Singh Ji Maharaj zu dessen Lebzeiten niedergeschrieben und unter dem Namen seines Meisters veröffentlicht. Das zweibändige Original-Werk wurde in den vierziger Jahren in Pandschabi verfaßt, aber erst in den sechziger Jahren ins Englische übertragen und als fünfbändige Ausgabe in Beas veröffentlicht. Die Kurzfassung in deutscher Sprache erschien 1989 ebenfalls in der Dera Baba Jaimal Singh und wird auf diese Weise nun wieder zugänglich gemacht, um möglichst vielen Suchern auf dem inneren Weg zu helfen.

Hazoor Sawan Singh Ji Maharaj

Inhaltsverzeichnis 1 1. Buch, Kapitel 1: Das Ziel eines Suchenden 4 Kapitel 2: Die Struktur der Schöpfung 6 Kapitel 3: Karma und Reinkarnation 12 Kapitel 4: Die Notwendigkeit für Spiritualität 15 Kapitel 5: Die Notwendigkeit eines lebenden Meisters 15 Der Meister ist Gott 17 Ein spiritueller Führer ist notwendig 22 Heilige der Vergangenheit 24 Der Meister ist die Liebe 26 Kapitel 6: Sant Mat die spirituelle Wissenschaft 28 Die Einweihung 29 Das Üben 33 2. Buch, Kapitel 1: Diese Welt ist nicht unsere Heimat 34 Hingabe 35 Loslösung oder dem Irdischen nicht verhaftet sein 37 Kapitel 2: Wunschloses Handeln 41 Kapitel 3: Verletze niemals die Gefühle eines anderen 42 Vergebung 43 Liebenswürdigkeit 45 Enthaltsamkeit Keuschheit 46 Nächstenliebe 47 Menschlichkeit 48 Kapitel 4: Liebe 59 Göttliche und menschliche Liebe 51 Liebe und Lust 52 Liebe und Bindung 52 Liebe und Schönheit 53 Liebe und Wissen 55 Liebe und Loslösung 56 Göttliche Liebe ist Gott 57 3. Buch, Kapitel 1: Die Tugenden 59 Kasteiung oder Läuterung 60 Reinlichkeit 61 Demut 65 Wahrheitsliebe 67 Zufriedenheit 68 Zusammenfassung 69 Kapitel 2: Meditation 70 Die Zeit des Elixiers 72 Die Körperhaltung 73 Täglicher Simran 77 Simran bei der Meditation 79 Kontemplation 81 Bhajan

82 Kapitel 3: Der Tod und das Sterben während des Lebens 83 Was im Augenblick des Todes und danach geschieht 86 Kapitel 4: Stufen der Liebe 87 Die vier Grundsätze der Liebe 89 Kapitel 5: Der Liebende 93 4. Buch, Kapitel 1: Der Herr 95 Wo ist Gott? 96 Was ist Gott und in welcher Beziehung stehen wir zu Ihm? 98 Sat Naam der wahre Name Gottes 100 Gotterkenntnis 101 Die Liebe Gottes 103 Kapitel 2: Der Klangstrom oder Shabd 103 Der Klangstrom ist der Schöpfer 106 Ton und Licht 113 Über die Hingabe an den Shabd 114 Wie erfährt man den Shabd? 116 Bhajan 117 Kapitel 3: Der Meister oder Satguru 119 Gibt es nur einen Guru oder viele? 120 Die Lebensweise des Gurus 121 Die Merkmale eines vollkommenen Meisters und der Einfluß seiner Gegenwart 124 Das Werk des Gurus 128 Der Meister ist die Offenbarung Gottes 132 Kapitel 4: Der Schutz des Meisters 135 Die Liebe zum Meister und was sie bewirkt 140 Kapitel 5: Göttlicher Wille und freier Wille 144 Der Wille des Meisters ist der Wille des Herrn 147 Kapitel 6: Das Gebet 150 Ist es nötig, zu Gott zu beten? 152 Die Wirkung des Gebets 153 Gebet und eigenes Bemühen 154 Die Stätte der Verehrung 154 Drei Formen des Gebets 159 Beispiele von Gebeten 160 Ein Gebet aus dem Sar Bachan 162 Kapitel 7: Satsang 165 Kapitel 8: Dienen 166 Wer kann dem Meister und Gott dienen? 166 Wie man dem Meister dient 167 Dienen mit dem Körper 168 Dienen mit Hab und Gut sowie mit dem Verstand 168 Dienen mit der Seele 169 Kapitel 9: Hingabe 171 Grundsätze der Hingabe 172 Die Verehrer

173 Hindernisse auf dem Pfad der Hingabe 174 Voraussetzungen für die Hingabe 175 Durch Hingabe an den Meister geben wir unser Selbst oder Ego auf 176 Was die Hingabe bewirkt 178 Kapitel 10: Ehrfurcht, Zuneigung und Verehrung 180 Verehrung 181 Kapitel 11: Brennende Sehnsucht 186 Kapitel 12: Was die Liebe bewirkt

1. Buch Kapitel 1 DAS ZIEL EINES SUCHENDEN Was ist Gott? Existiert tatsächlich ein solches Wesen? Welche Macht belebt das Universum und veranlaßt es, nach einem Plan abzulaufen? Hat diese Macht Bewußtsein oder ist sie leblos? Wenn sie leblos ist, wieso ziehen dann Sonne, Mond und Sterne nach einem Gesetz ihre Bahnen? Welches Verhältnis haben wir zu dieser Macht? Woher kommt dieses Universum, wann wurde es erschaffen und wie? Vor diese Fragen werden wir immer wieder gestellt. So manches Buch wurde darüber geschrieben. Mancher Mensch kam auf die Welt und verließ sie wieder. Viele sinnen über diese Fragen nach, dennoch bleiben sie immer neu, aktuell. "Über den Zank und Streit, über das Wie und Warum der Philosophie sind Jahrhunderte vergangen, aber die Debatten über Gott sind noch da, wo sie am Anfang waren." In seinen Gedanken und Vorstellungen kann der Mensch viele Höhenflüge unternehmen, seine Zweifel aber wird er nicht los. Das Thema Gott begreift er nicht und wandert weiter in dem dunklen Wald seines Intellekts. Theisten gibt es und Atheisten. Nach den Atheisten ist die Existenz Gottes eine bloße Erfindung der Ängstlichen, die dahinter ihre Feigheit verstecken und sie als Stütze benutzen. Da Gott weder mit dem Teleskop noch mit dem Mikroskop sichtbar wird, behaupten die Atheisten, Er existiere nicht. Sowohl derjenige, der an einen Gott glaubt, von dem er gehört und gelesen hat, als auch der Nicht-Gläubige sind unglücklich. Befindet man sich in einem brennenden Haus, so wird man als erstes versuchen, sich über den kürzesten Fluchtweg in Sicherheit zu bringen, und nicht danach fragen, wer das Haus angezündet hat und wann. Mit diesen Fragen kann man sich befassen, sobald man den Flammen entkommen ist. Das trifft auch auf uns zu: Antworten auf unsere Fragen finden wir, wenn wir unser Ziel erreicht haben. Der einzige Gedanke, mit dem wir uns jetzt beschäftigen sollten, ist, wie wir unsere Knechtschaft beenden und uns befreien können. Dann brauchen wir nicht zu fragen: "Weshalb dieser Pfad? Weshalb dieses Ziel? Wann und wo wurden dieses Ziel und dieser Pfad geschaffen?" Diese Fragen lösen sich von selbst auf, wenn wir unser Ziel erreicht haben. Zunächst lautet die einzig mögliche Antwort auf all unsere Fragen, daß Gott alles aus eigenem, freien Willen erschuf. Das Schicksal aller in diese vergängliche Region gesandten Seelen bildet sich aus der Frucht ihrer Taten. Es wurde vom Herrn mit unauslöschlicher Tinte geschrieben. Aufgrund dieses Schicksals wurden sie in die oberen oder unteren Regionen gesandt. Es wurde ihr Schicksal als Ergebnis ihres Tuns und Lassens in früheren Leben. Uns wird gesagt, daß unzählige Seelen in Sat Lok leben, der Region reinen Geistes, die nie vergeht. Das trifft auch auf die niederen Regionen zu, die vergänglich sind. Worin bestand das Karma oder die Tat, aufgrund welcher die Seelen in die eine oder andere Region gesandt wurden? Wie wurden diese Regionen ins Leben gerufen? Wann wurden sie geschaffen? Die Antworten darauf liegen jenseits von Zeit und Raum; es ist unmöglich, sie hier zu finden. Hafiz sagt:

"Denke nur an die Glückseligkeit, die du durch den Tonstrom deines Meisters erhältst, und befasse dich nicht mit den Geheimnissen des Universums und der höheren Regionen, denn das kann der Verstand nicht begreifen." Auf die Fragen über das Woher dieses Universums sowie das Wann und Wie antworten uns die vollkommenen Meister, daß wir zu Gott gelangen und Ihn selbst befragen müssen. Wer Ihn erkannt hat, der hat sein Selbst ausgelöscht. Er hat sich über die Grenzen von Zeit und Raum, von Ursache und Wirkung erhoben. "O Mensch, wende dich dorthin, wo du den Geliebten siehst. Gib diese Welt auf, damit du die andere erblickst." Sobald man Gotterkenntnis erlangt hat, werden diese Fragen ganz von selbst beantwortet. Dort an unserem Ziel können wir über diese Themen in aller Ruhe diskutieren. Hier aber sind nur solche Fragen nötig, die sich auf den Pfad beziehen, der uns zu Ihm zurückführt. Gott können wir durch logische Schlußfolgerungen nicht begreifen, auch nicht durch das Lesen von Büchern oder philosophische Debatten. Zweifellos bekommen wir dadurch eine Ahnung von Seiner Realität und der Existenz Seiner Macht, aber um Ihn als Tatsache erkennen zu können, bleibt uns keine Wahl, als in den Laboratorien der Heiligen zu experimentieren und Ihn selbst zu erleben. Für weltlichen Fortschritt besteht unsere Pflicht darin, uns so zu benehmen, daß wir den Gesetzen der Gesellschaft, in der wir leben, nicht zuwiderhandeln und einander helfen, damit sie nicht zusammenbricht. Die Regeln der Gesellschaft beziehen sich auf persönliche, familiäre, soziale sowie nationale und politische Belange. Gleichermaßen hat auch der Pfad für spirituellen Fortschritt und spirituelle Befreiung seine Gesetze. Dieser Pfad hat allein das Losgelöstsein, die innere Freiheit zum Ziel. Sant Mat gibt uns wahre Führung sowohl im Hinblick auf das Weltliche als auch das Spirituelle. Indem die Lehre hilft, die Tugenden zu fördern, lenkt sie die Gedanken des Schülers auf den Herrn und führt ihn zu Ihm. Das Ziel eines Suchenden nach Spiritualität sollte sehr hoch gesteckt sein. Ist ein ganz bestimmtes Ziel nicht vorhanden, so ist es sinnlos zu hoffen, daß man es erreichen kann. Liegt es aber fest, dann bringt auch jede Anstrengung den Suchenden diesem Ziel näher. Der Durchschnittsmensch treibt mit den jeweiligen Fluten dahin - auf dem Fluß der Traditionen dieser Welt. Wir folgen den Traditionen, tun, was unsere Vorfahren taten. Wir verschwenden unsere Zeit mit Aberglauben in bezug auf unseren Körper und denken an nichts anderes als seine Bedürfnisse. Der Seele und ihrer Not widmen wir keinen Gedanken. Wir müssen aber den falschen Glauben aufgeben und den richtigen annehmen. Wir müssen den richtigen Grundsätzen folgen und die Realität verstehen. Wenn wir sie nicht verstehen, müssen wir uns entsprechend informieren, damit wir genau wissen, wo es weitergeht und wo uns keine Hindernisse auf dem richtigen Pfad im Wege stehen. Wer einem Pfad folgt, ohne sich gebührend zu vergewissern, verstrickt sich in Aberglauben. Sein Fortschritt hört auf, und der spirituelle Gewinn stellt sich nicht ein. Es ist also unerläßlich, daß man sein Ziel stets vor Augen hat, wenn man erfolgreich sein will. Man frage sich selbst, was man werden will, welches Ideal man sich im Leben gesetzt hat. Die Mehrzahl der Menschen hat kein Ideal, und selbst wenn jemand eines hat, wird er die Welt als das endgültige Ziel ansehen. Nur wenige

suchen nach Spiritualität. Schauen wir nach innen; was wollen wir werden? Mit dem Mund bitten wir um spirituelle Schätze, im Herzen aber wünschen wir uns andere Dinge. Unser Intellekt meint zwar, es sei gut, spirituell zu sein, das Gemüt aber ist im Körper und in seinen Vergnügungen verstrickt und wünscht gar nichts anderes. Wie will man da, wenn man angeblich mit Spiritualität befaßt ist, Erfolg haben? Zunächst muß man ein klares Ideal haben und dann den innigen Wunsch, es zu erreichen. Nur so kann man hoffen, erfolgreich zu sein, muß aber seine Vorliebe für Reichtum, das andere Geschlecht und alles Weltliche abbauen. Im Sanskrit bedeutet Spiritualität "die höchste Vollendung". Diese höchste Vollendung muß man folglich von gewöhnlichem Gewinn unterscheiden und dem Pfad folgen, der einem wahren, reinen und höchsten Gewinn geben kann. Alles Unnötige muß man ausmerzen und nur die Wahrheit aufnehmen. Die Heiligen lehren uns, daß man wahre Erlösung (die Erlösung der Seele) während des Lebens in dieser Welt durch gewisse spirituelle Übungen erlangen kann. Die Praxis heißt "Surat-Shabd-Yoga", bei dem die Seele mit dem Shabd (dem WORT, dem Tonstrom oder Naam) verbunden wird. Hierdurch kann man die wahre Erlösung sogar in diesem Körper erlangen. So wie die Lotosblüte auf dem Wasser liegt, während ihre Wurzeln unter dem Wasser sind, so wie eine Ente - obwohl sie sich zumeist auf dem Wasser befindet - mit trockenen Flügeln wegfliegt, so bleibt auch jemand, der den Surat-Shabd-Yoga praktiziert, von der Welt und ihrem Einfluß unberührt, wenn er seiner Arbeit nachgeht. Kabir sagt: "Wer die Farbe von Naam angenommen hat, kann nicht mehr befleckt werden. Wohl lebt er in der Welt, geht seinen Aufgaben und Pflichten nach, sein Herz und sein Geist aber werden niemals schwanken." Der Mensch besteht aus einem physischen Körper, er besitzt aber auch ein Gemüt, den Intellekt und eine Seele. Mit dem Körper häuft er Reichtum und alle physischen Annehmlichkeiten an. Der Körper dient dem Körper, das Gemüt dem Gemüt. Die Seele aber ist von allen dreien bei weitem das Kostbarste. Und der Meister ist es, der uns das Geschenk des Wissens um die Seele macht. Deshalb sollte man dem Meister seinen Körper, sein Hab und Gut und sein Gemüt opfern, um das Geschenk von Naam zu erhalten. Gemäß den Gurus wirkt sich das Denken an den Herrn sowie das Preisen Seines Namens positiv aus: Alle Wünsche, Unwissenheit und Sorgen werden vernichtet, die Wiedergeburt nimmt ein Ende. Alle guten Absichten werden erfüllt. Das Herz ist voller Glück und Freude. Der Lotus öffnet sich, und der Egoismus verschwindet. Man überwindet die Angst vor dem Tod und kommt nicht in die Hölle. Die Welt der Erscheinungen überquert man sicheren Fußes. Man sieht den Herrn überall und in allem. Man überquert die Welt nicht nur selbst, sondern nimmt auch andere mit. Man wird von den Verwüstungen der fünf Räuber verschont (Sinnenlust, Zorn, Habgier, Verhaftetsein und Hochmut) und erreicht eine Stufe, auf der man leicht und natürlich die Verzückung der Meditation erlangt. Man ist dem Herrn dankbar. An den Meister denken heißt an Gott denken. Die wahren Meister erklären daher eindringlich, wie vorteilhaft es ist, an den Meister zu denken.

Kapitel 2 DIE STRUKTUR DER SCHÖPFUNG An dieser Stelle ist nur eine kurze Darstellung der Struktur der Schöpfung notwendig. Die höheren Bereiche kann der menschliche Geist nämlich gar nicht erfassen. Erst wenn man sich zusammen mit dem Meister von einer Ebene zur nächsten begibt, werden einem Natur und Ausdehnung der Regionen begreiflich. Der niederste Bereich heißt Pinda. In ihm befindet sich grobe, physische Materie, die nur so viel Geist enthält, wie gerade zum Leben notwendig ist. All die unseren Astronomen bekannten unermeßlichen Millionen von Universen sind nur ein kleiner Teil der gesamten Pinda-Region, und Pinda selbst ist nur ein "Stäubchen", das in der Brahmand-Region schwebt. Der nächsthöhere Bereich wird Brahmand genannt, der sich in vier Regionen unterteilt, die in zunehmendem Maße von immer mehr Geist erfüllt sind. Die erste dieser spirituellen Regionen ist Sahansdal Kanwal, "der tausendblättrige Lotos", auch als Astralregion bekannt; er ist der "Himmel" der meisten Weltreligionen. In dieser Region begegnet einem zum ersten Mal die Strahlengestalt des Meisters. Der Herrscher dieser Region heißt Niranjan, was wörtlich "rein" bedeutet. Im physischen Körper verborgen ist ein weiterer, jedoch viel feinerer Körper, den die Meister den Astral- oder Lichtkörper nennen, und zwar deshalb, weil man ihn als Millionen von leuchtenden Partikeln - gleich "Sternenstaub" - erblickt. Er ist viel leichter und feiner als der physische Körper. Diesen Astralkörper besitzt und benutzt jeder, hier und jetzt, auch wenn er sich seiner vollkommen unbewußt ist. Mittels dieses Körpers ist es dem Gemüt und der Seele möglich, mit dem physischen Körper und der Außenwelt in Verbindung zu treten. Dieser feinere Körper entspricht in Form und Farbe dem Charakter des Menschen. Auf der Astralebene, auf der wir im Astralkörper tätig sind, ist Täuschung unmöglich. Man sieht jeden, wie er wirklich ist, denn der Astralkörper enthüllt die wahre Natur. So wie der physische Körper hat auch der Astralkörper fünf Sinne. Stirbt der physische Körper, dann bleibt dieser feinere Körper als Ausdrucksmittel in diesem höheren Bereich, der Astralebene, bestehen. Die zweite spirituelle Region heißt Trikuti, die "Drei Vorsprünge" oder die drei Berge. Sie ist als mentale oder kausale Region bekannt, die Region des universellen Geistes. Der Herrscher dieser Region ist Brahm oder Onkar. Im Astralkörper befindet sich noch ein weiterer Körper, vom Astralkörper völlig getrennt und viel feiner, viel subtiler als dieser. Die Meister nennen ihn den Kausalkörper, und zwar deshalb, weil in ihm die wahren Ursachen oder Samen von allem, was jemals im Leben des Menschen geschehen soll, "programmiert" sind. Der Kausalkörper ist viel feiner als der Astralkörper, so wie der Astralkörper entsprechend feiner als der physische Körper ist. In diesem Körper wird von jeder Erfahrung des Menschen während seiner unzähligen Leben eine lückenlose Aufzeichnung hinterlassen. Aus all diesen Erfahrungen wird der Charakter geformt, und diesem Charakter gemäß handelt er. Wenn man in der Lage ist - wie es die Meister und viele andere sind -, diese Aufzeichnungen zu entziffern, sieht man genau, was der Mensch in seiner gesamten Vergangenheit getan hat oder was ihm zugestoßen ist. Man sieht auch, was er in Zukunft tun und lassen wird. Es ist alles da: die Vergangenheit als sichtbare Aufzeichnung und die Zukunft in Form der Saat.

Neben dem physischen, dem astralen und kausalen Körper besteht der Mensch insgesamt gesehen auch noch aus dem vierten Baustein, dem Gemüt. Das Gemüt ist noch feiner, noch subtiler als der Kausalkörper, es ist der Seele noch näher. Auf der physischen Ebene benötigen wir zum Leben den physichen, den astralen und kausalen Körper sowie das Gemüt. Wollen wir uns in der Astralregion manifestieren, müssen wir vorübergehend den physischen Körper ablegen. Steigen wir höher in die zweite Region, Trikuti, lassen wir den Astralkörper zurück und werden im Kausalkörper tätig. Beim Verlassen Trikutis bei der Aufwärtsreise legen wir sowohl den Kausalkörper als auch das Gemüt ab, ganz einfach deshalb, weil wir beides in den Regionen oberhalb Trikutis nicht mehr benötigen. Der Schöpfer und höchste Gebieter dieser drei Regionen (Pinda, Sahansdal Kanwal und Trikuti) ist Kal. Es sind die Regionen von Gemüt und Illusion, von Zeit und Sterblichkeit, von Karma, Geburt und Wiedergeburt. In Wirklichkeit sind es nur Reflektionen der höheren Regionen; man bezeichnet sie deshalb im Vergleich zu diesen als Illusion oder unwirklich. Die nächsthöhere oder dritte spirituelle Region heißt Daswan Dwar, das Land jenseits des "Zehnten Tores". In ihr badet sich die heimkehrende Seele im Mansarovar, dem See der Unsterblichkeit, und befreit sich für alle Zeiten von den Bindungen an die niederen Regionen. Der Herrscher dieser Region ist Par Brahm. Zwischen Daswan Dwar und der nächsten Region liegt Maha Sunn, eine Zone äußerster Dunkelheit, die die Seele nur mit der Hilfe und dem Licht des Meisters durchqueren kann. Die vierte spirituelle Region heißt Bhanwar Gupha. Das bedeutet wörtlich "die rotierende Höhle". Der Herrscher dieser Region ist Sohang: "Das bin ich". Bei der Begegnung der Seele mit dem Herrn dieser Region erkennt sie ihre wahre Größe. Diese Region ist die höchste des Brahmand-Bereiches. Sowohl Pinda als auch Brahmand werden sich auflösen. Man spricht von zweierlei Auflösungen. Die einfache Auflösung betrifft alle Regionen bis einschließlich Trikuti. Sie tritt erst nach vielen Millionen von Jahren ein. Die große Auflösung findet nach unermeßlich langer Zeit statt und umfaßt das physische Universum sowie alle vier Brahmand-Regionen. Nach einer Zeit der Dunkelheit entsteht dann eine neue Schöpfung. Der höchste der drei Hauptbereiche ist Sat Desh, die einzige Region ohne jegliche Beimischung, der Bereich völlig reinen Geistes, der Wahrheit und der endgültigen Wirklichkeit. Dieser Region sind Tod, Auflösung, Wandel und Unvollkommenheit unbekannt. Sie ist das große Zentrum, um das sich alle anderen Welten drehen, die Metropole der gesamten Schöpfung, der Sitz des Höchsten Herrn und Schöpfers. Es ist unmöglich, sie dem Menschen begreiflich zu machen. Aus dem Zentrum von Licht, Leben und Macht strömt der große Schöpferstrom, der Shabd oder das WORT. Dieses WORT erschafft, beherrscht und erhält alle anderen Regionen. Surat (die Seele) und der Shabd sind beide vom Wesen des Herrn. Gott ist sowohl Shabd als auch Surat. Beides ist Gott in Aktion; Er projiziert sich in alles und ergötzt sich an diesem Spiel. Er ist sowohl der Verehrer als auch der Verehrte. Der Hauptbereich von Sat Desh ist in vier verschiedene Regionen unterteilt, doch unterscheiden sie sich nur sehr wenig voneinander. Die heimkehrende Seele erreicht zuerst Sach Khand, die fünfte spirituelle Region, die wahre Heimat der Seele, das Haus des Vaters, von dem wir, um Erfahrungen in den unteren Welten zu sammeln, vor langer Zeit herabstiegen. Es ist die Heimat, zu der die großen Meister ihre Schüler führen; hier endet ihre Verantwortung. Beim Erreichen dieser Stufe geht die Seele in dem Herrn auf. Der Schüler und der Herr werden eins, um niemals wieder

getrennt zu werden. Der Herrscher dieser Region ist Sat Purush, der nun die Seele bis ans Ende der Reise führt. Die sechste spirituelle Region ist Alakh Lok, die unfaßbare Region. Danach kommt Agam Lok, die unzugängliche Region. Die höchste Region schließlich heißt Anami Lok oder die Namenlose Region, der Sitz Radha Soamis (Herr der Seele - der Höchste Schöpfer). Auch wenn man dem Höchsten Schöpfer den Namen Radha Soami gibt, so ist offensichtlich, daß kein Name Ihn beschreiben, kein Gedanke Ihn aufnehmen und keine Sprache von Ihm berichten kann. Er ist der formlose Allundeine, der Allumfassende, der unpersönliche, unendliche Ozean der Liebe. Aus Ihm geht alles Leben, alle Spiritualität, alle Wahrheit und alle Realität hervor. Er ist ganz Liebe, Weisheit und Macht. Er erschafft sich selbst und kennt sich selbst. Er trennt die Erde und den Himmel. Er errichtet das Himmelszelt. Er stützt die Himmel ohne Pfeiler. Er macht den Shabd zu seinem Ehrenzeichen. Er erschafft die Sonne und den Mond. Er erhellt sie mit Seinem eigenen Licht. Kapitel 3 KARMA UND REINKARNATION Als das Universum erschaffen wurde, stieg ein Teil der unzähligen Seelen in die stofflich-körperlichen Regionen hinab, und sie nahmen Umhüllungen oder Körper an, die für ein Dasein in der Kausal-, Astral- und der materiellen Ebene nötig waren. Diese Körper haben das Licht der Seele getrübt, so daß die Seele sich ihres ursprünglichen Glanzes und ihrer wahren Heimat nicht mehr bewußt ist. Seit undenkbaren Zeiten befinden sich nun die Seelen in Pinda, und gemäß ihren Wünschen und Taten haben sie das Leben in der Vielfalt seiner Formen durchlebt. In endloser Folge von Geburt und Tod haben sie jeweils einen Körper verlassen, um in einem anderen wiedergeboren zu werden. Dies wird das Rad der Vierundachtzig oder der Kreislauf der 8.400.000 Lebensformen genannt, in die eine Seele hineingeboren werden kann. In den Hindu-Schriften werden diese 8,4 Millionen Lebensformen wie folgt beschrieben: 3 Millionen Baum- und Pflanzenarten 2,7 Millionen Insektenarten 1,4 Millionen Vogelarten 900.000 im Wasser lebende Arten 400.000 andere Lebensarten einschließlich der Vierbeiner und der Menschen usw. Alle Heiligen haben den Grundsatz der Seelenwanderung akzeptiert und gelehrt.

"Die Reinkarnation bedeutet ganz einfach die Wiedergeburt der Seele in verschiedenen Lebensformen, damit sie die ihr zugeteilte Aufgabe ihrem Karma entsprechend erfüllen kann. Die Seele steigt aus dem großen Ozean des Lebens empor und taucht wieder in ihn ein." Shamas-i-Tabriz Fast allen Religionen Indiens - dem Hinduismus, Jainismus, Buddhismus, Sikhismus usw. - liegt der Glaube zugrunde, daß Freude und Leid dem Menschen als Ergebnis seiner eigenen, früheren Taten widerfährt und daß er die Folgen der Taten dieses Lebens in der Zukunft zu tragen hat. Juden, Christen und Mohammedaner glauben nicht an die Reinkarnation der Seele und auch nicht an das Karma-Gesetz. Sie glauben, daß Gott der Schöpfer und der Herr des gesamten Universums ist. So wie ein Töpfer nach seinem eigenen Ermessen einen Topf formt oder zerstört und dem Topf keine Wahl bleibt, so liegt es bei Gott, Seinen Geschöpfen entweder Erlösung zu schenken oder sie in Unwissenheit zu belassen. Außerdem halten sie Gott für unabhängig, weswegen auch niemand das Recht und die Macht hat, in Sein Werk einzugreifen, und niemand Sein Wirken kennt. Diese Dinge gehen über den menschlichen Verstand hinaus, und man sollte sich damit am besten nicht weiter befassen. Die Heiligen haben sehr deutlich das Für und Wider des Karma-Gesetzes beschrieben, das auf Ursache und Wirkung beruht und im gesamten Universum wirksam ist. Emerson und andere Philosophen und auch Physiker haben es das Gesetz des Ausgleichs genannt - "Was du säst, wirst du ernten." Alles, was wir sagen, hat zweierlei Wirkung: Aktion und Reaktion. Die Reaktion hallt in und um den Sprecher wider und bewirkt gleichartige Gedankenströme in seiner Umgebung. Folglich ruft jeder Gedanke, ob gut oder böse, die ihm genau entsprechende Resonanz hervor. Das ist ein unantastbares und unerbittliches Gesetz, dem sowohl lebende Wesen als auch leblose Dinge unterworfen sind. Es ist unauslöschlich. Karma ist außerdem ein Vorgang, in dem man sein Guthaben und seine Schulden ausgleicht. Nehmen wir etwas von jemandem, müssen wir ihm dafür wieder etwas geben. Nach diesem Prinzip entsteht das Schicksalskarma, was die Höhen und Tiefen in unserem Leben erklärt. Freude und Leid, Armut und Reichtum, Krankheit und Gesundheit, Geben und Nehmen sind das Ergebnis entsprechender Taten, die beglichen werden müssen. Können sie nicht in diesem Leben beglichen werden, so muß es in einem zukünftigen Leben geschehen. Der Mensch stirbt, das Verzeichnis seiner Taten aber bleibt bestehen. Die Aufzeichnungen dieser Taten sind der Seele eingeprägt, die auch nach dem Tod immer noch vom Astral- und Kausalkörper umhüllt ist. Die Seele verläßt beim Tod den physischen Körper, die Aufzeichnungen aber bleiben Bestandteil der Seele, bis sie bereinigt sind. Shams-i-Tabriz sagt: "Wir leben in diesem Universum, und in jedem Leben tragen wir ein anderes Kleid. Einmal erscheinen wir in dieser, dann wieder in jener Lebensform, stets aber bleiben wir alle ein Teil des Schöpfers. Mit anderen Worten: wir kamen Hunderte und Tausende von Malen in die Welt und verließen sie wieder, denn dieses Universum ist eine Werkstatt mit Eingängen Und Ausgängen."

Karma, unser Tun und Lassen, ist von dreierlei Art: Sanchit-, Pralabdh- und Kriyaman-Karma. Sanchit ist das Reserve-Karma, Pralabdh das Schicksalskarma und Kriyaman das neue Karma. Das Reserve-Karma ist das Ergebnis unseres Tuns und Lassens in früheren Leben, das noch nicht ausgeglichen und auch noch nicht zugeteilt wurde. Schicksalskarma umfaßt den Anteil aus früheren Leben, der dem gegenwärtigen Leben zugeteilt wurde und als dessen Resultat wir Menschen wurden, um die Folgen von gutem und schlechtem Karma unserem Schicksal gemäß zu durchleben. Kriyaman-Karma ist das neue Karma, das sich aus dem Tun und Lassen dieses Lebens ergibt. Während wir also unser Schicksal (Schicksalskarma) durchleben, schaffen wir gleichzeitig täglich neues Karma, dessen Folgen uns im nächsten Leben zum Schicksal werden. Oder aber sie wirken sich in einem zukünftigen Leben teilweise als Schicksals- und teilweise als Sanchitkarma aus. Was versteht man wirklich unter dem "Karma vergangener Leben"? Aus den Schriften wissen wir, daß Gott uns für einen physischen Körper bestimmt - entweder als Mensch oder als niederes Wesen -, und wir kommen in die Welt, um das zu ernten, was uns an Karma aus vergangenen Leben zugeteilt wurde. So wie Er unsere Aufgaben erfüllt haben möchte, so werden wir sie ausführen, denn so schreibt es unser Schicksal vor. Niemand kann seinem Schicksal entgehen. Nur Gott ist frei; Er regiert die Welt so, wie Er es für richtig hält. Gut und Böse, Freud und Leid, mit anderen Worten alles, was wir hier und jetzt erfahren, ist auf unsere eigenen früheren Taten zurückzuführen. Sie bestimmen auch, ob wir in einer höheren oder niederen Lebensform wiedergeboren werden: "Was du säst, wirst du ernten". Als Ergebnis unserer guten Taten sind wir glücklich, und Leid ist das Ergebnis unserer schlechten Taten, denn wir müssen die Früchte unseres Handelns in Gedanken, Worten und Werken ernten. Wir entkommen den Folgen unserer Taten nicht dadurch, daß wir sie heimlich tun. Wir werden früher oder später die Konsequenzen tragen müssen. Demnach sind gute und schlechte Tage, Freude oder Leid auf unser eigenes Tun und Lassen zurückzuführen, und wir sollten niemand anders dafür verantwortlich machen. Wie können wir von schlechten Taten gute Ergebnisse erwarten? Wer so folgert, geht falschen Vorstellungen nach. Wer den Herrn um Vergebung anfleht und glaubt, dann weiter sündigen zu können, ist im Irrtum. Krankheiten sind die Strafen für Sünden. Eine Sünde kann nur durch eine angemessene Strafe verbüßt werden. Die Wurzel allen Übels ist, daß wir uns mit unserem Körper identifizieren. Wenn wir nicht über unsere körperlichen Belange hinauswachsen, werden Gedanken an Sinnesvergnügungen und der Wunsch, sie mögen sich einstellen, nicht verschwinden. "Mancher Sucher bereitet sich Unannehmlichkeiten dadurch, daß seine Suche nach Vergnügen zu Krankheit führt. Ohne sich Seinem Willen zu beugen, wird ihn der Wunsch nach Vergnügen nicht verlassen - und bis dahin wandert er weiter." Dhritarashtra (ein König, der von Geburt an blind war) wurde einmal gefragt, welcher Tat in einem seiner vergangenen Leben er seine Blindheit zuschreibe. Er gab zur Antwort, daß er auf alle Taten seiner letzten hundert Leben zurückblicken könne, aber keine sehe, die seine Blindheit verursacht haben könnte. Lord Krishna gewährte ihm daraufhin die innere Schau über noch weiter zurückliegende Leben, und da erst entdeckte er, daß er viel früher etwas Böses getan hatte, wofür er in diesem Leben blind geboren worden war.

Was kann man schon gegen das angehäufte Karma ausrichten, das Hunderte von Leben lang verborgen und wirksam bleibt? Der karmische Kreislauf setzt sich unaufhörlich fort, und die Folgen unserer Taten kommen ans Licht und müssen beglichen werden, auch wenn es erst nach Hunderten oder Tausenden von Leben geschieht. Wir sind alle durch unser Schicksalskarma gebunden. Es gibt viele gute Menschen, die aufgrund ihres Schicksalskarmas gute Taten vollbringen, und andere sind schlecht und begehen ebenfalls aufgrund ihres Schicksalskarmas böse Taten. Sie können ganz einfach nicht anders handeln. Selbst wenn ihnen die Möglichkeit gegeben wird, Gutes zu tun, beachten sie dies nicht. Die Notwendigkeit eines Meisters spüren sie nicht. Auch sehen sie nicht ein, daß man sich Gott zuwenden sollte. Das Karma wird von Kal, dem Herrn des Todes, verwaltet, ebenso die drei Welten: die irdische, die astrale und die kausale Welt. Im Auftrag des Höchsten Herrn, der ihn erschaffen hat, verwaltet Kal die drei unteren Regionen. Unparteiisch läßt er Gerechtigkeit (Karma) walten. In Übereinstimmung mit den Anweisungen des Höchsten fordert Kal von allen Lebewesen nach ihrem Tode Rechenschaft über ihre guten und schlechten Taten, und dementsprechend werden sie dann behandelt. Die Hölle ist für die Sünder vorgesehen und der Himmel für jene, die Gutes getan haben. Ist der Aufenthalt in diesen Regionen vorüber, kehrt man erneut ins ewige Rad von Geburt und Tod zurück. Kal hat die Macht über Raum und Zeit; zwei wesentliche Faktoren, die unsere Schöpfung bestimmen. Der Raum dient der Ausbreitung der Schöpfung, und die Zeit sorgt für ständigen Wandel. "Gott zwingt Seine Geschöpfe auf festgelegte Karma-Pfade, auf die sie keinen Einfluß haben und denen sie sich nicht entziehen können. Was vorherbestimmt ist, muß geschehen." Bestimmten Leuten müssen wir begegnen, von anderen müssen wir uns trennen. Jede Begegnung und Trennung entspricht dem Karma-Gesetz, das allem Handeln in dieser Welt zugrunde liegt." Kal führt die Anweisungen des weit über ihm stehenden Wahren Wesens (Sat Purush) aus und ist nicht der Schöpfer der Seele. Er kann eine Seele weder erschaffen noch zerstören. Nur über den Körper verfügt er, und je nach individuellem Karma teilt er den Körper zu und nimmt ihn wieder, wenn die zugewiesene Lebensspanne zu Ende ist. Über die Seelen hat Kal keine Macht, denn sie sind die Kinder Sat Purushas, und sie sind unsterblich. Lebensarten unterhalb des Menschen haben keine Freiheit zu handeln. Nur der Mensch hat die durch das Schicksalskarma bedingte Handlungsfreiheit und kann sie sich bis zu einem gewissen Grad zunutze machen. Nur durch besonders großes Glück wird man als Mensch geboren. Wir sollten in diesem Dasein dem spirituellen Pfad und der Lehre der Heiligen folgen. Als Mensch wird man nur selten geboren, und wenn wir diese Gelegenheit nicht nutzen, werden wir es später sehr bereuen. "Die Leitersprosse, die der Hand entgleitet, bleibt unerreichbar, ja verloren genauso vergeudet der Mensch sein Dasein."

Das Menschenleben ist die Krönung der Schöpfung. Nur durch selten großes Glück wird es uns zuteil. Es gewährt uns die Gelegenheit, dem Herrn zu begegnen. Guru Arjan sagt im : "Viele Leben war ich Motte oder anderes Insekt, Viele Leben Elefant, Fisch oder Reh, Viele Leben war ich Schlange oder Vogel, Viele Leben war ich Gras und Baum. Nun ist Gelegenheit, dem Herrn zu begegnen - Dieser wunderbare Körper wurde mir nach unendlich langer Zeit gewährt." Aber der Mensch ist mit Leib und Seele an diese Welt gefesselt. Er denkt nicht an die andere Bleibe, wo er einst hingehen und leben wird. "Dem Ort, den er verlassen muß, ist er verhaftet; Der Ort, zu dem er gehen muß, um dort für immer zu leben, kümmert ihn nicht." Es ist daher unerläßlich, daß der Mensch sich auf das Jenseits vorbereitet, bevor er diese Welt verläßt. "Eine Reise in ein fremdes Land steht allen bevor, Hab acht, o Unwissender, denn nahe ist der Tod." Aber die Frage erhebt sich: Wie soll man sich vorbereiten? Durch Satsangbesuch und indem man sich die Lehre ganz zu eigen macht, kann man sich von einem Teil des Karmas befreien. Aber die Fesseln unseres Karmas - das Ergebnis unserer Taten - sind sehr stark. Es gibt Menschen, denen es aufgrund ihres Schicksalskarmas nicht bestimmt ist, in diesem Leben einem Meister zu begegnen. Es würde ihnen auch gar nichts daran liegen, selbst wenn ein Meister in ihrer Mitte wäre. Diese Haltung und ihr Schicksalskarma bewirken, daß sie in vielfältigen Lebensformen im Kreislauf von Geburt und Tod weiter wandern. Es steht nicht in unserer Macht, unser Schicksal zu ändern. Was uns bestimmt wurde, muß eintreffen. Erst wenn es unser Schicksal vorsieht, werden wir einem Meister begegnen und an den Herrn denken. Wer sich von den Weisungen des Verstandes leiten läßt, bei dem werden die Gedanken an die Welt und ihre Objekte vorherrschen, wer aber dem Gebot eines Meisters folgt, der wird von der Neigung zur Gotterkenntnis geprägt. "Erst wenn es vorherbestimmt ist, finden wir zu einem Meister, erkennen wir ihn als Meister und ergeben uns ganz seinem Willen. Erst dann verbindet er unsere Seele mit dem Klangstrom." Der Ozean unseres Karmas ist unergründlich. Es ist fast unmöglich, das angesammelte Karma zu tilgen. Begegnen wir jedoch einem wahren Meister, dann löscht er unsere gesamten Karma-Konten, indem er uns die Gesinnung einprägt, ohne jeden Gedanken an Belohnung handeln zu wollen. Wenn wir unsere spirituellen

Übungen gemäß den Anweisungen des Meisters verrichten und uns ihm ganz übergeben, begegnen wir unserem Schicksal heiter und gelassen und schaffen kein neues Karma, das in einem zukünftigen Leben zu begleichen wäre. Das angesammelte Karma wird nach und nach vernichtet, wenn wir dem Tonstrom lauschen. Zuweilen hilft uns der Meister, die Last unseres Schicksalskarmas zu ertragen, so daß ein tödlicher Dolchstoß zu einem Nadelstich wird und wir unser Karma ohne viel Schmerz oder Seelenqual bewältigen. Durch die Gnade des Meisters wird schließlich unser gesamtes Karma getilgt. Endlich sind wir von der Last unseres Karmas befreit und erlangen Erlösung, wenn wir den Ozean des Lebens hinter uns lassen. Von den Folgen unseres Tuns und Lassens befreien wir uns erst dann, wenn wir während unseres Lebens in dieser Welt wunschlos handeln. Unser Verstand und unser Körper sind von Natur aus aktiv. Solange wir unsere Gedanken noch nicht beherrschen können, ist es schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, kein Karma zu schaffen. Der Verstand ist rastlos, und es ist unmöglich, ihn auch nur für eine Sekunde zur Ruhe zu bringen. Daraus ist zu schließen, daß niemand geistig oder körperlich untätig sein kann. Legt man aber all seine Taten seinem Meister zu Füßen, dann wird jegliches Tun und Lassen nicht bestraft, und man wird ganz bestimmt vom Kreislauf der Wiedergeburten befreit. In der Todesstunde erscheint dem Schüler eines wahren Meisters nicht Kal, der Herr des Todes, um ihn wegzuführen, sondern der wahre Meister selbst kommt und nimmt die Seele mit sich. Kal nähert sich keinem Ergebenen des Meisters. "Dieses Ego ist eine chronische Krankheit, Die aber leicht von selber heilt, Wenn die göttliche Gnade es berührt. Mit dem WORT des Guru steigt die Seele auf Und wird so vom Ich befreit." Kapitel 4 DIE NOTWENDIGKEIT FÜR SPIRITUALITÄT Die ganze Menschheit lebt in Sorgen und Ängsten und ist unter ständiger Anspannung. Nur erhabene Seelen wie die Heiligen oder Meister sind davon ausgenommen. Dies ist ein Zeichen für den spirituellen Niedergang der Menschheit. Der Grund für dieses Chaos ist das aus den Fugen geratene, unruhige Dasein der Menschen, die zwar in jeder Hinsicht Fortschritte gemacht haben, aber im Hinblick auf die Spiritualität unwissend geblieben sind. Berge, Flüsse und Meere hat der Mensch erforscht, nur sich selber nicht. Welchen Zweck haben sämtliche Wissenschaften, wenn sie sich nicht die Selbsterkenntnis des Menschen zum Ziele setzen? "Der Zweck allen Wissens ist der und der allein: Am Tag des Jüngsten Gerichts sollst du wissen, was du bist. Du magst den Wert aller Dinge kennen, kennst du dich selber aber nicht, dann bist du unwissend."

Wir sind in anderen Wissenschaften erfahren, aber über unsere eigene Seele wissen wir nichts. Die Seele aber ist der Quell, der Geist und Verstand belebt und aus dem wir die Kraft zu wissenschaftlichen Erkenntnissen schöpfen. Der Mensch ist unwissend, da er seinen eigenen Wert nicht kennt. Selbst wenn er Macht über die ganze Welt besäße, aber seine eigene Seele nicht kennen würde, so wäre sein ganzes Leben sinnlos. "Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Seele." Matth. 16,26 Für den Durchschnittsmenschen sind religiöse Bräuche wichtiger als Gott, und jemand, der an frühere Meister oder an deren religiöse Schriften glaubt, wird als religiöser Mensch angesehen. Diese Engstirnigkeit gleicht einem Parasiten, der von der Religion lebt und ihr das Blut so lange aussaugt, bis der wahre Inhalt verschwunden ist und nur noch das Äußere übrigbleibt. In den so geschaffenen Mauern ist der religiöse Wahn so extrem wie die Raserei eines bösartigen Elefanten. So erhebt sich diese Haltung selbst zum Wächter und zum Bevollmächtigten der Religion, und die wahre Religion wird durch Äußerlichkeiten und Brauchtum ersetzt. Man predigt das Vorrecht des Menschen aufgrund seiner Herkunft und kehrt der Wahrheit der Religion den Rücken. Von äußerem Schein angezogen, sieht man in den Riten und Ritualen den Hauptzweck. Alles andere hält man für Unwissenheit. So wird die Religion, die der menschlichen Seele zum Fortschritt verhelfen sollte, zu ihrem Gefängnis. Es wird als Sünde angesehen, sich mit irgend etwas anderem als der vorgeschriebenen Glaubensrichtung zu befassen. Man verehrt die eigenen vergangenen Mahatmas (erhabene Seelen) und die religiösen Bücher, aber alles andere wird gehaßt. Der Sinn menschlichen Lebens ist es, mit dem Herrn eins zu werden, indem man ständig an Ihn denkt und in Gedanken an Ihn glücklich ist und indem man Ihn und Seine Schöpfung liebt. Weil aber der Mensch sich von Gott abgewandt hat, fehlt es ihm an Liebe, und er ist zum Feind seinesgleichen geworden. Anstatt zum Verehrer oder Liebenden Gottes zu werden, wird der Mensch zum Beschützer von Irrglauben und verhält sich nur allzu weltlich. Was ist das weltliche Leben anderes als ein Abwenden von Gott, um Aufmerksamkeit und Liebe auf jemand anderen zu richten? "Drum wisset, was weltliche Gesinnung ist: Die Verbindung zu Gott abbrechen, jeden Gedanken zulassen außer dem von Liebe für Ihn und allem zuhören, nur nicht den Lobpreisungen Gottes." Maulana Rumi Die ganze Menschheit sucht Glück und Frieden. Körperliches Wohlbehagen oder Vergnügen sind kurzlebig und wechseln ständig. Sinnesvergnügen werden dadurch hervorgerufen, daß sich unsere Gedanken auf die Objekte konzentrieren, die das Vergnügen auslösen. Die Sinnesfreuden gleichen einem Hund, der an einem Knochen nagt. Ihm blutet das Maul, und in dem Glauben, der Genuß ginge vom Knochen aus, ist es doch nur das eigene Blut, das diesen Eindruck erweckt. Wir finden keinen Frieden, weil wir nicht mit unserem spirituellen Ursprung verbunden sind. Diese innere Ruhelosigkeit prägt unser Dasein und infolgedessen -

obwohl wir alle Kinder Gottes sind - haben wir Ihn, unseren Vater, vergessen und auch, daß wir alle Geschwister sind und wie wir als solche in gutem Einvernehmen miteinander leben können. Das führt zu Konflikten zwischen Brüdern, zwischen Interessengemeinschaften, Kulturkreisen, zwischen Völkern und Ländern. Einer dürstet nach dem Blut des anderen. Religiöse Lehren, die auf Äußerlichkeiten und Ermahnungen beruhen, rufen keine gegenseitige Liebe hervor. Einige leben nach dem Motto der westlichen Welt: "Iß, trink und sei fröhlich". Man behauptet, es bestehe kein Bedürfnis für Gott. Alle sind auf die Schale der Walnuß aus und versuchen, diese zu verdauen, was aber unmöglich ist. Niemand achtet auf den Kern, zu dessem Schutz die Schale da ist. Diese Verblendung, diese Selbsttäuschung läßt uns Gott vergessen, und wir entfernen uns immer mehr von der Realität. Alle Religionen verkünden dem Menschen die gleichen ethischen und spirituellen Wahrheiten. In erster Linie lehren sie, daß der Mensch gut sein soll, an Gott glauben und mit Ihm eins werden soll. Aber die Religionen heutzutage fordern dazu auf, Heilige vergangener Zeiten wie Christus, Buddha, Krishna, Rama, Kabir, Guru Nanak usw. zu verehren. Wie aber diese Heiligen geistige Größe errangen und wie wir sie erreichen, das sagen sie uns nicht. Sie heben hervor, daß wir an diese oder jene Religionsschrift glauben sollen, zeigen uns aber nicht, wie wir die darin geschilderten Erfahrungen selber machen können. Sie sagen uns, wie wir den Ozean des Daseins überqueren können und wie das Schiff, das wir dazu besteigen müssen, aussieht, auf das Schiff aber führen sie uns nicht. Sie haben weder etwas, womit sie den Ozean des Daseins überqueren können, noch kennen sie die Reise und wissen auch nicht, wie man die aufgebrachten Wellen und tobenden Stürme des Ozeans bezwingen kann. In dieser Situation, in der sich die Menschheit befindet, verweisen die Heiligen auf die Wirklichkeit und einen einfachen Weg, der - in jedem Menschen vorhanden - dahin führt. Dieser Pfad, so lehren sie, besteht schon seit Anbeginn der Schöpfung. Er wurde von Gott geschaffen und nicht vom Menschen. Die Heiligen lehren weiter, daß Gott existiert und daß alle Religionen eine Verbindung mit Ihm suchen. Der Weg, der zur Verbindung mit Gott führt, ist die Religion. Das Wort "Religion" stammt von dem lateinischen "religare", was "binden" oder "vereinen" bedeutet. In dem Ursprung ist der wahre Sinn des Wortes enthalten. Religion bedeutet "Wiedervereinigung mit Gott". Der spirituelle Pfad ist für alle gleich. Wer an Gott denkt und sich im Innern mit Ihm verbindet, ist Sein Ergebener, sei er Hindu, Sikh, Moslem oder Christ. Gott erschuf den Menschen, erst später wurde er Sikh, Moslem, Christ, Buddhist usw. Vor 500 Jahren gab es noch keine Sikhs, vor 1300 Jahren keine Moslems, vor 2000 Jahren keine Christen und vor 3000 Jahren noch keine Buddhisten. Und als die Arier den Hinduismus gründeten, existierten viele Völker bereits. Mensch bleibt Mensch - ob im Osten oder Westen. Und alle Menschen sind eins, weil sie eine Seele haben und diese ein Teil des Herrn ist. Die Heiligen lehren uns, daß Gott im Tempel des menschlichen Körpers zu finden ist. Die Seele und auch Gott sind im Menschen lebendig; es trennt sie aber der Vorhang des Egoismus, weswegen die Seele Gott nicht erkennen kann. "Beide leben im selben Haus und zur selben Zeit - sehen einander aber nicht." Um mit Gott vereint zu werden, braucht man keiner bestimmten Religion

anzugehören und muß auch weder seine Konfession noch seine gesellschaftliche Stellung aufgeben. Ganz unabhängig davon kann jeder Gott inwendig begegnen. Es ist erforderlich, daß Spiritualität wieder gelehrt wird, damit die Menschheit aus dieser Entwürdigung herausfindet. Dem geistig-spirituellen Leben muß wieder mehr Bedeutung eingeräumt werden, damit die Menschen vom Unheil des Egoismus befreit und ihre Leiden erträglicher werden. Solange der Mensch nicht bewußt nach innen geht und mit dem Herrn eins und wie Er wird, werden all seine Bemühungen vergeblich sein. Der Herr ist ein Ozean grenzenloser, uneingeschränkter und alles durchdringender Harmonie. Solange wir innerlich nicht völlig ruhig geworden sind, kann auch die Seele die Harmonie oder Stille nicht kosten, aus der die Stimme der Stille, der Shabd, hervorgeht. Wenn aber die Seele diese Stimme der Stille erlebt, geht sie in ihr auf. Das ist die Wirklichkeit der Stille. Unser Verstand kann aber nicht begreifen, was ewig und unsterblich ist. Das kann nur die Seele erfahren, wenn wir nach innen gegangen sind. Gott können wir uns nicht vorstellen, Er ist dem menschlichen Verstand und Intellekt nicht zugänglich. "Gedanken bringen uns einer Vorstellung von Ihm nicht näher, selbst wenn wir es Hunderte oder Tausende von Malen versuchen." Nur jenes Wissen ist segensreich und wirklich lobenswert, das Gott begreifen und Ihn lobpreisen will. Alles andere Wissen gereicht uns zur Schande, wenn es nur unser Selbstwertgefühl steigert, was uns völlig von der Wahrheit wegführt. Zurück bleibt nur der Stolz auf unser Wissen. Durch Hingabe und Liebe können wir Ihn erkennen, nicht aber durch Gedankenspiele. Zur Gotterkenntnis müssen wir die Regionen reinen Bewußtseins in unserem Innern erreichen. Ein spirituelles Leben ist der Vereinigung mit Gott geweiht, es begnügt sich nicht damit, nur über Ihn nachzudenken. Kapitel 5 DIE NOTWENDIGKEIT EINES LEBENDEN MEISTERS Gott als gestaltloses Wesen durchdringt alles. Aber erst dann, wenn wir direkt mit Ihm verbunden sind, werden wir durch Ihn an Tugenden gewinnen. Elektrizität ist überall vorhanden, aber sie spendet uns kein Licht und nützt uns nichts, wenn wir nicht wissen, wo der Schalter ist. Selbst das zu wissen, wäre nutzlos, wenn in dem Schaltkreis keine Glühbirne vorhanden ist. Ist der Schaltkreis aber geschlossen, kann die Elektrizität genutzt werden. Sie erhellt das Dunkel unserer Häuser, mildert die Sommerhitze, kocht unsere Speisen und läßt die Fabriken arbeiten. Gleichermaßen wird es sich als segensreich erweisen, wenn wir mit dem Herrn verbunden sind.

Der Meister ist Gott Der vollkommene Meister ist der Herr in Menschengestalt. Er ist der personifizierte Shabd, das "fleischgewordene WORT". Wenn wir den Meister in seiner menschlichen Gestalt nicht kennen, wie wollen wir dann seine subtile Form, den Shabd, erkennen? Der Shabd und der vollkommene Meister bringen unsere Seele in ihre ursprüngliche Heimat zurück. Niemand außer dem Meister kann die Geheimnisse der Wahrheit offenbaren, und nur durch ihn werden wir von der Knechtschaft des Ich und von Maya befreit. Nur durch den Shabd kann man dem Herrn begegnen, und nur der Meister kann die Seele mit dem Shabd verbinden. Allein diesem Ziel dienen die Meister in dieser Welt. Dem Menschen wurde - gegenüber allen anderen Geschöpfen der Erde - das Geschenk der Intelligenz und des Unterscheidungsvermögens in weit höherem Maße zuteil. Alle anderen Geschöpfe sind daher unserer Anbetung nicht würdig, vielmehr würde uns Hingabe an sie hinabziehen. Die Beziehung zwischen Lebewesen gleicher Art setzt in dieser Welt starke Kräfte der Zuneigung und Liebe frei. Da wir der physischen Ebene angehören, können wir nur jemanden auf dieser Ebene lieben. Wir sind Menschen und sollten deshalb nur Menschen unsere Liebe schenken. Wir haben Gott nicht gesehen; wie können wir Ihm also Liebe entgegenbringen? Wollen wir Gott lieben, so müssen wir Ihn in Seiner menschlichen Erscheinungsform lieben, und diese ist der Meister. Wenn sich nun die Frage erhebt: "Wie kommt ein Mensch dazu, einen anderen Menschen zu verehren?", so lautet die Antwort: "Ein Mensch ist nicht wie der andere. Ein Meister hat die Gestalt eines Menschen, ist aber kein gewöhnlicher Mensch, denn sein Bewußtsein hat innerlich ständige Verbindung mit Gott." Unserem begrenzten Verstand mag der Meister nicht allgegenwärtig erscheinen. Tatsächlich aber ist er es. Er ist der Weg zur Gotterkenntnis. Durch ihn gelangen wir von der physischen Ebene zur astralen, von der astralen zur kausalen und sogar darüber hinaus, Stufe um Stufe, bis zur höchsten Unbegrenzten Macht - wenn wir seinen Instruktionen und Ausführungen folgen. Wenn jemand behauptet, daß er die allgegenwärtige Form Gottes anbetet und sie innerlich betrachtet, dann läßt sich daraus schließen, daß er bestenfalls über die Form eines luftleeren Raumes oder des Äthers nachdenkt. Zudem ist dieser luftleere Raum nicht sichtbar und erweckt in uns nicht die Ströme der Spiritualität. Der Meister hat zwei Erscheinungsformen. Äußerlich ist er Mensch, im Innern aber ist er Gott. Nach außen hin ist er der Körper eines Menschen, nach innen jedoch Gott in Menschengestalt - Gott und Mensch in einem. Er steht einerseits mit den Menschen und andererseits mit Gott in Verbindung. So wirkt er also auf zwei Ebenen: einmal als Mensch und einmal als Gott. Seine wahre Form ist der Shabd. Der Shabd ruft den physischen Körper ins Leben und wohnt in ihm. "Und das WORT ward Fleisch und wohnte unter uns." Der Meister ist der Mittler, durch den der Mensch mit Gott verbunden wird. Gott, der Shabd und der Meister sind drei Erscheinungsformen des einen Höchsten Herrn. Bringen wir dem Meister - der Verkörperung des Shabd - Hingabe entgegen, dann treten wir im Innern in direkte Verbindung mit Gott. Hingabe an den Meister ist also wahre Hingabe an den Herrn. Beim Studium der Geschichte des alten Indiens wird deutlich, daß die Meister in früheren Zeitaltern ihr Wissen weitab von menschlichen Wohnstätten vermittelt haben und die Schüler durch ihren Dienst am Meister vollkommen, d.h. körperlich, geistig und seelisch, in Anspruch genommen wurden. Später wurde diese Lehrmethode allmählich immer seltener, und statt dessen nahm der Götzendienst zu.