27. Sonntag im Jahreskreis B 2015 Am Anfang war es nicht so! Liebe und Scheitern (Mk 10, 2-16) Am Anfang war es nicht so! Liebe Schwestern und Brüder, ein brisantes Thema, das das Evangelium vorlegt. Brisant damals wie heute. Damals stritten sich Schriftgelehrte um die rechte Deutung, ab heute wieder Bischöfe im Vatikan. Was ist im Sinne Gottes richtig auf einem Gebiet, auf dem wir Menschen so verletzlich sind: dem der Liebe? Drei Gedanken: 1. Die Pharisäer bedrängen Jesus: Wie ist das Gesetz richtig auszulegen? Denn darüber gab es schon zu ihrer Zeit unterschiedliche Auffassungen. Streit über Gesetze. Jesus lässt sich da nicht hineinziehen oder anders: ER bleibt Seiner Sendung treu, der Botschaft der Befreiung. Und diese Botschaft richtet sich an Menschen. Zurzeit Jesu waren Frauen rechtlos ähnlich wie die Kinder. Beide Gruppen nimmt ER im Evangelium in Schutz, entzieht sie der Willkür von Männern bzw. Erwachsenen. Hier geht es in erster Linie nicht um rechtes Tun, sondern um ein erneuertes Denken! Eine Frau einfach zu verstoßen, wenn dem Man danach ist, und sie damit in die Rechtlosigkeit zu entlassen die Bedürftigkeit von Kindern zu missachten: Hier geht es wahrlich nicht um Gesetze, sondern um menschliches Miteinander im Sinne Gottes. Das ist der Kontext der Worte Jesu! Die Ordnung der Gesetze kann das wahre Leben nicht zum Fließen bringen darum aber geht es Jesus. Auch heute! 2. Am Anfang war es nicht so! mit diesem Satz öffnet Jesus gedanklich den Weg zurück ins Paradies und dort hin zum Weg der Liebe: frei von Angst, Zwang, Erniedrigung und Schuldgefühlen. Die Herzenshärte braucht Gesetzte, aber Jesus ist doch gekommen, um das Herz wieder zu erweichen.
Am Anfang: diese Liebe zu leben, diese Kraft und Angstlosigkeit. Unzählige Lieder und Dramen der Geschichte bis heute erzählen davon: Dass man Liebende unglücklich machen kann; dass man sie zwingen kann; dass man sie bis in den Tod hetzen kann aber die Liebe selbst kann man nicht töten! Sie ist die Kraft, die dazu führt, dass wir uns zu Hause führen, dass wir unsere innersten Kräfte entwickeln, dass wir es wagen aufzubrechen ja für die Liebe brechen Menschen sogar mit dem Umfeld, das ihnen doch der natürliche Nährboden ist: mit der eigenen Ursprungsfamilie! Der Riss, den wir Menschen alle fühlen, das Gefühl, halb zu sein, eines anderen zu bedürfen, eines Zwillings geheilt werden kann er allein durch die heilende Macht der Liebe! Gott ist die Liebe das ist der zentrale Satz unseres Glaubens. Immer wieder neu ist jede Generation aufgerufen, dies zu begreifen mit dem Herzen! Bieten wir Raum für die Entwicklung des Menschen, dass er sich traut, sich auf den Pfad der Liebe zu begeben? Wie schützen wir unsere Kinder? Wie werden Kinder und Jugendliche auf Partnerschaft und Ehe vorberietet? Wo lernen sie, dass Sex und Sexualität nicht dasselbe sind und Liebe noch einmal davon verschieden ist? Sieht es nicht doch so aus: Die Religion der Liebe hat Angst vor ihr. Entweder man schweigt verschämt oder flieht in Gesetzesdenken. Jesus, der Heiland, legt den Finger auf die verwundbarste Stelle des Menschen auf den innersten Punkt Seiner Botschaft, um den sich alles dreht! 3. Am Anfang war es nicht so! An den Anfang erinnern sich Paare mit Schmerzen, wenn sie vor den Trümmern ihrer Ehe, ihrer Beziehung stehen. Am Anfang war all das, was das Leben bunt und schön machte, was neue Kraft verlieh und Neuland betreten ließ. Am Anfang war die Liebe, die sich nicht töten lässt, die auch aus Gräbern wieder aufersteht!
Wenn ich an persönliche Begegnungen mit Paaren in Konfliktsituationen denke, vor oder nach dem Scheitern ihrer Ehe, dann sehe ich, dass es immer Einzelfälle sind, keiner wie der andere. Oft scheint wirklich nichts mehr machbar, weil nur noch verbrannte Erde zurück geblieben ist. Und da bleibt nach Flucht und Vertreibung aus dem Land der Ehe nur irgendwo ein neues und hoffentlich gutes Leben. Ich frage mich: Wo versagen wir in der Begleitung? Wir, die Familie, die Trauzeugen, die Freunde, Priester und Seelsorger? Jeder kennt Krisen einen richtigen Gesprächspartner zur rechten Zeit kann Augen und Herz öffnen. Die Ehe, Partnerschaft anderer ist privat aber sie geht doch auch diejenigen an, die mit den beiden verbunden sind die Schwestern und Brüder! Jesus geht an den Anfang zurück an den Anfang einer Beziehung. Kann in diesem Keim etwas liegen, was der verdorrten Pflanze trotz allem wieder aufhilft, sie gar zum Blühen bringt? Am Anfang kein Rezept, aber eine Einladung Jesu, um anders zu denken, das Herz wieder zu befreien. Amen.
Fürbitten Unseren Herrn Jesus Christus, der uns ermutigt, der Liebe Raum zu geben, bitten wir: - Für die Paare, die in ihrem Alltag Deine Treue zu uns sichtbar machen: Stärke ihre Liebe auch in schweren Zeiten. (Christus, höre uns Christus, erhöre uns) - Wir bitten für die Ehepaare, die es schwer miteinander haben: Lass sie nicht müde werden, nach neuen Wegen des Miteinanders zu suchen und dabei auch nach Hilfe Ausschau zu halten. - Wir bitten um den Mut, auch in unserer Kirche an einem Klima mitzuwirken, in dem Kinder, Jugendliche und Erwachsene die Liebe, die Du selber bist, lernen können - Wir bitten Dich für die Paare, die sich getrennt haben: Lass sie in ihrem Scheitern nicht alleine und zeige ihnen, welche Wege du mit Ihnen gehen willst. - Stärke die Bischöfe, die in diesen Tagen gemeinsam mit dem Papst darum ringen, Deine Botschaft der Liebe den Menschen von heute nahe zu bringen. - Wir danken Dir für die Gaben der Ernte, der Frucht Deiner Sorge und menschlicher Arbeit: Lass auch uns immer mehr gute Gabe für diese Welt werden. - Wir bitten Dich auch für unsere Verstorbenen: Lass sie bei Dir die Heimat finden, nach der sie sich gesehnt haben.
Du bist der, der uns zum Leben in Fülle ruft. Dir sei Dank, der Du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und herrschst in alle Ewigkeit. Amen.