Entwicklung der Österreichischen Demenzstrategie 2015

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Transkript:

MR Dr. in Magdalena Arrouas Entwicklung der Österreichischen Demenzstrategie 2015 Gut leben mit Demenz Der demografische Wandel, damit einhergehende steigende Demenz-Prävalenzraten und ein in weiterer Folge ansteigender Betreuungs- und Pflegeaufwand, haben die österreichische Regierung dazu veranlasst, das Thema Demenz in ihr aktuelles Regierungsprogramm 2013 2018 unter dem Schwerpunkt Länger gesund leben und arbeiten aufzunehmen. Die Entwicklung einer österreichweiten Demenzstrategie ist dabei als erste, spezifische Maßnahme geplant. Neben der Personengruppe der zu betreuenden Menschen sollen auch die Angehörigen im Fokus der Demenzstrategie stehen. Der Prozess zur Erarbeitung dieser Demenzstrategie, der in Kooperation mit dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz durchgeführt wird, soll auf eine breite Basis gestellt werden und von Beginn an Repräsentantinnen/Repräsentanten wichtiger Institutionen und Einrichtungen aus dem Sozial- und Gesundheitswesen, der Wissenschaft, Interessenvertretungen und anderen Politikbereichen miteinbeziehen. Im Rahmen einer Auftaktveranstaltung am 11. Februar 2015 wurden die Ziele, die wichtigsten Handlungsfelder und der Prozess zur Entwicklung der Demenzstrategie einem breiten Publikum aus Politik, Interessensvertretungen und Berufsverbänden vorgestellt und diskutiert. Seite 1 von 5

Steigende Anforderungen brauchen klare Orientierungen In Österreich sind etwa 1,15 bis 1,27 Prozent der Bevölkerung an Demenz erkrankt, was einer Gesamtzahl von rund 100.000 Personen entspricht. Mit zunehmendem Alter nimmt auch die Prävalenz stark zu. Im Zuge der demografischen Alterung ist daher ausgehend von einem kontinuierlichen Anstieg der Prävalenzraten seit 1960 mit einem weiteren starken Anstieg der Zahl der Betroffenen zu rechnen. Auf Bundesebene ist in Österreich das Gesundheitsministerium für die Aspekte der Krankenversorgung und Prävention bei Demenz zuständig, Langzeitbetreuung und - pflege von Menschen mit Demenz liegen im Kompetenzbereich der Bundesländer, Geldleistungen für Langzeitpflege wie Pflegegeld und Pflegefonds in der des Sozialministeriums. In der Versorgung der an Demenz erkrankten Menschen tragen auch die Bundesländer sowie die Sozialversicherung große Verantwortung. Für diese gesamtgesellschaftliche Herausforderung ist ein gemeinsamer Orientierungsrahmen für eine zielgerichtete Kooperation zwischen diesen Stakeholdern besonders wichtig. Die ressortübergreifende Zusammenarbeit ist auch im Sinne der österreichischen Rahmen- Gesundheitsziele, bei denen Health in All Policies ein zentrales Anliegen darstellt. Zielorientierte Erfolge auch mit knappen Budgets Bund, Länder und Sozialversicherungen sowie zahlreiche Einrichtungen und Organisationen setzen bereits Maßnahmen für Prävention und Versorgung von Menschen mit Demenz. Wenn sich dieser Einsatz an einer gemeinsam von Akteuren aller Politikbereiche erarbeiteten Demenzstrategie orientieren kann, werden finanzielle Mittel und Kräfte gebündelt. So können auch mit knappen Budgets Erfolge erzielt werden. Demenz enttabuisieren und früher erkennen Betroffene und deren soziales Umfeld vermeiden auch aus Angst vor Stigmatisierung und einschränkenden Maßnahmen (wie z.b. Führerscheinentzug) eine frühzeitige Abklärung und somit frühzeitige Behandlung. Seite 2 von 5

Menschen mit Demenz sind in der Lage zu und haben auch das Bedürfnis nach Selbstbestimmung. Gesellschaftlich ist dafür ein Einstellungswandel notwendig, der zu einer Überwindung der Stigmatisierung von Demenz und zu einer sozialen Integration im öffentlichen Raum führt. Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung, Sensibilisierung, Aufklärung, Enttabuisierung des Themas Demenz sowie Entstigmatisierung von Erkrankten soll die Integration von Menschen mit Demenz in das soziale Leben stärken und Früherkennung fördern. Von der medizinischen zur psychosozialen Perspektive Demenz wird primär als medizinisches bzw. neurologisch-neuropathologisches Problem begriffen. Psychosoziale Konzepte dagegen beziehen mit ein, dass die Ausprägung von Demenz davon abhängt, wie das soziale Umfeld interagiert. Wird Demenz nicht primär als medizinisches Symptom gesehen, sondern als psycho-soziales Geschehen, können demenzbegünstigende Faktoren wie psychosozialer Stress oder Einsamkeit durch z.b. dichte soziale Netzwerke berücksichtigt und reduziert werden. Demenz ist ein Prozess und kann nicht auf das letzte Stadium reduziert werden. Selbstbestimmt zu Hause so lange wie möglich - Pflegebedürftigkeit verzögern Leben mit Demenz im eigenen Zuhause ist nicht nur der Wunsch der meisten betroffenen Personen, sondern kann auch helfen, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Von Demenz ist das gesamte System Familie betroffen, somit geht es darum, eine bestmögliche, d. h. eine für alle Beteiligten zufriedenstellende und somit nachhaltig tragfähige Versorgung zu arrangieren. Dies umfasst sowohl professionelle Unterstützung als auch die Einbindung des sozialen Umfeldes (Nachbarschaft, Freunde, Ehrenamt) für das Leben zu Hause. Optimale Pflegearrangements berücksichtigen, dass die Bedürfnisse der verschiedenen Akteure divergieren können, was ein ausreichendes, bedarfsorientiertes und aufeinander abgestimmtes Angebot an mobiler, teilstationärer und stationärer Versorgung voraussetzt. Angestrebtes Produkt Das angestrebte Ergebnis des Prozesses zur Verringerung der Pflegebedürftigkeit von Menschen mit Demenz ist eine Demenzstrategie Gut leben mit Demenz, mit Wirkungszielen und Empfehlungen in sechs Handlungsfeldern, die einen gemeinsamen Seite 3 von 5

Rahmen für die (spätere) Konkretisierung der Ziele und Maßnahmen durch die beteiligten Organisationen bildet und die von den Beteiligten mitgetragen wird. Im Regierungsprogramm benannt sind die Themenfelder Öffentliche Bewusstseinsbildung, Versorgungsstrukturen, Prävention und Früherkennung sowie Schulung und Unterstützung von pflegenden Angehörigen. Dabei liegt ein spezieller Fokus auf der Gesundheitsförderung und der Verringerung der Pflegebedürftigkeit. Seite 4 von 5

Über die Autorin: MR Dr. in Magdalena Arrouas Leiterin der Abt. III/2 (Nichtübertragbare-Krankheiten (Non-communicable Diseases), Psychische Gesundheit, Altersmedizin und Komplementärmedizin des Bundesministeriums für Gesundheit und stv. Leiterin der Sektion III Beruflicher Werdegang: 1978 Promotion zum Doktor der gesamten Heilkunde an der Univ. Wien 1978 1982 Absolvierung der Turnusausbildung 1982 1983 Tätigkeit in einem med.-diagn. Labor 1983 1984 Amtsärzteausbildungslehrgang an der Univ. Wien; Sept. 1984 Eintritt in das Gesundheitsministerium Jänner 1992 Bestellung zur Abteilungsleitern seit 1992 Abteilungsleiterin mit wechselnden, breit gestreuten Aufgabenbereichen 2002 2006 Stellvertretende Bereichsleiterin seit 2006 Stellvertretende Sektionsleiterin Impressum Im Letter LAUT GEDACHT stellen namhafte und erfahrene Expertinnen und Experten Überlegungen zur Umsetzung der Patientenrechte an. Der Letter erscheint unregelmäßig seit Juli 2001 und findet sich auf www.patientenanwalt.com zum kostenlosen Download. Herausgeber: NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft, A 3109 St. Pölten, Rennbahnstrasse 29 Tel: 02742/9005-15575, Fax: 02742/9005-15660, E-Mail: post.ppa@noel.gv.at Fu r den Inhalt verantwortlich: Der Letter dieser Reihe repräsentiert jeweils die persönliche Meinung des Autors. Daten und Fakten sind gewissenhaft recherchiert oder entstammen Quellen, die allgemein als zuverlässig gelten. Ein Obligo kann daraus nicht abgeleitet werden. Herausgeber und Autoren lehnen jede Haftung ab. Copyright: Dieser Letter und sein Inhalt sind urheberrechtlich geschu tzt. Nachdruck oder auch nur auszugsweise Weiterverwendungen nur mit Zustimmung des Herausgebers. Zitate mit voller Quellenangabe sind zulässig. Seite 5 von 5