Richtlinie für Luftdichtheitsmessungen bei MINERGIE -Bauten

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Transkript:

VERNEHMLASSUNGS-ENTWURF Richtlinie für Luftdichtheitsmessungen bei MINERGIE -Bauten (nachstehend RILUMI-2017 genannt) Minergie Schweiz, Geschäftsstelle, Bäumleingasse 22, 4051 Basel Gültig ab 1. Januar 2017 Arbeitseinblendung: blau: = Normauszüge MINERGIE Schweiz, Geschäftsstelle Steinerstrasse 37, 3006 Bern, Telefon 031 350 40 60, Fax 031 350 40 51, info@minergie.ch

RILUMI Version 2017_V14 2/32

Inhaltsverzeichnis 1. VORWORT... 4 2. NORMEN UND RICHTLINIEN, MIT VERGLEICHEN UND ANMERKUNGEN... 5 2.1 Übersicht... 5 2.2 Neues aus der EN ISO 9972 (2015) gegenüber der EN 13829 (2000)... 6 2.3 Neues aus der Norm SIA 180 (2014)... 10 3. LUFTDURCHLÄSSIGKEITSMESSUNGEN NACH MINERGIE... 13 3.1 Luftdichtheits-Messkonzept... 13 3.2 Verschiedene Prüfverfahren... 17 3.3 Umgang mit kritischen Bauteilen... 17 3.4 Minergie-Grenzwerte... 19 4. INFORMATIONEN ZUM ABLAUF DER MESSUNG... 25 4.1 Die vorgezogene Messung... 25 4.2 Die Orientierungs-Messung... 25 4.3 Gebäudepräparation... 26 4.4 Datenauswertung... 28 5. BERICHTERSTATTUNG... 28 6. LECKAGESUCHE... 29 7. NORMEN / LINKS / LITERATUR... 31 Liebe Frauen, In dieser Richtlinie werden einfachhalber nur männliche Formen verwendet (z.b. Messpraktiker). Selbstverständlich sind damit Fallweise auch die Frauen gemeint. RILUMI Version 2017_V14 3/32

1. Vorwort Seit der 1. Ausgabe der RILUMI sind bereits 10 Jahre vergangen. Mit kleinen Anpassungen wurden zwar zwischenzeitlich einige Punkte ergänzt, aber für die grossen Knacknüsse (z.b. wie gehen wir vor bei Nicht-Wohnbauten?) wurden bisher noch keine schriftlichen Regeln zur Verfügung gestellt. Auch auf den übergeordneten Ebenen gab es wesentliche Neuerungen: Minergie präsentiert neue Anforderungswerte und Zusätze (MQS) zu den Standard-Labels. Die Norm SIA 180 wurde 2014 vollständig erneuert und setzt neue Grenzwerte. Dazu gibt sie einige Schweizer Eigenheiten auf (u.a. den V a,4 -Wert) und erreicht damit internationale Übereinstimmung. Lediglich bei den Symbol-Bezeichnungen gibt es noch Differenzen. Auf der internationalen Ebene fand ein wichtiger Wechsel statt: Neu ist die EN ISO 9972 (2015) das Mass der Dinge und nicht mehr die EN 13829. Gründe genug also, auch die RILUMI vollständig zu überarbeiten und zu ergänzen. Abbildung 1: Die Luftdichtheit betrifft nicht nur die Gebäudehülle. Auch verschiedene Nutzungszonen, insbesondere Wohnungen, sollen gegeneinander luftdicht sein. Will man auch diese internen Abgrenzungen mit dem Differenzdruckverfahren überprüfen, so müssen die Verfahrensschritte klar geregelt werden. Bei Wohnbauten ist dies relativ einfach. Bei Nicht-Wohnbauten ergeben sich aber meist viele Varianten, was, wie, wo gemessen werden soll. Die RILUMI-2017 beschreibt auf Grund von Erfahrungswerten, wie damit umgegangen werden kann. Abgrenzungen / Verständnis: Die RILUMI-2017 liefert nur Definitionen und Erläuterungen zur Messung und zum Messkonzept. Sie gibt keine Auskunft darüber, wie die Luftdichtheit geplant wird und wie konstruktive Details gelöst und materialisiert werden. Demzufolge richtet sich die RILUMI primär an Messpersonen, Kontrollpersonen (z.b. Zertifizierungsstellen) und interessierte Fachleute, nicht aber an Planer und Architekten. Mit der RILUMI werden messtechnische Informationslücken der übergeordneten Normen nach den QS-Ansprüchen von Minergie geschlossen. Deshalb wirkt die vorliegende Schrift für Nicht-Sachverständige wie ein Puzzle, bei dem viele Teile fehlen. Die restlichen Teile sind dann eben in der SIA 180 und in der EN ISO 9972 zu finden. Vollständig neu ist die Beschreibung, wie mit Nicht-Wohnbauten und kritischen Bauteilen umgegangen werden soll. Auch Hinweise zu Erneuerungsbauten und Mischbauten Neu-Alt werden abgegeben. Damit ist die RILUMI nicht nur normativ, sondern wo notwendig gleichzeitig begründend und erklärend. Ergänzend zur RILUMI gibt es von Minergie eine Checkliste-Luftdichtheit. [5] Auch ein Excel-Tool für eine einheitliche, zusammenfassende Berichterstattung, inkl. Leckagen-Abdichtungsliste steht bei Minergie für Messdienstleister zur Verfügung. [6] Die Verfasser dieser Richtlinie: Gregor Notter und Christoph Tanner Januar 2017 RILUMI Version 2017_V14 4/32

2. Normen und Richtlinien, mit Vergleichen und Anmerkungen 2.1 Übersicht Wirkungsebene Norm / Richtlinie aktueller Jg Grenzwerte weltweit, inkl. Europa EN ISO 9972 [2] 2015/09 keine Grenzwerte Europa EN 13829 *) [3] 2000/11 keine Grenzwerte Schweiz SIA 180 [1] 2014/07 mit Grenzwerten ohne Messpflicht Fachgruppen Interessenverbände Minergie-Dokumente **) RILUMI 2017/01 mit Grenzwerten (mit und ohne Messpflicht) Tabelle 1: Die Wirkungsebenen der Normen *) Mit der Inkraftsetzung der EN ISO 9972 (2015) [2] wurde die (weitgehend gleiche) EN 13829 (2000) abgelöst und alle nationalen CH-Normen haben sich künftig an der EN ISO 9972 zu orientieren. Weitere Erläuterungen zu Normbezeichnungen / Kombinationen (z.b. SN EN ISO) siehe [7] **) Minergie-Dokumente, in welchen aktuelle Minergie-Vorgaben betreffend Luftdichtheit festgehalten sind: bis 2011: Reglement, Anwendungshilfe, Wegleitung, RILUMI (3/2011) ab 2017: Produktereglement Minergie, RILUMI (2017) [4] Für Nutzer der RILUMI ist es unabdingbar, die übergeordneten Normen [1] und [2] im Detail zu kennen. Die dort enthaltenen Beschreibungen und Anordnungen sind in der RILUMI nicht enthalten, da sie als selbstverständliche Grundlagen gelten. RILUMI Version 2017_V14 5/32

2.2 Neues aus der EN ISO 9972 (2015) gegenüber der EN 13829 (2000) Diese Aufzählung ist nicht vollständig, erfasst aber die wichtigsten Parameter 2.2.1 Begriffe und Symbole Die Tabelle unten zeigt einige der wichtigsten Begriffe, mit den unterschiedlichen Symbolen, die dafür in den Normen verwendet werden. In der RILUMI-2017 werden neu die Symbole der EN ISO-Norm 9972 (2015) verwendet. Begriff / Bezeichnung Hüllfläche (Definition siehe EN ISO 9972, 6.1.2) Innenvolumen (Definition siehe EN ISO 9972, 6.1.1) Einheit RILUMI-2017 EN ISO 9972 (2015) EN 13829 (2000) m 2 A E A E A inf m 3 V V SIA 180 (2014) gemessener Volumenstrom m 3 /h q m V m abgelesener Volumenstrom m 3 /h q r V r gemessene Druckdifferenz Pa Δp m Δp m Bezugsdruckdifferenz Pa Δp r Δp r Δp r Leckagestrom bei der Bezugsdruckdifferenz m 3 /h q pr V pr Leckagestrom bei 50 Pa m 3 /h q 50 V 50 q 50 Luftwechselrate bei der Bezugsdruckdifferenz ( Volumenbezug!) h -1 n pr Luftwechselrate bei 50 Pa (Volumenbezug!) h -1 n 50 n 50 Luftdurchlässigkeit bei der Bezugsdruckdifferenz über der Gebäudehülle Luftdurchlässigkeit bei der Bezugsdruckdifferenz 50 Pa (Hüllenbezug!) spezifischer grundflächenbezogener Leckagestrom bei der Bezugsdruckdifferenz über der Gebäudehülle effektive Leckagefläche bei der Bezugsdruckdifferenz m 3 /(h m 2 ) q Epr q pr m 3 /(h m 2 ) q E50 q 50 q a50 / q a50,li / ta m 3 /(h m 2 ) m 2 q Fpr bzw. q F50 ELA pr Strömungskoeffizient m 3 /(h Pa n ) C env q wpr bzw. q w50 Leckagekoeffizient m 3 /(h Pa n ) C L C L C L Strömungsexponent - n (Exponent) n (Exponent) n (Exponent) Tabelle 2: Unterschiedliche Symbolbezeichnungen in den Normen RILUMI Version 2017_V14 6/32

2.2.2 Verfahren zur Vorbereitung des Gebäudes Die EN ISO-Norm 9972 beschreibt in Art. 5.2.1 neu die Prüfverfahren 1 / 2 und 3: Verfahren 1 (in EN 13829 Verfahren A) ist die Prüfung des Gebäudes im Nutzungszustand, wobei die Öffnungen für freie Lüftung geschlossen und die Öffnungen für ventilatorgestützte Lüftung oder Klimatisierung des Gesamtgebäudes abgedichtet werden. Verfahren 2 (in EN 13829 Verfahren B) ist die Prüfung der Gebäudehülle, wobei alle absichtlich vorhanden Öffnungen abgedichtet sowie die Türen, Fenster und Falltüren geschlossen sind. Verfahren 3 (neu) ist die Prüfung des Gebäudes zu einem bestimmten Zweck, wobei die absichtlich vorhanden Öffnungen entsprechend den im jeweiligen Land geltenden Normen oder Richtlinien an diesen Zweck angepasst sind. Anmerkung: In der RILUMI-2017 wird (wie bisher) das Verfahren 2, mit der alten Bezeichnung Verfahren B, vorgegeben. Das Gleiche gilt für die Norm SIA 180. 2.2.3 Definitionen von Innenvolumen und Hüllfläche Das Innenvolumen V der Messzone ist für Messungen nach CH-Normen nicht mehr zwingend erforderlich. Es dient zur Ermittlung des n 50 -Wertes (mit Volumenbezug). Dieser ist aktuell nur noch bei Passivhäusern gefragt. In allen andern Fällen ist der q E50 -Wert (mit Hüllflächenbezug) relevant. Trotzdem ist es ratsam, zu Vergleichszwecken (z.b. Verhältnis A E / V) das Innenvolumen ebenfalls zu ermitteln und allenfalls den n 50 -Wertes auszuweisen. Das Innenvolumen wird in der EN ISO 9972, Art. 6.1.1 wie folgt neu definiert: Das Innenvolumen V ist das Volumen im Gebäude oder im gemessenen Gebäudeteil. Zur Berechnung dieses Volumens sind die Gesamtinnenmaße anzusetzen. Für das Volumen der Innenwände oder -böden dürfen keine Subtraktionen vorgenommen werden. Für das Volumen der Hohlräume in der Gebäudehülle dürfen keine Subtraktionen vorgenommen werden. Das Volumen von Möbeln wird nicht subtrahiert. In der EN 13829 (2000) wurden Zwischenböden und Wände noch abgezogen! Für die RILUMI-2017 hat die neue Formulierung aber keine Bedeutung. Seitens Minergie/RILUMI wurde schon 2007 erkannt, dass mit dem Hüllflächenbezug A E (= inkl. Flächen der Deckenstirnen und Innenwandanschlüsse) gegen die Aussenwände ein Konflikt mit der Volumendefinition entsteht. Auch ist eine Ermittlung des Luft-Volumens einiges aufwändiger, als die Ermittlung des Gesamt-Volumens innerhalb der Hüllfläche. Deshalb wurde von Minergie schon damals beschlossen, in Abweichung zur EN 13829 das Innenvolumen der Messzone so zu definieren, dass Wände und Decken inbegriffen sind (Bezeichnung in der RILUMI 2011: Volumen Total = V T, neu = V). Die Definition für die massgebende Bezugsgrösse der Hüllfläche bleibt für Minergie- Messungen gleich wie früher: Auszug aus der EN ISO 9972 (2015), Kap. 6: Die Hüllfläche A E des Gebäudes oder des untersuchten Gebäudeteils ist die Gesamtfläche aller Böden, Wände und Decken, die das Innenvolumen umschließen. Wände und Böden unter Erdbodenniveau sind eingeschlossenb weitere Details dazu siehe Norm. RILUMI Version 2017_V14 7/32

2.2.4 Genauigkeit der Messtechnik Mit der neuen Norm sind einige Anforderungen an die Messtechnik verschärft worden: - Die Genauigkeit der Druckmessung im Bereich von 0 bis 100 Pascal muss im Bereich von ± 1 Pa sein (EN ISO 9972, Art. 4.2.2) - Thermometer müssen die Temperaturen mit einer Genauigkeit von ± 0.5 K erfassen können. (EN ISO 9972, Art. 4.2.4) - Eine markante Änderung wird bei der Messunsicherheit vorgenommen. Neu heisst es: Unter windstillen Bedingungen liegt die Gesamtunsicherheit in den meisten Fällen unter 10 % (EN 13829: 15%). Unter windigen Bedingungen kann die Gesamtunsicherheit ±20 % erreichen. (EN 13829: 40%) Weitere Details zur Messunsicherheit siehe RILUMI Kap. 3.4.5 2.2.5 Anforderungen an die Messreihe Die Formulierungen zur Erfassung der Messreihe sind in der EN ISO 9972, Art. 5.3.4 teilweise neu: Die Prüfung wird vorgenommen, indem über einen Bereich der erzeugten Druckdifferenzen in Schritten von nicht mehr als etwa 10 Pa Messungen des Volumenstroms und der Druckdifferenz zwischen innen und außen durchgeführt werden. Für jede Prüfung sind mindestens fünf etwa gleich weit voneinander entfernte Datenpunkte zwischen der kleinsten und der größten Druckdifferenz zu definieren. Die kleinste Druckdifferenz muss etwa 10 Pa (d. h. mit einer zulässigen Abweichung von ±3 Pa) oder das Fünffache des Wertes der natürlichen Druckdifferenz ( p01) betragen, je nachdem, welcher Wert höher ist. Die höchste Druckdifferenz muss mindestens 50 Pa betragen; um die höchste Genauigkeit der berechneten Ergebnisse zu erhalten, wird jedoch empfohlen, Ablesungen bei Druckdifferenzen bis hinauf zu 100 Pa vorzunehmen. Anmerkungen zur Messreihe: Bisher wurden von vielen Schweizer Messenden die Messreihen mit 5 Messpunkten aufgezeichnet. Dies basierte auf einem Missverständnis und ist bei genauer Beachtung der Normformulierung nicht zulässig! Es müssen min. 7 Messpunkte sein, was auch für Minergie und die RILUMI Gültigkeit hat! Anders sieht die Sache bei der weiteren Definition der Messreihe nach EN ISO 9972 aus: Wenn standardmässig Messwerte im Bereich von ca. 10 Pa bis zu den empfohlenen 100 Pa aufgenommen werden sollen (mit Abständen von etwa 10 Pa) so ergeben sich für jede Messreihe 10 Messpunkte RILUMI-EN ISO-Abweichung: Nach der Einschätzung und den Erfahrungswerten von Schweizer Messexperten ist diese Messreihen-Definition nach EN ISO übertrieben und nicht zweckmässig. Folgende Formulierung ist deshalb für Minergie-Messungen, in Abweichung zur EN ISO 9972 (2015) zulässig: Es müssen mindestens 7 Messpunkte in etwa gleichmässigen Abständen aufgezeichnet werden. Maximaler und minimaler Messwert sollen 40-70 Pascal auseinander liegen, wobei der Referenzwert (50 Pa) klar innerhalb der Messreihe liegen soll. Bei Abweichungen dieser Regel sind die Randbedingungen zu beschreiben und die Plausibilität der Messung und des Resultats ist nachzuweisen. Werden bei grossen Gebäuden die oberen Druckstufen nicht erreicht: Siehe Beschreibung des Vorgehens in der EN ISO Norm. RILUMI Version 2017_V14 8/32

Begründung für diese einfachere, flexiblere Definition: - Bei Wind führen tiefe Druckstufen zu unnötig hohen Messunsicherheiten - Bei Überdruck sind Manipulationen bei gewissen Messgeräten auf der Aussenseite (z.b. Blendenwechsel) sehr hinderlich. - Bei Messungen in grossen Gebäuden und unter speziellen Bedingungen werden auch von der EN ISO-Norm weit weniger scharfe Bedingungen für die Messreihe noch zugelassen. - Es gibt Blower-Door Software, welche für die Berechnung der Messkurve die aufgenommenen Messpunkte im Bereich von 50 Pascal etwas stärker gewichtet, als die Entfernten. Daraus abzuleiten ist, dass die starre Messkurven-Definition der EN ISO 9972 auch von andern Fachleuten aufgeweicht wird. Für folgende Verfahrensthemen sind bei der Messung weitere Bestimmungen zu beachten: - Erfassung der Temperaturen (EN ISO 9972, Art. 5.3.2) - Natürliche Druckdifferenz (EN ISO 9972, Art. 5.3.3) - Vorausgehende Prüfung (EN ISO 9972, Art. 5.3.1) (Details dazu siehe RILIMI, Kap. 6) 2.2.6 Qualität der Messreihen: Mit der neuen EN ISO 9972 werden in Kap. 6.2 Lücken im Bereich der Qualität der Datenauswertung geschlossen: Zum Strömungsexponenten n und dem Bestimmtheitsmass r 2 wird vorgegeben: Damit die Prüfergebnisse im Kontext dieser Internationalen Norm gültig sind, muss n im Bereich von 0,5 bis 1 liegen und r 2 darf 0,98 nicht unterschreiten. RILUMI Version 2017_V14 9/32

2.3 Neues aus der Norm SIA 180 (2014) Mit der neuen Norm SIA 180 (2014) werden im Bereich Luftdichtheit alte, nicht EN ISO- Kompatible Ausrichtungen aufgegeben. So gibt es keinen V a,4 -Wert mehr und alle wesentlichen Bezugsgrössen sind nun gleich definiert, wie in den internationalen Normen. Lediglich die Bezeichnungen/Symbole sind teilweise noch anders, da bei der Erstellung der SIA 180 die neuste EN ISO 9972 (2015) noch nicht zur Verfügung stand (Symbolvergleich: Siehe RILUMI, Kap. 2.2.1.). 2.3.1 Lüftungskonzept / Luftdichtheitskonzept / Luftdichtheits- Messkonzept Übersicht der verschiedenen erforderlichen Konzepte EN ISO 9972 SIA 180 (2014) Minergie (2017) Lüftungskonzept 1) keine Vorgaben ja, siehe 1) SIA Art. 3.2 Ja (Basis: SIA) Luftdichtheitskonzept 2) keine Vorgaben ja, siehe SIA Art. 3.6.1.6 3) SIA Art. 3.6.1.5 4) SIA Art. 3.6.1.1 5) 6) SIA Art. 3.3.4 Ja (Basis: SIA) Luftdichtheits-Messkonzept 7) keine Vorgaben Tabelle 3: von den Normen geforderte Konzepte keine Vorgaben ja, wenn Messpflicht und spez. Bedingungen 7). 1) 2) 3) 4) 5) Obwohl daslüftungskonzept nichts mit den Messungen zu tun hat, kann für Analysen von Messresultaten und Gutachten im Bereich der Luftdurchlässigkeit der SIA Art. 3.2.5 eine wesentliche Bedeutung erlangen: Wird die Lüftung so geplant, dass ausschliesslich die Bewohner durch manuelle Bedienung die Frischluftzufuhr bzw. die Raumluftqualität sicherstellen müssen, so ist dies bereits in der Baudokumentation deutlich zu vermerken und es ist auf mögliche Probleme hinzuweisen. Zum Luftdichtheitskonzept erläutert die Norm SIA 180 (2014) folgendes: Art. 3.6.1.6: Die Lage und der Verlauf der Luftdichtung in der Fläche, bei den An- und Abschlüssen sowie bei Durchdringungen müssen im Luftdichtheitskonzept festgelegt werden. Art 3.6.1.5: Bei Nicht-Wohnbauten und grossen Gebäuden werden oft sogenannte kritische Bauteile bezüglich Luftleckagen wie Tore, Rolltore, Drehtüren (Publikumseingänge), Lifttüren, RWA-Flügel usw. eingesetzt. Zudem sind Messungen analog den Wohnbauten oft nicht möglich. Die zu erfüllenden Anforderungen und Grenzwerte sind deshalb bei solchen Gebäuden im Luftdichtheitskonzept speziell zu vereinbaren. Eine entscheidende Bedeutung bezüglich luftdichten Bereichen/Zonen hat in der SIA 180 (2014) der Art. 3.6.1.1: Die Anforderungen an die Luftdichtheit betreffen nicht nur die thermische Gebäudehülle, sondern situationsbedingt auch Trennwände innerhalb eines Gebäudes (Wohnungstrennwände, unterschiedliche Nutzungszonen in Gewerbehäusern usw.). Welche Zone RILUMI Version 2017_V14 10/32

6) 7) eines Gebäudes den Luftdichtheitsanforderungen genügen müssen, hat der Planer festzulegen. Ein Spezialfall bezüglich luftdichter Abgrenzungen/Zonen wird in der SIA 180 in Art. 3.3.4 folgendermassen beschrieben und sogar mit einem separaten Grenzwert versehen: Wände, Böden und Decken, welche die Räume mit Luftverschmutzungsquellen oder Feuchtequellen (z.b. Garagen, Keller, Räume mit hoher Radonbelastung) von den Räumen mit Personenbelegung trennen, müssen möglichst luftdicht sein. Türen und Durchführungen zwischen diesen Zonen müssen so ausgeführt sein, dass der Luftvolumenstrom bei 50 Pa Druckdifferenz dividiert durch die totale Oberfläche der Trennwände unter 2 m3/(h m2) liegt. Zum Luftdichtheits-Messkonzept: siehe RILUMI Kap. 3.1 Anmerkungen zum Luftdichtheitskonzept: Das Luftdichtheitskonzept ist eine der wichtigsten Grundlagen für den Messauftrag, bzw. für die Erstellung des Messkonzepts. Seit der Ausgabe der SIA 180 (2014) ist es Pflicht, bei einem Bauprozess ein Luftdichtheitskonzept zu erstellen. Bei Minergie-Bauten ist es Pflicht, dieses auch bei der Zertifizierungsstelle abzugeben. Bei der Erstellung eines Luftdichtheitskonzepts ist zu beachten, dass es ein grosser Unterschied ist, ob es sich beim Bauprojekt um einen Wohnbau oder um einen Nicht-Wohnbau (mit vielen unterschiedlichen Nutzungszonen) handelt. Luftdichtheitskonzept im Wohnungsbau Gemäss Vermerk 5) (siehe oben) legt der Planer fest, welche Zonen gegeneinander Luftdicht sein müssen. Im Wohnungsbau hat er diesbezüglich kaum Freiheit: Wohnungen eines MFH müssen nach den anerkannten Regeln der Baukunst gegeneinander dicht sein. Das Gleiche gilt auch für speziell konditionierte Räume (siehe oben, Vermerk 6) ). Damit ist klar: Im MFH bilden grundsätzlich die Wohnungen die dichten Zonen und es können die Details gemäss Vermerk 3) ausgearbeitet werden. Luftdichtheitskonzept bei Nicht-Wohnbauten Bei Nicht-Wohnbauten ist es bedeutend komplizierter, ein Luftdichtheitskonzept zu erstellen, denn schon in der Projektierungsphase sind schwierige Entscheide zu fällen. Wie oben gezeigt, müssen Wohnungen gegeneinander dicht sein, aber schon bei Hotelzimmern, Büros oder Gewerbeflächen, bei denen meist Trennwände in Leichtbauweise aufgestellt werden, muss das Thema der Abdichtung diskutiert und gemäss Vermerk 5) geklärt werden! Eine Schwierigkeit besteht dabei in der heute oft gewünschten flexiblen Nutzung, wo kurzfristige Nutzungsänderungen möglich sein sollen. Werden Trennwände in Leichtbauweise erstellt und sind durchgehende Hohlböden oder abgehängte Decken geplant, so werden luftdichte Abgrenzungen schwierig. Auch bautechnisch notwendige kritische Bauteile erleichtern die Entscheidung der Zonenabgrenzung nicht. Siehe dazu die Vermerk 4). Sind bezüglich Dichtheit der unterschiedlichen Nutzungszonen im Nicht-Wohnbau keine klaren Entscheidungsunterlagen vorhanden, wird eine Messzonenfestlegung bereits zu einer grossen Hürde. Anmerkung zu Brandabschnitten: Bei Nicht-Wohnbauten kann es dienlich sein, die grösseren Brandabschnitte als Messzone zu definieren. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass 1. rauchdicht nicht gleich luftdicht ist und 2. Brandschutztore in der Schweiz nicht einmal rauchdicht (und damit auch nicht luftdicht) sein müssen. Detaillierte Angaben zur Festlegung der Brandabschnitte finden sich in der VKF Brandschutznorm und den Brandschutzrichtlinien [11] RILUMI Version 2017_V14 11/32

2.3.2 Neue SIA Grenzwerte Die SIA-Norm 180 (2014) schreibt folgende Grenz- und Zielwerte vor: (Anmerkung: q a50,li / q a50,ta ist gleichbedeutend wie q E50 (nach EN ISO 9972, 2015) Tabelle 4: Neue Grenzwertanforderungen in der SIA 180 Anmerkungen: 1. Zwingend einzuhalten sind die Grenzwerte. Die Zielwerte sind jedoch anzustreben. 2. Ein weiterer Grenzwert wird in Art. 3.3.4 beschrieben: siehe RILUMI Kap. 2.3.1, Vermerk 6) 3. Werden von CH-Fachgruppen und Verbänden (z.b. Minergie) Grenzwerte vorgegeben, so ergeben sie nur Sinn, wenn sie strenger als diejenigen der Landesnorm (SIA 180) sind. 2.3.3 Weitere SIA Hinweise zu den Messungen Messzeitpunkt: Sowohl in der EN ISO, als auch in der Norm SIA 180 stehen Aussagen zum Messzeitpunkt: SIA 180, Art. 3.6.4.2: Die Messung der Luftdurchlässigkeit ist bei Neubauten in der Regel als vorgezogene Messung am Ende der Ausbauphase durchzuführen, wenn alle wesentlichen Arbeiten, die zur Dichtheit beitragen, abgeschlossen sind. Sie kann aber auch nach Abschluss der Bauarbeiten oder im Nutzungszustand durchgeführt werden. Prüfverfahren: Die SIA 180 fordert in Art 3.6.4.4 das Prüfverfahren B, was dem heutigen Verfahren 2 entspricht (vgl. RILUMI Kap. 2.2.2) RILUMI Version 2017_V14 12/32

3. Luftdurchlässigkeitsmessungen nach Minergie Dieses Kapitel beschreibt die in den übergeordneten Normen EN ISO 9972 (2015) und SIA 180 (2014) offen gelassenen oder nicht beschriebenen Punkte, die einer zwingenden Regelung bedürfen, wenn Grenzwerte gesetzt werden. Nur mit diesen zusätzlichen Verfahrensvorgaben und Definitionen werden die von den verschiedenen Personen durchgeführten Messungen vergleichbar. 3.1 Luftdichtheits-Messkonzept Zusätzlich zu dem von der Norm SIA 180 vorgegebenen Lüftungskonzept und Luftdichtheitskonzept (vgl. RILUMI Kap. 2.3.1) ist für Messungen mit Messpflicht nach dem Minergie Produktereglement bei folgenden Gebäudekategorien ein Luftdichtheits-Messkonzept zu erstellen: Bei Wohnbauten (MFH, REFH) mit mehr als fünf Nutzungseinheiten. Bei Zweckbauten (Nicht-Wohnbauten) Ein Luftdichtheits-Messkonzept zeigt die Anzahl und die Lage der Messzonen und begründet deren Auswahl. Dafür sind meist auch erste Absprachen mit dem Planer und der Bauleitung notwendig, denn aus organisatorischen und bautechnischen Gründen können nicht immer zu jedem Zeitpunkt, an jedem beliebigen Ort, Messungen ausgeführt werden. Das Messkonzept ist in der Regel mit dem Minergie-Antrag der Zertifizierungsstelle schriftlich zur Genehmigung einzureichen. Werden Messberichte aus Bauten ohne genehmigtes Messkonzept eingereicht, so können sie zurückgewiesen werden. 3.1.1 Anzahl und Auswahl der Messzonen bei Wohnbauten: Die Auswahl der Messzone ist in Art. 5.1.2 der EN ISO 9972 nicht verbindlich vorgegeben. Die Schweizer Norm SIA 180 regelt das genauer, indem klar gezeigt wird, dass Dichtheit auch zwischen verschiedene Nutzungszonen gefordert ist. Siehe dazu RILUMI Kap. 2.2.1. 3.1.1.1 Bestimmung der Messzone beim EFH Für EFH braucht es nach Minergie kein Messkonzept. Die Bestimmung der Messzone bei neuen EFH ist meist klar. Bei älteren Gebäuden ist vorgängig zu klären, ob allenfalls der Luftdichtheitsperimeter vom Wärmedämmperimeter abweicht. Die EN ISO 9972 formuliert die Messzone in Art. 5.1.2. a) wie folgt: Üblicherweise umfasst der gemessene Gebäudeteil alle absichtlich konditionierten Räume (d. h. Räume, die dafür vorgesehen sind, als Ganzes direkt oder indirekt beheizt, gekühlt und/oder belüftet zu werden). Abbildung 2: Bei älteren EFH ist zu klären, wo der Luftdichtheitsperimeter verläuft. RILUMI Version 2017_V14 13/32

3.1.1.2 Bestimmung der Messzone bei MFH und Wohnüberbauungen Gemäss RILUMII Kap. 3.1 sind bei MFH bis 5 Wohnungen alle Einheiten zu messen, denn jede Wohnung entspricht einer Nutzungseinheit. Wohnungen (= Nutzungseinheit) sind zwingend möglichst Luftdicht zu erstellen. Vgl. Anmerkungen in RILUMI Kap.2.3.1 Abbildung 3: MFH mit 4 Wohnungen. In MFH muss jede Nutzungseinheit (Wohnungen, Gemeinschaftsräume etc.) gegenüber den andern Nutzungseinheiten luftdicht sein! Dies gilt auch für Treppenhäuser, die aber selten als separate Zone gemessen werden. Bei grösseren Wohnüberbauungen wäre es unvernünftig, sämtliche Wohnungen ausmessen zu müssen. Werden systematische Problemstellen entdeckt, können diese auch ohne weitere Messungen bei den gleichen Wohnungstypen und/oder Konstruktionsdetails nachgebessert werden. Der folgende Abschnitt zeigt anhand der bisherigen Minergie- Gewohnheitspraxis (Basis RILUMI 2007), wie die Reduktion der Anzahl Messungen umgesetzt wird. Abbildung 4 und Tabelle 5: Hilfestellung für die Bestimmung der Anzahl Messungen bei Wohnüberbauungen. Die effektive Anzahl Messungen soll von der Vielfältigkeit der folgenden Auswahlkriterien abhängen. Je einfacher die Strukturen desto weniger Messungen. RILUMI Version 2017_V14 14/32

Kriterien bei der Messzonen-Auswahl von Wohnbauten - Es sind möglichst unterschiedliche Wohnungstypen zu berücksichtigen. (Wohnungstyp: Anzahl Zimmer und/oder stark unterschiedliche Grundrisse). - Es sollen verschiedene Wohnungsexpositionen berücksichtigt werden (unterschiedliche Stockwerke und Himmelsrichtungen). - Es sind Wohnungen zu bevorzugen mit: 1. grossen Fassadenflächen 2. viel Flächenanteil gegen andere Nutzungszonen (ausser Betonböden und Betondecken) - Es sind Zonen mit unterschiedlichen Konstruktionen und Trennflächen (Wände, Fenster, Decken, etc.) zu berücksichtigen. - Wohnungen mit kritischer Lage sollen höhere Messpriorität haben (Dachgeschosse, Erdgeschosse, Angrenzung zum Lift etc.). - Hat eine Überbauung mehrere Gebäude, so sollen die Messungen auf diese verteilt werden. Allerdings ist dabei der Bauablauf zu berücksichtigen (mehrere Messungen im Ersten, messbereiten Objekt durchführen Erfahrungen auswerten und weitergeben). 3.1.2. Bestimmung der Messzonen bei Nicht-Wohnbauten: Abbildung 5: Grossbaustelle beim Stadtspital Triemli, Zürich. Im Bau ist das neue Bettenhaus. Foto: 22.06.2012 Bei grossen Nichtwohnbauten (z.b. Bankgebäude, Spitäler, Schulhäuser, Hallenbäder, Shoppingcenter etc.) ist es oft nicht möglich (oder wenig sinnvoll), mit einer Blower-Door Grossaktion die ganze Baustelle für die Messungen lahm zu legen. Bei solchen Bauten hat es sich bewährt, Messungen in Gebäudeteilen und/oder Nutzungseinheit durchzuführen. Innerhalb einer Nutzungseinheit (z.b. Bürotrakt / Produktionshalle) können auch unterschiedliche Zonen (z.b. Raucherräume, Küchen / Restaurant gegenüber angrenzenden Büros) separat gemessen werden. Welche Zonen gegeneinander dicht sein müssen, ist dem Luftdichtheitskonzept zu entnehmen (vgl. RILUMI Kap. 2.3.1). RILUMI Version 2017_V14 15/32

3.1.2.1 Kriterien bei der Messzonen-Anzahl Mögliche Messzonen bei Nicht-Wohnbauten (Erfahrungs-Aufzählung): Wo möglich: Testmessungen an Mockup / Modellen ganzes Gebäude Gebäudeteil / Gebäudeflügel ganze Geschossfläche (noch ohne innere Einbauten) Unterschiedliche Nutzungseinheiten Unterschiedliche Nutzungszonen (Raucherraum, Küche, Restaurant, etc.) Brandabschnitt (Brandschutztore sind in der Schweiz nicht rauchdicht/luftdicht!) Fassadenteil(e), dabei beachten: - Auswahl unterschiedlicher Fassadenkonstruktionen mit möglichst viel Fläche gegen Aussenklima - Ecksituationen und Elementstösse - Bei sehr grossen Bauten: evtl. provisorische Einhausung zu den Fassadenbereichen erstellen - Kritische Bauteile Ob eine Messung mit vertretbarem Aufwand durchführbar ist, hängt meist von folgenden bauseits gegebenen Faktoren ab: - Bauablauf (Etappierungen) - Baufortschritt (z.b. Fertigstellung von oben nach unten) - Betriebsablauf Terminpläne, - Bereiche mit vorgezogener Nutzung/Betrieb - Meteo-Bedingungen Anmerkungen: Bei grossen und komplexen Gebäuden können nicht immer alle gewünschten Messungen mit einem vernünftigen Aufwand durchgeführt werden. So kann es je nach Baufortschritt, zu Situationen kommen, wo Blockaden oder Zusatzaufwendungen für die Messvorbereitungen schlicht nicht mehr akzeptabel sind. Je nach Situation ist zu prüfen, ob durch erweiterte Messtechniken wie Stützdruckmessungen, Adding A Hole, etc. zweckdienliche Resultate ermittelt werden können. [12] 3.1.2.2 Weitere Prüfmöglichkeiten Bei der Auswahl der Messungen, bzw. bei der Erstellung des Messkonzepts ist die Möglichkeit von weiteren Prüfungen zu erwägen: Für Nicht-Wohnbauten hat sich im Sinne der Minergie Qualitätsüberwachung bisher Folgendes bewährt: - Erweiterte Lecksuche (wo möglich mit qualitativer und quantitativer Erfassung) - Thermografieaufnahmen (aussen/innen Betriebszustand, Temperaturdifferenzen!). - Druckmessungen (natürlicher Druck auf verschiedenen Höhenlagen im Betriebszustand). Je nach Jahreszeit und Betriebsart der Lüftung zeigt sich dabei, wie gross der Stack-Effekt ist und damit die Druckbelastung für die Fassadenkonstruktion. RILUMI Version 2017_V14 16/32

3.2 Verschiedene Prüfverfahren 3.2.1 Minergie Regelung analog SIA 180 Für Minergie-Messungen gilt grundsätzlich das Prüfverfahren 2 nach EN ISO 9972. Auch die SIA 180 bestätigt dieses Verfahren für den Standardfall. Damit sind bei einer Messung: alle absichtlich vorhanden Öffnungen abgedichtet sowie die Türen, Fenster und Falltüren geschlossen. Eine detaillierte Checkliste, wie für diesen Fall mit allen möglichen Öffnungen in der Hüllfläche umzugehen ist, zeigt das Register Abdichtungen, im Excel-Tool für die Datenauswertung und Berichterstattung [6]. Ziel des Verfahrens 2 ist es, nur diejenigen Leckagen messtechnisch zu erfassen, die der Gebäudehülle zugeordnet werden. Im (nicht erreichbaren) Idealfall müsste ein Messresultat q E50 = 0 m 3 /(h m 2 ) sein. Bei Minergie-Gebäuden sollten sich in der Regel kaum Unterschiede zwischen den Messverfahren 1 und 2 ergeben, da Öffnungen in der Gebäudehülle schon in der Planung konsequent vermieden werden. Die Ausnahmen dazu zeigt das folgende Kapitel kritische Bauteile. 3.3 Umgang mit kritischen Bauteilen Abbildung 6: Rolltor für Warenanlieferung in einem grossen Gebäude. Aussen kalt, innen warm. Solche Tore können nie die Dichtheit von heutigen Fenstern und Türen erreichen. Der Begriff kritische Bauteile (bezüglich Luftleckagen) wurde in der Schweiz 2010 eingeführt. Er bezeichnet Bauteile, bei denen technisch bedingt eine mehr oder weniger hohe Luftdurchlässigkeit zu erwarten ist. Werden in einem Objekt viele solche Bauteile eingesetzt, so kann der Leckstrom bei der Messung so gross werden, dass es ohne deren Abdichtung nicht mehr möglich ist, strenge Grenzwerte für die Gebäudehülle einzuhalten. (Bsp: Feuerwehrdepot beheizte Fahrzeuhalle, undichte Rolltore). Solche Bauteile, mit nicht vermeidbarem Leckstrom, gibt es aber in kleiner Form auch bei Wohnbauten. Beispiele bei Nicht-Wohnbauten: - Doppellifttüren (in Aussenwänden) - Eingänge für Publikumsverkehr (Schiebetüren, Drehtüren mit Bürstendichtungen, etc.) - Rolltore, Schiebetüren, Falttore, Sektionaltore etc. - Rauch- und Wärmeabzugs-Öffnungen bei Liftanlagen - Rauchschutz-Druckanlage (RDA) - Rauch- und Wärmeabzugsflügel (RWA) RILUMI Version 2017_V14 17/32

Bei Wohnbauten - Chemineé - Einzelraum-Ofen - Katzenklappe Für Minergie-Messungen werden die kritische Bauteile gemäss der Beschreibung des Prüfverfahrens 2 (Gebäudehülle) behandelt: absichtlich vorhandenen Öffnungen werden abgedichtet. Zwar bezieht sich der Grundgedanke dieser Formulierung hauptsächlich auf Lüftungsanlagen und Abluftöffnungen, aber im erweiterten Sinn sind auch die unvermeidbaren Leckagen der kritischen Bauteile absichtlich vorhandene Öffnungen. Leitgedanke für die Messvorbereitung/Gebäudepräparation nach Minergie soll deshalb sein: Was nicht dicht konstruiert werden kann (kritische Bauteile), soll abgedichtet werden. Was dicht sein kann (nach heutigem Stand der Technik), soll nicht abgedichtet werden (z.b. ein Wäscheabwurf, eine schliessbare Lüftungsklappe am Dachfenster etc.). Damit ergeben sich in Nutzungszustand für spezielle Gebäudetypen konfuse Situationen: Es wird ein hoher Aufwand für eine dichte Gebäudehülle betrieben, aber gleichzeitig ist klar, dass durch kritische Bauteile grosse Lüftungswärmeverluste hingenommen werden müssen. Um mehr Wissen bezüglich dieser unbefriedigenden Situation zu erhalten, sollen nach der regulären Messung (mit provisorisch abgedichteten, kritischen Bauteilen), die Abdichtungen bei den einzelnen, kritischen Bauteilen sukzessive entfernt werden. Dabei ist bei jedem Bauteil mittels Ein-Punkt-Messung bei 50 Pa Unterdruck (oder Überdruck) der Leckstrom des Bauteils mittels Differenzbildung zu ermitteln. Damit können dann auch abschätzende Vergleiche zu einigen Bauteilnormen erstellt werden (siehe RILUMI, Kap.7, weitere Normen). Informativ ist dieses Verfahren auch in der EN ISO 9972, Anhang E kurz beschrieben. RILUMI Version 2017_V14 18/32

3.4 Minergie-Grenzwerte 3.4.1 Grenzwerte für Minergie-A -/-P - und Minergie -Gebäude Energie-Standard Neubau q E50 [m 3 /h m 2 ] Minergie-A / -P Messung obligatorisch 0.8 1.6 Minergie Messung fakultativ 1.2 1.6 Erneuerung Zusatzbedingungen: - als Durchschnittswert von Unterdruck und Überdruck - mit Messverfahren 2 - als Abnahmemessung des fertig erstellten Bauwerks - oder als vorgezogene Messung - mit Gesamt-Messunsicherheit max. 15 % Anmerkungen: - Verbleibende einzelne Leckagen dürfen, auch bei erfülltem Grenzwert, weder zu Schäden am Gebäude noch zur Verminderung der Behaglichkeit führen (z.b. Zugluft, Geruch, Schall). - Auch gute Messergebnisse schliessen problematische, nicht erkannte Einzelleckagen sowie verdeckte Mängel in der Konstruktion nicht aus. - Die Luftdurchlässigkeit kann sich im Verlauf der Zeit verändern. Tabelle 6: Die Grenzwerte von Minergie Die Luftwechselraten sind im Bericht mit 2 Dezimalen anzugeben. Für die Beurteilung, ob ein q E50 -Grenzwert erfüllt ist, gelten die auf 1 Dezimale gerundeten Messwerte. Beispiel: Ein Messwert q E50 = 0.84 [m 3 /h m 2 ] ergibt gerundet q E50 = 0.8 [m 3 /h m 2 ], womit der Grenzwert erfüllt ist. Vorgehen beim Nicht-Erreichen des Grenzwertes: Siehe RILUMI, Kap.???? 3.4.2 Weitere spezifische Grenzwertanforderungen Zusatzregelung für Erneuerungen a) Bei Wohnbauten: Falls bei Erneuerungen der Grenzwert für einzelne Wohnungen nicht eingehalten werden kann (z.b. wegen nicht sanierten, undichten Böden und Decken), ist die Erfüllung des Grenzwertes über das gesamte Gebäude nachzuweisen. Wird der Grenzwert über das ganze Gebäude erfüllt, kann ein Zertifikat ausgestellt werden. Im Zertifikat wird dann ein Vermerk angefügt, dass die Minergie-Anforderungen nicht vollständig erfüllt sind und eine Verminderung der Behaglichkeit bezüglich Geruch und Schall möglich ist. b) Bei Nicht-Wohnbauten: Hier gilt, soweit es das Bauprojekt zulässt, die gleiche Regelung. Die Entscheidung über das detaillierte Vorgehen und über die Festlegung und Beurteilung der Grenzwerte muss im Messkonzept in Absprache mit der Zertifizierungsstelle abgehandelt werden. c) Bei neubauartigen Umbauten: (z.b. Auskernungen) ist der q E50 -Wert 0.8 [m 3 /h m 2 ] für Neubauten einzuhalten. RILUMI Version 2017_V14 19/32

Erneuerungen mit Erweiterungen Sind Erweiterungen und bestehendes Gebäude vollständig oder nur durch eine Öffnung/Tür getrennt, so ist für beide Teile je eine Luftdichtigkeitsmessung auszuführen. Bei ± dichter Zwischenwand *) gilt dabei: Erweiterungen / Anbauten (= Neubauten) Neubauwert q 50 = 0.8 [m 3 /h m 2 ]. Erneuerung / Sanierung Erneuerungswert q 50 = 1.6 [m 3 /h m 2 ]. Die Zwischenwand wird jeweils zur Hüllfläche A E dazugerechnet.) *) Ist die Zwischenwand (gemeinsame Trennfläche) nicht genügend dicht, so kann evtl. das Messverfahren mit Stützdruck angewendet werden. q E50 Minergie-A/-P 0.8 Minergie 1.2 q E50 Minergie-A/-P 1.6 Minergie 1.6 q E50 Minergie-A/-P 1.6 Minergie 1.6 q E50 Minergie-A/-P 1.6 Minergie 1.6 q E50 0.8 1.2 Abbildung 7: Separate Messungen von Erneuerung und Erweiterung B Ist eine Erweiterung und das bestehende Gebäude offen verbunden (ohne Zwischenwand), so ist eine Luftdichtigkeitsmessung für das gesamte Objekt auszuführen. Die Grenzwertanforderung ergibt sich dabei aus den einzelnen, objektspezifischen Grenzwerten (osgw):,.,.!".# $%&&! ' [m 3 /h m 2 ] Dabei entfällt die gemeinsame Verbindungsfläche bei der Ermittlung von A E, weil das Gesamtgebäude als eine Nutzungseinheit betrachtet wird. q E50 nach Formel! q E50 Minergie-A/-P 1.6 Minergie 1.6 q E50 nach Formel! Abbildung 8: Mischmessung von Erneuerung mit Erweiterung B RILUMI Version 2017_V14 20/32

Umnutzung Mit Raumtemperaturänderung Werden Gebäude oder Gebäudeteile umgenutzt, und ist dies mit einer Erhöhung oder Absenkung (z.b. Kühlräume / -gebäude) der Raumtemperatur verbunden, so muss der q E50 -Wert: für Erneuerung von 1.6 m 3 /h m 2 bei Raumtemperaturänderung 5 Kelvin Neubauten von 0.8 m 3 /h m 2 (Minergie-A/-P) respektive 1.2 m 3 /h m 2 (Minergie) bei Raumtemperaturänderung > 5 Kelvin eingehalten werden Ohne Raumtemperaturänderung Geschieht die Umnutzung ohne Raumtemperaturänderung (z.b. Verwaltung in Wohnungen) so muss der q E50 -Wert: für Erneuerung von 1.6 m 3 /h m 2 bei Raumtemperaturänderung 5 Kelvin eingehalten werden. Spezialfälle Spezialfälle sind immer vorgängig mit der Zertifizierungsstelle abzusprechen und der massgebliche q E50 -Wert zu definieren. 3.4.3 Grenzwert-Anforderungen bei Nicht-Wohnbauten: Gegenüber Wohnbauten ist es bei Nicht-Wohnbauten oft unberechenbar, was einem auf der Baustelle, bei den Messungen und bei der Lecksuche alles erwartet. Mit Unvorhersehbarem muss gerechnet werden. Es ist deshalb ratsam, beim Messkonzept mit der Zertifizierungsstelle sorgfältig abzuwägen, wo die Grenzwerte zwingend eingehalten werden müssen und wo eine Messung durchzuführen ist mit dem Ziel Situationscheck oder primäre Leckagen-Suche. Eine nicht zwingende Handhabe der Grenzwerte ist bei komplexen Bauten situationsbedingt angezeigt. Werden weitere Prüfmöglichkeiten im Sinne der Minergie Qualitätsüberwachung angeordnet (siehe RILUMI, Kap. 3.1.2.2.), so sind dort meist keine Grenzwertsetzungen möglich (z.b. thermografische Aufnahmen). Es ist bei solchen Prüfungen davon auszugehen, dass es im Sinne aller am Bauprozess Beteiligten ist, dass entdeckte Ungereimtheiten oder Problemstellen weiter untersucht und nachgebessert werden. RILUMI Version 2017_V14 21/32

3.4.4 Messunsicherheit Beurteilung der Messresultate und Umgang mit der Messunsicherheit Ist ein Messresultat nach Abbildung 9 im Bereich a) b) oder c), so wird der Messwert als erfüllt beurteilt. Ebenso klar ist Fall e), der als nicht erfüllt gilt. Für Minergie gelten auch Resultate aus dem Bereich d) normalerweise als nicht erfüllt. Hier kann jedoch ein Experte unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren darlegen, ob er das Messresultat bezüglich der Grenzwert-Ziele akzeptabel findet oder nicht. (MU) (MU) Abbildung 9: Mögliche Resultate in Bezug auf einen Grenzwert. Anmerkungen zur Messunsicherheit Die EN ISO 9972 schreibt dazu in Art. 8.3: Unter windstillen Bedingungen liegt die Gesamtunsicherheit in den meisten Fällen unter 10 %. Unter windigen Bedingungen kann die Gesamtunsicherheit 20 % erreichen. Ein unscharfes Resultat geht nicht nur aus der Messtechnik/Messunsicherheit hervor. Auch ein unterschiedliches Vorgehen, bzw. Verfahren bei der Gebäudepräparation (z.b. bei den provisorischen Abdichtungen) ergibt erhebliche Resultats-Unterschiede, wenn mehrere Messteams ein und dasselbe Objekt messen. Deshalb ist die Festsetzung von detaillierten Standards bei allen Verfahrensfragen enorm wichtig, was mit der vorliegenden RILUMI erfüllt wird. Windeinfluss auf die Messunsicherheit Die nachfolgende Tabelle 7 führt den maximalen Messfehler in Abhängigkeit der Windstärken, der Lage des Objektes und der Anzahl Referenzdruckmessstellen auf. RILUMI Version 2017_V14 22/32

Tabelle 7: Windstärken und Messunsicherheit, Quelle: FliB / Geissler http://bauwesen.htwk-leipzig.de/fileadmin/fbbauwesen/professoren/lewitzki/energie/energie_umwelt_2009_2010/beiblatt.pdf Ab Windstärke 4 sind kaum mehr akzeptable Messwerte erhältlich, die Messunsicherheit steigt in den meisten Fällen über 15 %! RILUMI Version 2017_V14 23/32

3.4.5. Nicht erreichen des Grenzwertes Wird ein Grenzwert nicht erreicht, so ist normalerweise folgendes Vorgehen sinnvoll: a) Kontrolle, ob sich die provisorischen Abdichtungen gelöst haben. Einige Klebband- Typen (Beton-Klebeband) können sich unter Druck ablösen! b) Prüfen, ob bessere/andere Abdichtungsmethoden bei der Lüftungsanlage und bei den weiteren zulässigen, provisorischen Abdichtungen angebracht werden können (vgl. RILUMI, Kap. 4.3.3.). Dazu gehört auch die Kontrolle, ob die Blower-Door und der Ventilator allseitig dicht eingebaut sind. Für das Prüfverfahren 2 ist klar geregelt, was abgedichtet werden darf und was nicht (siehe RILUMI Kap. 2.2.2 und kritische Bauteile Kap. 3.3). Dichtet eine Prüfperson provisorisch oder nicht-fachmännisch alle auffindbaren Leckstellen ab, damit ein Grenzwert noch erreicht wird, so ist das ohne Offenlegung der nichtreglementarischen Bedingungen ein grober Verstoss gegen Treu und Glaube an die Messperson. c) Detaillierte Lecksuche. Achtung: Ein nicht erreichen des Grenzwertes sollte vorgängig mit dem Auftraggeber und der Bauleitung diskutiert werden. Meist ist der Aufwand (zeitlich und monetär) für diese u.u. langwierige Zusatzarbeit nicht einkalkuliert. Wie weit eine detaillierte Leckortung gehen soll, hängt vom Auftrag und vom möglichen Schadenpotenzial ab. Siehe dazu: Forschungsbericht Leckagen [8] Achtung: Der zu beurteilende Wert ist der Mittelwert einer Unter- und Überdruckmessung. 3.4.6 Befugnis für Auflagen Zulässig, bzw. sogar sinnvoll betreffend Leckortung ist folgendes Vorgehen. Details zur Leckortung siehe auch RILUMI, Kap.6 1. Werden schon bei der vorausgehenden Prüfung (kleine Lecksuche) Leckagen gefunden, die von der Messperson definitiv, dauerhaft und fachmännisch abgedichtet werden können, so ist das eine positive willkommene Dienstleistung. 2. Werden schon bei der kleinen Lecksuche Leckagen gefunden, die nicht abgedichtet werden dürfen/können und die mutmasslich zum Resultat nicht erfüllt führen, so muss vor Ort über das weitere Vorgehen entschieden werden. Dabei gibt es 2 Fälle: a) Es werden Leckagen gefunden, die vor der Messung nicht mehr definitiv, dauerhaft und fachmännisch abgedichtet werden können (z. B: undichte Leitungsdurchführungen, undichte Glasleisten, undichte Lüftungskanäle etc.). In diesem Fall ist es meist sinnvoll, eine detaillierte (wenn möglich quantifizierte) Lecksuche und Protokollierung durchzuführen, so dass gezielt Nachbesserungen ausgeführt werden können. Achtung: Hier wird die Redlichkeit der Prüfperson gefordert (siehe Kapitel 3.4.5). b). Hin und wieder werden auch dumme Leckagen gefunden, die zum Misserfolg der Messung führen (z.b.: Verklemmter Planet-Verschluss, Loch in Glasscheibe (Bauschaden), irgendwo fehlende Dichtungsfuge). Hier soll es bei 1 bis 2 Problemstellen aus ökonomischen Gründen zulässig sein, dass die Messperson für die Messung eine unerlaubte provisorische Abdichtung anbringt. Dies jedoch nur bei Leckagen, bei denen der Erfolg der Nachbesserung problemlos optisch kontrolliert werden kann. Wird so ein Grenzwert erfüllt, muss für Minergie-Labels keine weitere Nachmessung ausgeführt werden. Für die Nachbesserung der Problemstellen gilt: RILUMI Version 2017_V14 24/32

Die nachträgliche Abdichtung muss durch den Unternehmer fachgerecht und am gleichen Ort wie diejenige der Prüfperson ausgeführt werden. Die Abdichtung muss mit geeignetem Material für dauerhafte Dichtung erstellt werden. Die Abdichtung muss nach deren Erstellung durch den Messenden optisch kontrolliert werden können (Ein Fotobeweis seitens Bauleitung kann zulässig sein). Die Kontrolle ist im Prüfbericht zu dokumentieren oder später der Zertifizierungsstelle nachzureichen. 3. In speziellen Fällen kann der Messpraktiker auch ohne Überschreitung des Grenzwertes Auflagen zur Nachbesserung anordnen. Dies vor allem dann, wenn er bei der Lecksuche potenzielle Schadstellen aufspüren kann (vgl. dazu Anmerkungen bei den RILUMI Grenzwerten (Tabelle 6). 4. Informationen zum Ablauf der Messung 4.1 Die vorgezogene Messung Eine Luftdurchlässigkeitsmessung kann auch vor der Bauvollendung durchgeführt werden. Für eine sog. vorgezogene Messung (vgl. EN ISO 9972, Art. 5.1.3) müssen alle relevanten Arbeiten für die Dichtung der Gebäudehülle bzw. der Dichtung der Messzone abgeschlossen sein. Erfüllt das Ergebnis die Grenzwertanforderung, so wird das Resultat für die Anforderung nach Minergie anerkannt und es muss keine weitere Abnahmemessung nach Bauvollendung durchgeführt werden. Im Messbericht ist der Bauzustand bei der vorgezogenen Messung zu protokollieren und alle provisorischen Abdichtungen sind detailliert zu beschreiben (siehe auch Vorlage Abdichtungen, im Excel-Tool für die Datenauswertung und Berichterstattung). [6] Bei einer vorgezogenen Messung kann es vorkommen, dass ein Bauteil noch nicht funktionstüchtig ist oder gar noch fehlt (Wohnungstür, Liftvorsatztür, Tür zur Garage, defektes Fenster wegen Bauschaden etc.) In solchen Fällen darf ausnahmsweise eine provisorische Abdichtung dafür eingesetzt werden, was jedoch genau zu dokumentieren ist (Foto). Für solche Fälle gilt zudem das Prinzip der Auflage (vgl. RILUMI, Kap 3.4.6): Ein nachträglicher korrekter Einbau ist durch die Messperson zu bestätigen. Zu den normalen Ausnahmen, die nicht nachkontrolliert werden muss, gehört die Wohnungstür, welche meist erst am Schluss eingesetzt wird, wenn das Minergie-Label bereits vergeben ist. Eine vorgezogene Messung (evtl. mit detaillierter Leckortung, vgl. Kapitel 6) ist in der Bauphase meist sinnvoll und von den Unternehmern erwünscht, da allfällige Leckagen ohne grossen Aufwand nachgebessert werden können. Mit der Fertigstellung des Gebäudes wird vor allem durch Schreiner-, Gipser- Maler- und Plattenlegerarbeiten die Luftdichtigkeit eher noch verbessert. Infolge nachträglicher Installationsarbeiten (insbesondere elektrische) oder durch die Montage der Lüftungsanlage können aber auch wieder zusätzliche Leckagen geschaffen werden. Die Bau-Fertigstellung bewirkt also meist noch eine Veränderung der Luftdurchlässigkeit. Deshalb sind Messresultate aus vorgezogenen Messungen nicht repetierbar und sollten besonders gut zu dokumentiert werden! 4.2 Die Orientierungs-Messung Oft wird bei einer Gebäudeuntersuchung gefordert, in kürzester Zeit, mit kleinstmöglichem Aufwand (Kosten!), einen Hinweis zur Luftdichtheit zu geben. Wird mit einem abgekürzten, vereinfachten Verfahren ein Luftdurchlässigkeits-Messresultat ermittelt - z.b. nur mit Unter- RILUMI Version 2017_V14 25/32

druck, nur als 1-Punkt Messung bei 50 Pa, mit nur abgeschätzter Bezugsgrösse - oder mit anderen von den Normen und dieser Richtlinie abweichenden Messanordnungen, so ist das eine orientierende Messung. Damit verbunden sind auch andere, meist höhere Messunsicherheiten als bei Standard-Messungen. Die korrekte Bezeichnung einer solchen Messung lautet dann Orientierungsmessung, in Anlehnung an Norm xy wobei angefügt werden sollte, worin die Anlehnung / Nichtanlehnung besteht (Lesenswerter Link dazu für Messpraktiker: [10]. Ein Resultat einer orientierenden Messung kann wohl mit Grenzwerten verglichen werden, aber es ist keine Beurteilung (erfüllt / nicht erfüllt) im Sinne der Minergie Grenzwerte zulässig. 4.3 Gebäudepräparation 4.3.1 Messzonen Welches die zu messenden Zonen sind, muss frühzeitig abgeklärt werden! Grundlage für die Bestimmung der Messzonen ist das Luftdichtheitskonzept. Siehe dazu: RILUMI Kap. 2.3.1 4.3.2 Zustand der Nachbarzonen Bei Einfamilienhäusern gibt es meist nur eine Messzone. Bei MFH und Nicht-Wohnbauten sind jedoch fast immer Nachbarzonen vorhanden. Insbesondere in MFH bilden die angrenzenden Wohnungen eine Nachbarzone, die luftdicht abgetrennt werden muss (vgl. RILUMI Kap. 2.3.1). Damit die Trennwände zu diesen Nachbarzonen analog den Aussenwänden geprüft werden können (mit der gleichen Differenzdruck), sind in allen Nachbarzonen ausserhalb des Luftdichtheitsperimeters die Fenster, Lüftungsflügel etc. zu öffnen. Dies gilt auch für Pufferräume wie unbeheizter Keller, Wintergarten, Garage etc. Diese Massnahme kann erfahrungsgemäss bei Holzbauten einen merklichen Einfluss auf den Leckstrom haben. Bei Wohnungen, die durch Betondecken / Betonböden getrennt sind, ist eher selten ein Effekt spürbar (Ausnahme: Bei Leckströmen durch vertikale Leitungsschächte). Da es nicht immer möglich ist, sämtliche Nachbarzonen im gewünschten Zustand zu haben (z.b. Abwesenheit der Bewohner), ist der effektive Zustände während der Messung auf jeden Fall Prüfprotokoll / Bericht festzuhalten. Abbildung 10: Messung einer Nutzungseinheit (Wohnung) in einem Gebäude (MFH): Die Fenster der Nachbarwohnungen, des Treppenhauses und im Keller sind zu öffnen. RILUMI Version 2017_V14 26/32

4.3.3 provisorische Abdichtungen Bei Messungen mit dem Prüfverfahren 2 müssen Lüftungsanlagen und Lüftungsöffnungen abgedichtet werden, damit nicht ein grosser Luftvolumenstrom durch diese technischen Anlagen fliesst. Abbildung 11a: Luftdichte Zone im Haus Abdichtungen aussen Abdichtungen innen Umgehung via undichte Stellen im Rohrsystem Leckagen in Lüftungsanlagen Messungen in Gebäuden mit Lüftungsanlagen sind besonders heikel. Diese Anlagen müssen abgedichtet werden, was meistens mit mehreren Varianten möglich ist. So können die Abdichtungen innen, aussen, im Lüftungsaggregat selbst oder an mehreren Orten ausgeführt werden (vgl. Abbildung 11a). Je nach Dichtheit des Rohrsystems entstehen dabei aber Luft-Umgehungen und die Luftdurchlässigkeitsmessung erfasst trotz Abdichtungen einen grösseren oder kleineren Leckstrom durch die Kanäle und die Lüftungsanlage. Dieser Leckstrom hat nichts mit der Gebäudehülle zu tun und sollte im Prüfverfahren 2 (und auch 1) durch provisorische Abdichtungen möglichst verhindert werden. Werden vorgegebene Grenzwerte nicht erfüllt, so ist zu prüfen, wie gross der Leckstrom der Lüftungsanlage ist, bzw. ob die Abdichtung für eine weitere Messung verbessert oder verändert werden kann. Eine ältere Untersuchung (Tanner, 2004) ergab, dass der Leckstrom durch die Lüftung bei Niedrigenergiehäusern über 20 %, in Einzelfällen sogar über 50 % betragen kann. Abbildung 11b: Luftumgehungen entstehen durch alle nicht hermetisch abgedichteten Rohrverbindungen. Abbildung 11c: Nur eine totale Abschottung bei der Luftdichtheitsebene (am besten in der Bauphase) verhindert Luftumgehungen. RILUMI Version 2017_V14 27/32

4.4 Datenauswertung Für einen nachvollziehbaren Messablauf sind viele verschiedene Kennwerte zu berechnen und zu deklarieren. Im Normalfall werden diese von der Software geliefert, welche die Messanlagen-Vertreiber abgeben. Details zu den Bezugsgrössen, den Berechnungsformeln und den abgeleiteten Grössen siehe EN ISO 9972, Kap. 6 5. Berichterstattung Grundsätzlich hat die Berichterstattung alle Punkte nach der Norm ISO 9972, Kap. 7 zu erfüllen. Für die Berichterstattung von Minergie-Messungen gelten aber zusätzliche Forderungen, die nachfolgend beschriebenen sind. (siehe Zusammenfassung für die Berichterstattung, Register Abdichtungen ) Angaben zum Messobjekt und Verfahrensfragen Angaben für die Identifizierung des Messobjektes (Adresse, Gebäudetyp, Baujahr, Höhe über Meer, evtl. Fotos) Energie-Standard des Gebäudes (Minergie-Typ, Passivhaus etc.) Wind-Lagefaktor (A, B, C) der Messzone (vgl. Tabelle RILUMI, Kap. 3.4.5) Wind, sofern Verfügbar: Verlauf am Messtag, ab Meteostation in der Nähe (Internet). Höhe der Messzone (Lufthöhe Stack-Effekt!) Dokumentation der Messzone (evtl. Fotos) und Angaben zu den Bezugsgrösse(n): A E -Berechnungen (inkl. Planunterlagen), so dass die Ergebnisse verifiziert werden können. Prüfverfahren 1 / 2 / 3 (Vorgabe SIA 180 und Minergie: PV 2) Falls Messverfahren 1 oder 3 angewandt werden soll, ist dies mit detaillierten Angaben für die Gründe vorgängig mit der entsprechenden Zertifizierungsstelle zu besprechen. Randbedingungen bei der Messung Foto mit Ort und Art der eingebauten Blower-Door während der Messung. Messdatum und Zeit Status: vorgezogene Messung Abnahmemessung bestehende Baute / Altbau Eine genaue Beschreibung / Liste und Fotos, was, wie, wo provisorisch abgedichtet wurde (Beachte RILUMI, Kap. 3.4.6). Es kann auch die Abdichtungsliste im Excel-Tool verwendet werden [6]. Beschreibung des Zustandes der Nachbarzonen (Fenster geöffnet?). Ist der Zustand unbekannt (weil vielleicht nicht zugänglich), so ist das im Bericht zu deklarieren. Weiteres: Egal ob ein Grenzwert erreicht wurde oder nicht: Es wird empfohlen, die wichtigsten, aufgefundenen Leckagen zu beschreiben und wo möglich mit Fotos zu dokumentieren. Detail dazu siehe RILUMI Kap. 6 und [8] Es wird empfohlen, die Anmerkungen in der Grenzwert-Tabelle (RILUMI, Kap. 3.4.1) in die Berichterstattung zu integrieren! RILUMI Version 2017_V14 28/32

6. Leckagensuche Die Bestimmung der Luftdurchlässigkeit ist eine quantitative Messung. Das Messresultat sagt aber nicht, wo denn die noch verbleibenden Leckagen sind. Diese Frage kann mit der qualitativen Leckortung beantwortet werden. Bei Problem- und Schadenfällen ist die Leckortung meist zwingend, da nur so die Ursache gefunden werden kann. Vorgehen für die Lecksuche bei nicht erreichtem Grenzwert: Siehe RILUMI Kap. 3.4.5. Vorausgehende Prüfung Die EN ISO 9972 beschreibt in Art. 5.3.1: Die gesamte Gebäudehülle ist immer nahe der höchsten Druckdifferenz, die bei der Prüfung verwendet wird, auf große Lecks und auf das Versagen provisorisch abgedichteter Öffnungen zu prüfen. Werden solche Lecks entdeckt, sind sie ausführlich zu beschreiben. In der Praxis hat es sich bewährt, die vorausgehende Prüfung = kleine Lecksuche immer beim folgenden den Bedingungen auszuführen: - Referenzdruck 50 Pascal - Unterdruck In Abweichung zur Norm-Definitionen oben werden deshalb bei Minergie-Messungen diese Randbedingungen empfohlen. Situativ können selbstverständlich auch andere und höhere Druckstufen nützlich sein. Dabei ist von der Messperson zu beachten, dass, hohe Druckstufen durchaus Zerstörungspotenzial entwickeln können (z.b. abreissen von noch nicht vollständig, mechanisch gesicherten Dampfbremsen). Die Erfahrung hat gezeigt, dass nur mit immer etwa gleichen Druckdifferenzen die Prüfperson ein Beurteilungsmass für eine aufgespürte Leckstelle entwickeln kann. Wesentlich ist, dass bei der Dokumentation die Randbedingungen genau protokolliert werden. Mittel zur Lecksuche und Visualisierung: (vgl. auch EN ISO 9972, Anhang E) von Hand (evtl. mit nassem Finger oder Handrücken) mit Strömungsprüfröhrchen mit Rauch (bei kleinen Leckagen sind jedoch Rauchmaschinen meist ungeeignet) mit Anemometer (Messung der Luftgeschwindigkeit an der Oberfläche oder in definiertem Abstand). mit Wollfäden mit Infrarot-Thermografie Anmerkungen zu Thermografie-Interpretationen bei Leckagen: Wird mit einer Infrarotkamera nach Leckagen gesucht, so ist bei der Interpretation Vorsicht geboten! Siehe folgendes Beispiel. Abbildung 12: Temperaturdifferenz über die Gebäudehülle: ca. 8 Kelvin. Unterdruck: 50 Pa, seit ca. 10 Min. Achtung: Das Fenster links ist dicht! Grund der kühlen, blauen Stelle links: Das Fenster war vor der Messung in Kippstellung. RILUMI Version 2017_V14 29/32

Mit normalen IR-Aufnahmen gibt es verschiedene Problemstellen, bei denen eine eindeutige Aussage über Lufteintritte nicht möglich ist. So sind z.b. Fensteranschlüsse und Gebäudeecken immer etwas kühler (Wärmebrücken) und können in einer IR-Aufnahme gleich wirken, wie die Stellen, bei denen Kaltluft eintritt. Erst IR-Subtraktionsbilder können eine sichere Beweisführung liefern. Das Verfahren erlaubt eine klare Differenzierung von Wärmebrücken und Luftleckagen, ist aber etwas zeitaufwändig. Oben, Abbildung 13a + b: IR-Aufnahme ohne Druckdifferenz, rechts nach einigen Min. Unterdruck. Unten, Abbildung 14 + 15: Links: IR-Subtraktionsbild (IR-Bild 13a-13b), rechts: Normalfoto des Dachzimmers. Im subtrahierten Bild (14) fallen die Wärmebrücken weg und es zeigen sich nur diejenigen Leckagen, die sich in Folge Kaltluftdurchströmung abgekühlt haben (blau). Erkenntnis: Undichtheiten bei den Sparrenkopf-Durchdringungen und undichter Dach- Wandanschluss. Das Fenster jedoch ist dicht. Zu bedenken ist, dass mit Infrarotaufnahmen nicht alle Problemstellen visualisiert werden können. Leckagen, die zu Nachbarzonen führen (z.b. in Wohnungen), sind meist nicht erkennbar, weil die Trennwand normalerweise nicht im thermischen Gefälle steht. Eine allgemein gültige Formel, wie die Leckagen zu beurteilen sind gibt es nicht. Zu vielschichtig sind die möglichen Ursachen, Auswirkungen, Randbedingungen und das Bewohnerverhalten. Der Forschungsbericht Fehlstellen in Luftdichtheitsebenen - Handlungsempfehlung für Baupraktiker (2016) [8] gibt umfassende Hinweise zu diesem Thema. RILUMI Version 2017_V14 30/32

7. Normen / Links / Literatur [1] Norm SIA 180 Wärmeschutz, Feuchteschutz und Raumklima in Gebäuden [2] EN ISO 9972 (Deutsch) Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden - Differenzdruckverfahren [3] EN 13829 (nicht mehr gültig) Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden - Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden - Differenzdruckverfahren [4] Produktereglement Minergie www.minergie.ch/... [5] Checkliste Luftdurchlässigkeit http://www.minergie.ch/minergie-p.html [6] Excel-Tool für Berichterstattung, inkl. Leckagen-Abdichtungsliste http://www.minergie.ch/minergie-p.html 2014/07 2015/09 2000/11 2017/01 2016 2017 [7] Erläuterungen zu Normbezeichnungen www.snv.ch/de/normung/die-norm/bezeichnung-von-normen/ [8] Forschungsbericht: Bewertung von Fehlstellen in Luftdichtheitsebenen - Handlungsempfehlung für Baupraktiker (FLiB, AIBAU, IBP) www.flib.de/publikationen/forschungsbericht/flib_forschungsbericht_2016.pdf [9] Beiblatt zur DIN EN 13829, Ausgabe 4 www.flib.de/publikationen/beiblatt/flib_beiblatt.php [10] Normgerecht prüfen - aber mit Verstand (Günter Kalinna) https://www.erichsen.de/service/fachartikel/oberflaechenpruefung/normgerecht -pruefen-aber-mit-verstand/view 2016/10 2015/05 2011/05 [11] VKF Brandschutznormen und Richtlinien http://www.praever.ch/de/bs/vs/seiten/default.aspx [12] Anwendung der erweiterten Blower-Door-Messmeth. (Monika Hall) http://www.uni-kassel.de/fb6/bpy/de/ forschung/veroeffentlichungen/publikationen00/bp6_00.pdf SN EN 1026 Fenster und Türen-Luftdurchlässigkeit-Prüfverfahren SN EN 12207 Fenster und Türen-Luftdurchlässigkeit-Klassifizierung SN EN 12427 Tore Luftdurchlässigkeit Prüfverfahren SN EN 12426 Tore Luftdurchlässigkeit Klassierung SN EN 12835 Luftdichte Abschlüsse Prüfverfahren SN EN 13125 Luftdichte Abschlüsse Klassierung 2000 2000 1999 2000 2000 2000 2001 Leitfaden Luftdichtheitskonzept http://www.luftdicht.info RILUMI Version 2017_V14 31/32

Mitwirkende bei dieser Richtlinie: Autoren Funktion Email Adresse Gregor Notter, Arch. HTL Verein Minergie Hochschule Luzern gregor.notter@minergie.ch Christoph Tanner, Arch. HTL/FH Messexperte bct@baucheck-tanner.ch Mitwirkende / Lektoren Funktion Email Adresse Armin Binz, Prof. Verein Minergie armin.binz@minergie.ch Andrea Giovio Verein Minergie andrea.giovio@minergie.ch Urs-Peter Menti, Prof. Masch. Ing. Verein Minergie Hochschule Luzern Klaus Vogel, Dr. (Deutschland) Harald Siegrist, Arch. FH Michael Wehrli, Arch. FH ö.b.u.v. Sachverständiger Luftdichtheit Messexperte thech Präsident Messexperte thech Vorstand urs-peter.menti@hslu.ch idt-vogel@t-online.de harald.siegrist@infrablow.ch michael.wehrli@thech.ch Vernehmlassung: Dez. 2016 - Jan. 2017 unter den Mitgliedern des Thermografie- und Blower-Door Verbandes Schweiz (thech), den Minergie-Zertifizierungsstellen und weiteren Fachpersonen. Finanzierung: Verein Minergie Thermografie- und Blower-Door Verband Schweiz (thech) noch in Abklärung HSLU RILUMI Version 2017_V14 32/32