Regelwerke: Inhalt und Stand der Überarbeitung von DIN 1946/4 und VDI 2167/1 Prof. Dr.-Ing. Rüdiger Külpmann Ausschussmitglied Leiter der Sektion RLT in der DGKH 1
Gliederung TFH Berlin Stand der Richtlinienarbeit: DIN 1946/4 VDI 2167/1 Überarbeitungsbedarf Inhalte: Schwerpunkt: Hauptunterschiede Qualifizierung/Abnahme im Vergleich 2
Stand der Richtlinienarbeit TFH Berlin DIN 1946/4 (03/99) und DIN 4799 (06/90) sind immer noch gültig. 1. Entwurf VDI 2167/1 = SWKI 99-3: 12/2004 1. Entwurf DIN 1946/4: 04/2005, Einspruchsitzungen: VDI: 01/2006, DIN: 02/2007 Weißdruck VDI 2167/1: 08/2007 2. Entwurf DIN 1946/4: 06/2007 2. Einspruchsitzung 01/2008 incl. Entscheidung: Überarbeiteter DIN-Entwurf soll Weißdruck werden. Einsprecher beantragten Schlichtungsverfahren 3
noch immer: 2 Regelwerke zu einem Thema August 2007 4
Überarbeitungsbedarf: DIN 1946/4 (99): Verdünnung und Schutzdruckhaltung Sterilflur OP Ein-/Ausleitung Patientenflur Sonstige Räume I < 10 KBE/m 3 II < 200 KBE/m 3 II - III III > 500 KBE/m 3 OP: 1200 / 2400 m³/h Außenluft / Zuluftstrom übrige Räume: 15 30 m³h/m² Außenluftstrom 18000 23000 m 3 /h Aussenluftstrom 5
Lüftungstechnisch verwertbares Ergebnis aus Literaturrecherche 2002 (1): Es gibt weder aus klinischen, noch aus mikrobiologischen Studien auch nur einen einzigen Hinweis darauf, dass die Luft aus angrenzenden oder sogar weiter entfernt liegenden Räumen einer OP-Abteilung den geringsten Einfluss auf das Wundinfektionsrisiko hätte. 6
Lüftungstechnisch verwertbares Ergebnis aus Literaturrecherche 2002 (2): Immerhin gibt es überzeugende Daten dafür, dass eine Kontamination der Luft im unmittelbaren Bereich vom OP- und Instrumententisch eine direkte oder indirekte Kontamination des OP-Feldes zur Folge hat. 7
Lüftungstechnisch verwertbares Ergebnis aus Literaturrecherche 2002 (3): Insbesondere Lidwell et all zeigte in einer statistisch ernst zu nehmenden Studie eine klare Korrelation zwischen aerogenen Keimen und POI-Raten. Infektionsrate KBE/m³ 8
Lüftungstechnische Konsequenzen: Fokus auf das Wesentliche (1) Forderung nach einer dynamischen Schutzzone durch Herstellung einer turbulenzarmer Verdrängungsströmung (TAV) in ausreichender Größe über dem OP-Feld: OP-Tisch und Instrumententische (RKI: BGB 43,2000) Forderung nach Betriebssicherheit Forderung nach solider Prüfbarkeit 9
Neue Konzepte: Maximum für OP, Minimum für Funktionsräume Sterilflur OP Ein-/Ausleitung Patientenflur Sonstige Räume Schutzzone: TAV/H13 Keine Angaben: F9 ca. 9 000 m 3 /h Aussenluftstrom 10
Regelwerke: RLT-Konzepte für OP- Abteilungen: Übersicht OP-Raumklassen: RK I -DIN: Raumklasse I a: TAV-Konzept Raumklasse I b: Mischlüftung -VDI: Raumklasse I a: TAV-Konzept Raumklasse I b: Mischlüftung oder kleine TAV Empfehlung: Einheitliches Design für alle OP-R. Beide: Überströmung vom kompletten AUL-Anteil Übrige Räume in OP-Abteilung: RK II -DIN: Tabelle: spez. Außenvolumenstrom -VDI: Verweis: DIN EN 13779, VDI 6022 11
Schleuse vor OP RK Ib? DIN: ja, VDI: nein Sterilflur optional TAV? TMS Schleuse TAV: Turbulenzarme Verdrängungsströ. TMS: Turbulente Mischströmung : keine besonderen Anforderungen? TAV: Geringerer Flächenbedarf Flexiblere räumliche Gestaltung (Sterilflur wird optional) Instrumentenbereitung unter freiem TAV-OP? Notwendigkeit einer Schleuse als lüftungstechnischer Schutzwall? 12
OP-Raumklasse Ia: TAV-Zuluftdecken Einige einflussreiche Merkmale Allgemein: Der ganze Raum wirkt sich aus, besonders: Lage von Umluft- und Abluftöffnungen! Homogenes/differenziertes Abströmprofil Nicht ohne Schürze Homogenes Temperaturfeld Einfluss der OP-Lampen Werksbild: ADMECO AG 13
DIN, VDI: Anforderungen an die Ausführung und technische Abnahme von RLT-Anlagen DIN 1946/4 E, VDI 2167/1: praktisch gleich: Erhöhte Anforderungen an Oberflächen, Zugänglichkeiten, Reinigungsfähigkeiten für Geräte und Kanalnetz in hygienerelevanten Bereichen sowie an Luftdichtigkeit. Technische Abnahme für OP-Lüftungsanlagen: Vollständigkeitsprüfung, Funktionsprüfung, Betriebsstabilität der Regelung Hygienische Abnahme von OP-Räumen RK Ib: Nachweis der Lüftungseffizienz: Erholzeit 14
Sehr unterschiedlich in der DIN und VDI: Hygienische Abnahme bzw. OP-Raumqualifizierung für RK Ia DIN: normativ: Strömungsvisualisierung, Turbulenzgrad- oder VDI-Schutzgradmessungen. Nach der Abnahme: Regelmäßiges mikrobiologisches Monitoring. informativ: Dringende Empfehlung zur Systemprüfung von TAV-Durchlässen VDI: Schutzgradmessungen im fertigen OP- Raum auf Basis eines zu vereinbarenden Musterlastfalles. 15
Hygienische Abnahme von TAV-Systemen nach DIN 1946/4, nach Überarb. 2. Entwurf Drei Prüfungsschritte: 1.: Visuelle Vorprüfung: gleichmäßige Abströmung 2.: Entweder: Turbulenzgradmessung nach DIN: im Schutzbereich/Rand: TU 25/30 % unter OP-Leuchte: TU 37,5 % Oder: Schutzgradmessung nach VDI: ohne OP-Lampen: SG > 3 mit OP-Leuchten: SG > 2 3.: Mikrobiologisches Monitoring Periodische Prüfungen: 2.: 36 Mon. 1 + 3: 12 Monate 16
Verdrängungsströmung erzeugt Luv- und Leegebiete: Gefahr bei Leegebieten Beobachtung: Ein schmutziges Auto wird bei der Fahrt im Regen vorne sauber und hinten noch schmutziger. Hinter dem Fahrzeug bildet sich ein Leegebiet. Im Leegebiet reichern sich Partikel/Schadstoffe an. Das Leegebiet wird entgegengesetzt der Hauptströmung versorgt. 17
Leegebiet hinter OP-Lampen: Einfluss der Grundturbulenz der Zuluftströmung auf die Schutzwirkung im Schutzgebiet? Untersuchung: Standart-Lampen Optimierte Lampen 18 Abgedeckte (optimierte) Lampen
Seit 1990 bekannt: Grundturbulenz bei TAV-Strömungen verringert Leegebiete Bild: Vergleich der Ausdehnung der Nachlauf- und Totwassergebiete bei der Lochblech- und Laminarisator-Decke // Quelle: Degenhard, E., Warnecke, H.J.: Reinraumtechnik 4/1990, S. 41-47 Erkenntnisse: höhere Grundturbulenz verringern bei Verdrängungsströmungen das Totwasser- und Nachlaufgebiet hinter Störkörpern 19
VDI: Aufbau bei OP-Raumqualifizierung, Wärme-, Strömungslasten, Partikelquelle 20 Partikelkonzentrationsmessungen auf OP-Tisch bei vereinbarter Musterlastanordnung
Definition: Lokaler Schutzgrad SG x TFH Berlin Messergebnis: Partikelkonzentration c X relevantem Punkt im Schutzbereich an medizinisch Definition: SG X = log c c X Re f mit c Ref : 10 6 P/ft³ Beispiel: c x = 950 P/ft³: SG X = 3,0 Vorteile: Einfach interpretierbar Vergleichskenngröße für alle OP s mit TAV 21
Schutzwirkung bei Variation der Grundturbulenz der Zuluftströmung Zuluftdecke: 3,1 x 3,1 m² Variation des Turbulenzgrades im Gleichstromfeld Optimierte Lampen / SWKI Position Schutzwirkung 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 Erkenntnis: Höhere Turbulenz in der Zuluft verbessert die Schutzwirkung 0,0-1,0 ohne Abdeckung, 10950 m³/h mit Abdeckung, 10950 m³/h ohne Abdeckung, 7400 m³/h mit Abdeckung, 7400 m³/h Lampenvariation/ Volumenstrom Mit Gewebeverteiler Ohne Gewebeverteiler Lochblech TU = 3 % TU = 4 % TU = 40 % 22
DIN 1946/4: Hygienische Abnahme OP: Methode 1: Turbulenzgradmessungen (1) ca. 300 Werte zu messen im leeren Schutzbereich bei Wärmequellen im Raumhintergrund Prüfumfang entfällt bei vorheriger Systemprüfung 23
DIN 1946/4: Hygienische Abnahme OP: Methode 1: Turbulenzgradmessungen (2) Messraster bei reduzierter Abnahmeprüfung: Anforderungen: TU-Werte im Zentrum: 20 % TU-Werte in den Ecken: 30 % 24
Vergleich der Abnahmeergebnisse DIN/VDI TFH Berlin Varianten: Gleichstromfeld und Differentialflow 2x1 Ergebnisse: Schutzwirkung nach SWKI/VDI 2167/1, Turbulenzgradüberschreitungen nach DIN 1946/4 E Gewebeverteiler Volumenstrom Messung nach SWKI 99-3 Schutzwirkung Schutzbereich Messung nach DIN 1946 Anzahl Grenzwerte nicht eingehalten Schutzbereich ohne Messpunkte am Rand Lampendurchführung OP-Leuchten Gleichstromfeld 7.400 m³/h 0,9 78/ 121 38/ 81 2/ 5 7/ 49 Gleichstromfeld 10.950 m³/h 1,2 29/ 121 14/ 81 5/ 5 3 /49 Differentialflow 2x1 Differentialflow 2x1 7.400 m³/h 4,5 88/ 121 48/ 81 0/ 5 9/ 49 10.950 m³/h 5,0 45/ 121 7/ 121 5/ 5 4/ 49 25
Zusammenfassung: Inhalte, Gleichheiten, Unterschiede Die Inhalte der beiden Regelwerke: ermöglichen verbesserte lufthygienische und behagliche Verhältnisse, ermöglichen bedarfsgerechtere, effizientere und kostengünstigere Anlagen. Problematische Unterschiede bestehen u.a.: DIN: TU-Abnahmeverfahren problematisch DIN: Mikrobiologisches Monitoring: normativ VDI: Nur Zielwerte statt Kochrezept VDI: Neues, aufwendiges, aber nachvollziehbares Qualifizierungsverfahren 26
Zusammenfassung, Empfehlungen TFH Berlin Öffentlicher Druck zur Zusammenführung der Regelwerke muss bleiben. Weißdruck VDI wird gut angenommen, ist aber traditionell nicht DIN. Sehr wichtig: Pflichtenheft, Qualitätsmanagement Verantwortungsabgrenzung bei Gewerken beachten und schriftlich dokumentieren Große Kenntnisunterschiede bei den Sachverständigen 27
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 28