Bezug Sicherheitsanforderungen, Entwurf BMU-Diskussionsveranstaltung 20./21. März 2009

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Transkript:

Seite 1 Standortauswahlverfahren Zu Beginn möchte ich darauf hinweisen, dass mit der Diskussion über Sicherheitsanforderungen für das Planfeststellungsverfahren zu einem festgelegten Endlagerstandort der zweite Schritt vor dem ersten gemacht wird. Der erste Schritt sollte eine Vorgabe sein, wie der Endlagerstandort gesucht und festgelegt werden soll. Es liegt in der Logik der Sicherheitsanforderungen, dass auch die Festlegung des Standorts gewissen sicherheitstechnischen Anforderungen, vor allem aus geologischer Sicht, genügen muss. Ein dem internationalen Stand entsprechendes qualifiziertes Standortauswahlverfahren mit abschließendem Sicherheitsvergleich mehrerer Standorte sollte die Voraussetzung für die Planfeststellungsfähigkeit eines Standortes und damit auch für die Anwendung der Sicherheitsanforderungen sein. Die in den Sicherheitsanforderungen zu fordernde Wirksamkeit des Einschlusswirksamen Gebirgsbereichs kann durch den Vergleich am weittestgehenden erreicht werden. Eine Optimierung macht vor allem dann Sinn, wenn sie alle Schritte für das Endlager umfasst. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist für kerntechnische Anlagen die bestmögliche Vorsorge zu treffen. Im Falle von Endlagern gehört dazu auch ein Vergleich mehrerer Standorte bzw. Wirtsgesteine. Die Sicherheitsanforderungen sollen im Planfeststellungsverfahren für einen Standort zur Anwendung kommen. In diesem Verfahren müssen alle Schritte, die zum Endlager gehören und mit dessen Sicherheit zu tun haben (auch die Standortfestlegung) bewertet werden. Einer der zu prüfenden Schritte ist die Alternativenbetrachtung. Das umfasst die

Seite 2 Prüfung anderer Standorte sowie die Begründung für die Festlegung des gewählten Standortes. Das OVG-Urteil zu Konrad steht dem nicht entgegen, da dort die damalige rechtliche Lage für einen lange im aktiven Verfahren befindlichen Endlagerstandort interpretiert wurde. Für ein neues Endlager müssen neue, auf internationalem Stand beruhende Maßstäbe gesetzt werden. Deshalb muss ein qualifiziert ausgewählter Standort die Voraussetzung für die Anwendung der Sicherheitsanforderungen sein. Ein Standort der bezüglich geologischer Barrieren, Einschlussvermögen und möglicher technischer Maßnahmen nur keine signifikanten Nachteile aufweisen darf (Kapitel 6.3 des Entwurfs) entspricht dem nicht. Eine solche Standortbegründung wäre nicht sicherheitsgerichtet. Diese Passage in den Sicherheitsanforderungen muss gestrichen werden. Geologische Barrieren Die geologischen Eigenschaften des Standortes ist die zentrale sicherheitstechnische Komponente im bundesdeutschen Endlagerkonzept, das da heißt konzentrieren und isolieren. Einschlusswirksamer Gebirgsbereich Gut realisiert wird dieses Konzept durch die auf den AkEnd zurück gehende Idee des EWG. Der EWG soll begrüßenswerter Weise mit den Sicherheitsanforderungen eingeführt werden. Durch diesen EWG soll die Sicherheit des Endlagers erhöht und der Sicherheitsnachweis könnte vereinfacht und belastbarer werden, da die Modellierung der übrigen Geosphäre und der Biosphäre nicht mehr eine so große Rolle spielen würde. Am Rand des EWG sollen eigentlich keine o. nur unwesentliche Mengen an Radionukliden auftreten können. Dies wird im Entwurf der

Seite 3 Sicherheitsanforderungen aber nicht konsequent umgesetzt. Bei den vorgeschlagenen Messprogrammen ist zum Beispiel nicht klar, ob sie nur zusätzliche Kontrollen oder Teil des Sicherheitssystems sein sollen. In Kapitel 8.3.3 wird bspw. auch die Überschreitung eines festgesetzten Dosiskriteriums am Rand des EWG zugelassen. Aus meiner Sicht ist jedoch ein Standort mit einem EWG, der die Anforderung nicht erfüllt, ungeeignet. Nach meiner Meinung ist eine konsequentere Umsetzung des EWG- Sinns erforderlich. Deckgebirge Anders als dem Entwurf der Sicherheitsanforderungen zu entnehmen, bedeutet die Umsetzung eines EWG aus meiner Sicht jedoch nicht, dass das Deckgebirge unwichtiger wird. Nach BMU-Entwurf (Kap. 9.8) darf die Sicherheit des Endlagers dagegen von nur einer geologischen Barriere abhängen. Dies würde jedoch nicht die auch nach Bundesverfassungsgericht erforderliche bestmögliche Vorsorge gewährleisten sofern es in der Bundesrepublik Einlagerungsformationen mit intaktem Deckgebirge gibt. Aus meiner Sicht kommen dem Deckgebirge folgende notwendige Aufgaben zu: Verhinderung des Beginns von Auflösung (Salz) oder Abtragung (Ton) des Wirtsgesteinskörpers. Verhinderung bzw. mindestens starke Behinderung der Ausbreitung von Radionukliden in oberflächennahes Grundwasser für den Fall, dass die Langzeitprognosen zum Verhalten des EWG nicht abdeckend waren (Sicherheitsreserve). Verstärkung der Robustheit des gesamten Endlagersystems am Standort.

Seite 4 Sicherheitsreserven bzw. Robustheit des gesamten Endlagersystems sind erforderlich, da Erkenntnis grundsätzlich begrenzt ist. Es können immer Effekte auftreten, die nach derzeitigem Stand von Wissenschaft und Technik nicht bekannt sind. Das gilt auch für die Geologie. Die Notwendigkeit eines Deckgebirges ergibt sich nach meiner Meinung auch aus den Erfahrungen mit Asse und Morsleben. Endlagerauswirkungen/Dosis Ein wichtiger Aspekt zur Einhaltung der Sicherheitsanforderungen ist unabhängig davon, ob sie aus einem Risikowert als Kriterium abgeleitet oder direkt vorgegeben ist, die Individualdosis. Zunächst ist allerdings darauf hinzuweisen, dass nicht nur eine vorgegebene Dosis einzuhalten ist, sondern auch der Strahlenschutzgrundsatz die Belastung auch unterhalb von Grenzwerten so gering wie möglich zu halten für Endlager gültig ist. Dieser Grundsatz wird durch das Wort vernünftigerweise in Kapitel 6.1 der Sicherheitsanforderungen negativ relativiert. Diese Relativierung soll offenbar sowohl für die Betriebs- wie auch für die Nachbetriebsphase gelten. Betriebsphase Für die möglicherweise auftretenden Strahlenbelastungen in der Betriebsphase sollen auch laut Entwurf der Sicherheitsanforderungen die Grenzwerte der StrlSchV gelten. Das ist sachgerecht. Problematisch sind dagegen einige Ausführungen zum Sicherheitsnachweis für Betriebsphase und Stilllegung. Im Kapitel 8.1 des BMU-Entwurfs ist von der Berücksichtigung von Wahrscheinlichkeiten für Einwirkungen, Ausfälle oder Abweichungen die Rede. Dabei wird nicht klar, für welche Zeiträume, dies gelten soll. Für den Zeitraum bis zum Abschluss der Stilllegung (Verschluss des Bergwerks) muss beim Sicherheitsnachweis

Seite 5 auf jeden Fall deterministisch und nicht probabilistisch vorgegangen werden. Nach BMU-Entwurf soll für die Betriebsphase ein gestaffeltes Sicherheitskonzept in vier Ebenen, entsprechend des Vorgehens bei Atomkraftwerken etabliert werden. Diese Vorgehensweise ist angemessen. Es ist allerdings erforderlich, dass die Sicherheit in den Sicherheitsebenen (mit Ausnahme des Normalbetriebs) durch bauliche, chemische und/oder technisch direkt einwirkende Maßnahmen gewährleistet wird. Administrative Maßnahmen sind nicht ausreichend. Nachbetriebsphase Die tolerierbare Dosis für den Langzeitsicherheitsnachweis muss auf jeden Fall deutlich unter dem Wert von 0,3 msv/a für Ableitungen im Normalbetrieb der Strahlenschutzverordnung sein. Gründe: Der ermittelte Wert ist u.a. wegen der prognostischen Grundlage mit großen Unsicherheiten belastet. Der Wert soll nach Sicherheitsanforderungen nicht konservativ, sondern medianorientiert ermittelt werden (s. Kap. 8). Anders als bei den Werten in der Strahlenschutzverordnung für übertägige Anlagen, ist bei einem Endlager zu berücksichtigen, dass es in der Nachbetriebsphase keine Möglichkeit gibt, austretende Radionuklide zeitlich oder in ihrer Menge zu begrenzen. Sollen künftige Generationen nicht höher belastet werden als heutige, darf der Wert nicht über der Größenordnung liegen, die i.a. als trivial angesehen wird (international 10 µsv/a). Die Menschen der betroffenen Generationen wissen ja möglicherweise nichts von dem Endlager und treffen keine Vorsichtsmaßnahmen. Von diesen grundsätzlichen Überlegungen abgesehen, gibt es im BMU- Entwurf in Bezug auf radiologische Auswirkungen einige problematische Forderungen.

Seite 6 Die radiologische Langzeitprognose soll nach Kap. 8.3.2 auf die Berücksichtigung des Wasserpfads begrenzt sein. Diese Beschränkung ist nicht nachvollziehbar. In der Biosphäre müssen selbstverständlich alle möglichen Belastungspfade berücksichtigt werden, die durch in sie eintretende Radionuklide relevant werden können. In der Geosphäre sind darüber hinaus auch Gase zu berücksichtigen, die als Transportträger bzw. förderer für Radionuklide aus dem Endlager infrage kommen. Bei der Langzeitprognose des Einschlusses müssen laut Kap. 8.3.3 keine Ausbreitungsrechnungen in Geosphäre (außerhalb des EWG) und Biosphäre durchgeführt werden, wenn die ermittelte effektive Dosis am Rand des EWG die Größenordnung von 0,1 msv/a nicht überschreitet. Was soll hier Größenordnung bedeuteten? Sollen es auch 0,5 msv/a sein können? Dieser Punkt bedeutet eine Aufweichung des Sinns des EWG, der ja zunächst allein für den Einschluss der Radionuklide bei allen nicht völlig ausschließbaren Entwicklungen verantwortlich sein soll. Im BMU-Entwurf werden bezüglich der Nachweisanforderungen für deterministische Rechnungen die Verwendung von Medianwerten und die Einhaltung der Prüfwerte in 19 von 20 Fällen gefordert. Die Verwendung von Medianwerten ist ein Abrücken von der bisher üblichen konservativen Vorgehensweise für Langzeitsicherheitsnachweise. Insbesondere in Bezug auf Dosiswerte widerspricht das auch der Strahlenschutzverordnung. Diese Abschwächung wird weiter verschärft, wenn nur in 19 von 20 Fällen die Einhaltung nachgewiesen werden muss. Das Vorgehen ist deshalb in der Form abzulehnen. Im BMU-Entwurf wird eine getrennte Bewertung künstlicher und natürlicher Radionuklide, die nicht aus den Abfällen kommen, festgelegt.

Seite 7 Diese Festlegung ist nicht sachgerecht. Natürliche Radionuklide, die durch Errichtung und Betrieb des Endlagers sowie in der Nachbetriebsphase durch die eingelagerten Abfälle mobilisiert werden, sind menschlich verursacht und müssen deshalb voll in der Bewertung berücksichtigt werden. Die Schwankungsbreite von natürlichen Konzentrationen kann kein Maßstab sein. Rückholbarkeit Im BMU-Entwurf wird eine Standfestigkeit von 500 Jahren für die Behälter gefordert, in denen die Abfälle eingelagert werden und darüber hinaus das Verbleiben der Radionuklide für 1.000 Jahre am Einlagerungsort. Diese Anforderungen sind vor dem Hintergrund der Erfahrungen in der letzten Zeit richtig. Sie entsprechen auch internationalen Forderungen und waren bezüglich Behältern bereits Bestandteil der Anforderungen in den Sicherheitsstudien Andere Entsorgungstechniken 1984. Die Einwendungen der ESK sprechen nicht wirklich gegen diese Anforderung, da in deren Stellungnahme die unterschiedlichen Zeiträume nicht betrachtet werden. Von den Erfahrungen bei Morsleben und Asse ist zu lernen, dass Prognosen oft nur kurze Halbwertszeiten haben. Zumindest bis zu dem Zeithorizont, bis größere Teile der β- und γ-strahler mit mittlerer HWZ abgeklungen sind, sollte eine Rückholung der Abfälle auch aus einem verfüllten Endlager in konzentrierter Form möglich sein. Die Rückholbarkeit wird im BMU-Entwurf nur in diesem Zusammenhang, praktisch am Rande erwähnt. International spielt sie dagegen eine große Rolle. Die Glaubwürdigkeit zur erreichbaren Sicherheit eines Endlagers könnte erhöht werden. Eine differenzierte Betrachtung verschiedener

Seite 8 Formen von Rückholbarkeit ist erforderlich. Der bisher in der Bundesrepublik mehrheitlich vertretene Expertenstandpunkt auf Rückholbarkeit zu verzichten, hat zwar gute Gründe. Er sollte jedoch vor dem Hintergrund neuerer Erkenntnisse und der internationalen Entwicklung neu geprüft und Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden. Öffentlichkeitsbeteiligung Äußerungen und Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit haben in der Vergangenheit durchaus sicherheitsrelevante Hinweise für Behörden gebracht. In entscheidenden Punkten wurde in Deutschland jedoch nicht auf sie gehört, siehe Asse. Bei der Optimierung sollte der Öffentlichkeit an den Haltepunkten der Verfahrensschritte die Möglichkeit für Beteiligung und Mitwirkung gegeben werden. Öffentlichkeitsbeteiligung erhöht die Glaubwürdigkeit der Sicherheitsnachweise. Entsprechend dem international empfohlenen Vorgehen, siehe OECD/NEA, sollte eine alle Schritte zum Endlager begleitende Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. Im Entwurf der Sicherheitsanforderungen wird auf einen Erörterungstermin im Planfeststellungsverfahren hingewiesen. Diese Beteiligung genügt den Anforderungen insbesondere bei stufenweisen Vorgehen nicht. Auf die Notwendigkeit einer weitgehenden Öffentlichkeitsbeteiligung sollte im Anfangskapitel der Sicherheitsanforderungen hingewiesen werden.