Schnell, billig und gut geht aber nie gleichzeitig

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Transkript:

Schnell, billig und gut geht aber nie gleichzeitig Dipl.-Phys. Oliver Erning veröffentlicht in Baugewerbe (Heft 1-2 / 2009) Baugewerbe sprach mit Dipl.-Phys. Oliver Erning über typische Schadensbilder bei der Estrichverlegung und deren Vermeidung. Baugewerbe: Welche typischen Schadensbilder kommen an Bodenkonstruktionen auf Basis von Zementestrich am häufigsten vor? Oliver Erning: Typische Schadensbilder zu benennen ist ein wenig problematisch. In der Regel wird der Zementestrich verlegt und ist dann auch in Ordnung. Fehler passieren dann, wenn das nachfolgende Gewerk kommt und auf dem Estrich weiterarbeiten will. Das Problem, dessen sich viele nicht bewusst sind, ist: Der Estrichleger verkauft einen Estrich mit deklarierten Eigenschaften. Das heißt, er verlegt ihn in einer bestimmten Stärke mit einer bestimmten Festigkeit. Zu seiner Leistung gehört nicht, zu garantieren, dass der Estrich zum Tag X trocken ist, es sei denn, es wurde zusätzlich vertraglich vereinbart. Diese Artikel dürfen nur vollständig und unter Verweis auf das IBF verwendet werden. Seite: 1

Die Trocknung hängt von den Bedingungen auf der Baustelle ab. Wenn die Bedingungen schlecht sind, trocknet ein System nicht. Die Verantwortung dafür trägt nicht der Estrichleger. Dieser ist ja während des Trocknungsvorganges nicht auf der Baustelle. Hier müsste die Bauleitung angesprochen werden. Die Physik des Zementestrichs können wir nicht aushebeln. Dieser gibt Feuchtigkeit ab und dadurch, dass er nur nach oben hin austrocknet, verkürzt er sich auf der Oberseite, schüsselt also. Wenn er aber dann unten auch trocknet, geht die Verformung zurück. Und wenn er schließlich belegreif ist, dann kann man auch alles damit machen. Ein häufiges Problem ist Fehleinschätzung bei der Beurteilung der Belegreife. Eine Standardbodenkonstruktion sind Fliesen oder Parkett auf Fußbodenheizung. Der Parkettleger weiß, dass er ein sehr feuchteempfindliches Gewerk hat. Das heißt, er misst in der Regel sehr sorgfältig. Fliesen hingegen werden häufig früher verlegt. Baugewerbe: Das heißt, wir haben es mit einem klassischen Problem auf der Baustelle zu tun. Die jeweiligen Folgegewerke warten nicht lange genug? Oliver Erning: Ganz genau. Auf der Baustelle muss es schnell gehen und es muss heutzutage immer preiswert sein. Schnell, billig und gut geht aber nie gleichzeitig. Wir können heutzutage sehr schnell bauen, benötigen dann aber Spezialprodukte. Die kosten natürlich. Wenn man hier nicht investiert, dann meint man nur, dass man schnell bauen könnte, es wird aber meist nicht gut. Ein Beispiel: Nehmen wir einen klassischen Schnellestrich, der funktioniert und ist nach wenigen Tagen belegreif, und es gibt verschiedene Systeme auf dem Markt, die funktionieren. Was passiert, Diese Artikel dürfen nur vollständig und unter Verweis auf das IBF verwendet werden. Seite: 2

wenn ich anstatt eines Schnellestrichbindemittels ein anderes Zusatzmittel hinzugebe, ein Fingerhütchen voll Zaubermittel? Da sollte man sich schon bewusst sein, dass unterschiedliche Wirkungen auftreten können. Was hier teilweise suggeriert wird, ist sehr schlimm, finde ich. Wenn wir normgerecht bauen, dann haben wir sehr viele Sicherheiten im System. Wenn ich jedoch die Sicherheiten reduziere, dann geht öfter auch mal eine Baustelle daneben. Ganz früher war es ja so, man hat bei 3 % Restfeuchte belegt. Dann ist man runtergegangen auf die 2,5 %, weil es eben Schadensfälle gab. Ein weiteres Beispiel: Ein Hersteller von Calciumsulfat-Estrichmörteln gibt bei seinen Estrichen an: Bei Verlegung von Keramik darfst du bei 1 % Restfeuchte drauf, obwohl bei Calciumsulfat-Estrichen generell eine Belegreife von 0,5 % vorgeschrieben ist. Das heißt nicht, dass die Systeme trockener sind, sondern die Aussage ist, oft geht es gut, aber das Risiko besteht, dass es eben auch nicht gut geht. Hier wird bewusst ein höheres Risikopotential akzeptiert. Und diesen Umgang mit Risiken treffen wir momentan häufig an. Im Endeffekt ist aber der Handwerker derjenige, der darunter leidet, denn wenn es auf der Baustelle nicht funktioniert, ist der Handwerker derjenige, der zunächst bezahlen muss. Ich empfehle einen Blick ins Kleingedruckte der Produktinformationen und Technischen Datenblätter. Denn der Handwerker ist, dadurch dass er das direkte Vertragsverhältnis hat und das Kleingedruckte nicht an seinen Auftraggeber weitergeleitet hat, derjenige, der pleitegeht. Zusammenfassend möchte ich sagen: Feuchtigkeit im System und die Folgen durch falsche Belegung sind die Hauptprobleme momentan. Auch die Beurteilung des Estrichs, der Estrichoberfläche, stellt nach wie Diese Artikel dürfen nur vollständig und unter Verweis auf das IBF verwendet werden. Seite: 3

vor eine große Schwierigkeit dar. Eine neue Herausforderung ist die Umstellung auf neue Zementsorten. Baugewerbe: Hier gibt es in der letzten Zeit eine Häufung von bestimmten Schadensbildern. Was können Sie uns hierzu sagen? Oliver Erning: Ja, es treten Schäden auf. Das Problem ist das des direkten Nachweises. Wenn Schäden auf einer Baustelle auftreten, ist es einfach zu sagen: Das lag am CEM II, aber ein direkter Nachweis ist das natürlich nicht. Und deswegen wird momentan jeder Fehler ganz gerne auf den Zement geschoben. Da muss man die Zemente sicherlich auch mal in Schutz nehmen. Es liegt nicht nur am Zement. Der Estrichleger muss sich bewusst sein: Er ist der einzige Mörtelhersteller auf der Baustelle. Dadurch, dass er den selber anrührt, zusammenstellt, zusammenmischt, ist er Hersteller. Das heißt, er hat die Verantwortung. Und wenn er ein funktionierendes System hat, ist das wunderbar. Wenn er aber die Ausgangsstoffe wechselt, dann ist es eventuell nicht mehr beherrschbar. Außerdem unterscheiden sich die Zemente in der Verarbeitung. Das merkt die Kolonne auf der Baustelle. Die Arbeiter merken aber nur, dass etwas anders ist. Wie handelt ein Estrichleger draußen? Der stellt sein Leben lang auf die Konsistenz ein, die er gut verarbeiten kann, und dementsprechend wird der Wasserhaushalt gesteuert. Das heißt, wenn mal die Konsistenz nicht mehr so gut ist, wird mit Wasser nachjustiert oder mehr Zusatzmittel eingesetzt. Oft setzt sich hier eine Spirale in Gang und ehe man sichs versieht, ist das Ergebnis ein mangelhafter Estrich. Diese Artikel dürfen nur vollständig und unter Verweis auf das IBF verwendet werden. Seite: 4

Zweiter Punkt ist, dass die CEM II-Zemente durch die latenten hydraulischen Bestandteile, also in diesem Fall Hüttensand, länger Wasser benötigen. Wenn länger Wasser benötigt wird, muss ich es ja in meinem System behalten. Deswegen macht man beim Betonbau, hier ist das überhaupt kein Problem, eine intensive Nachbehandlung. Der Estrichleger kann solch eine Nachbehandlung nicht mal ansatzweise durchführen, der ist ja schon froh, wenn er Fenster und Türen zu hat. Das reicht für den Normalfall aus, weil sich dann die Feuchtigkeitsglocke bildet. Aber am nächsten Tag geht die Tür auf, Handwerker kommen rein, die Feuchtigkeitsglocke ist weg. Im Vergleich zum Betonbau handelt es sich beim Estrich um ein sehr dünnes System, dem wir oben Feuchtigkeit entziehen. Sehr schnell, da die Trocknung über die gesamte Oberfläche geschieht. Das heißt, die latenten hydraulischen Bestandteile können nicht wirken. Das zeigt sich natürlich in der Festigkeitsentwicklung. Das heißt, die Oberfläche wird in Zukunft häufiger bemängelt werden. Daraus resultiert, der Nachfolgehandwerker wird zu Recht meckern. Er wird einen Nachtrag stellen, das Projekt wird teurer. Wem wird es abgezogen? Dem, der den schlechteren Estrich gemacht hat! Baugewerbe: Was würden Sie dem Unternehmen in dieser Situation raten? Alle kämpfen mit Zeitdruck und Fachkräftemangel. Oliver Erning: Wir brauchen bessere Koordination auf der Baustelle. Das zeigt auch das Beispiel Fugenplan. Der Estrichleger legt Fugen an, da, wo er sie braucht. Das entspricht aber nicht den Wünschen des Oberbodenlegers bzw. Architekten. Seit Jahren steht in Ausschreibungen, der Fugenplan ist Aufgabe des Planers. Weil nur er die notwendigen Informationen Diese Artikel dürfen nur vollständig und unter Verweis auf das IBF verwendet werden. Seite: 5

zusammentragen kann. Aber die Realität sieht dann doch anders aus. Auf Baustellen herrscht leider großer Kommunikationsmangel. Und deswegen gibt es Probleme. Baugewerbe: Sie rufen also zu mehr Kommunikation auf? Oliver Erning: Ja, der Fußboden ist das höchstbelastete Bauteil in einem Gebäude. Das sollte man einfach mehr würdigen, weil man dort dann auch Problemen entgegenwirken kann. Im Architektenstudium besteht ein Estrich aus zwei Strichen im Plan, nicht mehr. Dabei handelt es sich um hochgradig komplexe Systeme, die wir heutzutage da haben. Baugewerbe: Wir haben über Feuchte gesprochen, über Verformungen und über Fugen, kommen wir nun zu einem weiteren Klassiker, dem Riss. Oliver Erning: Risse haben immer eine Ursache. Die Ausführung des Randbereiches, der Randstreifen, ist hier ein ganz wichtiger Punkt. Wir haben gerade schon über den Fugenplan gesprochen. Der Estrich bewegt sich immer auf seinen Schwerpunkt hin. Das heißt, man muss sich schon Gedanken machen: Wenn ich verwinkelte Räume habe, wo liegt mein Schwerpunkt? Wo könnte ich Probleme bekommen? Das kann man ganz einfach anhand eines Grundrissplans eruieren. Baugewerbe: Und an diese Stelle muss dann die Fuge hin? Oliver Erning: Und da muss dann die Fuge hin, ganz genau. Das sind die Klassiker, die auf fehlerhafter Planung basieren. Es gibt dann noch die zweite große Klasse an typischen Rissen. Wenn wir den Estrich zu früh belegen, ist es ja so: Wir belegen den Estrich im aufgeschüsselten Zustand mit einem dampfdichten Belag. Nehmen wir mal an Keramik. Das System arbeitet weiter. Das heißt also, auch im unteren Bereich trocknet der Estrich aus. Die Feuchtigkeit will ja nach oben steigen und Diese Artikel dürfen nur vollständig und unter Verweis auf das IBF verwendet werden. Seite: 6

dadurch habe ich eine Umkehrung des Gradienten. Das heißt also nach dem Motto, oben ist es starr, unten zieht es sich zusammen. Das heißt also, der Estrich liegt nicht mehr vollflächig auf. Die volle Tragfähigkeit hat ein Estrich aber nur, wenn er vollflächig auf der Dämmung aufliegt. Wenn er gewölbt ist, habe ich natürlich die gleiche Last auf einer kleineren Fläche. Die Hohlstelle ist immer die Raummitte. Wenn ich dann dort eine zusätzliche Last aufbringe, entstehen Zugspannungen. Und deswegen entsteht bei einem Rechteckraum immer in der Mitte der Riss. Grund für diese Risse ist fast immer zu frühzeitiges Belegen. Das ist so der Klassiker schlechthin. Dieser Fehler wird immer wieder gemacht und deshalb müssen wir auch immer wieder darauf hinweisen. Baugewerbe: Welche Rolle spielt das Thema Untergrundvorbereitung? Oliver Erning: Hier möchte ich nur einen Punkt herausgreifen. Im Neubau werden mittlerweile 80 bis 90 % der Böden mit Fußbodenheizung gebaut. Das heißt, die Dämmschicht legt der Heizungsbauer. Der Estrichleger weiß nicht, wo die Rohre liegen oder wie es um die Ebenheit bestellt ist. Glücklicherweise ist er durch die VOB geschützt. Wenn er die Dämmung vorfindet, ist er von der Untergrundkontrolle befreit. Die muss das Vorgewerk übernehmen. Nur wenn ein Schaden da ist oder ein Fehler da ist, ist eben auch das Problem da. Zweiter Punkt: Die Norm verbietet Rohre auf der Rohdecke. Es gibt aber keine Baustelle ohne Rohre. Deswegen ist in der Norm ausgeführt, dass in diesem Fall ein Ausgleich zu schaffen ist. Dieser Ausgleich darf mit der Wärmedämmung erfolgen. Das hat man ja bisher immer so schon gemacht, ähnelt für mich aber oft einem Oberammergauer Schnitzen. Wenn die Ausführung nicht exakt ist, gibt es Zwischenräume. Und die Diese Artikel dürfen nur vollständig und unter Verweis auf das IBF verwendet werden. Seite: 7

wurden normalerweise ja früher immer mit losen Schüttungen einfach ausgefüllt. Das Problem ist nur, sobald Sie da drüberlaufen, bewegt sich das Ganze und das Resultat ist eine reduzierte Estrichdicke. Dort entsteht dann der Riss. Seit 2004 muss der Untergrundausgleich im eingebauten Zustand eine gebundene Form aufweisen, kann aber auch mit Schüttungen erfolgen, wenn deren Brauchbarkeit nachgewiesen ist. Diese gebundene Form ist eigentlich ein optimaler Untergrund. Das Problem ist, eine mineralische Bindung bedeutet Feuchtigkeit, das heißt, es muss wieder trocknen. Diese Zeit wird in der Regel nicht eingeplant. Deswegen gehen viele dazu über, Schüttungen zu verwenden, die sich angeblich mechanisch verkrallen. Die Verkrallung geschieht aber nur bei Verdichtung. Wenn man das Kleingedruckte liest, steht da, die Rohre müssen 30 mm, 40 mm überdeckt sein und 10 % verdichtet werden. Hier habe ich Zweifel, ob das vor Ort so gemacht wird. In der Regel wird direkt über dem Rohr abgezogen. Wer haftet dann, wenn man gegen das Kleingedruckte verstoßen hat? Noch ein Punkt. Oft wird von Planerseite eine ausreichende Höhe nicht zur Verfügung gestellt. Vielleicht werden die Rohre ja schon mit eingeplant, aber dass die Rohre sich dann kreuzen zwei-, dreimal, das wird häufig übersehen. Deswegen geht ein verantwortungsvoller Estrichleger, der das vorher prüfen kann, auch zur Bauleitung und sagt, das geht so nicht, drei Kreuzungspunkte, ich komme zu hoch, lasst die Betondecke aufspitzen. Und das geht heutzutage ohne Probleme. Da wird dann praktisch die Betondecke kurz aufgespitzt, werden die Rohre etwas tiefer gelegt, so dass man nur eine Lage Rohre hat. Diese Artikel dürfen nur vollständig und unter Verweis auf das IBF verwendet werden. Seite: 8

Baugewerbe: Herr Erning, können Sie uns zum Abschluss in wenigen Worten zusammenfassen, was für Sie die zwei, drei wichtigsten Themen in puncto Estrich für das Jahr 2009 sind? Oliver Erning: Also eine der wichtigsten Fragen ist, ob sich die Befürchtungen über die unterschiedlichen Zemente bewahrheiten werden oder nicht. Bis jetzt ist es so, dass wir dadurch, dass wir die Zemente überprüfen, einige Ungereimtheiten festgestellt haben. Und es kristallisiert sich momentan heraus, dass eine gewisse Klasse von Zementen sich nicht so gut eignet für die Herstellung von Estrichen. Der zweite Punkt ist, hinsichtlich der Feuchtigkeitsmessung herrscht sehr viel Unruhe auf dem Markt. Man sollte sich wieder auf die Ursprünge besinnen. Das einzige Verfahren, um Feuchtigkeit gut und sicher zu messen, ist die CM-Messung. Die CM-Messung ist aufwendig und Sie können viele Fehler dabei machen, aber es ist wirklich das einzig sichere Verfahren, direkt auf der Baustelle den Feuchtegehalt eines Estrichs zu bestimmen. Alle elektronischen Geräte dienen zur Vorprüfung, zum Einschätzen, zur Tendenzermittlung, mehr nicht. Wenn das im nächsten Jahr in die Köpfe hineingeht, dann kommt mehr Ruhe ins Geschehen. Das Wichtige ist, ordentlich zu messen, dann kann ich richtig beurteilen und habe Sicherheit. Das Ergebnis ist dann ein erfolgreiches Gewerk. Baugewerbe: Vielen Dank für das Gespräch. Diese Artikel dürfen nur vollständig und unter Verweis auf das IBF verwendet werden. Seite: 9