Die Rolle der Bioenergie für das Strom-Wärme-System

Ähnliche Dokumente
Strategien und technische Optionen zu einer nachhaltigen Verwertung von Biomasse

Die Rolle der Bioenergie im zukünftigen Energieversorgungssystem

Die Rolle der Biogasnutzung im zukünftigen Strom(versorgungs)system

Die Rolle der Bioenergie aus systemtechnischer Sicht

Aktuelle politische Entwicklungen in der Biogasbranche. Sandra Rostek. Fachverband Biogas e.v. ZUKUNFT BIOENERGIE

Übersicht. Aktuelle Situation. Was benötigt das Energiesystem? Was kann Bioenergie (Biogas) leisten, was traut sich die Branche zu?

Stromerzeugung aus Biomasse Nachhaltige Nutzung von Biomasse in Kraft-Wärme-Kopplung. FVS-Workshop Systemanalyse im FVS

Grundlast war gestern: Bioenergie muss die erneuerbare Versorgung sichern.

Altholz Quo Vadis? Alternative Finanzierungsgrundlagen für die Post-EEG-Zeit

Flexibilität durch Biogas

Anforderungen und Rolle von erneuerbaren Energien im Wärmemarkt

Biogasanlagen und Speicher zur Integration erneuerbarer Energien in Märkte und Beschaffungsportfolios

Energiewende. Flexibilitätsoptionen für ein Gelingen der LUAT. Klaus Görner Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil.

Perspektive Biogas für das Land Baden-Württemberg/Deutschland Konrad Raab Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg

Die Rolle des Biogases im Energiemix

Biogas unverzichtbar? Anpassungsstrategien

Monitoring der Stromerzeugung aus Festbrennstoffen unter besonderer Berücksichtigung der Holzindustrie

Ausschreibungen/Marktanalyse. Biomasse

Energieperspektive 2050 Deutschland Energiewende und dann?

Energetische Biomassenutzung in Deutschland

Errichtung und Betrieb von Energieerzeugungsanlagen und Wärmenetzen auf Basis fester Biomasse. Uwe Gährs Senior Manager

Zukunftsperspektiven für Bioenergie. FURGY Kongress New Energy Husum 2016

Ausbau Erneuerbarer Energien: Aktueller Stand und Szenarien in Deutschland

Biomassenutzung im Gartenbau: Regionale Wirtschaftskreisläufe. 07.Oktober 2010, Geldern Rosa Hemmers

Wärmeszenario Erneuerbare Energien 2025 in Schleswig-Holstein

Regionale adaptierte Technologien pro Bioenergiecluster

Einführung eines Klimazuschlages zur Erreichung der KWK-Ausbauziele und der THG-Minderungsziele

Energieerzeugung auch in Zukunft noch eine Chance für die Landwirtschaft?

Neuerungen durch das EEG 2017 für Bioenergieanlagen

Mikro-KWK und virtuelle Kraftwerke: Ein Blick in die nahe Zukunft. von ASUE und ead. Prof. Dr. Uwe Leprich, IZES ggmbh Berlin, 8.

Technologische Entwicklungen und Herausforderungen im Feld der regenerativen Energien

Fraunhofer UMSICHT. Begrüßung und Vorstellung. Institutsteil Sulzbach-Rosenberg Sommersymposium am 27. Juni Prof. Dr.

Neue Entwicklungen auf den

WIRTSCHAFTLICHKEIT UND SYSTEMNUTZEN VON UNTERSCHIEDLICHEN EINSATZ- KONZEPTEN FÜR POWER-TO-HEAT UND POWER-TO-GAS

Effizienz künftiger Biomassenutzung - Möglichkeiten und Grenzen zur Integration in die Stromversorgung

Power-to-Gas Projekte. Dipl. Kfm. Werner Diwald Vorstand ENERTRAG AG

Ländlicher Raum: Motor und Nutznießer der Energiewende

Stromspeicher in der Energiewende

Politische Entwicklung Bio-Biogas und die neue Bundesregierung

Strom im Wärmemarkt. Was hat sich durch die erneuerbaren Energien verändert? Serafin von Roon, FfE Hannover Messe, 10. April 2014

Aktueller Stand: Stromerzeugung aus Biomasse

EEG 2012 Chancen und Perspektiven für Biogas

Wie kann der Tourismus auf Rügen von der Bioenergie profitieren?

Systemintegration Biogasverstromung Flexibilität und Systemdienstleistungen M.Sc. Martin Dotzauer

Bioenergiedorf mit Biogas?

Biogas - Neue Trends in Deutschland

Zusammenfassung. Dr. Bernhard Dreher, BMWi - Stand der EEG-Diskussion. Alexander Krautz

Biomasse und Biogas in NRW

Die Rolle von Biogas in zukünftigen Energieversorgungstrukturen

NERGIESPEICHER SYMPOSIUM 2012

Biogas - Neue Trends in Deutschland

Zentral Dezentral: Verschiedene Dimensionen und Abbildung in der Modellierung

Der Einsatz Regenerativer bedarf langfristig sicherer Rahmenbedingungen

Erneuerbare-Energien-Gesetz

Einspeisung ins Erdgasnetz aber wie?

Bewertung des EEG 2017 (Biomasse) aus Sicht des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie

Die Rolle von Power to Gas in einem zukünftigen, regenerativen Energiesystem. Vision und Wirklichkeit

Die Energiewende in Deutschland: 100 % erneuerbare Energien für die Stromerzeugung bis 2050

Energiewende Nordhessen

Ergebnisse des Forschungsberichtes zur Zwischenüberprüfung der KWK-G

EEG Auswirkungen für die Biogasbranche. Anke Rostankowski

FlexHKW Flexibilisierung des Betriebs von Heizkraftwerken

Power to Gas: mikrobiologische Methanisierung Ein flexibles und energieeffizientes Verfahren

Entwicklung der erneuerbaren Energien im Jahr 2005 in Deutschland Stand: Februar 2006

Beiträge der Abfallwirtschaft zur Energiewende

Stromspeicher in der Energiewende

Energiewende und weiter?

Wirtschaftlichkeit von Bioenergieprojekten

Abgrenzungen und Anwendungsfälle bei der Vergütung von Strom aus Biomasse im EEG Seminarreihe Biogas des Ökorings Dahlenburg,

Grüner Wasserstoff als Bindeglied zwischen Energiewende und nachhaltiger Mobilität»

Erneuerbare Energien die Rolle der Bioenergie

Hybridwerk Aarmatt Solothurn

Welche Rolle spielt die Speicherung erneuerbarer Energien im zukünftigen Energiesystem?

Erneuerbare Energien in Deutschland auf einen Blick

Aktuelle Entwicklungen im EEG. Fokus Landschaftspflegematerial + Reststoffe

Biomasse wird zunehmend für Verkehr und Industrie genutzt

Wärmewende 2030 Schlüsseltechnologien zur Erreichung der mittel-und langfristigen Klimaschutzziele im Gebäudesektor

Betriebskonzepte für die bedarfsorientierte Stromerzeugung aus Biogas

Ulrich Ahlke Amt für Klimaschutz und Nachhaltigkeit

Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der Stromerzeugung aus Biomasse im EEG 2016

Jahren 2010 und 2011

Bioenergie im deutschen Nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energie

Stromspeicher. Potential für großtechnische Speicher in Deutschland Ergebnisse einer Stromsystemmodellierung. Dipl.-Ing.

Energie & emobility 1. Stromquellen Die vier+2 Elemente

BEE. Weltenergiebedarf. (vereinfachte Darstellung nach Shell, Szenario Nachhaltiges Wachstum ) 1500 Exajoules erneuerbare Energien

Energielandschaft 2050: Elektrisch und innovativ

Globale Biomassenutzung

Bioenergie Marktzahlen 2007

Themenbereiche: UBA. Schlagwörter: Verkehr, Treibhausgase, Klimaschutz. Rosemarie Benndorf et al. Juni 2014

Monopole, Liberalisierung, Energiewende- (Dis-)Kontinuitäten im Strommarktdesign

BENSIM: MODELLIERUNG DES BIOENERGIEWETTBEWERBS Dialogveranstaltung zum Projekt Meilensteine 2030 Markus Millinger, UFZ Berlin,

Biogas in Bayern Potenziale, Grenzen und Kritik

Praxisbeispiel 2: Komm. Strom- und Wärmeversorgung durch Biomethan der Biogas-Masterplan der Stadtwerke Trier Vorstellung einer Projektstudie

Biogas als Energielieferant für Stadtwerke - am Beispiel Biogasverbund Schwäbisch Hall -

Virtuelles. P2G-Institut. Virtuelles Institut Strom zu Gas und Wärme. Prof. Klaus Görner Gas- und Wärme-Institut e.v., Essen GWI

Energieversorgungskonzepte im Zeichen des IEKP

Möglichkeiten der optimierten energetischen Nutzung biogener Reststoffe Biogasaufbereitung und Netzeinspeisung

e&u energiebüro gmbh Markgrafenstr Bielefeld Telefon: 0521/ Fax: 0521/

Biogas Für die Zukunft gerüstet

Zwischenergebnisse der Studie Flexibilitätsreserven aus dem Wärmemarkt

Transkript:

Die Rolle der Bioenergie für das Strom-Wärme-System Frank Baur, IZES ggmbh Dr. Bernd Krautkremer, Fraunhofer IWES Dr. Antje Wörner, DLR FVEE-Jahrestagung 2013 in Freiburg

Inhalte 1 2 3 4 5 Aktuelle Spannungsfelder Ausbauszenarien Beitrag zur Transformation des Stromsystems Externe ökonomische Effekte Fazit

Spannungsfelder der Biomasse-Nutzung die stoffliche Dimension die energiewirtschaftliche Dimension die technische Dimension die gesellschaftspolitische Dimension

Thesen zur Biomasse-Nutzung Potenzialseitig besteht derzeit kein Grund an den bisherigen absoluten Festlegungen der bestehenden Szenarien zu rütteln (z.b. 4,2 Mio. ha nutzbarer Agrarfläche gem. Leitstudie). Klärungsbedarf ergibt sich hinsichtlich der Widmung von Agrarflächen für die Mobilität (2,3 Mio. ha), den Biogasbereich (0,9 Mio. ha, Stand 2012) und KUF (ca. 1 Mio. ha). Über eine regionale Differenzierung kann grundsätzlich diskutiert werden (u.a. Nutzungsansätze für Grünland-starke Regionen) Zukünftige Marktentwicklungen im stofflichen Sektor sind sehr schwer zu prognostizieren und können positive und negative Effekte haben (z.b. Abwanderung der Holzveredelung nach Osteuropa)

Thesen zur Biomasse-Nutzung Die Flexibilisierbarkeit und die multifunktionale Nutzbarkeit sind nach wie vor der große Vorteil der Bioenergie. Die zukünftige Rolle von Biomethan sowie von Biomasse im Wärmemarkt sowie im Kraftstoffsektor wird kontrovers diskutiert und bedarf dringend einer Klarstellung. Es bedarf einer stärkeren Verzahnung von Strom- und Wärmebereitstellung; diesbezüglich sind ergänzende lenkende Effekte zur Realisierung von z.b. Wärmenetzen erforderlich (Wärmekataster). Die Kostendiskussion im Bereich der Bioenergie muss dringend die zusätzlichen Effekte aufgreifen, welche abseits der Strombereitstellung durch die Biomasse initiiert werden (Klimaschutz im Agrarsektor, Abfallwirtschaft, Entwicklung ländlcher Räume, etc.)

Bisheriger Ausbau Bestand Biogas Anlagenzubau eigene Darstellung nach DGS, 2013 ca. 8 TWh/1,2 GW Zubau größtenteils im Leistungsbereich zwischen 150 kw und 500 kw etwa 50 % der Stromeinspeisung im Leistungsbereich 150-500 kw und etwa 40 % im Leistungsbereich 0,5-1 MW

Bioenergie-Szenario des BEE Strom im BEE-Bioenergie-Szenario (baut auf BMU-Leitstudie 2010 und DBFZ- Report Nr.4 2011 auf)

2010 2020 2030 2050 FVEE Jahrestagung 2013: Forschung für ein nachhaltiges Strom-Wärme-System Varianzen des Biomasse-Einsatzes BMU 2012 - Szenario 2011 A WWF 2009 - Modell DEU WWF 2009 - Innovation BMWi 2010 - Szenario I B BMU 2012 - Szenario 2011 A WWF 2009 - Modell DEU WWF 2009 - Innovation BMWi 2010 - Szenario I B BMU 2012 - Szenario 2011 A WWF 2009 - Modell DEU WWF 2009 - Innovation BMWi 2010 - Szenario I B Ist-Daten Quelle: BMU-Projekt KomInteg, Wuppertal-Institut, 2013 0% 20% 40% 60% 80% 100% Kraftstoffe Strom Wärme

Transformation des Stromsystems Beitrag Bioenergie Nutzung der Eigenschaft als chemischer Speicher: zur Erbringung von Systemdienstleistungen zum Tagesausgleich und/oder zum Ausgleich saisonaler Schwankungen Quelle: BEE, IZES, 2012 Ausgleichsbedarf erst ab deutlichen EE-Anteilen. Zunächst Bedarf an kurzfristigem Ausgleich (Stunden bis 1-2 Tage) Biogas/Biomethan als Vorzugstechnologie

Residuallast für ein 100% EE-Szenario Ausgleichbedarf Arbeit: 45 TWh pro Jahr Biogas 25 TWh (IST) bis zu 53 TWh perspektivisch Ausgleichbedarf Leistung: 50 GW Biogas ca. 3,5 GW (IST)

Flexibilisierung der Biogasanlagen Erweiterung der Biogasanlagen durch: ein zweites BHKW oder Austausch altes BHKW durch größeres neues BHKW (dadurch zus. Effizienzgewinn) zusätzlicher Biogasspeicher zusätzlicher Wärmespeicher Je nach Überbauung Mehrkosten von 2 4 ct/kwh Option Biomethan mit Nutzung des Gasnetzes als Speicher Quelle: BET, 2012 Quelle: LEE, S.à.r.l., 2013

Lastverlagerungspotenzial Biogas bei unterschiedlichen Fahrweisen Beispiel: Fahrweise 16S/8E = 16 h Speicherung / 8 h Einspeisung

Zusatzinvestitionen für die Flexibilisierung je nach Ansatz 0,1 bis ca. 2 Mrd.

Effizienzgewinne durch Anlagenbündelung Biomethan ist ab einem Wärmenutzungsanteil von < 50 % der auskoppelbaren Wärme ökologisch werthaltiger

Effizienzgewinne durch integrierte Konzepte Projekt zur dezentralen Stromerzeugung aus Biomasse mit einem möglichst hohen elektrischen Wirkungsgrad

Effizienzgewinne durch integrierte Konzepte Innovatives hocheffizientes Prozesskonzept Nach wärmetechnischer und stofflicher Integration ergibt sich ein Potenzial für den elektrischen Wirkungsgrad von 43 % Klärschlamm als biogener Abfall für die Vergärung identifiziert, vollständige energetische Nutzung durch Vergasung der Gärreste Zweistufige Vergasung von Holzpellets und Gärreststoffen mit hoher H 2 -Ausbeute ermöglicht effiziente Verstromung in einer Kombination aus HT-Brennstoffzelle und Gasturbine (Hybridkraftwerk) Heißgasreinigung mit Teerreformierung zur Aufreinigung der Biound Vergasungsgase.

Bioenergie im Wärmemarkt Die EE leisten derzeit einen Anteil von ca. 10,4 % an der gesamten Wärmebereitstellung (91 % Biomasse) Hinsichtlich der Umsetzung der KWK-Ziele für 2020 (25 % bzw. ca. 160 TWh) > ¼ alleine durch Biogas (Festbrennstoff-KWK stagniert) Durch Ausbau EE partiell Entkopplung der Strompreise von Preisen für fossile Energieträger Das Problem ist nicht der Strom sondern die Preise für Wärme und Mobilität!

Externe ökonomische Effekte der Nutzung von Bioenergie

Kostendämpfung im Bereich der Abfallwirtschaft EEG setzt Impuls zur Implementierung hochwertiger Verwertungsstrukturen. Neuer Grundsatz gem. KrWG: im Rahmen einer Ökobilanzierung Auswahl der Verwertungsmaßnahme, welche die beste Option zum Schutz für Mensch und Umwelt darstellt. Rechtsfolge und Effekte: Grundlage für behördliche Einzelfallregelung: Verordnungsermächtigung Die Vergütungssätze des EEG reduzieren die Behandlungskosten für Bioabfall um ca. 32 /Mg (ca. 1/3) bzw. ca. 2,5 / Einwohner und Jahr

Sonstige kostendämpfende Effekte Forstwirtschaft: 2000 2002 noch negative Reinerträge, ab 2003/04 deutlicher Aufschwung Verschiebungen im Agrarsektor: Zahlungen/Subsidien werden weniger zur Stützung von Einkommen bzw. Erzeuger- und Verbraucherpreisen und mehr zur Vergütung von Gemeinwohlleistungen und der Sicherstellung höherer Standards eingesetzt. Klimaschutz im Güllesektor Quelle: BMELV, 2012 Quelle: vti, 2012

Fazit Die Teilnahme der Bioenergie in den Märkten des Stromsektors ist kein Selbstzweck, sondern ein relevantes Instrument zur Gestaltung des zukünftigen Stromsystems. Die durch die Bioenergie erbringbaren Systemdienstleistungen ermöglichen eine zumindest anteilig förderunabhängige Refinanzierung Die Entwicklungen im Wärmemarkt sind noch unscharf. Die Biomasse wird dort jedoch in den nächsten Dekaden insbesondere im Bestand noch eine relevante Rolle spielen. Es bedarf einer stärkeren Verzahnung des Strom- und Wärmemarktes. Die Bioenergie erbringt abseits der reinen Strompreise in anderen Sektoren (z.b. Entsorgungs-, Land-, Forstwirtschaft) in einem signifikanten Maße ökonomische Effekte im Sinne einer Kostendämpfung, welche im Rahmen einer gesamtökonomischen Betrachtung zu berücksichtigen bzw. zu würdigen sind.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Frank Baur, IZES ggmbh Dr. Bernd Krautkremer, Fraunhofer IWES Dr. Antje Wörner, DLR