Vorwort Friedrich Dürrenmatt: Leben und Werk Textanalyse und -interpretation Themen und Aufgaben Rezeptionsgeschichte/Materialien Literatur

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Transkript:

Inhalt Vorwort... 4 1. Friedrich Dürrenmatt: Leben und Werk... 6 1.1 Biografie... 6 1.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund... 9 1.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken... 15 1.3.1 Der Einzelne und die Verantwortung. Anmerkungen zu einigen Figuren Friedrich Dürrenmatts... 15 1.3.2 Vom Essen und Trinken Motivverbindungen... 21 1.3.3 Vom Zufall Motivverbindungen... 23 2. Textanalyse und -interpretation... 27 2.1 Entstehung und Quellen... 27 2.1.1 Zur Entstehung von Dürrenmatts Komödie Die Physiker... 28 2.1.2 Zur Aufnahme des Dramas (Rezeption)... 36 2.1.3 Zur Gattung... 37 2.2 Inhaltsangabe... 41 2.3 Aufbau... 55 2.3.1 Zeit, Ort, Handlung... 55 2.3.2 Der einleitende Nebentext... 57 2.3.3 Zum inneren Aufbau des Dramas... 59 2.3.4 Der Psalm Salomos Möbius Programm... 66 2.4 Personenkonstellation und Charakteristiken... 71 2.4.1 Möbius... 71 2.4.2 Newton/Einstein... 75 2.4.3 Mathilde von Zahnd... 80 2.4.4 Inspektor Voß... 84 2.4.5 Familie Rose... 86 2.4.6 Schwester Monika... 88 2.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen... 91 2.6 Stil und Sprache... 93 2.7 Interpretationsansätze... 96 3. Themen und Aufgaben... 103 4. Rezeptionsgeschichte/Materialien... 105 Literatur... 109 3

1.1 Biografie 1. Friedrich Dürrenmatt: Leben und Werk 1 1.1 Biografie Jahr Ort Ereignis 1921 Konolfingen Dürrenmatt wird am 5. Januar (Kanton Bern) als einziger Sohn des protestantischen Pfarrers Reinhold Dürrenmatt und seiner Ehefrau Hulda (geb. Zimmermann) geboren. 1935 Bern Die Familie zieht nach Bern um; Dürrenmatt besucht zunächst das Freie Gymnasium und später das Humboldtianum. 1941 Bern Maturität (schwz. Hochschulreife); Dürrenmatt nimmt das Studium der Philosophie und der Literatur- und Naturwissenschaften auf (Zürich, Bern). 1943 Erste schriftstellerische Versuche. Es entsteht u. a. das Theaterstück Komödie, das aber weder im Druck noch auf der Bühne erscheint. Alter 14 20 22 1 Zum folgenden Kapitel des Bandes vergl. u. a. Anton Krättli, Friedrich Dürrenmatt in Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur (KLG), Bnd. 2, 38. Nachlieferung (NLG), edition text und kritik, S. 1 30, Oskar Keller, Friedrich Dürrenmatt, Die Physiker, Oldenbourg Interpretationen, Bd. 9, Oldenbourg Verlag, München, 6. Aufl. 1988, besonders S. 107 108, Reinhard Kästler, Friedrich Dürrenmatt, Die Physiker, Königs Erläuterungen und Materialien Bnd. 368, Bange Verlag, Hollfeld, 4. Aufl. 1994, besonders S. 7 20, Rolf Geißler (Hrsg.), Zur Interpretation des modernen Dramas: Brecht, Dürrenmatt, Frisch, Diesterweg Verlag, Frankfurt a. Main, 9. Aufl. 1978, besonders S. 69/70. Die genannten Werke und Ehrenpreise Dürrenmatts stellen eine Auswahl dar! 6 1. Friedrich Dürrenmatt: Leben und Werk

1.1 Biografie Jahr Ort Ereignis 1946 Basel Dürrenmatt zieht nach Basel. 1947 Heirat mit Lotti Geißler Es steht geschrieben (Uraufführung) 1948 Ligerz Dürrenmatt lebt in Ligerz am Bielersee. Der Blinde (Uraufführung) 1949 Romulus der Große (Uraufführung) 1950/52 Der Richter und sein Henker (Kriminalroman) 1952 Neuchâtel Die Ehe des Herrn Mississippi (Uraufführung) Das Theaterstück wird zu Dürrenmatts erstem großen Bühnenerfolg. Dürrenmatt erwirbt ein Haus in Neuchâtel und lebt dort fortan mit seiner Frau sowie den Kindern Peter, Barbara und Ruth. 1953 Ein Engel kommt nach Babylon (Uraufführung) Der Verdacht (Kriminalroman) 1954 Bern Literaturpreis der Stadt Bern 1955 Grieche sucht Griechin (Eine Prosakomödie) 1956 Der Besuch der alten Dame (Uraufführung) Die Panne (Erzählung/Hörspiel) 1957 Hörspielpreis der Kriegsblinden Alter 25 26 27 28 29/31 31 32 33 34 35 36 1. Friedrich Dürrenmatt: Leben und Werk 7

1.2 1.1 Zeitgeschichtlicher Biografie Hintergrund Jahr Ort Ereignis 1958 Das Versprechen (Roman) Prix Italia 1959 Frank der Fünfte (Uraufführung) 1962 Die Physiker (Uraufführung) 1963 Herkules und der Stall des Augias (Uraufführung) 1966 Der Meteor (Uraufführung) 1967 Die Wiedertäufer (Uraufführung/ eine Neubearbeitung von Es steht geschrieben) 1970 Portrait eines Planeten (Uraufführung) 1973 Der Mitmacher (Uraufführung) 1977 Nizza/ Buber-Rosenzweig-Medaille Jerusalem Ehrendoktor der Universität Nizza und der Hebräischen Universität Jerusalem Beerscheba Ehrenmitglied der Ben-Gurion- Universität in Beerscheba 1981 Ehrendoktor der Universität Neuchâtel 1983 Neuchâtel Tod seiner Frau Lotti Achterloo (Uraufführung) 1984 Heirat mit der Schauspielerin Charlotte Kerr Österreichischer Staatspreis für Literatur 1985 Justiz (Roman) 1986 Der Auftrag (Novelle) 1990 Neuchâtel Tod am 14.12. (Herzinfarkt) Alter 37 38 41 42 45 46 49 52 56 60 62 63 64 65 69 8 1. 1. Friedrich Dürrenmatt: Leben und Werk

1.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund 1.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund Will man sich dem Theater Friedrich Dürrenmatts nähern, so muss nahezu zwangsläufig der Name Brecht fallen. Dies gilt nicht nur im Falle Die Physiker, die als Zurücknahme des brechtschen Galilei gelten können, sondern für Dürrenmatts Auffassung vom Theater überhaupt. 2 Unter direktem Bezug auf Dürrenmatt, dessen Namen Brecht bereits im ersten Satz seines Textes Brecht und Dürrenmatt: Kann die heutige Welt durch Theater Brechts Auffassung von der Welt wiedergegeben werden?, nennt, hatte und ihrer Darstellung Brecht 1955 in Darmstadt tagenden im Theater Dramaturgen noch einmal seinen Standpunkt von der Erkennbarkeit und der Veränderbarkeit der Welt dargelegt und die Rolle des Theaters in diesem Zusammenhang aufgezeigt: Mit Interesse höre ich, daß Friedrich Dürrenmatt in einem Gespräch über das Theater die Frage gestellt hat, ob die heutige Welt durch Theater überhaupt noch wiedergegeben werden kann. (...) In einem Zeitalter, dessen Wissenschaft die Natur derart zu verändern weiß, daß die Welt schon nahezu bewohnbar erscheint, kann der Mensch dem Menschen nicht mehr lange als Opfer beschrieben werden, als Objekt einer unbekannten, aber fixierten Umwelt. Vom Standpunkt eines Spielballs aus sind die Bewegungsgesetze kaum konzipierbar. (...) Es wird Sie nicht verwundern, von mir zu hören, daß die Frage der Beschreibbarkeit der Welt eine gesellschaftliche Frage ist. (...) Und sie werden mir vielleicht darin zustimmen, daß die heutige Welt eine Änderung braucht. Für diesen kleinen Aufsatz, den 2 Der Begriff Zurücknahme geht auf Hans Mayer zurück: Brecht und Dürrenmatt oder Die Zurücknahme in Manfred Brauneck (Hrsg.), Das deutsche Drama vom Expressionismus bis zur Gegenwart/Interpretationen, C.C. Buchners Verlag, Bamberg 1977, S. 212 223 1. Friedrich Dürrenmatt: Leben und Werk 9

1.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund ich als einen freundschaftlichen Beitrag zu Ihrer Diskussion zu betrachten bitte, genügt es vielleicht, wenn ich jedenfalls meine Meinung berichte, daß die heutige Welt auch auf dem Theater wiedergegeben werden kann, aber nur wenn sie als veränderbar aufgefaßt wird. 3 Der Marxist Brecht ging davon aus, dass es in der Gesellschaft wie auch in der Natur Bewegungsgesetze gibt und dass diese Bewegungsgesetze der Gesellschaft (bestimmt durch die Entwicklung der Produktionsverhältnisse und Produktivkräfte und der auf ihrer Basis sich entwickelnden Klassenantagonismen) nicht nur erkennbar sind, sondern im Theater beschrieben werden können. Brechts Auffassung ist dabei von einer optimistischen Geschichtsauffassung geprägt, die eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse nicht nur für wünschenswert, sondern auch für möglich hält. Das Theater könne, so Brechts Ansatz, die Bewegungsgesetze der Gesellschaft erhellen, die Gesellschaft als eine veränderbare zeigen und dadurch zu ihrer Veränderung beitragen. Ganz anders Dürrenmatt. Auch er sieht, wie Brecht, die Ungerechtigkeiten dieser Welt, doch ist seine Position weder Brecht: das Theater zeigt die Welt als veränderbar Dürrenmatt: die Welt als Rätsel an Unheil fortschrittsoptimistisch noch daran interessiert, Möglichkeiten der Veränderung auf dem Theater anzubieten: Ich lehne es ab, das Allgemeine in einer Doktrin zu finden, ich nehme es als Chaos hin. Die Welt (die Bühne somit, die diese Welt bedeutet) steht für mich als ein Ungeheures da, als ein 3 Bertolt Brecht, Kann die heutige Welt durch Theater wiedergegeben werden? (1955) in Bertolt Brecht, Schriften zum Theater. Über eine nicht-aristotelische Dramatik, Suhrkamp Verlag/Bibliothek Suhrkamp Bnd. 41, Frankfurt am Main 1971, S. 7 9 10 1. Friedrich Dürrenmatt: Leben und Werk