Überraschende Kehrtwende in der amerikanischen Ukraine-Politik

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Transkript:

Überraschende Kehrtwende in der amerikanischen Ukraine-Politik... Experte Dr. Pawel Kowal Region: Nordamerika Washington, 20. Juni 2017: US-Präsident Donald Trump (re.) und sein ukrainischer Amtskollege Petro Poroschenko schütteln im Oval Office des Weißen Hauses die Hände (Foto: dpa) Noch vor einem halben Jahr war man sich sicher, dass es mit den Beziehungen zwischen Washington und der Ukraine nach der Wahl von Donald Trump nur bergab gehen könnte und dass der neue Präsident der Vereinigten Staaten kaum Interesse daran haben würde, nach Lösungen für den Donbass-Konflikt zu suchen. In Trumps Gefolge dominierte im Wahlkampf die Ansicht, dass Kiew seine Rivalin Hillary Clinton begünstige. Die Beobachter waren auch überzeugt, dass die Präsidentschaft des Milliardärs mit einer deutlichen Annäherung an Moskau beginnen würde. Doch mehrere Monate nach Trumps Amtseinführung sehen die Dinge anders aus. Der neue Präsident, dem man vorwirft, dass Moskau in die US-Wahlen eingegriffen habe, um ihm zum Sieg zu verhelfen, versucht nun, jeden Anschein einer Bevorzugung Russlands zu vermeiden. Zum ersten Mal seit der Präsidentschaft www.gisreportsonline.com SEITE 1

Ronald Reagans (1981-1989) gab es nicht einmal eine vorübergehende Erwärmung in den Beziehungen zu Moskau, nachdem ein neuer Amtsträger in das Weiße Haus eingezogen war. Auch aus der Sicht des Präsidenten bietet der Donbass-Konflikt eine praktische Gelegenheit, um zu zeigen, dass sich seine Administration nicht beim Kreml einschmeichelt. Wirtschaft und Politik Ein weiterer Faktor, der zugunsten der Ukraine arbeitet, ist die Wirtschaft. Amerikanische Unternehmen haben bestehende und potenzielle Interessen in der Ukraine und generell in Mittel- und Osteuropa. Es geht nicht nur darum, Waffen zu verkaufen. So konvergieren etwa die Interessen von US-Energieunternehmen mit denen der Ukraine, Polens und anderer Länder in der Region, die versucht haben, ein neues russisch-deutsches Offshore-Gaspipeline-Projekt zu blockieren. Nach ihrer Auffassung verstärkt dieses Projekt nur die gefährlich dominante Stellung Russlands auf dem EU-Energiemarkt. Während des Baus der ersten beiden Stränge der Nord Stream -Pipeline (2011/12) konnten die Gegner, vor allem Polen, noch nicht einmal davon träumen, Unterstützung aus Washington zu erhalten. Derzeit sind die US-Gaslieferanten Russlands Konkurrenten in der EU. Infolgedessen verfolgen sie aufmerksam die Politik der USA gegenüber Russland und dem Donbass-Konflikt. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko und Präsident Trump teilen sich eine Gemeinsamkeit: Sie kommen beide aus der Wirtschaft. Während Poroschenkos Besuch im Weißen Haus am 20. Juni 2017 war die gute Chemie zwischen den beiden greifbar. Sobald die Gespräche mit Vizepräsident Mike Pence vorbei waren, begrüßte Trump den ukrainischen Staatschef persönlich. Das Treffen war kurz, aber Präsident Trump stellte sicher, dass es den Medien präsentiert wurde, um ihren gemeinsamen diplomatischen Erfolg zu krönen (die konkreten Gespräche verliefen jedoch nicht zu Poroschenkos Gunsten: Die US-Regierung war nicht bereit, der Ukraine Flugabwehrraketen vom Typ Javelin zu verkaufen. Dieses US- Waffensystem könnte die Position der Ukraine in der Auseinandersetzung mit Russland deutlich stärken). www.gisreportsonline.com SEITE 2

Durch den Besuch Poroschenkos wollte der US-Präsident vor dem G20-Gipfel in Deutschland ein Zeichen setzen, wonach er in der Ukraine eine aktive Politik verfolge. Tatsächlich aber hat sich die amerikanische Strategie für den Donbass- Konflikt noch nicht herauskristallisiert. Der ukrainische Präsident hat jedoch einen Erfolg in der Öffentlichkeitsarbeit erreicht. Auch der Kontext funktioniert zu seinen Gunsten. Im Frühsommer 2017 war Kiew das Ziel einer diplomatischen Mission: US- Außenminister Rex Tillerson kam am 9. Juli vorbei, am nächsten Tag folgte NATO- Generalsekretär Jens Stoltenberg. Poroschenko hatte auch Gelegenheit, mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu sprechen, dessen Politik, Frankreich von Russland zu distanzieren, ein Segen für Kiew ist. Wie bei der Trump-Regierung ist die französische Linie für die Minsker Friedensvereinbarungen noch nicht vollständig entwickelt, aber es ist klar, dass das düstere Szenario für die Ukraine im Konflikt mit Russland allein gelassen zu werden nicht eintreten wird. Zwei Überraschungen Viele Beobachter in Kiew sind nun davon überzeugt, dass sich Donald Trumps Präsidentschaft für die Ukraine als vorteilhafter erweisen könnte als die seines Vorgängers Barack Obama. Die Regierung hat klargestellt, dass der Präsident die Bedeutung der ukrainischen Frage anerkennt. Etwa 12 Stunden vor dem ersten Putin-Trump-Treffen am 7. Juli 2017 wurde ein Satz über die negative Rolle Russlands im Donbass-Krieg in den Text der Rede eingefügt, die der US-Präsident in Warschau hielt. Bereits seit geraumer Zeit war erwartet worden, dass die USA einen Sonderbeauftragten für den Konflikt im Donbass ernennen würden. Die offizielle Ankündigung erfolgte am 7. Juli 2017, also am selben Tag des ersten Treffens zwischen den Präsidenten Trump und Putin am Rande des G20-Gipfels in Hamburg. Die zweite Überraschung war der Beauftragte selbst: Der Job ging an Kurt Volker, einen Diplomaten aus dem Umfeld von Senator John McCain, der für seine harte Haltung gegenüber Russland bekannt ist. www.gisreportsonline.com SEITE 3

Diese Nominierung scheint die Botschaft zu vermitteln, dass Washington nicht vorhat, beim Ukraine-Konflikt ein doppeltes diplomatisches Spiel mit Moskau zu spielen. Manche interpretieren sie sogar als einen Versuch, eine politische Struktur aufzubauen, in der Senator McCain durchaus Einfluss auf die Handlungen der US- Administration in diesem Bereich haben wird. Einige Experten betonten, dass die Ernennung eines US-Gesandten für die Ukraine niemals unter Obamas Regierung erfolgt wäre. Man spekulierte auch, dass nun zum ersten Mal seit 2014 eine echte Chance bestünde, ein anderes Format für die Donbass-Friedensverhandlungen zu entwickeln, an dem auch die USA und die EU teilnehmen könnten (bisher hatten sich Deutschland und Frankreich einfach selbst zu den Repräsentanten des Westens in diesem Prozess ernannt). Tauben und Falken Eine derartige Veränderung könnte jedoch bestenfalls in ferner Zukunft Realität werden. Zunächst reiste Volker in die Ukraine, um die Situation vor Ort in Augenschein zu nehmen, und er besuchte Paris, Berlin und Wien. All dies bedeutet noch keine große Umwälzung für Kiew aber es signalisiert, dass sich Washington nicht vollständig von dem Drama im Donbass distanziert. Bis heute ist dies die wichtigste Errungenschaft der ukrainischen Diplomatie. Zwei erfahrene Politiker sind dafür verantwortlich: der stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung, Konstantin Jelisejew, und Außenminister Pavlo Klimkin. Vielleicht kommen die US-Waffenverkäufe doch noch zustande dieser Ansatz könnte von Volker unterstützt werden. Unter den amerikanischen Eliten, besonders innerhalb der Republikanischen Partei, gibt es zwei Ansätze für den Konflikt im Donbass. Der erste, vertreten durch Außenminister Rex Tillerson, zeichnet sich durch den Wunsch aus, einen Vergleich mit Russland zu schließen. Der andere, repräsentiert von Senator McCain, will eine grundsätzlichere Haltung gegenüber dem Kreml einnehmen. Noch vor wenigen Wochen hätte niemand erwartet, dass dieser zweite Ansatz einen besseren Stand in der Trump-Administration haben könnte. www.gisreportsonline.com SEITE 4

Angriffslustige Positionen sind oftmals ein typisches Charakteristikum für Beamte mit militärischem Hintergrund, und das sind genau die Männer, die in Trumps Team immer wichtiger werden. Dazu zählen nicht nur der Verteidigungsminister, General James Mattis, sondern auch der derzeitige Stabschef des Weißen Hauses (der bis vor kurzem noch die Heimatschutz-Behörde anführte), General John Kelly, sowie der Nationale Sicherheitsberater, General H.R. McMaster. Dass nun noch Volker zu diesem Team stößt, stärkt die härtere Linie in der Ukraine-Politik noch mehr. Washington, 10. Mai 2017: US-Außenminister Rex Tillerson (li.) begrüßt den russischen Botschafter Sergei Kisljak genau einen Tag, nachdem der US-Präsident einen FBI-Direktor gefeuert hatte, der die Beziehungen zwischen der US-Regierung und Russland untersucht hatte (Foto: dpa) Die neueste Reihe von US-Sanktionen gegen die russischen Wirtschaft, verabschiedet und unterzeichnet im Kongress (doch vom Präsidenten nur unter Vorbehalt akzeptiert), ist ein weiterer Faktor, der die Beziehungen zwischen Moskau und Washington abkühlt. Präsident Putin hat die Maßnahme bereits als Grobheit bezeichnet. Er hatte diesen Schritt nicht erwartet und muss sich durch Trumps Amtshandlungen enttäuscht fühlen. www.gisreportsonline.com SEITE 5

Sergei Kisljak, der russische Botschafter in Washington seit 2008, wurde nach Moskau zurückgerufen. Er ist ein erfahrener Diplomat, der zwischen 1990 und 2003 die russische Mission bei der NATO führte. In diesem Posten war er dafür bekannt, dass er hin und wieder am äußersten Rand seines diplomatischen Mandats operierte. Er hätte mit einigen Mitgliedern von Trumps Präsidentschaftskampagnen- Team in ähnlicher Weise verfahren können. Möglicherweise ist er dieses Mal zu weit gegangen. Sein Rückruf kann als symbolisch angesehen werden. Stellvertreterkrieg Vor dem Hintergrund der massiven Schwierigkeiten, in die der unternehmungslustige Diplomat nun Präsident Trump brachte, ist die heikle Frage der gegenwärtigen Beziehungen zur Ukraine langsam verblasst. Dabei geht es um einen von Trump am 25. Juli 2017 abgesetzten Tweet auf Twitter, in dem er erklärte, dass die Ukrainer seinen Wahlkampf sabotiert hätten, weil Kiew seiner Meinung nach für einen Sieg Hillary Clintons gewesen sei. Diese Angelegenheit wird nun keine Rolle mehr spielen, da seine Administration keine Zeit dafür hat, mit derartigen Trivialitäten umzugehen. Russlands Entscheidung im August, 755 US-Diplomaten und -Botschaftsangestellte auszuweisen, zeigt, dass in den Beziehungen zwischen den USA und Russland die Logik des Konflikts dominiert. Für Kiew selbst war das keine schlechte Nachricht, zumindest im Hinblick auf den eigenen Umgang mit Washington. Präsident Trump mag vielleicht keine umfassende Strategie für die Ukraine haben, aber ein paar Punkte sind nun klarer geworden. Die Ukraine wird nicht mehr komplett von den Waffenverkäufen der USA ausgeschlossen werden und eine stärkere militärische Unterstützung für dieses Land könnte Washingtons nächster Schritt sein. Auch die Energiefragen dürften aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls zu Kiews Gunsten gelöst werden. Solange die Beziehungen zwischen Washington und Moskau angespannt bleiben und sich weiter verschlechtern, wird es jedoch keine Möglichkeit geben, den ins Stocken geratenen Verhandlungsprozess über den Donbass neuzugestalten. In www.gisreportsonline.com SEITE 6

einem solchen Szenario dem heute am wahrscheinlichsten werden die USA zu einem zunehmend aktiven Verbündeten der Ukraine werden. Sie dürften mehr sein, als ein bloßer Makler zwischen Moskau und Kiew. Und der eingefrorene Konflikt im Osten könnte ganz allmählich zu einem Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den USA werden. www.gisreportsonline.com SEITE 7