Die Kroaten: Geschichtsschreibung (Mythologisierung)
Tadija Smičiklas: Poviest hrvatska (Kroatische Geschichte) 2 Bde. Zagreb 1879, 1882 Die erste Periode sei gekennzeichnet vom Aufeinanderprallen zweier konträrer Kultursphären, nämlich der griechischen und der römischen. Das Opfer dieser Auseinandersetzung sei unser Volk gewesen, das dadurch zweigeteilt worden sei. Die östliche Seite entwickelte unter dem serbischen Namen ihr eigens Staats- und Kulturleben und die westliche Seite unter dem kroatischen. Es gebe kein ähnliches Beispiel unter den europäischen Völkern. Diese Teilung habe durch die Kultur
begonnen, der Staat habe sie vertieft und die Religion vollendet. Smičiklas spricht von einem Volk (Kroaten und Serben), von gemeinsamen Volksliedern, gemeinsamer Sprache, vom gemeinsamen Volksglauben
Zitat (Thema: Christianisierung der Kroaten) In den Häusern um den Herd, an den zauberhaften, klaren Wasserquellen, in den Wäldern und Tälern, wo noch alte heidnische Kultlieder gesungen wurden, mischte sich das Christentum mit dem Heidentum, bis aus der Kirche zu Ehre Gottes Stimmen in kroatischer Sprache zu erschallen begannen und sich weit, weit verbreiteten, überall wo das kroatische Herz schlägt.
Vjekoslav Klaić: Poviest Hrvata od najstarijih vremena do 19. stoljeća [Die Geschichte der Kroaten von den ältesten Zeiten bis zum 19. Jahrhundert]. 5 Bde. Zagreb 1899-1920. Bd. I. Zagreb 1899: Die kroatische Geschichte lehrt uns, dass in der ethnischen Welt nicht immer jene Gesetze herrschen, nach denen der Kleinere und zahlenmäßig Geringere dem Größeren und Zahlenreicheren unterliegen müsste [...].
Viele, die sich mit der Geschichte der slawischen Völker beschäftigten, behaupteten, dass die Slawen nicht so sehr staatsbildende Kräfte, dafür aber um so mehr Abwehrkräfte besaßen. Schon beim ersten Erscheinen der Slawen in der Geschichte berichten lateinische und griechische Schriftsteller einhellig, dass sich diese fremden Herrschern nicht gerne unterwarfen, dass sie die Eigenständigkeit über alles liebten und das sie um der lieben und goldigen Freiheit Willen bereit gewesen seien, jeden Missstand zu ertragen (omnem miseriam carae liberati postponentes). Wenn das über die Slawen im Allgemeinen behauptet wird, so gilt das für die Kroaten im Besonderen.
Denn, wenn du ihre Geschichte liest, kannst du nicht genug ihre Zähigkeit und ihre unzerstörbare Abwehrkraft bewundern. Seit der Kroate an den Ufern der Adria erschienen ist, trotzt er mehr als zwölf Jahrhunderte lang Allem, was ihn vernichten will. So ist es ihm gelungen, durch seine unerschöpfliche Kraft und Zähigkeit seinen Namen, seine Individualität und sein Territorium zuverteidigen[...]. So wie die römische Kultur den Kroaten nicht ausgerottet hat, hatte ihn ebenso wenig der christliche Glaube seines Volkscharakters beraubt. Die universale römische Kirche, deren ergebenste Söhne die Kroaten immer gewesen waren, musste den Kroaten etwas gewähren, was
sie sonst niemandem (keinem Volk) weder zuvor noch danach gewährt hatte. Während bei den Mährern, Tschechen und Slowenen jede Spur des slawischen Wortes im Gottesdienst längst verschwunden ist, haben nur die Kroaten, unter allen slawischen Völkern römischen Glaubensbekenntnisses bis zum heutigen Tage das wunderbare Erbe der heiligen Apostel Kyrill und Methodius bis zum heutigen Tage bewahrt.
Das kroatische Land Nach den Forschungsergebnissen der besten kroatischen Historiker hat das kroatische Volk in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts ein ziemlich umfangreiches Land in Besitz genommen, das folgende Grenzen hatte: im Süden den Fluss Bojana (rund um Scutari), im Osten die Flüsse Bosna oder Vrbas, im Norden die Donau (von der Mündung der Drau bis zur Mündung der Save) und die Drau, im Westen die istrischen Berge (bzw. der Fluss Raša in Istrien) und das Adriatische Meer. Wenn wir auf die Landkarte
blicken, sehen wir, dass wir zum kroatischen Land folgende heutige Staaten und Regionen zählen müssen: Montenegro, ganz Dalmatien, den westlichen Teil Bosniens und der Hercegovina (ausgenommen Novi Pazar), Kroatien und Slavonien und schließlich einen Teil des östlichen Krain und das östliche Istrien [...]. Wenn das kroatische Land heute eine (politische) Einheit wäre, wäre ein solcher kroatischer Staat größer als das Königreich Portugal, Griechenland, Serbien, die Schweiz, Niederlande und Belgien [...]. Nur selten im Laufe der Geschichte war das gesamte kroatische Land in einer politischen Einheit vereinigt.
Dazu trugen vielfach politische Verhältnisse bei, der Hauptgrund dafür liegt aber in der geographischen Lage des kroatischen Landes. Der Blick auf die Landkarte Europas zeigt, dass das kroatische Land überwiegend zum Westen und seinem Einfluss tendiert. Zwar erstreckt sich ein beträchtlicher Teil des kroatischen Landes auf der Balkanhalbinsel, die ausdrücklich östlich genannt wird, ihr nordwestlicher Teil reicht aber tief in den Westen hinein [...]. Die Stadt Sarajevo in Bosnien, bestimmt der östliche Ort im Umfang des ehemaligen kroatischen Landes, hat fast die gleiche geographische Länge wie die Stadt Otranto in Süditalien.