Moderne. Moderne trifft Geschichte. Baukunst Architektur Leben. Näher als Sie glauben.



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Transkript:

Moderne Moderne trifft Geschichte Baukunst Architektur Leben Näher als Sie glauben.

Kultur Wussten Sie schon, dass Bernau bei Berlin ein abwechslungsreiches Kulturprogramm bietet? es in Bernau bei Berlin zahlreiche Denkmäler verschiedener Epochen gibt? Bernau bei Berlin ein lebendiger Kulturort ist! BERNAU BEI BERLIN Baukunst Architektur Leben

Moderne trifft Geschichte Genau diesen Eindruck kann der Besucher von Bernau bei 4 Vorwort Professor Herwig Pöschl Berlin gewinnen. Sieht man sich am Rande der Innenstadt noch umgeben von einer historischen Stadtmauer mit gut 10 erhaltenen Lughäusern, Türmen und dem Steintor, so eröff- net sich beim Durchqueren des Tores die Sicht auf die syste- matische Bebauung der mittelalterlich angelegten Straßen- züge. Lässt man den Blick weiter schweifen, so entdeckt man Das Baudenkmal Bundesschule Bernau liebevoll restaurierte Gründerzeitbauten und Jahrhunderte alte Fachwerkhäuser. Moderne Neubauten werden überragt von einer imposanten gotischen Backsteinhallenkirche. Eingebettet in diese wechselvolle Architektur findet man in Bernau bei Berlin verschiedene Museen und Kunstgalerien, 20 Phönix oder Pechvogel? Die Bernauer Innenstadt die sowohl für Geschichtsfreunde als auch für Liebhaber der Modernen Kunst einiges zu bieten haben. Mehr als zehn wiederkehrende Veranstaltungen verteilen sich über das 24 Kulturjahr der 37.000-Einwohner-Stadt im grünen Norden Berlins. Bernauer und Besucher können bei vielseitigen Musikfestivals unterschiedlichste Stilrichtungen genießen, Die Schlossanlage Börnicke in die Vergangenheit eintauchen oder auf einer der Vernis- sagen Bildende Kunst bewundern. Und nicht zuletzt können dank zahlreicher engagierter Vereine Kunst und Kultur in 30 Bernau bei Berlin lebendig gestaltet werden. Besuchen Sie die moderne Kleinstadt im historischen Rahmen, entdecken Sie Kunst und Kultur in Bernau Historie in Bernau bei Berlin bei Berlin! Planung 3

Vorwort Prof. HERWIG PöscHL Moderne trifft Geschichte Die mehr als 750-jährige Geschichte Bernaus ist dokumentiert durch beeindruckende Baudenkmäler. Im Zentrum der Stadt, die von einer nahezu vollständig erhaltenen mittelalterlichen Stadtmauer wie ein Juwel eingefasst ist, findet sich die 1519 eingeweihte spätgotische St. Marienkirche mit einem Flügelaltar aus der Schule des Renaissance-Malers Lucas Cranach des Älteren. Der Aufstieg Bernaus zu einem Zentrum der mittelalterlichen Tuchproduktion ist mit dem St. Georgen Hospital, einer Stiftung der Tuchmachergilde von 1328 dokumentiert. Das Kantorhaus als ältestes Wohnhaus aus dem 16. Jahrhundert und das klassizistische Rathaus von 1805 sind Zeugen ihrer Zeit. Das Industriedenkmal Gasometer, einer der letzten erhaltenen Scheibengasbehälter, empfängt Besucher, die aus Richtung Berlin anreisen. Wende zur Moderne Das 1909/11 umgebaute Schloss Börnicke liegt in einem Bernauer Ortsteil, welcher erst im Zuge der Gebietsreform 2002 eingemeindet wurde. Das Schloss markiert mit dem Architekten Bruno Paul einen Wendepunkt zur Moderne. Es gilt selbst nicht als Bauwerk der Moderne, sondern gehört mit seinem bei Berliner Großbürgern beliebten»klassischem Stil«zu den herausragenden Herrenhäusern in Brandenburg. Eine großzügige Schlossanlage und der einmalige Landschaftspark mit einem kleinen See als Zentrum weisen auf eine Architektur hin, die Bau und Landschaft als Einheit begreift. Der»modern«wirkende Stil erklärt sich aus der Persönlichkeit des Architekten Bruno Paul, welcher die Wende vom Jugendstil hin zum funktionalistischen Bauhaus, vor allem mit späteren Bauten, verkörpert. Vorwort 5

Merkmal der Moderne: Das Baudenkmal Bundesschule des ADGB Im nördlichen Stadtgebiet Bernaus befindet sich das bedeutendste Bauhausobjekt neben dem Bauhausgebäude in Dessau. Das Bauhaus ist die herausragendste Kunstschule des 20. Jahrhunderts. Die zwischen 1928 und 1930 von den Architekten Hannes Meyer und Hans Wittwer entworfene und gebaute ehemalige Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) gilt einerseits bis heute als paradigmatisches Beispiel einer funktionalen Architektur, andererseits gehen Idee, Konzept und Realisierung weit über die Aufgabe hinaus, einen Raum für eine Schule zu schaffen. Architektur baut hier ein positives Menschenbild und eine neue Organisation des Zusammenlebens in Entwicklungsräumen, die ökologisch in die Landschaft eingepasst sind. So wird ein Besuch der Bundesschule eine Begegnung mit einer spürbaren und nicht nur ästhetisch beeindruckenden Architektur. Seit 2001 ist die Handwerkskammer Pächter der Bundesschule. Betreiber ist der Internationale Bund mit einem Seminarund Lehrgangshotel. Ab 2003 wurden Sanierungs- und Rekonstruktionsarbeiten zur denkmalgerechten Wieder herstellung des Meyer-Wittwer-Baus von den Brenne Architekten aus Berlin durchgeführt. Der World Monuments Fund (WMF) in New York hat die Architekten 2008 für die Instandsetzung mit dem»world Monuments Fund/Knoll Modernism Prize«ausgezeichnet. Die 2011 gegründete Stiftung»Baudenkmal Bundesschule«soll sich unter anderem um die Aufnahme in den Katalog des UNESCO Welterbe bemühen.

Prof. Herwig Pöschl ist heute Kunstkurator der Stadt Bernau und unterrichtet an den Universitäten Bologna, Lugano und Turin. Er ist Mitbegründer der Stiftung Fitzcarraldo in Turin, welche von den wichtigsten italienischen Kulturmachern für kulturpolitische Forschung und Kulturmanagement gegründet wurde. Er hat in den letzten 20 Jahren mehr als 1.000 Kulturmanager/innen in 60 Ländern ausgebildet, in Salzburg das Kolleg St. Josef als Denkmal der Moderne gerettet und für Salzburg bzw. Industrieregionen kulturelle Planungen erarbeitet. Er lebt heute in Berlin. Wende von der Moderne Durch Putz überformte Fachwerkhäuser prägten bis 1975 den historischen Stadtkern von Bernau, konnten allerdings aus ökonomischen und situativen Bedingungen heraus nicht so renoviert werden, dass sie den Bedürfnissen und Standards der Zeit entsprachen. Mit dem Anspruch eine Musterstadt zu entwickeln, wurden große Teile der Altstadt abgetragen und durch die industriell vorgefertigte, nahezu kubistische Architektur des Plattenbaus ersetzt. Es wurde dabei aber besonders darauf geachtet, dass sich die Architektur in das Stadtbild einfügt. Heute geht es längst um eine differenzierte Betrachtung dieser Stadtentwicklung, weg von deren vordergründiger Geringschätzung hin zu Neubewertungen und spannenden Sanierungs- sowie Stadterneuerungsprojekten. Bernau bei Berlin bietet so neben dem Schwerpunktprojekt Baudenkmal Bundesschule vielfältige und erweiterbare Möglichkeiten für die Entwicklung des Themenkreises Architektur mit Menschen im Zentrum des Gestaltens. Prof. Herwig Pöschl Vorwort 7

Moderne BAUKUNST ArcHITEKTUR LEBEN Zeitzeugen der Moderne in Bernau bei Berlin In Bernau bei Berlin stehen Bauwerke unterschiedlicher Architekturepochen harmonisch nebeneinander. Darunter befinden sich auch einige Zeugnisse der Deutschen Moderne. Lassen Sie sich beeindrucken vom Baudenkmal Bundesschule Bernau einem der bedeutendsten Bauensembles der Moderne in Deutschland. Verfolgen Sie die dramatische Überformung der mittelalterlichen Bernauer Innenstadt eine experimentelle, bauwissenschaftliche, städtebaulich-architektonische sowie soziale Herausforderung mit versöhnlichem Ende. Entdecken Sie auf den folgenden Seiten auch die vom Wendearchitekten Bruno Paul umgebaute Schlossanlage in Börnicke. Zeitzeugen der Moderne 9

Bundesschule Pro f. Arthur R üegg, Zürich Das Baudenkmal Bundesschule Bernau Der Schweizer Architekt Hannes Meyer (1889 1954) gilt als radikaler Exponent eines»verwissenschaftlichten«entwurfsprozesses. Während der kurzen Zeit seines Direktorats am Bauhaus Dessau (1928 30) konnte er zusammen mit seinem Partner Hans Wittwer (1895 1952) und der Bauabteilung des Bauhauses die Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) in Bernau errichten, die als»gebautes Manifest«seiner Ideen gilt als Versuch, sämtliche Randbedingungen einer Aufgabe objektiv zu erfassen und direkt in einen Bau zu übersetzen, ohne»auf einen Stil auszugehen«(behne).

Die Bundesschule wurde außerhalb der Stadt behutsam in eine Waldlandschaft mit einem kleinen See eingebettet. Die Z-förmige Anlage ist in mittelgroße Teile aufgelöst, die durch einen großzügig verglasten Gang verbunden sind. Die einzelnen Trakte wurden auf rechteckigen Grundrissen aufgebaut, doch die lebhafte Staffelung auf dem leicht bewegten Gelände ergab ein zwangloses Arrangement, das völlig undogmatisch wirkt. Offensichtlich zielte das didaktische Konzept der Bundesschule nicht nur auf die Vermittlung von Wissen, sondern auch auf die Förderung sozialer Kompetenzen durch gemeinsames Lernen in unhierarchischen Strukturen und mit starkem Bezug zu einer ruhigen, aber durch die architektonische Komposition poetisch aufgeladenen Landschaft. Die 120 Kursteilnehmer wurden während der meist zweiwöchigen Lehrgänge in Gruppen von je zehn Personen zusammengefasst, die jeweils eine Etage der vier dreigeschossigen, im Innern über die Farbgebung differenzierten Wohngebäude bewohnten. Über den kommunikationsfördernden weiten Glasgang erreichten sie entweder das Hauptgebäude mit Aula und Speisesaal am Kopf der Anlage, oder am tiefsten Punkt das quer gestellte, an ein Schwimmbecken und den See angrenzende Schulgebäude mit seinen drei Hörsälen, der Bibliothek, den Seminarräumen und einer Turnhalle. Meyer schlug also nicht nur eine außergewöhnliche Bauanlage vor, sondern nach eigenen Worten»eine neuartige sozial-päda gogische Organisation«. Die Wettbewerbsbeiträge der anderen Konkurrenten (Aloys Klement, Max Taut, Max Berg, Willy Ludewig, Erich Mendelsohn) hatten nicht die selbe knappe Eleganz in der Umsetzung reformerischer Anliegen zu erreichen vermocht. Der geschmeidig ins Gelände gelegte Zweckbau verzichtet fast ganz auf repräsentative Gesten. Das Erscheinungsbild wird direkt von den verwendeten Baumaterialien und deren werkgerechter Verarbeitung geprägt, von gelben Ziegelsteinen, von Beton, Stahl und Glas. Die ehemalige Bundesschule hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, die unübersehbare Spuren hinterließ. Im Mai 1933 beschlagnahmte die NSDAP die Anlage, um sie ihrerseits als Schulungsstätte zu nutzen. Nach dem Krieg übertrug die sowjetische Militärverwaltung die Immobilie dem neu gegründeten Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB), der 1947 die Funktionärsschulung Kulturland Brandenburg 2011 Die mit moderner Lehrtechnik, einem ausfahrbaren Wand container mit Leinwand, Tafel und Karten sowie einer Tonfilm- und Projektionsanlage ausgestatte Aula konnte seinerzeit auch als Kino- und Kultursaal genutzt werden. Die Verdunklung war automatisch zu steuern. Baudenkmal Bundesschule Bernau 11

Großzügig gestaltete Fensterund Glasfronten in verschiedenen Gebäudeteilen schaffen eine große Lichtfülle und heben die Trennung von Innenraum und natürlicher Umgebung auf. in Bernau wieder aufnahm und die Anlage in der Folge schrittweise erweiterte. Meyer war damals noch als Vertreter eines»reak tio nären Konstruktivismus«verrufen, was die entstellenden Um- und Ausbauten vor allem des Sozialtraktes im Meyer-Wittwer-Bau erklären mag. 1992 ging der gesamte Komplex in das Eigentum des Landes Brandenburg über. Nach der erbbaurechtlichen Übernahme durch die Handwerkskammer Berlin 2001 und einer nahezu fünf Jahre dauernden denkmalpflegerischen Instandsetzung dient der Kernbau heute als Internat für deren Bildungs- und Innovationszentrum. Die präzise artikulierte Konstruktion der Bundesschule lässt überall die Materialien, die Bauweise und den Bauprozess ablesen. Die Details erscheinen gleichsam als notwendige Konsequenz der technischen Ansprüche, doch die feine Exaktheit der Durcharbeitung verleiht der strengen Architektur eine geradezu liebenswürdige Note. Die denkmalpflegerische Instandsetzung der Anlage profitiert davon, dass sie wieder für einen akademieähnlichen Betrieb genutzt werden kann. Umfangreiche Recherchen, Gutachten und Analysen standen am Anfang der Arbeiten, um den Bestand zu erfassen und die Grundsätze der Sanierung

Kulturland 2011 KulturlandBrandenburg Brandenburg 2011 Mit dem vollverglasten Wintergarten wird die klar gegliederte Front der Internatshäuser auf elegante Weise gebrochen. festzulegen. Diese zielten auf eine mit den drei fabrikmäßigen Schornstei- auf eine Abstimmung des neuen Pro- fanden die öffentlichen Bereiche Erhaltung und Ergänzung der Struktur, gramms mit der vorhandenen Substanz, eine sinnvolle Sicherung der Spuren der Geschichte und eine Rekonstruktion der bauzeitlichen Fassung, sofern dies der wissenschaftliche Befund zuließ. Die im Umgang mit bedeutenden Bauten der Moderne erfahrenen Architekten Win- fried Brenne und Franz Jaschke befreiten die fragile Komposition des Meyer-Wittwer-Baus von späteren Erweiterungen und stellten den Bezug zur Landschaft wieder her, ohne das Gros der aus der DDR-Zeit stammenden Anlagen opfern zu müssen. Der verlorene Eingangstrakt nen wurde nicht rekonstruiert. Dafür insbesondere der ehemalige Speisesaal mit dem halbrunden Wintergarten ihre ursprüngliche Form wieder. Auch die fei- nen Stahlfenster, die Glasbausteinwände und vor allem die erstaunlich differenzierte Farbgebung zeugen wieder von der ursprünglichen Klarheit und Frische des Baus, der darüber hinaus mit weni- gen, subtilen Eingriffen für den heutigen Gebrauch durch junge Handwerker tauglich gemacht und damit seiner sozialen Bestimmung wieder zugeführt werden konnte. Baudenkmal Bundesschule Bernau 13

1927 2011 BAUDENKMAL BUNDESScHULE BERNAU 1927 bis 2011 q 1927 q 1928 q 1930 bis 1933 q 1946 bis 1951 Der Bundesausschuss des Der ADGB-Bundesvorstand Am 4. Mai 1930 erfolgt die Im Frühjahr 1946 erfolgt die Allgemeinen Deutschen schreibt im Januar einen feierliche Einweihung der Rückführung der Gebäude in Gewerkschaftsbundes (ADGB) Wettbewerb für den Bau der ADGB-Bundesschule. Bis zum gewerkschaftliches Eigentum. beschließt im Mai den Bau ei- Schule aus. Dem von Hannes April 1933 besuchen mehr Nach Aufräumungs- und ner Bundesschule und bemüht Meyer, Direktor des Bauhauses als 5.000 Gewerkschafter, Instandsetzungsarbeiten wird sich um ein Grundstück in der Dessau, eingereichten Entwurf darunter auch Vertreter aus- am 2. Mai 1947 die FDGB-Bun- Umgebung von Berlin. wird Mitte April der erste Preis ländischer Organisationen, die desschule»theodor Leipart«zuerkannt sowie die Ober- Lehrgänge in Bernau. eröffnet. Infolge der Schuler- bauleitung für die Errichtung weiterung werden ab 1950 des Gebäudeensembles auf dem durch Erbbauvertrag von q 1933 bis 1945 An- und Umbauten am Meyer- Wittwer-Bau vorgenommen. der Stadt Bernau bei Berlin bereitgestellten Gelände übertragen. Nach der Zerschlagung der Gewerkschaften auf Befehl der nationalsozialistischen Parteiführung wird am 2. Mai 1933 auch die Bundesschule besetzt und in eine Reichsführerschule In Anlehnung an den Altbau entstehen ein Internatsgebäude und ein Lehrgebäude mit großem Hörsaal, anfänglich ausgeführt vom Architekten Georg Waterstradt. der NSDAP und der Deutschen Arbeitsfront umgewandelt. Von 1936 bis 1945 nutzt die SS die Einrichtung.

Kulturland Brandenburg 2011 q 1952 bis 1990 q 1990 bis 2000 q 2001 bis 2011 Die FDGB-Bundesschule erhält Nach zeitweiliger Verwaltung Am 1. September 2001 wird Die Architekten Winfried Bren- den Status einer Hochschule. des Ensembles durch die Treu- die Handwerkskammer Berlin ne und Franz Jaschke sowie An ihr werden zwei-, später hand tritt das Land Branden- (HWK) neuer Eigentümer und die HWK als Bauherr werden dreijährige Studiengän- burg Ende 1993 in den Erbbau- Nutzer des Baudenkmals. Im im Juli 2008 in New York in ge durchgeführt. Ab 1957 vertrag mit der Stadt Bernau Frühjahr 2002 beginnt das Anerkennung ihrer Arbeit zur beginnen ein Fernstudium, bei Berlin ein und nutzt das Büro»BRENNE Gesellschaft Instandsetzung eines herausra- ein spezielles Direkt- und Fern- Areal als Fachhochschule für von Architekten mbh«mit den genden Denkmals der Moderne studium für Frauen sowie die öffentliche Verwaltung von bauvorbereitenden Maßnah- als erste mit dem»world Mo- Ausbildung von ausländischen September 1991 bis August men und im Frühjahr 2003 mit numents Fund/Knoll Moder- Gewerkschaftern. 1998. Danach ist insbesondere den Sanierungs- und Rekonst- nism Prize«ausgezeichnet. im historischen Gebäudeteil ruktionsarbeiten zur denkmal- Am 4. Mai 1990 wird der Ver- von 1930 völliger Leerstand, gerechten Wiederherstellung Nachdem im Jahr 2008 zu- ein»baudenkmal bundesschu- der die Substanz des Hauses des Meyer-Wittwer-Baus. nächst die Dachsanierung der le bernau«gegründet, der sich erheblich gefährdet. historischen Lehrer- und Mitar- die Bewahrung des seit 1977 Im Oktober 2007 erfolgt die beiterwohnungen erfolgt, be- unter Denkmalschutz stehen- Am 7. September 1998 eröffnet Inbetriebnahme als Seminar- ginnt ab September 2009 der den Ensembles zum Ziel setzt. auf dem Gelände als erste und Lehrgangshotel (Inter- grundlegende denkmalgerech- Als Folge der Auflösung des Institution des geplanten nat) der HWK Berlin. Nach te Umbau dieses Denkmalteils. FDGB wird die Gewerkschafts- BarnimWissensZentrums das Abschluss der Bauarbeiten Mit der Neugestaltung der hochschule»fritz Heckert«zum Barnim Gymnasium. Im Jahr nimmt im Januar 2008 das IB- dazugehörigen Außenanlagen 31. August 1990 geschlossen. 2004 kommt in den umgebau- Seminar- und Lehrgangshotel wurden diese Arbeiten im ten Waterstradt-Bauten das den Betrieb auf. Frühjahr 2011 abgeschlossen. Oberstufenzentrum I dazu. Baudenkmal Bundesschule Bernau 15

Der Verein DER VEREIN BAUDENKMAL BUNDESScHULE BERNAU e. V. Engagiert und beharrlich Der Verein»baudenkmal bundesschule bernau«wurde am 4. Mai 1990 von Architekten, Kulturwissenschaftlern, Historikern sowie Gewerkschaftern und Journalisten gegründet. Engagierte Freunde des Gebäudes und seines Errichtungskonzeptes aus der damals noch bestehenden DDR sowie der Bundesrepublik Deutschland, aus Westberlin und der Schweiz setzten sich gemeinsam für die Erhaltung der von Hannes Meyer und Hans Wittwer errichteten ADGB-Bundesschule in Bernau ein.

Kulturland Brandenburg 2011 Ein erster wichtiger Schritt war 1992 Silberne Halbkugel. Der Preis ist die rischen Konzeptes für dieses bau- und und wird für herausragende Leistungen die Ausarbeitung eines denkmalpflegekulturhistorische Denkmal, das eine wesentliche Grundlage für die 2002 beginnenden Sanierungs- und Teilrekonstruktionsarbeiten bildete. Mit seiner Beharrlichkeit trug der Verein maßgeb- höchste Auszeichnung in diesem Bereich zur Bewahrung des baulichen Erbes so- wie für die beispielhafte Vermittlung der Anliegen und Ziele von Denkmalschutz und Denkmalpflege vergeben. lich dazu bei, das durch Leerstand ab Mit dem nunmehr erreichten Stand bei erhalten. mals ergeben sich für den Verein neue 1998 ernsthaft bedrohte Baudenkmal zu Dieses Engagement der Mitglieder erfuhr wiederholt hohe Würdigung. So erhielt der Verein im Dezember 1997 den Brandenburgischen Förderpreis für Denkmalpflege. Im November 2008 folgte im Festsaal des Alten Rathauses in Leipzig der vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz vergebene der Wiederherstellung des Baudenk- Herausforderungen. Das betrifft insbesondere die Notwendigkeit der weite- ren Neugestaltung der Außenanlagen des Denkmalkomplexes, aber auch die Erforschung der Bau- und Nutzungsge- schichte und deren Aufbereitung für die Öffentlichkeit. Das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz ehrte den Verein 2008 mit der höchsten Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland für Denkmalschutz und -pflege. Deutsche Preis für Denkmalschutz, die Baudenkmal Bundesschule Bernau 17

DAS BAUDENKMAL BUNDESScHULE BERNAU 1 2 3 4 5 6 Eingang Aula Speisesaal Glasgang Internatshäuser Sporthalle 1 2 7 8 9 Seminarraum Lehrerhäuser Bibliothek 8 3 4 5 9 7 6

führungen und Besichtigungen Kulturland Brandenburg 2011 Das Gebäudeareal Baudenkmal Bundesschule Bernau in Bernau-Waldfrieden kann im Außenbereich immer besichtigt werden. Führungen und Besichtigungen der Innenräume werden vom Verein»baudenkmal bundesschule bernau«organisiert. Dabei sind im Meyer-Wittwer-Bau das Foyer mit Aula, der Speisesaal mit Veranda, ein Internatszimmer mit historischem Gemeinschaftsbad, die Turnhalle, die ehemalige Bibliothek und ein Lehrraum zu sehen. Aufgesucht werden kann auch eines der historischen Lehrerhäuser am Hannes-Meyer- Campus 9. Im Glasgang des Meyer-Wittwer-Baus befindet sich eine Ausstellung zur Sanierung und Teilrekonstruktion in den Jahren 2003 bis 2007. Im Foyer befinden sich Informationstafeln mit Auskünften zu den Architekten der verschiedenen Bauphasen zwischen 1928 und 2007 sowie zu wichtigen Abschnitten der Bau- und Nutzungsgeschichte. Kontakt Anreise baudenkmal bundesschule bernau e. V. Hannes-Meyer-Campus 9 16321 Bernau bei Berlin/OT Waldfrieden Telefon & Fax (0 33 38) 76 78 75 bundesschule.bernau@gmx.de www.baudenkmal-bundesschule-bernau.de Ab S-Bahnhof Bernau bei Berlin mit Bus 894 (Mo Fr) bzw. Bus 903 (Sa/So) bis Haltestelle Bernau Waldfrieden Baudenkmal Bundesschule Bernau 19

Nur das Kantorhaus (sichtbar linke Bildseite) und das Henkerhaus sind im 1. Bauabschnitt stehengeblieben die Montage hat begonnen. Um der St. Marienkirche auch die Farbdominanz zu erhalten, wurden die Plattenbauten farblich zurückhaltend gestaltet. Innenstadt Friedemann Seeger Phönix oder Pechvogel? Das Schicksal eines mittelalterlichen Stadtkerns Dramatik zwischen Fachwerk, Lehm und Plattenbau

Der Abriss hat begonnen Blick über die Tuchmacherstraße/Grünstraße auf die St. Marienkirche 1975 (Foto links). Am Henkerhaus im Bereich der Stadtmauer wurde der Plattenbau auf zwei Geschosse angepasst (Foto rechts). Abgerissen und weggeschmissen? Auf der städtischen Mülldeponie liegt mehr als ein Drittel der Altbausubstanz des Stadtkerns von Bernau, mit der sich frohes, reiches Stadtleben und kummervolle Ärmlichkeit vergangener Zeiten verbinden. Der geplante Abriss nahezu eines ganzen Stadtkerns mittelalterlicher Gründung und seine Neuerrichtung zu DDR Zeiten sucht seinesgleichen in der Geschichte des Städtebaus. Die Unerbittlichkeit, mit der das alte Bernau in den 1970er Jahren abgebaggert wurde, ist umstritten und nur aus der Zeitsituation zu erklären. Die Nachkriegsgeneration, die Mitte der 1960er Jahre oft erfolglos aus ihren Kinderzimmern ausziehen wollte, um in die Selbständigkeit zu wechseln oder Familien zu gründen, verschärfte die ohnehin noch von Kriegszerstörung und Umsiedlung angespannte Wohnraumsituation. Alle Anstrengungen, mit dem industriellen Massenwohnungsbau der großen Baukombinate der DDR auf der grünen Wiese dieses Problem zu lösen, brachten wenig Entspannung, da die Altbausubstanz in den Städten zunehmend verfiel. Es stellte sich leidvoll heraus, dass der Neubau von Wohnungen den Verfall der Altstädte bei weitem nicht ausgleichen konnte. Es fehlte an Handwerkern und Baumaterial. Die kleinen Bauhöfe der kommunalen Wohnungsverwaltungen waren damit überfordert und konnten lediglich Notreparaturen durchführen.»ruinen schaffen, ohne Waffen«wurden mit beißendem Spott die Bemühungen der Wohnungsverwaltungen begleitet. Die Mieten waren durch staatliche Verordnung aus ideologischen und durchaus ehrenvollen Gründen auf das Vorkriegsniveau eingefroren worden und konnten die Instandhaltungskosten nicht im Mindesten decken. Insbesondere für private Vermieter war dieses eine Schuldenfalle und brachte viel Ärger mit den Mietern und der Bausubstanz. So ist es erklärlich, dass die Resignation mancher Hauseigentümer dazu führte, diese Belastungen nicht weiter tragen zu wollen und die Trennung vom Eigentum brachte manchem eine schmerzliche Erleichterung. Die Wohnraumknappheit wurde immer drängender und zum massiven Frustpotential unter der Bevölkerung. Nach Erich Honeckers Machtantritt 1971 wurde das Problem zum Staatsthema Stadtkern Bernau: Phönix oder Pechvogel? 21

Die Hohe Steinstraße zwang den Plattenbau in eine Bogenform eine damalige technologische Herausforderung. Teil der Farb-und Materialkonzeption für die Plattenbauten Verwendung vier verschiedener Splittfarben mit entsprechenden Unterfärbungen und weiße Elementefaschen waren Grundidee der Konzeptvarianten. Nummer eins. Es wurde auf höchster tenbau in den Stadtkern, der für diesen blem bis 1990 zu lösen. werden musste. Wenngleich auch die Ebene beschlossen, das Wohnungspro- Somit stand auch die Frage nach der Rekonstruktion der maroden Bausubstanz in den Klein- und Mittelstädten auf der Tagesordnung. Unter diesen Umständen sah sich die Politik gezwungen, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln des Massenwohnungsbaus, auch in diese Stadträume einzugreifen. Das war eine Herausforderung, der man sich erst ein- mal experimentell, bauwissenschaftlich, städtebaulich-architektonisch und sozial nähern musste. Drei Städte, Bernau, Greifswald und Gotha, wurden für dieses Experiment ausgewählt. Die BauakadeDie Rückseite des Laubenganghauses wurde im Ergebnis eines Wettbewerbes barrierefrei gestaltet. mie der DDR, die direkt dem Bauministerium unterstand, hat diese Aufgabe gemeinsam mit den Akteuren vor Ort übertragen bekommen. So kam der Plat- Einsatz aber erst einmal ertüchtigt Altbausubstanz zum Abriss verurteilt war, so sollte wenigstens nach dem Willen der DDR-Denkmalpflege die Straßenstruktur und die Baumassenkomposition erhalten bleiben. Damit war gesichert, dass entgegen Vorläuferplanungen die große Stadtkirche St. Marien als städtebauliche Domi- nante erkennbar bleiben durfte und die Geschossigkeit der Wohnbebauung zur Stadtmauer teilweise bis auf zwei Etagen hin abnahm. Das Plattenbau- system wurde an den kleinstädtischen Maßstab angepasst und erhielt einige Besonderheiten wie Hausdurchgänge, um die Innenhöfe zu erreichen und die Gebäude nach der Sonne ausrichten zu können. Für die Erdgeschosswohnungen wurden kleine Mietergärten ge-

Der mittelalterliche Pulverturm im Kontext mit dem dreigeschossigen Plattenbau und der als Museum umgenutzten Gaststätte. plant. Mit den Erkern an den Eingangsseiten der Häuser wurde nicht nur die Vorschrift für Mindestraumgrößen erreicht, sondern auch ein prägendes und gliederndes Element in der Fassade geschaffen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass der Plattenbau seinen Ursprung in der sozial geprägten Programmatik und dem modularen Bauen des Bauhauses hat und 1927 erstmals in Berlin experimentiert wurde.»volksbedarf statt Luxusbedarf«war die Forderung des Bauhausdirektors Hannes Meyer, der mit seinem Kollegen Hans Wittwer die ehemalige Bundesschule des ADGB in Bernau entwarf und errichtete. Damals konnte niemand auch nur ahnen, dass dieses Schulbauensemble einmal zu den Meisterwerken der Klassischen Moderne gehören wird und der Plattenbau einmal den Stadtkern verändern würde. 2002 wurde durch die Denkmalbehörde in Erwägung gezogen, das Erscheinungsbild des Plattenbaus unter Denkmalschutz zu stellen, was aber durch die erforderlichen Wärmeschutzmaßnahmen nicht durchgesetzt wurde. In einer von der Stadt Bernau herausgegebenen Gestaltungsfibel wurden Vorgaben für die Überformung des Plattenbaus entwickelt. Somit konnte in einem vorgegebenen Variantenspektrum das Erscheinungsbild weiterentwickelt werden. Das interessante, aber nicht unumstrittene städtebauliche Umgestaltungsbeispiel Bernau erhält in der Wahrnehmung und Akzeptanz einen zunehmend erkennbaren Wandel und ist sowohl für Fachleute als auch für den kulturinteressierten Besucher einen Spaziergang wert. Viel Grün und Ruhe bieten die Wohnhöfe im Stadtkern ein Vorzug den die Mieter sehr zu schätzen wissen. Stadtkern Bernau: Phönix oder Pechvogel? 23

Börnicke Christian RoGGE Schlossanlage Börnicke Denkmal lebendig erhalten Die denkmalgeschütze Gutsanlage mit Schloss erfuhr im Laufe der Jahrhunderte wechselvolle Entwicklungen. Im Gegensatz zu vielen anderen Brandenburger Herrenhäusern, die sich seit Jahrhunderten in familienbesitz befanden, hatte die Schlossanlage viele verschiedene Besitzer. Darunter bekannte Namen wie oberst von Wrangel Kommandant der königlichen Leibgarde, der Berliner Bürgermeister Tiefenbach sowie die familien von Arnim, Schindler, Simon und Mendelssohn-Bartholdy. Die Schlossanlage Börnicke ist als Bau- und Kulturdenkmal ein Zeugnis menschlicher Kultur- und Entwicklungsgeschichte und steht deshalb seit 1992 in der Denkmalliste des Landes Brandenburg.

Kulturland Brandenburg 2011 Im Jahre 1892 erwarb der Berliner Bankier und Dänische Generalkonsul Ernst Mendelssohn-Bartholdy das Rittergut Börnicke und zog mit seiner Frau und den sechs Kindern in das Schloss bei Bernau. Als Besitzer eines Rittergutes hatte er damit die Voraussetzung geschaffen beim Kaiser den Adelsstand zu beantragen. familie Mendelssohn-Bartholdy in Börnicke Mit dem Einzug der Familie Mendels- 1909 in Börnicke starb, finanzierte sie für Börnicke eine neue Ära. Künstler, derheim. Die Börnicker nennen dieses sohn-bartholdy im Jahre 1892 begann Politiker und Geschäftsleute gehörten zu den Besuchern und Förderern des Ortes. Marie von Mendelssohn-Barthol- die Kapelle des Friedhofes und ein Kinum 1900 errichtete Gebäude liebevoll»marienheim«. dy wurde schnell zu einer wichtigen Ernst Mendelssohn-Bartholdy über- richtete regelmäßig Weihnachtsfeiern die Verantwortung für die Familien- Patronin ihres neuen Heimatortes. Sie und Kinderfeste in Börnicke aus und half all jenen, die Sorgen hatten. Dabei war es unwichtig, ob es sich um eine verarmte Familie, eine lungenkranke Arbeiterfrau oder um das Kind eines Hausangestellten handelte. Bevor sie gab 1904 seinem ältesten Sohn Paul geschäfte und für die Umgestaltung des Landsitzes. Der Architekt, Möbeldesigner und Professor Bruno Paul erhielt 1908 den Auftrag zum Umbau des Schlosses. Schlossanlage Börnicke 25

Geschichte der Schlossanlage Börnicke in Augenblicken Bild oben rechts: Schwer zerstörtes Deckengemälde im Stil des Rokokos aus dem 18. Jahrhundert im Billardzimmer. Die Malerei stammt möglicherweise von Christian Bernhard Rode (1725 1797), der im Raum Berlin-Brandenburg zu dieser Zeit tätig war. 1850 q Der Landesökonomierat Albrecht Philipp Thaer übernimmt das Gut Börnicke und macht es zusammen mit den Vorwerken zu einem Mustergut. 1892 q Ernst Felix Moses Mendelssohn-Bartholdy, der Neffe des berühmten Komponisten und Finanzberater von Friedrich Wilhelm II., erwirbt das Rittergut. 1904 q Paul von Mendelssohn-Bartholdy übernimmt das Schloss als Vorausvermächtnis und nutzt es bis zu seinem Tod im Jahr 1935. 1909 und 1911 q Umbau durch Bruno Paul, der unter Einbeziehung des spätklassizistischen Vorgängerbaus einen repräsentativen zweigeschossigen Putzbau mit Mansarddach errichtet. 1945 q Sowjetische Truppen übernehmen das Schloss und richten ein Lazarett ein. Bis zum Sommer 1945 hat das Gut Börnicke den Krieg fast ungeschmälert überstanden. 1946 q Umsetzung der Bodenreform in Börnicke. Börnicke wird Versorgungsgut des Zentralsekretariats der KPD. 1951 q Umgestaltung zum Erholungsheim der SED.

1953 1964 q Übernahme durch die sowjetische Kontrollkommission. 1967 q Börnicke wird zum Heim für körperbehinderte Kinder. 1992 q Schließung des Kinderheims. Schloss und Gutshof Börnicke werden als Einzeldenkmal in das Denkmalverzeichnis des Landes Brandenburg eingetragen. 2003 q 2005 q Internationales Künstlertreffen»Artist to Artist«mit 49 Künstlern aus neun Ländern der Welt. 2007 2011 q Laufende Maßnahmen für die Erhaltung, den Rückbau und die Nutzbarmachung im Foyer, in der Bibliothek, im Billardzimmer, im Zimmer der Dame und im Herrenzimmer. Paul für das Herrenhaus gezeichnet hatte, sind 1911 von den Vereinigten Werkstätten für Kunst und Handwerk in München ausgeführt worden. 2010 q Einrichtung einer Begegnungsstätte im Herrenzimmer des Schlosses. Kauf durch die Schloss Börnicke Grundstücksbeteiligungs-gGmbH und Gründung des Fördervereins Schloss und Gutshof Börnicke e. V. 2010 q 2003 2005 q 100. Jahrestag des Umbaus von Schloss Börnicke durch den Wegbereiter der Deutschen Moderne Bruno Paul. Erste Sicherungs- und Aufräumungsarbeiten im Schloss. Die Möbelentwürfe, die Bruno Veranstaltungen anlässlich des 100. Todestages von Ernst Mendelssohn-Bartholdy. 2011 q Schlossanlage Börnicke 27

Schloss Börnicke und Bruno Paul Bruno Paul schuf mit der Innenraumgestaltung, den exklusiven Möbelentwürfen und der Gartenarchitektur ein künstlerisches Gesamtensemble in Börnicke. Im Bestand erhaltener Gutshäuser des Landes Brandenburg gehört dieses Herrenhaus zu den bedeutendsten erhaltenen Beispielen aus der Phase der Reformarchitektur, die zugleich die letzte eigenständige Phase im Bereich der Herrenhausarchitektur überhaupt darstellt Der Architekt und Möbeldesigner Bruno grundlegend zu verändern. Am Bör- sohn-bartholdy den Auftrag zum Umbau der neuen Sachlichkeit in außeror- Paul erhielt 1908 von Paul von Mendelsdes Schlosses. Für die Gestaltung in Börnicke lieferte Bruno Paul nicht nur die Pläne für den Umbau, sondern auch Vorschläge zur Innenausstattung und zur Umgestaltung der bereits bestehenden Parkanlage. Börnicke ist der einzige noch erhaltene Umbau, den Paul gemeinsam mit seinen Schülern und Mitarbeitern der Berliner Kunstgewerbeakademie gestaltet hat. Bruno Paul legte bei der nicker Schloss lassen sich die Prinzipien dentlich deutlicher Weise ablesen. Die Fassade ließ der Architekt beim Umbau mit Glattputz versehen und durch zu- sätzliche Lisenen rhythmisch gliedern. Dadurch wurden die Gebäudefronten eher vertikal betont. Diese Betonung wurde noch verstärkt durch eine axiale Zusammenfassung der Fenster mittels eingetiefter Putzfelder. Gut zur Geltung kommt so das kleinteilige Sprossenras- Gestaltung Wert auf eine monumentale ter der Fenster, das reizvoll zur massigen schickter Verteilung der Baumassen und Der Wasserturm wurde erhalten und Gesamtwirkung bei gleichzeitig ge- der Verwendung regionaltypischer Ma- terialien und Bautraditionen, ohne dabei die vorhandenen baulichen Proportionen Wirkung des Gesamtbaus kontrastiert. erinnert an den spätklassizistischen Vorgängerbau, jedoch in Putz und Fensterformen angepasst.

Die Schlossanlage heute Auf dem Gutshof werden Großveran- Der Verein Schloss Arche e. V. widmet Oldtimer-Tage durchgeführt. Der anderem werden vom Aussterben be- staltungen, wie Bauernmärkte oder Schlossgarten wird von verschiedenen Veranstaltern für Open Air Konzerte, Opernaufführungen oder Ritterfeste seine Arbeit dem Agrarkulturerbe. Unter drohte Haustierrassen in einem»kinderbauernhof«gehalten. genutzt. Der Verein KulturGut e. V. möchte alte Der Förderverein Schloss und Gutshof ren. Dazu werden regelmäßig Veranstal- Börnicke e. V. sieht sich hierbei als ideeller Förderer des Kulturgutes der Handwerkstechniken bewahren und lehtungen und Ausstellungen organisiert. gesamten Schlossanlage. Neben dem Der Verein Brandenburgisches Automo- Schlossanlage weitere Vereine aktiv. Tradition des Automobilbaus. Förderverein sind auf dem Gelände der bilmuseum Bernau e. V. erinnert an die Kontakt Förderverein Schloss und Gutshof Börnicke e.v. Ernst-Thälmann-Straße 1 16321 Bernau bei Berlin/OT Börnicke Telefon (0 30) 94 79 27 33 Fax (0 30) 94 79 27 35 fv@schloss-boernicke Anreise Mit der S-Bahn S2 bis Bernau und anschließend mit dem Bus 908 vom Bernauer Busbahnhof direkt nach Börnicke http://sites.google.com/site/fvschlossboernicke Schlossanlage Börnicke 29

Historie GEScHIcHTE UND GEScHIcHTEN Historie in Bernau bei Berlin Die Stadt Bernau ist heute keine mittelalterliche Stadt im klassischen Sinne und auch die Spuren sind nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Doch neben der unverkennbaren Zugehörigkeit zur modernen Zeit sind die Bernauerinnen und Bernauer in langer Tradition eng verbunden mit dem Mittelalter. Auf den folgenden Seiten entführen wir Sie in diese längst vergangene Zeit. Historie in Bernau bei Berlin 31

Augenblicke Histo rie Bernau in Augenblicken Wenngleich die genauen Umstände der Stadtgründung von Bernau bei Berlin auch heute nicht abschließend geklärt sind, so bleibt doch die Gewissheit, dass bereits mindestens 800 Jahre wechselvoller Geschichte hinter der Stadt und ihren Bewohnern liegen. War die Stadt im Mittelalter über die Grenzen der Mark Brandenburg hinweg bekannt für ihre Tuche und das köstliche Bernauer Schwarzbier, so stand das 19. Jahrhundert im Zeichen der verkehrstechnischen Errungen schaften. Ab 1924 verband die erste elektrisch betriebene Stadtbahn der Welt Bernau mit Berlin und verhalf der kleinen Stadt im Grünen zu neuem wirtschaftlichen Aufschwung.

q 8000 v. ch. Mesolithische Jäger und Sammler durchstreifen die Kaltsteppe des Barnim. Im heutigen Bernau Süd legen sie einen Rastplatz an. q 2000 v. ch. Neolithische Ackerbauern und Viehzüchter siedeln sich im Barnim an. Seit dieser Zeit ist der Siedlungsplatz Bernau durchgängig besetzt. q Ab 5. Jh. n. ch. Slawische Stämme siedeln im Barnim. Der Name Bernau, abgeleitet vom slawischen Bernow (Ort am Sumpf), zeugt heute noch davon. q Vor 1232 Vermutliche Stadtgründung Der Sage nach soll Markgraf Albrecht der Bär bereits 1140 in einer Bierlaune die Stadtgründung veranlasst haben. Vermutlich war es aber sein Enkel Albrecht II. am Anfang des 13. Jahrhunderts. q 13. Jahrhundert Errichtung der Bernauer Befestigungsanlage Noch heute ist der Bernauer Stadtkern fast völlig umschlossen von seiner Stadtmauer und dem dreifachen Wall- und Grabensystem, zu dem ferner zwei Rundtürme und 42 Lughäuser gehören. Von den vormals drei Stadttoren ist nur noch das Steintor erhalten. q 1328 Stiftung St. Georgen Hospital Reiche Tuchmacher und Wollweber sorgen sich um das Wohl der Bernauer»in bedürftiger Lage«. Die Stiftung existiert immer noch. Zahlreiche andere Unternehmen der Gesundheitswirtschaft prägen heute das Stadtbild. q 1432 Hussiten vor Bernau Die gute Befestigung der Stadt verhindert größere Zerstörungen. Noch heute wird die erfolgreiche Abwehr der Hussiten beim alljährlichen Hussitenfest gefeiert. q 1519 Bauabschluss der St. Marienkirche Die Kirche ist das geschichtlich bedeutendste Gebäude der Stadt. Besonders bemerkenswert ist der dreifach wandelbare Marienaltar aus der Schule Lucas Cranach. Der Baubeginn der Kirche liegt vermutlich im 13. Jahrhundert. q 1736 Tobias Seiler (1681 1741) Der gebürtige Bernauer arbeitet 16 Jahre lang an seiner Stadtchronik. Er war Diakonus, später Archidiakon in Bernau. Es sind eine Straße und eine Schule nach ihm benannt. q 1598 bis 1648 Pestjahre und Dreißigjähriger Krieg»Wen das Schwert hat verschonet, den hat der Hunger aufgerieben und wen der Hunger nicht betroffen, den hat die Pest erwürgt.«q 1819 Einführung der Wochenmärkte Das bunte Treiben findet noch heute immer dienstags, donnerstags und samstags in der Bürgermeisterstraße statt. q 1923 Das Lied vom»zickenschulze«macht Bernau bekannt. Eine Skulptur im Goethe Park und das Gasthaus»Zum Zickenschulze«erinnern an diese frühe Marketingkampagne, denn den»zickenschulze«hat es in Bernau nie gegeben. q 1930 Das Bauhaus in Bernau Die Bauhausarchitekten Meyer und Wittwer errichten die Bundesschule für den ADGB. Die Hauptgebäude werden seit Januar 2008 im Auftrag der Handwerkskammer Berlin durch den Internationalen Bund als Seminar- und Lehrgangshotels betrieben. q Ab 1979 Beginn der Rekonstruktion der Bernauer Innenstadt In diesen Jahren wird die Bernauer Innenstadt komplett überformt und an die Stelle des»alten Bernau«treten viele Bauten der DDR-Systemarchitektur. q 2000 Bernau und das Umland wachsen zusammen Zur Stadt gehören heute die Ortsteile Börnicke, Ladeburg, Lobetal und Schönow. Bernau ist ein ständig wachsendes Mittelzentrum im Land Brandenburg. Bernau in Augenblicken 33

Hussiten damals und heute legendär Bernau und die Hussiten Neben der Stadtgründung ist die Begegnung Bernaus mit den Hussiten 1432 das wohl am häufigsten beschriebene und am stärksten umstrittene Ereignis in der Geschichte der Stadt. Die Hussiten, Anhänger des böhmischen Reformators Jan Hus, der 1415 vom Konzil in Konstanz als Ketzer verurteilt und verbrannt worden war, hatten versucht nach den Lehren ihres Meisters in Böhmen zu leben. Der Papst und der deutsche König Siegesmund riefen deshalb zum Kreuzzug»wider den ketzerischen Hussen«. Nach deren Scheitern gingen die Hussiten mit ihren»herrlichen Heerfahrten«zum Angriff über und gelangten so auch 1432 in die Mark Brandenburg und vor Bernau.

Das Hussitenfest findet traditionell am zweiten Juniwochenende statt. Wer nicht nur zuschauen, sondern mittendrin sein möchte, erhält weitere Informationen beim Bernauer Kulturamt. www.bernau.de Teile des 1432 in der Mark Brandenburg Mit dem Hussitenfest wird dies bis auch vor Bernau gezogen. Was sich dann Hussitenfestspiele jährlich statt und stehenden Heeres der Hussiten waren genau abspielte ist bis heute nicht be- kannt und durch viele Legenden verklärt worden. Fest steht, die Hussiten waren da und sie haben die Stadt nicht eingenommen. Darüber waren die Bernauer sehr froh und sie waren auch mit Recht stolz, denn sie hatten die Gefahr offensichtlich mit eigener Kraft gebannt. So dankte man Gott und feierte den Erfolg. heute getan. Seit 1992 finden die sind ein nicht mehr wegzudenkendes Erkennungsmerkmal Bernaus. An drei Tagen lassen über 1.000 Akteure Jahr für Jahr die Bernauer Stadtgeschichte lebendig werden. Sowohl der Festum- zug als auch der historische Markt, das muntere Geschehen auf den vielen Bühnen, die spannenden Turniere auf der Stechbahn und nicht zuletzt die»schlacht vor Bernau«, versetzen Bernauer und Besucher in die Zeit des Mittelalters. Bernau und die Hussiten 35

1 Impressionen Bernd Ec c arius Bernauer Impressionen Die Innenstadt Bernaus, der frühere historische Stadtkern, ist heute mehrfach umrahmt mit dem steinernen Band der Stadtmauer, welches wiederum vom blauen Band der Stadtgräben und Teiche umfasst wird. Diese sind eingebettet in das Grün der Parkanlagen, die aus den ehemaligen Wallanlagen entstanden sind. So umfasst heute ein wunderschöner historischer Rahmen einen schmucken, modernisierten Stadtkern. Aber auch in der Innenstadt findet der aufmerksame Besucher schnell die Spuren der Vergangenheit. 2

3 Die heute noch gut erhaltene Stadtmauer 1 aus dem 14. Jahrhundert wurde aus Feldsteinen errichtet, die die Eiszeit vor 25.000 Jahren aus Skan- dinavien hierher gebracht hatte. Die Befestigungsanlage umfasste einst 42 Lughäuser (Wehrtürme), drei Stadttore (Steintor 2, Mühlentor und Berliner Tor) und war 1,5 km lang (heute 1,3 km). Das gut erhalten gebliebene Steintor sowie der Hunger- und der Pulverturm 3 können bei geschichtsträchtigen Stadtführungen erkundet werden. Seit 1882 ist im Steintor das Heimatmuseum mit seiner berühmten Rüstungssammlung untergebracht. Das ehemalige Mühlentor soll wieder an seinem alten Standort errichtet werden. 4 Das älteste noch erhaltene Wohnhaus in Bernau ist das Kantorhaus 4 aus den Jahren 1582/83. Damals bestand das Ensemble aus dem noch vorhandenen Fachwerkhaus mit drei Buden als Wohnstätten des Kantors, des Orga- nisten und Stadtmusikus oder deren Witwen, zwei Höfen, zwei Gärten, die bis zur Stadtmauer reichten sowie drei Stallgebäuden. Die spätgotische St. Marienkirche 5 ist das bedeu- tendste und eindrucksvollste Gebäude der Stadt. Im Jahre 1519 erbaut und geweiht, bietet das Hallenschiff eine hervorragende Akustik sowie eine außergewöhnliche Ausstattung mit bedeutenden Kunstwerken. Neben den Gottesdiensten finden in der Kirche auch regelmäßig Konzerte statt. Besonders bemerkenswert ist das alljährliche Festival Alter Musik. 5 Museum Steintor Berliner Straße Telefon (0 33 38) 2924 geöffnet Mai Oktober Di Fr 9 12 und 14 17 Uhr Sa, So und an Feiertagen 10 13 Uhr und 14 17 Uhr Museum Henkerhaus Am Henkerhaus Telefon (0 33 38) 2245 ganzjährig geöffnet Di Fr 9 12 und 13 17 Uhr Sa, So und an Feiertagen 10 13 Uhr und 14 17 Uhr Museumsverwaltung Breitscheidstraße 43c Telefon (0 33 38) 70 04 96 museum@bernau-bei-berlin.de Projekt-, Stadt- und Museumsführungen nach Voranmeldung in der Museumsverwaltung Stadtmauern und Tore 37

Wandlitz Liepnitzsee Campingplatz nördlich am Liepnitzsee B273 Biesenthal Lanke L31 Alte Schmiede g S ndwe Waldfrieden eg Ladeburg Bernau ndw Abfahrt Bernau Nord bei Berlin Rad ru Naturschutzgebiet Schönower Heide Eingang Schönower Heide 2 1 3 Mühlenbeck Galerie im Hühnerstall Friedenstal Ra dr Jak S Hobrechtsfelde Lindow Zepernick Ra dru nd g A11 Berlin-Buch Berliner Ring/Berlin Panketal IMPRESSUM Herausgeber BeSt Bernauer Stadtmarketing GmbH Geschäftsführerin Franziska Hausding Brüderstraße 22 16321 Bernau bei Berlin Telefon (0 33 38) 37 65 90 info@best-bernau.de www.best-bernau.de Grafik www.fischundblume.de Druckerei www.druckteam-berlin.de L311 Abfahrt Bernau Süd B2 dw eg Börnicke Birkenhöhe we un weg Jakobsweg m do Röntgental se S n-u e nk rli Pa Be obs Eichwerder Zepernick S-Bahn-Station S-Bahn DB ODEG Jakobsweg Radtour rund um Bernau Tourist-Information Kirche Campingplatz Freibad Badestelle Fahrradverleih Minigolf Obstwiese/Selbstpflücke Reiterhof Spielplatz Heimatmuseum Steintor Heimatmuseum Henkerhaus Wolf Kahlen Museum Nibelungen Friedenstal S Hochseilgarten Segway-Verleih 1 2 3 Teufels pfuhl Kulturhof S Bernau Schönow BerlinGesundbrunnen Rüdnitz Lobetal Radru Bauhaus Denkmal Bundesschule L30 Danewitz Abfahrt Wandlitz L307 Probstheide Gorinsee Eberswalde Hoffnungstaler Mechesee Stiftung Lobetal A11 B273 Waldsiedlung Eberswalde/Finow Prenzlau Schlosspark, Kräutergarten und Kinderbauernhof, Kultur-Gut Elisenau Birkholz Birkholzaue L30 Helenenau Löhme Bowlingbahn Birkholzaue Birkholz Autorennachweis Bernd Eccarius Museumsleiter Stadt Bernau bei Berlin Prof. Herwig Pöschl Kunstkurator Stadt Bernau bei Berlin Christian Rogge Förderverein Schloss und Gutshof Börnicke e. V. Prof. Arthur Rüegg Architekturprofessor der ETH Zürich Friedemann Seeger Stadtplanungsamt Stadt Bernau bei Berlin Christinenheide Bildnachweis BeSt Bernauer Stadtmarketing GmbH 2, 40, Förderverein Schloss und Gutshof Börnicke e. V. 3, 4, 24, 25, 26, 27, 28,29, Prof. Herwig Pöschl 3, 7, Friedemann Seeger 20, 21, 22, 23, Stadt Bernau bei Berlin 1, 34, 35, 36, 37, 39, Verein baudenkmal bundesschule bernau e. V. 1, 3, 6, 8, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 19, www.bernauer-ansichten.de 3, 30, 32

Veranstaltungen in Bernau Das Bernauer Kulturleben ist vielfältig. Die Broschüre»Feste feiern«informiert über die»top-events«. Ein monatlich erscheinender Kulturkalender gibt einen Überblick über die stattfindenden Veranstaltungen und Veranstaltungsorte. Tagesaktuell kann man sich auch in der Veranstaltungsdatenbank im Internet über die zahlreichen kulturellen Angebote informieren. Die Top-Events in Bernau Bernauer Schwertkämpfertreffen Alljährlich treffen sich in Bernau Akteure aus Deutschland und Tschechien, um zu zeigen, dass Schwert nicht gleich Schwert und Schwertkampf nicht gleich Schwertkampf ist. Museumsleiter Bernd Eccarius (0 33 38) 70 04 96 Kunst- & Handwerkermärkte An vier Sonntagen im Jahr findet im Külzpark am Steintor der traditionelle Kunst- und Handwerkermarkt statt. Künstler und Handwerker präsentieren ihre Waren vor historischer Kulisse. Tourist-Information (0 33 38) 76 19 19 Fest der Straßen musikanten Veranstalter des Festes der Straßenmusikanten ist der Verein Bernau STADTMITTE e. V. Pünktlich zum 1. verkaufsoffenen Sonntag im Jahr füllt sich die Bernauer Innenstadt auf verschiedenen Bühnen mit Klängen und der Marktplatz verwandelt sich in ein buntes Straßencafé. www.bernau-stadtmitte.de Musikfestspiele Siebenklang Sieben Konzerte an sieben besonderen Orten und ein neues Motto für jedes Jahr das sind die Zutaten, die der Kulturreich Barnim e. V. für den Bernauer Siebenklang braucht. www.siebenklang.de Bernauer Hussitenfestspiele Jedes Jahr am zweiten Juni- Wochenende lädt die Stadt Bernau auf eine Zeitreise ins Mittelalter ein. Mehr als 1.000 Akteure lassen in einem prächtigen Festumzug die Stadtgeschichte lebendig werden und der Stadtpark gleicht einem mittelalterlichen Jahrmarkt. www.bernau.de Gauklernacht Im jährlichen Wechsel mit der Mittelaltertafel präsentiert die WOBAU Bernau mbh Gaukelei, Zauberei, Tanz und Live- Musik in der Bernauer Innenstadt rund um den Marktplatz. Für das leibliche Wohl wird ebenfalls gesorgt. www.bernauer-gauklernacht.de Mittelaltertafel Alle zwei Jahre verwandelt sich die Bürgermeisterstraße für einen Abend in ein mittelalterliches Lokal. An einer langen Tafel können sich die Gäste des Festes mit rustikalem Schmaus verwöhnen lassen, während sich Gaukler, Hexen und Feuerkünstler ein buntes Stelldichein geben. www.bernau-stadtmitte.de Kinderfilmfest des Landes Brandenburg Das jährlich stattfindende Kinderfilmfest präsentiert auch in Bernau ein Programm ausgesuchter Kurz- und Spielfilme aus aller Welt für Kinder und Jugendliche. Kulturamt (0 33 38) 36 53 10 Festival Alter Musik Bernau Seit 17 Jahren können Musikbegeisterte im Rahmen des Festivals Alter Musik Konzerterlebnisse in der Bernauer St. Marienkirche genießen. Veranstaltet werden diese Konzerte vom Förderverein St. Marien Bernau e. V. www.altemusik-bernau.de Weihnachtsmarkt Traditionell findet der Bernauer Weihnachtsmarkt am 3. Adventswochenende statt. Während rund um die Kirche Kunsthandwerker und Händler ihre Waren anbieten, wartet auf die Besucher ein buntes Programm mit Theater, Musik und Gesang. www.winterzauber-bernau.de Veranstaltungen in Bernau 39

BeSt Bernauer Stadtmarketing GmbH Brüderstraße 22 16321 Bernau bei Berlin Telefon (0 33 38) 37 65 90 Fax (0 33 38) 37 65 99 info@best-bernau.de www.best-bernau.de Stadt Bernau bei Berlin Tourist-Information Bürgermeisterstraße 4 16321 Bernau bei Berlin Telefon (0 33 38) 76 19 19 Fax (0 33 38) 76 19 70 touristinformation@bernau-bei-berlin.de www.bernau.de