TCPA, Palladium und DRM



Ähnliche Dokumente
Informatik für Ökonomen II HS 09

Netzsicherheit I, WS 2008/2009 Übung 12. Prof. Dr. Jörg Schwenk

Autorisierung. Sicherheit und Zugriffskontrolle & Erstellen einer Berechtigungskomponente

Content Management System mit INTREXX 2002.

5. Testen ob TLS 1.0 auf Ihrem System im Internet-Explorer fehlerfrei funktioniert

ANYWHERE Zugriff von externen Arbeitsplätzen

2 Die Terminaldienste Prüfungsanforderungen von Microsoft: Lernziele:

Konfiguration IKMZ / Universitätsrechenzentrum des Cisco VPN-Clients v3.6 Netze und Datenkommunikation

Tabelle: Maßnahmen und Datenschutz-Kontrollziele zu Baustein 1.5 Datenschutz

Sichere s. Kundeninformation zur Verschlüsselung von s in der L-Bank

Sicherheitsplattform Turaya live. Enterprise Rights Management mit Trusted Computing. Niklas Heibel

Einrichtung des Cisco VPN Clients (IPSEC) in Windows7

Anleitung zum Computercheck Windows Firewall aktivieren oder eine kostenlose Firewall installieren

Sparkasse Vogtland. Secure Datensicherheit im Internet. Kundenleitfaden. Sparkasse Vogtland. Kundeninformation Secure 1

Anleitung zum BW-Bank Computer-Check Windows-Firewall aktivieren

FTP-Leitfaden RZ. Benutzerleitfaden

Datenempfang von crossinx

Erste Vorlesung Kryptographie

Import des persönlichen Zertifikats in Outlook 2003

Ist das so mit HTTPS wirklich eine gute Lösung?

-Verschlüsselung mit Geschäftspartnern

Step by Step Webserver unter Windows Server von Christian Bartl

AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

Fragen und Antworten. Kabel Internet

Betriebssysteme und Sicherheit Sicherheit. Signaturen, Zertifikate, Sichere

In 15 einfachen Schritten zum mobilen PC mit Paragon Drive Copy 10 und Microsoft Windows Virtual PC

Albert HAYR Linux, IT and Open Source Expert and Solution Architect. Open Source professionell einsetzen

Sicher einkaufen Trusted Shop Gütesiegel - Preiswerte Baustoffe online kaufen.

Userguide: WLAN Nutzung an der FHH Hannover Fakultät V

FrogSure Installation und Konfiguration

Mobile Intranet in Unternehmen

Virtual Private Network. David Greber und Michael Wäger

Möglichkeiten der verschlüsselten -Kommunikation mit der AUDI AG Stand: 11/2015

COMPUTER MULTIMEDIA SERVICE

Konfiguration des ewon GSM Modems Kurzbeschreibung zum Aufbau einer GSM Verbindung

Steganos Secure Schritt für Schritt-Anleitung für den Gastzugang SCHRITT 1: AKTIVIERUNG IHRES GASTZUGANGS

Stammdaten Auftragserfassung Produktionsbearbeitung Bestellwesen Cloud Computing

Verwendung des IDS Backup Systems unter Windows 2000

Stammtisch Zertifikate

Lizenzierung von System Center 2012

icloud nicht neu, aber doch irgendwie anders


estos UCServer Multiline TAPI Driver

Nationale Initiative für Internet- und Informations-Sicherheit

Virtual Private Network

Tapps mit XP-Mode unter Windows 7 64 bit (V2.0)

Multicast Security Group Key Management Architecture (MSEC GKMArch)

Windows 10 Sicherheit im Überblick

Anlegen eines SendAs/RecieveAs Benutzer unter Exchange 2003, 2007 und 2010

Infrastruktur: Vertrauen herstellen, Zertifikate finden

-Verschlüsselung mit S/MIME

Community Zertifizierungsstelle. Digitale Identität & Privatsphäre. SSL / S/MIME Zertifikate

Leitfaden zur ersten Nutzung der R FOM Portable-Version für Windows (Version 1.0)

Anleitung zum DKM-Computercheck Windows Defender aktivieren

Schrittweise Anleitung zur Installation von Zertifikaten der Bayerischen Versorgungskammer im Mozilla Firefox ab Version 2.0

Anleitung Thunderbird Verschlu sselung

Wichtig ist die Originalsatzung. Nur was in der Originalsatzung steht, gilt. Denn nur die Originalsatzung wurde vom Gericht geprüft.

SANDBOXIE konfigurieren

EasyWk DAS Schwimmwettkampfprogramm

Anforderungen an die HIS

Einstellen der Makrosicherheit in Microsoft Word

Prof. Dr. Norbert Pohlmann, Institut für Internet Sicherheit - if(is), Fachhochschule Gelsenkirchen. Lage der IT-Sicherheit im Mittelstand

Installation des Authorware Webplayers für den Internet Explorer unter Windows Vista

Anleitung auf SEITE 2

Import des persönlichen Zertifikats in Outlook Express

Öffnen Sie den Internet-Browser Ihrer Wahl. Unabhängig von der eingestellten Startseite erscheint die folgende Seite in Ihrem Browserfenster:

SSH Authentifizierung über Public Key

DFN-AAI Sicherheitsaspekte und rechtliche Fragen

Kundeninformationen zur Sicheren

Persönliches Adressbuch

Anleitung zum Extranet-Portal des BBZ Solothurn-Grenchen

.htaccess HOWTO. zum Schutz von Dateien und Verzeichnissen mittels Passwortabfrage

Clientkonfiguration für Hosted Exchange 2010

Virtual Desktop Infrasstructure - VDI

Stadt-Sparkasse Solingen. Kundeninformation zur "Sicheren "

SEO Erfolg mit themenrelevanten Links

IMAP Backup. Das Programm zum Sichern, Synchronisieren, Rücksichern und ansehen von gesicherten Mails. Hersteller: malu-soft

Stellen Sie bitte den Cursor in die Spalte B2 und rufen die Funktion Sverweis auf. Es öffnet sich folgendes Dialogfenster

Online Schulung Anmerkungen zur Durchführung

DIGITAL RIGHTS MANAGEMENT

Anlegen eines DLRG Accounts

40-Tage-Wunder- Kurs. Umarme, was Du nicht ändern kannst.

Schritt-Schritt-Anleitung zum mobilen PC mit Paragon Drive Copy 10 und VMware Player

Anleitung zum Prüfen von WebDAV

Verschlüsselung mit PGP. Teil 1: Installation

oder ein Account einer teilnehmenden Einrichtung also

Schritt-für-Schritt-Anleitung So verschlüsseln Sie Ihr -Konto in Outlook 2003

Beschreibung und Bedienungsanleitung. Inhaltsverzeichnis: Abbildungsverzeichnis: Werkzeug für verschlüsselte bpks. Dipl.-Ing.

Fachbericht zum Thema: Anforderungen an ein Datenbanksystem

How to do? Projekte - Zeiterfassung

Erweiterung AE WWS Lite Win: AES Security Verschlüsselung

Schritt-für-Schritt-Anleitung So verschlüsseln Sie Ihr -Konto in der Software 6.0

Cookies. Krishna Tateneni Jost Schenck Übersetzer: Jürgen Nagel

Kurzanleitung BKB-E-Banking-Stick

OLXTeamOutlook 1.5 für Outlook 2003, 2002/XP, 2000 und 97/98

Einrichten eines Postfachs mit Outlook Express / Outlook bis Version 2000

Transkript:

Landesbeauftragter für den Datenschutz Mecklenburg-Vorpommern 31. März 2003 TCPA, Palladium und DRM In der Fachpresse, auf Websites anerkannter IT-Sicherheitsexperten und in diversen Mailinglisten und Chatrooms wird zur Zeit intensiv über TCPA (Trusted Computing Platform Alliance), das Microsoft-Projekt Palladium und Digital Rights Management (DRM) diskutiert. Durch die Polemik in der Presse und durch die vielen Anti-TCPA-Kampagnen ist das Bild auf die TCPA jedoch stark verzerrt. Technische Sachverhalte werden zum Teil falsch dargestellt oder sind zumindest weitgehend spekulativ. TCPA wird gegenwärtig fast ausschließlich mit einem datenschutz-unfreundlichen DRM gleichgesetzt. In den letzten Wochen und Monaten erhielten auch die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder viele Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern zu TCPA und Palladium, in denen die Sorge zum Ausdruck kommt, dass eine unkontrollierte und selbstbestimmte Nutzung von Personalcomputern durch Projekte wie TCPA und Palladium künftig in Frage gestellt werden könnte. Sowohl die Presse als auch die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass sich die Datenschützer zu dem Thema äußern. Vor diesem Hintergrund hat die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder den Arbeitskreis Technische und organisatorische Datenschutzfragen beauftragt, sich mit dem Thema zu befassen. Der Arbeitskreis hat daraufhin einen Entschließungsentwurf ausgearbeitet, in dem die Risiken der o. g. Projekte skizziert und entsprechende Empfehlungen an Hersteller von Informations- und Kommunikationstechnik formuliert werden. Der vorliegende Kurzbericht soll weiterführende Erläuterungen zum Entschließungsentwurf des Arbeitskreises geben, indem die wesentlichen Merkmale der TCPA-Technologie skizziert, das Verhältnis zwischen TCPA, Palladium und DRM aufgezeigt und verschiedene datenschutzrechtliche Aspekte bei der Verwendung von TCPA-Technologien erläutert werden. Der Text basiert auf dem ausführlichen und technisch wesentlich detaillierteren Vermerk des LDA Brandenburg vom 17. Februar 2003.

Was ist TCPA? Die TCPA ist eine Vereinigung führender Hard- und Softwarehersteller und Telekommunikationsausrüster. Sie hat die Spezifikation für einen Sicherheitschip erarbeitet, welcher die Anforderungen aller TCPA-Mitglieder erfüllt. Der Chip ist nicht nur für den Einsatz in PCs konzipiert, sondern auch für PDAs, Mobilfunktelefone usw. gedacht. Für den PC wurde jedoch eine weitere, spezielle Spezifikation erarbeitet. Sie ergänzt die klassische PC-Architektur um einen speziellen Sicherheitschip, das sogenannte Trusted Computing Modul (TPM). Das TPM führt zahlreiche Funktionen aus, die das Vertrauen in die Sicherheit des PC stärken sollen. Unter anderem existieren Funktionen zur Verwaltung kryptographischer Schlüssel, zum sicheren Booten eines PC, zur Authentisierung, zur Protokollierung, zur Initialisierung und für weitere Managementaufgaben. Das TPM stellt dabei eine ausschließlich passive Komponente dar, die das Betriebssystem des PC beispielsweise bei kryptographischen Funktionen unterstützt. Für die Nutzung dieser Funktionen sind ein spezielles BIOS und ein angepasstes Betriebssystem nötig. Für die datenschutzrechtliche Bewertung ist insbesondere der Zusammenhang zwischen TPM und Betriebssystem wichtig. Das TPM ist zwar die hardwaretechnische Basis zur Umsetzung der TCPA-Spezifikationen. Wie jedoch die oben genannten Funktionen genutzt werden, hängt wesentlich vom Betriebssystem ab. Die Schnittstelle zum Betriebssystem ist der Trusted Platform Support Service (TSS). Der TSS stellt u. a. einen begrenzten geschützten Speicher zur Verfügung, der z. B. biometrische Daten enthalten kann, um den Bootvorgang zu schützen (vergleichbar einem Boot-Passwort). Es gibt bereits erste Realisierungen des TPM. Chiphersteller wie Intel, Infineon und National Semiconductor liefern schon entsprechende Prozessoren und IBM beispielsweise bietet erste PCs und Notebooks an, in denen das TPM eingebaut ist. Anwendungsszenarien der TCPA-Technologie Es gibt eine ganze Reihe von Anwendungsszenarien für TCPA-konforme Hardware, die aus der Sicht des Datenschutzes zum Teil zu begrüßen sind: Hardwareunterstütze Kryptographie: - Asymmetrische Verschlüsselung (RSA) - Berechnung und Verifizierung von Signaturen - Berechnung von Hashfunktionen (SHA-1, MD-5) - Berechnung von Zufallszahlen (TRNG) Unterstützung von sicheren Protokollen: - SSL Secure Socket Layer (Protokoll zum Authentifizieren und Verschlüsseln, vorwiegend in den Bereichen Internet und Intranet) - IPSec Internet Protocol Security (Protokoll, dass den gesicherten Transport von Daten in IP-basierten Netzwerken gewährleistet) - S-MIME (Standard zur Übertragung verschlüsselter und signierter E-Mails) - WLAN-Verschlüsselung (Verschlüsselung in drahtlosen Netzen) 2

Schutz von Daten: - Kryptographische Schlüssel können an ein TPM gebunden werden, so dass eine Entschlüsselung nur bei erfolgreicher Authentifizierung (PIN, Passphrase) und Zugang zum TPM möglich ist. - Die Entschlüsselung von Daten kann an einen bestimmten Zustand der Hardware gekoppelt werden, um die Entschlüsselung von Daten nach einem Einbruch zu erschweren. - Durch das TPM kann das Passwortmanagement erleichtert werden. Die Passwörter werden im geschützten Speicher des TPM abgelegt und durch einen Manager verwaltet und vorgezeigt. Plattform- und Anwender-Authentifizierung: - Unter UNIX sind bestimmte Operationen nur an der Console im Rechenzentrum erlaubt. Durch den Einsatz sicherer Hardware und durch die Authentifizierung dieser Hardware kann die Consolen-Definition auch auf Terminals außerhalb des RZ erweitert werden, weil diese Terminals dann als ebenso sicher wie die Console gelten. - Beim Fernzugriff auf Daten beispielsweise in einer Behörde kann ein zusätzliches Sicherheits-Level etabliert werden: die Authentifizierung des Home-PCs und ein Nachweis, falls in diesen Home-PC nicht eingebrochen wurde. Business to Environment - B2E - Die Sicherheit von VPN-Lösungen kann durch die Überprüfung der Integrität der eingesetzten Hardware erhöht werden. - Durch die Sicherstellung der Integrität von Remote-Servern kann verhindert werden, dass eine Datenübertragung an ein kompromittiertes System erfolgt. Digitale Signaturen unter Pseudonym - Bei der Kommunikation zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Bürger können Anwender digitale Signaturen insbesondere auch unter einem Pseudonym erzeugen um beispielsweise sicherstellen, dass Transaktionen von Dritten nicht verfälscht wurden. Dies setzt wie in allen PKI-Umgebungen eine verstrauenswürdige Stelle (Privacy CA, Trusted Third Party TTP) voraus, der alle Parteien vertrauen müssen. Vorteile der TCPA-Technologie aus der Sicht des Datenschutzes Durch TCPA-konforme PCs können Private Keys und sensitive Daten von Anwendern wahrscheinlich besser geschützt werden, als durch jedes andere bislang am Markt verfügbare Konzept. Durch die mögliche Versiegelung verschlüsselter Daten (die Entschlüsslung ist nur bei einer vorher definierten Konfiguration möglich) können von außen erfolgende Angriffe besser abgewehrt werden. Die Datensicherheit bei der Nutzung von virtuellen LANs, Fernzugriffsmechanismen und drahtlosen Netzen kann erhöht werden. Die TCPA-Spezifikationen sind unabhängig vom jeweiligen Betriebssystem und offen für jede Plattform. Durch TCPAkonforme Technik kann der Wunsch nach einer generellen Verschlüsselung übertragener und gespeicherter Daten leichter umgesetzt werden. In PKI-Umgebungen können digitale Signaturen unter Verwendung eines Pseudonyms etwa zur Sicherung von Transaktionen eingesetzt werden. 3

Nachteile der TCPA-Technologie aus der Sicht des Datenschutzes Jedes TPM ist durch einen eineindeutigen Schlüssel (Endorsement Key) gekennzeichnet. Durch entsprechend sichere Authorisierungsmechanismen kann eine feste Zuordnung des Nutzers zum TPM und somit zum jeweiligen PC erreicht werden. Die TCPA-Spezifikationen sehen die Bildung von anonymen Identitäten vor, die aus datenschutzrechtlicher Sicht mit Pseudonymen zu vergleichen sind. Diese Pseudonyme (Attestation Identity Key) werden unter Nutzung des TPM-spezifischen Schlüssels erzeugt. Ein Nutzer kann mehrere Pseudonyme erzeugen, die dann verschiedene Identitäten repräsentieren. Ohne Kenntnis des TPMspezifischen Schlüssels kann aus dem Pseudonym nicht auf das dazugehörige TPM geschlossen werden. Die gewünschte Vertrauenswürdigkeit des Pseudonyms kann wie in allen PKI- Umgebungen nur durch die Zertifizierung von einer vertrauenswürdigen Stelle (Privacy CA oder Trusted Third Party TTP) sichergestellt werden. Die Vertrauenswürdigkeit ist von besonderer Bedeutung, da diese Stelle das Pseudonym auflösen und eine Relation zwischen Pseudonym (Anwender) und TPM (Rechner) herstellen kann. Zu kritisieren ist bislang, dass die TCPA die Vertrauenswürdigkeit einfach voraussetzt, obwohl bisher nicht klar ist, welche Stellen dies sein sollen und auf welche Weise Vertrauenswürdigkeit hergestellt werden soll. Eine weitgehender Datenschutz kann zur Zeit nur erreicht werden, wenn die Möglichkeit der TCPA-Spezifikation genutzt wird, den TPM-spezifischen Schlüssel zu deaktivieren. Bei den ersten Anwendungen TCPA-konformer Hardware spielen Schlüssel und Pseudonym zwar noch keine Rolle. Bei künftigen Anwendungen zur Kommunikation zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Bürger werden diese Schlüssel jedoch eine größerer Bedeutung erlangen. Obwohl Hersteller wie Intel bereits erste Ideen zur Nutzung der Pseudonyme entwickelt haben, gibt es gegenwärtig weder vertrauenswürdige Stellen und noch Standards, wie diese Schlüssel im Internet benutzt werden können oder sollen. TCPA und Privacy Die TCPA hat bereits lobenswerte Bemühungen unternommen, um datenschutzrechtliche Belange zu berücksichtigen. Folgende Beispiele sollen dies verdeutlichen: - Die TCPA-Spezifikationen sind offen und lizenzfrei nutzbar. - Die TCPA-Funktionalität besteht auf opt-in Basis. Das TPM-Modul muss durch den Anwender eingeschaltet, in Besitz genommen und aktiviert werden. - Das TPM-Modul lässt sich vollkommen zurücksetzten bzw. abschalten. - Der Anwender kann die vollständige Migration seiner durch das TPM geschützten Daten auf ein zweites TPM erlauben oder permanent unterbinden. - Der mit dem TPM verbundene Endorsement Key hat eine stark eingeschränkte Funktionalität. Er wird nur für die Etablierung der Zuordnung zu einem Benutzer (establish Ownership) und zur Beantragung der Zertifikate von Pseudonymen (Attestation Identity Keys) verwendet. - Um einen umfassenderen Datenschutz zu gewährleisten, kann der Zugriff auf den Endorsement Key unterbunden werden. - Es werden Pseudonyme verwendet, damit nicht jedermann den Anwender dem zugrundeliegenden Endorsement Key (d. h. dem TPM) zuordnen kann. - Der Anwender kann seine Private Keys schützen sowie sensitive Daten versiegeln. - TCPA-konforme Hardware muss auf der EAL3-Stufe (Common Criteria Version 2.1, ISO/IEC 15408) sicherheitsüberprüft werden. 4

Neben den oben genannten Nachteilen ist aus der Sicht des Datenschutzes ein weiterer Aspekt zu kritisieren: Die Herstellers vergeben für jedes TPM eine sogenannte Serial Number, die für das jeweilige TPM einmalig sein kann. Die TCPA wünscht sich hier zwar lediglich eine Seriennummer für eine ganze Modellreihe, überlässt diese Entscheidung aber dem Hersteller. Es besteht die Gefahr, dass Nutzer über diese Seriennummer identifiziert werden können, beispielsweise im Zusammenhang mit den oben beschriebenen Mechanismen zur Zuordnung des Nutzers zum TPM. Das könnte möglicherweise zu einer aus datenschutzrechtlicher Sicht abzulehnenden Nutzerkontrolle führen. Eine abschließende Bewertung dieser Details ist jedoch noch nicht möglich, da bisher nicht klar ist, ob und ggf. auf welche Weise und zu welchem Zweck die Seriennummer das TPM verlässt. Was hat Palladium mit TCPA zu tun? Weiter oben wurde bereits erwähnt, dass das TPM zwar die hardwaretechnische Basis zur Umsetzung der TCPA-Spezifikationen ist, die Realisierung der Sicherheitsfunktionen jedoch maßgeblich vom Betriebssystem abhängt, das auf der TCPA-Spezifikation aufsetzt. Fälschlicher Weise wird bisher fast ausschließlich das Microsoft-Projekt Palladium mit TCPA in Verbindung gebracht. Es ist jedoch anzunehmen, dass auch für andere Betriebssysteme beispielsweise für LINUX TCPA-konforme Komponenten entwickelt werden, um auch dort die neuen Sicherheitsfunktionen nutzen zu können. Mit dem Palladium-Projekt will Microsoft ein vertrauenswürdiges Betriebssystem auf der Basis einer Security Support Component (SSC) etablieren (Microsoft will für Palladium allerdings künftig die Bezeichnung Next Generation Secure Computing Base for Windows (NGSCBFW) verwenden, da der bisherige Codename tarnished (getrübt) sei.) Mit der ersten Palladium-Windows-Version (Microsoft verwendet hierfür den Codenamen Longhorn ) ist im Jahr 2005 zu rechnen. Nachdem eine Verbindung von TCPA und Palladium lange Zeit abgestritten wurde, hat Microsoft mittlerweile jedoch bestätigt, dass ein TPM-Chip zumindest als Anker für Palladium dienen werde. Man kann jedoch Palladium nicht einfach als Umsetzung der TCPA- Technologie ansehen. Palladium geht weit über die Spezifikationen des aktuellen Standards (Version 1.1b) der TCPA hinaus, und verlangt Modifikationen am Prozessor und am Chipsatz sowie geschützte Datenpfade zwischen dem entsprechend isolierten und geschützten Speicher, dem Keyboard bzw. der Maus und der Graphikkarte/Display. Derzeit überarbeitet die TCPA ihre Spezifikationen, insbesondere um mit der neuen Version 1.2 Microsofts Ansprüche zu befriedigen. Immerhin hat Microsoft angekündigt, den Quellcode zu Palladium und zu der zugrunde liegenden Trusted Computing Base (TCB) offen zu legen. Frühesten dann wird man sich ein klares Bild über die Next Generation Secure Computing Base for Windows machen und die Möglichkeiten zur Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen bewerten können. Bisher gehen die offiziellen Informationen von Microsoft jedoch über ein Whitepaper nicht hinaus, so dass die mit dem Palladium-Projekt verfolgten Absichten unklar sind. Obwohl führende Köpfe von Microsoft erklären, dass man...kein Interesse an der Bindung digitaler Inhalte habe... ist es doch sehr wahrscheinlich, dass die Microsoft-Patente zu DRM- Betriebssystemen umgesetzt werden sollen. Die Konzeption von Palladium lässt den Schluss zu, dass künftig bestimmte Anwendungen nur unter bestimmten Bedingungen lauffähig sein werden, etwa in einem besonders geschützten Palladium-Trusted-Mode. Die Sicherheit dieser 5

Anwendungen könnte dann zwingend oder optional durch ein Zertifikat bescheinigt werden. Noch ist völlig offen, ob Microsoft selbst die Rolle des Zertifizierers übernehmen will oder andere TTPs entsprechendes Vertrauen gewährleisten können. In jedem Fall wird sich der Nutzer wiederum auf vertrauenswürdige Stellen verlassen müssen. Was hat Digital Rights Management mit TCPA zu tun? Was ist Digital Rights Management (DRM)? DRM-Systeme sollen grundsätzlich - die Nicht-Konsumierbarkeit nicht bezahlter Inhalte gewährleisten (Vertraulichkeit), - die Inhalte vor unautorisierter Veränderung schützen (Integrität der Daten), - die Identifizierbarkeit urheberrechtlich geschützter Werke und deren Urheber gewährleisten (Authentizität der Daten) und - die Anfertigung illegaler Kopien verhindern (Verfügbarkeit). Im DRM-Bereich finden Kerntechniken der IT-Sicherheit Anwendung: - Verschlüsselung: Um individualisierte und kostenpflichtige Dienste vor unberechtigter Nutzung zu schützen, müssen die übertragenen Inhalte verschlüsselt sein. - Schutz durch manipulationssichere Hardware: Sicherheitsmechanismen verwenden (meist kryptographische) Geheimnisse, deren Kenntnis die Voraussetzung für die Nutzung der Inhalte ist. Die einzige derzeit halbwegs sichere Methode zur Aufbewahrung der Geheimnisse ist so genannte Tamper-Resistant (manipulationssichere) Hardware. - Schutz durch Software-Kapselung: Können die zu schützenden Inhalte auf einem handelsüblichen PC nicht durch Tamper-Resistant Hardware geschützt werden, muss wenigstens die Ausführungsumgebung, in der das Rechte-Management erfolgt, gegen böswillige fremde Software (Trojanische Pferde, Sniffing- und Hacker-Software) geschützt sein. Ein Softwareschutz gegen Angriffe durch den Betreiber und Besitzer des Rechners ist dagegen bisher praktisch aussichtslos. In den Debatten zu TCPA und Palladium entsteht der oft Eindruck, dass DRM-Systeme prinzipiell datenschutzunfreundlich sind und den Anwender entmündigen. Das muss nicht automatisch so sein, auch wenn viele DRM-Techniken dies implizieren. Mit einem Digital Rights Management verspricht sich vor allem die Unterhaltungsindustrie die Durchsetzung ihrer Interessen und einen wirksamen Kopierschutz. In den USA gibt es z. B. einen Gesetzentwurf Consumer Broadband and Digital Television Promotion Act, der die Verwendung von Geräten mit DRM-Funktionalität vorschreibt. Solche Änderungen des Urheberrechts hängen von der Verfügbarkeit und Sicherheit entsprechender Technologien ab. Es gibt allerdings derzeit keine wirklich manipulationssichere Hardware. Auch die aktuellen Spezifikationen der TCPA erfüllen die Anforderungen an Tamper-Resistenz nicht. TCPA und DRM Ein Großteil der von TCPA-Kritikern beschriebenen DRM-Szenarien lassen sich mit TCPAkonformer Hardware nur dann umsetzen, wenn zusätzlich sowohl das BIOS als auch das Betriebssystem zusätzliche DRM-Funktionen erhalten. Die Spezifikationen des TCPA-Chip gehen zumindest in der Version 1.1b nur von Angriffen von Außen (durch Software) aus. Im Protection Profile für die EAL3-Zertifizierung sind kei- 6

ne Tests vorgesehen, die den Schutz gegen eine Hardware-Analyse (Analyse von Stromverbrauch, Zeit, etc.) vorsehen. Die TCPA nimmt sogar eine Reihe von möglichen Denialof-Service -Attacken in Kauf, um den Datenschutz zu gewährleisten. Ein auf dieser Basis aufgebautes DRM-System wäre leicht zu knacken. Etwas differenzierter wird die demnächst erscheinende Version 1.2 der TCPA-Spezifikationen zu bewerten sein. Es ist zu erwarten, dass weitere datenschutzrechtliche Kritikpunkte benannt werden müssen, weil in der neuen Spezifikation ein verstärkter Schutz gegen mögliche Angriffe durch den Eigentümer des TPM vorgesehen ist und somit die selbstbestimmte Nutzung der eigenen Technik weiter eingeschränkt werden könnte. Fazit Die Entwicklung des Internet geht hin zu E-Government, Single-Sign-On-Diensten, Web- Diensten, verteilten Rechnerarchitekturen, Semantischen Netzen usw.. Alle diese Technologien bauen auf der Sicherheit der verwendeten Hard- und Software auf. Die Initiative der TCPA, einen Root of Trust in der PC-Architektur zu etablieren, um zu einem vertrauenswürdiges System beizutragen, ist auch aus datenschutzrechtlicher Sicht grundsätzlich zu begrüßen. Die seitens der Datenschützer seit langem geforderten sicherheitstechnischen Voraussetzungen für Projekte wie z. B. E-Voting könnten auf diese Weise bereitgestellt werden. Die Gefahr, dass der Datenschutz mit Hilfe TCPA-konformer Hardware ausgehebelt werden kann, ist jedoch groß. Die demnächst erscheinende Version 1.2 der TCPA-Spezifikationen wird die Gefahr noch vergrößern, weil in der neuen Spezifikation ein verstärkter Schutz gegen mögliche Angriffe durch den Eigentümer des TPM vorgesehen ist. Aufgabe der Datenschützer wird es sein, auch künftig darauf hinzuwirken, dass Nutzer (Private, Firmen, Behörden) die alleinige Kontrolle über ihre Rechner behalten und eine unbeobachtete Nutzung von Hard- und Software ermöglicht wird. Das erfordert vertrauenswürdige, transparente und somit datenschutzfreundliche Technik. Die Datenschutzbeauftragte des Bundes und der Länder sollten die Entwicklungen um TCPA und Palladium aufmerksam verfolgen und darauf hinwirken, dass - die Rolle der vertrauenswürdigen Stelle (Privacy CA, TTP o. ä.) geklärt wird, - das TPM keine hardwarebezogene Seriennummern enthält bzw. sichergestellt wird, das diese nicht ausgelesen und missbräuchlich genutzt werden, - das Palladium-Projekt von Microsoft auf Verletzungen des Datenschutzrechtes laufend überprüft wird, - DRM-Systeme verhindert werden, die den Datenschutz unterlaufen und dass - die von den Datenschützern unterstützte Verbreitung von Open-Source-Software nicht behindert wird. 7