DAS LAND ZWISCHEN AISCH UND REZAT DER DEUTSCHE ORDEN UM VIRNSBERG

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Transkript:

1 DAS LAND ZWISCHEN AISCH UND REZAT DER DEUTSCHE ORDEN UM VIRNSBERG (Vortrag bei der Gesellschaft für fränkische Geschichte am 17. September 2016 in Rappenau) Im Gasthaus zum Löwen in Rappenau befinden wir uns in einem typischen und gleichzeitig einem ganz besonderen fränkischen Wirtshaus, hat es doch aus der Feder unseres viel zu früh verstorbenen Ausschußmitgliedes und Freundes, Dr. Gerhard Rechter, eine historische Darstellung erhalten. Vor wenigen Tagen, am 28. August 2016, gedachte der Historische Verein von Mittelfranken seines 65. Geburtstages mit der Vorstellung einer Gedenkschrift im Blauen Schloß zu Obernzenn. Wir befinden uns im Land zwischen Aisch und Rezat diese Bezeichnung hat Gerhard Rechter mit seiner von Alfred Wendehorst betreuten Dissertation Das Land zwischen Aisch und Rezat. Die Kommende Virnsberg Deutschen Ordens und die Rittergüter im oberen Zenngrund geprägt. Für diesen Raum hat er die Menschen und die Herrschaften erforscht. Neben dem Markgraftum Brandenburg-Ansbach existierten im heutigen Westmittelfranken auch andere Herrschaften, etwa die Herren von Seckendorff heute nachmittag werden wir von Rainer Graf von Seckendorff im Blauen Schloß zu Obernzenn empfangen und die Deutschordenskommende Virnsberg, die wir im Anschluß besichtigen werden. Die Existenz einer katholischen reichsunmittelbaren Deutschordensherrschaft mitten im protestantischen Markgraftum ist besonders ungewöhnlich und bedarf der Erklärung. Die Burggrafen von Nürnberg aus dem Hause Zollern bauten aus dem Erbe der Grafen von Raabs und der Grafen von Abenberg ihre fränkische Herrschaft auf, die sie durch weitere Erbschaften, die Nähe zum jeweiligen Reichsoberhaupt und zähe, kleinteilige Territorialpolitik erweitern konnten. Zu ihrem Erfolg trug bei, daß sie auch bei Erbteilungen die Einheit der Herrschaft wahrten, keine Veräußerungen vornahmen und auch keine Herrschaftsrechte an die Kirche stifteten mit einer großen Ausnahme, den umfangreichen Stiftungen Burggraf Konrads II. des Frommen an den Deutschen Orden, das Hochstift Eichstätt und das Domkapitel Bamberg.

2 Burggraf Konrad der Fromme von Nürnberg ( 1314), der Sohn Burggraf Konrads I. (III.) ( 1260) und jüngere Bruder Burggraf Friedrichs III. ( 1297), legte am 12. Juni 1294 gemeinsam mit seiner Gattin Agnes durch eine umfangreiche Stiftung den Grund für die Kommende Virnsberg im Land zwischen Zenn und fränkischer Rezat. Agnes entstammte dem Hause Hohenlohe, das sich seit der Niederlassung des Deutschen Ordens im Fränkischen besonders verdient um diesen gemacht hatte. Wahrscheinlich hatte sie ihrer Familie die Begeisterung für den Ritterorden vermittelt. Die Schenkung erfolgte zu zeiten do vnnser kind denselben Orden an sich namen. Die Söhne des Stifterpaares Friedrich, Konrad und Gottfried hatten den weißen Mantel mit dem schwarzen Kreuz genommen. Der Ordenseintritt Familienangehöriger war ein typischer Anlaß für die Errichtung einer Hauskommende, wie etwa die Vorgänge in Mergentheim, Oettingen und Heilbronn beweisen. Wie waren Ritterorden entstanden und warum erlebten sie eine dynamische Entwicklung auch im Abendland? Die Kreuzzüge, die nach dem Aufruf Papst Urbans II. (reg. 1088-1099) im Jahr 1095 zur Befreiung des Heiligen Grabes in Jerusalem geführt wurden, gehören zu den innovativen Ereignissen der abendländischen Geschichte. In ihrem Zuge kam es mit der Entstehung der Ritterorden zu einer Umprägung des klassischen, von Askese und Kontemplation bestimmten Mönchsideals. Romanische Ritter scharten sich 1119 zur Regierungszeit König Balduins II. von Jerusalem (reg. 1118-1131) um Hugo von Payns ( 1137/38) zu gemeinsamem Leben nach Art der Regularkleriker. Gleichzeitig widmeten sie sich dem bewaffneten Schutz der Jerusalempilger. Den Namen Templer empfingen sie vom sog. Tempel Salomons (templum Salomonis) in Jerusalem. Die Verbindung von geistlichem Leben nach den evangelischen Räten und Kampf sprengte die mittelalterliche Ständeordnung. Der hl. Bernhard von Clairvaux ( 1153) errang für sie mit seiner Rechtfertigungsschrift De laude novae militiae (1128) allgemeine Anerkennung und entwickelte das Ideal vom monachus et miles (Mönch und Ritter). Damit war das Fundament für die Bildung von Ritterorden entstanden. Die Kreuzfahrer fanden bei der Eroberung Jerusalems 1099 ein Spital bei der Abtei Santa Maria Latina vor. Hier entstand der Orden des Heiligen Johannes vom Spital zu Jerusalem, der unter der Leitung eines Bruders Gerhard ( 1120) die Krankenpflege fortsetzte. Eine mustergültige medizinische Behandlung wurde durch die spirituelle

3 Betreuung ergänzt. Mit der Übernahme feudaler und herrschaftlicher Rechte wuchsen den Johannitern noch in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts militärische Aufgaben zu. Auch der Dritte der großen Ritterorden entstand im caritativen Bereich. Aus einem Feldspital vor Akkon ging der Deutsche Orden hervor. Im Verlauf des dritten Kreuzzuges richteten 1190 Kaufleute aus Bremen und Lübeck vor Akkon ein Feldspital ein, aus dem heraus sich der Deutsche Orden entwickelte. Die Brüder mit Mönchsgelübden widmeten sich der Betreuung erkrankter Pilger und verwundeter Kreuzfahrer. 1199 verlieh Papst Innozenz III. (reg. 1198-1216) dem Orden die Johanniterregel für die Kleriker. Für die Ritter und Brüder, die ihre Aufgabe im Kampf gegen die Feinde des Glaubens sahen, bestimmte er die Templerregel. Neben Aufgaben im sozialen Bereich beteiligten sich die Mitglieder der Ritterorden bald an Kämpfen und bauten umfangreiche weltliche Herrschaften im Heiligen Land auf. Die Ritterorden widmeten sich nicht nur dem Kampf gegen die Feinde des Christentums, sondern auch der Pflege verwundeter und erkrankter Pilger und Kreuzfahrer. Noch zu Zeiten der Kreuzzüge übernahmen sie Stützpunkte zur Rekrutierung von Geld und Mannschaften fern des Heiligen Landes. Bereitwillig stifteten heimgekehrte Kreuzfahrer aus Dankbarkeit für erwiesene Hilfeleistungen. Entscheidend war wohl der Wunsch, von den umfangreichen geistlichen Privilegien der Orden, den Ablässen und der Erlaubnis der Sakramentenspendung bei allgemeinem Interdikt, zu profitieren. Die Ritterorden waren im 13. Jahrhundert zweifellos Modeorden. In diesen Zusammenhang sind ihre Niederlassungen im fränkischen Raum einzuordnen. Die größte Dynamik entfaltete vor den Templern und den Johannitern der Deutschen Orden. In der zentralen fränkischen Reichslandschaft und den Nachbarregionen entstanden im 13. Jahrhundert über 20 Ordenshäuser, in denen unter der Leitung eines Komturs Ritterund dienende Brüder so wie Priester zusammenlebten. Das Deutsche Haus in Nürnberg war die früheste Niederlassung des Deutschen Ordens in Franken. König Otto IV. schenkte am 20. Februar 1209 auf Bitten namentlich nicht genannter Nürnberger Ministerialer und Bürger dem Hospital Sankt Mariens der Deutschen zu Jerusalem die Jakobskirche mit all ihren Gütern zu Nürnberg. Da sie sich auf dem Grund eines Königshofes erhob, war dieser sicher in die Schenkung einbezogen. Weitere Kommenden entstanden in Hüttenheim, Ellingen, Mergentheim, Eschenbach, Oettingen, Münnerstadt, Mässing, Rothenburg, um nur einige Beispiele zu nennen.

4 Territorien und Besitz des Deutschen Ordens im römisch-deutschen Reich waren aus einer Vielzahl von Schenkungen der staufischen Herrscher, des Adels und der Reichsministerialität, durch die Übertragung geistlicher Institute sowie durch Zukäufe erwachsen und stellten sich entsprechend disparat dar. Die Stifter sprach die Verbindung des ritterlichen Elements mit dem Gedanken christlicher Nächstenliebe besonders an. Die meisten Gründungen erfolgten auf altem Reichsgut in königsnahen Landschaften. Das Stiftungsgut konnte aus Spitälern, Pfarreien, aufgelassenen Klöstern, Reichsgut, adeligen Lehen und Allodien bestehen. Kaiser Ludwig dem Bayern ist der Ausbau Mergentheims und Eschenbachs zu Ordensstädten, die Begabung Ellingens und Virnsbergs mit dem Hochgericht zu verdanken. Die Kumulation von Stadt-, Markt- und Gerichtsrechten legte die Basis für die Territorialisierung des Ordensbesitzes. Damit war die weitere Entwicklung vorgezeichnet. Die Deutschmeister residierten auf der Burg Horneck am Neckar und hielten sich oft in Mergentheim auf, das in der Neuzeit zur Residenz der Hoch- und Deutschmeister aufstieg, während sich Ellingen neben Nürnberg als führender Ort der Häuser des Ostteils der Ballei Franken und Sitz des Landkomturs durchsetzte. Mit dem Deutschen Haus Nürnberg gehörte Virnsberg zu den bedeutendsten Besitzungen des Deutschen Ordens in Franken. Die Burg Virnsberg auf einem Zeugenberg im Kemmathbachtal wurde zum Schutz der Hochstraße zwischen Rothenburg ob der Tauber und den Reichsgütern um Nürnberg wohl in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts (Gerhard Rechter) errichtet. Die Burg war gleichzeitig der Mittelpunkt einer auf altem Königsgut entstandenen Rodungsherrschaft, staufischer Einfluß ist anzunehmen. Der Zoller Burggraf Konrad I. von Nürnberg erwarb 1235 einen Teil des castrum Virnsberg von Gottfried von Hohenlohe, auch die übrigen Teile und die zugehörigen Besitzungen konnten in den folgenden Jahrzehnten von den Zollern angekauft werden. Dieser Besitz gelangte 1294 durch Schenkung an den Deutschen Orden. Das Stiftungsgut war von Anfang an so umfangreich, daß sich Virnsberg zu einer der wirtschaftlich bedeutendsten Kommenden der Ballei mit geschlossenem Fraisch- oder Hochgerichtsbezirk entwickeln konnte, ohne daß der Orden selbst diesen Komplex noch in nennenswertem Umfang erweitert hätte. Es umfaßte neben der Burg Virnsberg, welche die Zollern 1235 erworben hatten, und ihrem Zubehör Besitzungen und Rechte in 26 Orten,

5 darunter das Gericht zu Ickelheim, zu Sondernohe und zu Neustetten. Auch Zehnte und umfangreicher Forstbesitz gehörten zu dieser Stiftung. Das Haus Zollern hatte bereits zu einem früheren Zeitpunkt Besitz in dem Raum, der später der Kommende Virnsberg unterstand, an den Orden geschenkt. Am 24. August 1260 hatte Burggraf Konrad I. ecclesie sancte Marie domus Teuthonicorum mit Zustimmung seiner Söhne Friedrich III. und Konrad II. das Patronatsrecht über die Pfarrei in Obernzenn mit Zubehör und das Dorf Rappenau übergeben. Das Motiv bildete die Sorge um das Seelenheil der Stifter pro remedio anime nostre heißt es in der Schenkungsurkunde. Zwei Jahre später bestätigte Bischof Iring von Würzburg die Übertragung des Kirchenpatronats. Der Orden erlangte auch von Bischof Hildebrand von Eichstätt eine Vidimierung dieser Schenkung. Die Stiftungen von 1260 und 1294 waren außergewöhnlich umfangreich. Nach den Untersuchungen von Gerhard Rechter stammten noch Ende des 16. Jahrhunderts 81 % der Bauernstellen der Kommende Virnsberg aus den beiden burggräflichen Stiftungen. Auch die zollersche Ministerialität unterstützte die junge Ordensniederlassung. Herdegen von Gründlach schenkte 1297 zwei von Burggraf Friedrich III. zu Lehen rührende Höfe zu Obernzenn mit dessen Einwilligung. 1299 erweiterte das Burggrafenpaar Konrad und Agnes von Nürnberg seine Gründung und schenkte Einkünfte aus vier Huben in Ickelheim. Gleichzeitig wird Bruder Friedrich, der Sohn des Stifterpaares, als Komtur zu Virnsberg genannt und damit der Charakter einer Hauskommende unterstrichen. 1304 vermachte Konrad der Fromme mit seiner Frau dem Haus Virnsberg einen Hof vor den Mauern Nürnbergs beim dortigen Spital. Sie verknüpften damit die Auflage, nach ihrem Tod ein Erlich Münster, worunter eine Kirche zu verstehen ist, in Virnsberg zu erbauen. Falls der Orden den Hof dazu nicht veräußern wollte, sollte er mindestens 500 lb h für den Bau bereitstellen. Die Funktion Virnsbergs als Hauskommende wird bei der Seelgerätstiftung Burggraf Konrads von 1313 neuerlich deutlich. Für die Errichtung zweier Vikarien im Neuen Stift zu Spalt sollte nach dem Tode des Hohenzollern der Komtur von Virnsberg 200 lb h bereitstellen oder einen jährlichen Zins von 20 lb aus den Dörfern Rappenau und Hechelbach entrichten. Über weitere Stiftungen von insgesamt 400 lb h wurden der Komtur und der Dechant des Neuen Stifts als Aufseher eingesetzt. Am 23. März 1303 starb Friedrich von Zollern, der erste Komtur von Virnsberg. Auch wenn zeitgenössische Belege fehlen, ist die Nachricht einer Komtursliste des 18. Jahrhunderts sehr wahrscheinlich, daß ihm sein 1300 als Konventuale in Würzburg

6 genannter Bruder Konrad in diesem Amt folgte. Er verstarb aber bereits am 17. Juli 1304. Nachfolger der zollerschen Brüder wurde der aus dem thüringischen Adel stammende Johannes von Kirchberg, der 1306 bezeugt ist. Mit Arnold von Seckendorff stand der Kommende von 1308 bis 1318 ein Angehöriger der burggräflichen Ministerialität vor. Burggraf Friedrich IV. (1287-1332) erwies sich in diesem Zeitraum als bereitwilliger Förderer des Hauses und übereignete ihm 1308 und 1311 Wiesen. In der Reichsstadt Windsheim im Rangau besaß die Kommende Virnsberg seit 1317 durch Schenkung König Ludwigs des Bayern das Patronatsrecht über die Pfarrei. 1329 verzichtete der Würzburger Bischof auf seine und des Domkapitels Ansprüche auf dieses Patronat. Die wohl aus diesem Vorgang resultierenden Ansprüche Würzburgs auf eine jährliche Gült von 102 Malter Korn löste der Virnsberger Komtur Gerung Truchseß 1335 ab. Mit Friedrichs IV. Sohn Berthold von Nürnberg wurde von 1342 bis 1350 nochmals ein Zoller Komtur von Virnsberg, der dann aber zum Landkomtur von Franken (1345-1349) und schließlich sogar zum Bischof von Eichstätt avancierte (reg. 1351-1365). Er erweiterte die Kommende durch weitere Ankäufe. Wenn auch der Orden in den folgenden Jahrzehnten den Besitz um Virnsberg arrondieren konnte, war es doch die Stiftung von 1294, die den Grund für die anhaltende wirtschaftliche und politische Bedeutung Virnsbergs gelegt hatte, in der Neuzeit als katholische Enklave zwischen den markgräflichen Territorien. Während der Deutsche Orden das Patronat über die Pfarrei Obernzenn nach der Reformation nicht behaupten konnte, blieben die Pfarreien Unteraltenbernheim und Sondernohe katholische Enklaven im ansonsten protestantischen Umland, der Deutsche Orden als Territorialherr konnte sich auf die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens berufen. Noch im 18. Jahrhundert (1731/54) erkannten die Ansbacher Markgrafen Virnsberg als eigenen Hochgerichtsbezirk und damit als reichsunmittelbares Territorium an, daß so auch vor dem Zugriff Hardenbergs, der weite Teile des Deutschordensterritoriums für Preußen okkupierte, geschützt blieb. Die Kommende Virnsberg wurde erst 1806 durch das Königreich Bayern säkularisiert. Leider wurde bis heute keine überzeugende Nutzung für die ehemalige Burg des Deutschen Ordens gefunden.