Fire Gas Ignition. 1 Flashfire

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Transkript:

Fire Gas Ignition In den belgischen Feuerwehren sind Phänomene, wie Flashover oder Backdraft, sehr bekannt. Im vierten Artikel dieser Serie wurde das Phänomen des Backdraft ausführlich erläutert. Im sechsten Artikel wurde der Flashover erklärt. Deutlich weniger bekannt ist jedoch die Tatsache, dass noch eine weitere Familie der 'Schnellen Brandausbreitung' existiert. Hiermit sind die Fire Gas Ignitions (FGI) gemeint. Dabei handelt es sich im Grunde um eine Sammelbezeichnung für alle Phänomene, die per Definition nicht dem Flashover oder Backdraft entsprechen. Nachfolgend werden die gängigsten Formen von Fire Gas Ignition erläutert. 1 Flashfire Während eines Feuers werden große Mengen Rauchgase produziert. Die Gase sind heiß und aufgrund dessen mobil. Sie breiten sich durch kleinste Öffnungen und Spalten aus, sammeln sich in Nebenräumen an und dringen in Zwischenräume hinter Wände oder in so genannte falsche Decken ein. Es ist beispielweise möglich, dass Rauchgase durch die Ritzen einer Türöffnung dringen und sich in einem angrenzenden Raum unter der Decke ansammeln. Eine Anhäufung von heißen Rauchgasen in einem Einbauschrank oder hinter einer falschen Wand sind weitere Möglichkeiten. In Häuser mit Holzbauweise bestehen oft Zwischenräume in der Struktur. Wenn die brennbaren Gase einmal in diese Zwischenräume eingedrungen sind, können sie sich dort ungehindert ausbreiten und an Stellen wieder austreten, an denen man sie nicht erwartet hätte. Wenn der Atmosphäre eines räumlich begrenzten Bereiches genügend brennbare Gase beigefügt werden, bildet sich, bei einem bestimmten Mischverhältnis ein zündfähiges Gemisch innerhalb der beiden Explosionsgrenzen (sh. Bild 1.1). Bild 1 Der hintere Raum brennt, Rauchgase sind durch die geschlossene Türöffnung geströmt und bilden ein explosives Gemisch unter der Zimmerdecke (Foto: Ed Hartin) In diesem Moment sind zwei Seiten des Branddreiecks vorhanden. Der Rauch, der in die Räume eindringt, enthält genug brennbare Komponenten (in Form weißgrauer Pyrolysegase und/oder schwarzer unverbrannter Brandgase). Im Raum ist außerdem noch eine ausreichend große Menge Luftsauerstoff anwesend CFBT-BE 1/7 FGI

Wenn das Gemenge sich innerhalb der Explosionsgrenzen befindet, bedarf es nur noch einer Energiequelle, um die Gase zu entzünden. Als Zündquelle können in diesem Fall die Flammen des Feuers dienen oder aber auch eine externe Energiemenge, die in der Regel durch die Feuerwehr eingebracht wird. Diese letztere Gefahr entsteht beispielsweise, wenn bei den Nachlöscharbeiten Funken aufgewirbelt werden. Falls mit Vollstrahl gearbeitet wird, während kleinere Brandherde noch aktiv sind, kann die Situation eintreten, dass, durch die Kraft des Vollstrahls, brennende Teilchen hinauf bis in die Rauchschicht gewirbelt werden. Auch das Verrücken von Möbelstücken kann während der Nachlöscharbeiten plötzlich einen Brandherd offenlegen, der unmittelbar zur Zündquelle wird. Wenn eine Zündquelle mit ausreichender Energie in das Gemenge eingebracht wird, kommt es zur Entzündung. Eine Flammenfront wird anschließend das Gemisch durchlaufen. Eine Situation, mit der die Feuerwehr des Öfteren beim Vorrücken konfrontiert wird, ist der massive Austritt von Rauchgase durch Türritzen. Im Bereich vor der Türe sammeln sich die Gase in Form einer Rauchschicht unterhalb der Zimmerdecke an. Sollte sich das Gas-/Luftgemisch innerhalb der Explosionsgrenzen befinden, besteht höchste Gefahr für den Angriffstrupp. Wenn die Feuerwehr die Türe öffnet, können ausschlagende Flammen das Gemisch sofort entzünden (sh. Bild 1.2). Das komplette Rauchvolumen, das sich in diesem Moment über den Feuerwehrleuten befindet, Bild 1.2 Das Öffnen der Türe bewirkt, dass die ausschlagenden Flammen das Gemisch entzünden. (Foto Ed Hartin) wird sich entflammen. Dieser Vorgang kann zwei gefährliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zum einen führt er zu einem plötzlichen, heftigen Anstieg der Strahlungshitze in Richtung der Feuerwehrleute unterhalb der Durchzündung. Zum anderen wird das Auftreten eines Flashfire im Raum vor dem Brandobjekt, dort eine schnelle Brandausbreitung bewirken. Wenn sich in dem Raum Mobiliar oder anderes brennbares Material befindet, wird bei diesem augenblicklich die Pyrolyse einsetzen. Dadurch wird sich dieses zweite Feuer, das sich nach wie vor im Raumbereich vor der Türe befindet, also räumlich getrennt vom primären Brandereignis, nach seiner Entzündung durch das Flashfire, ebenfalls schnell zu einem Flashover entwickeln (Bild 1.3). Es käme also nach kurzer Zeit zu einer zweiten Raumdurchzündung. Beide Konsequenzen bedeuten demnach eine große Gefahr für die anwesenden Feuerwehrleute. Daher sollten vor der Türöffnung zwei Stöße (pulsings) auf den oberen Teil der Türe abgegeben werden. Die Wolke aus Wassertröpfchen verringert das Risiko auf Flammenausschlag und damit die Gefahr der Entzündung des Gemisches im Vorraum. CFBT-BE 2/7 FGI

Bild 3 Vollentwickelter Brand nach dem Auftreten eines Flashfire (Foto: Ed Hartin) Fallstudie : Der Brand in De Punt In De Punt (NL) kam es am 9. Mai 2008 zu einem Flashfire in einem Schuppen, in dem Bootsarbeiten durchgeführt wurden. Im hinteren Teil des weitläufigen Hangars befanden sich mehrere kleinere Räume, von denen einer in Brand geraten war. Das Feuer wurde schnell unterbelüftet und es entstand im Anschluss eine starke Rauchentwicklung. Durch eine offenstehende Türe strömte eine große Menge Brandgase in den restlichen Teil des Schuppens. Im leicht abfallenden Satteldach des Gebäudes sammelte sich ein großes Rauchvolumen an. Die Gase vermischten sich mit dem anwesenden Luftsauerstoff und es entstand ein zündfähiges Gemisch. Zu einem bestimmten Zeitpunkt haben sich die Flammen aus dem primären Brandobjekt durch die Türöffnung ausgebreitet und das Gas-/Luftgemisch im Schuppen entzündet. Mit fatalen Folgen. Es kam zu einem Flashfire und innerhalb kürzester Zeit stand der gesamte Hangar in Vollbrand. Drei der vier Feuerwehrleute, die sich im Gebäudeinneren aufhielten, schafften es nicht mehr zu fliehen und kamen in den Flammen um. Eine charakteristische Eigenschaft von Flashfire ist das Ausbleiben eines merklichen Druckaufbaus. Durch die Entzündung der Gase kommt es natürlich zu einem Druckanstieg, dieser ist jedoch nur unwesentlich und richtet keinen Schaden an. 2 Smoke Explosion Eine Smoke Explosion entsteht durch den gleichen Mechanismus, der auch ein Flashfire auslöst. Es geht sich auch hier um ein Gemisch aus Rauch, Pyrolysegase und Luft, das durch das Einbringen einer Zündquelle zum Abbrennen gebracht wird. Genau wie ein Flashfire, kann auch eine Smoke Explosion sowohl während eines Brandes in einem angrenzenden Raum, wie auch nach einem Brand in einem abgeschlossenen Bereich (Schrank, abgehangene Zimmerdecke, ) auftreten. Der große Unterschied zwischen einem Flashfire und einer Smoke Explosion ist, dass bei letzterer sehr wohl ein bedeutender Druckaufbau verzeichnet wird. Der Spitzenwert des Überdrucks ist abhängig von der vorhandenen Menge an Rauchgasen und Luftsauerstoff. Die Zusammensetzung, die bei ihrer Entzündung ein Flashfire auslöst, liegt eher in den äußeren Bereichen der (Explosions-)Entzündungsgrenzen. Wohingegen das Gemisch, das eine Smoke Explosion auslöst, bedeutend näher am idealen (stöchiometrischen) Bereich liegt. Es kommt daher zu einer idealen Explosion mit maximalem Druckaufbau. Die Spitze des Überdrucks kann hierbei schwere Gebäudeschäden verursachen. Dabei kommt es u.a. zum Einsturz von falschen Decken, Zerbersten von Fensterscheiben, die Zerstörung von Türen, falschen Wänden,. CFBT-BE 3/7 FGI

3 Alarmsignale und vorbeugende Maßnahmen 3.1 Alarmsignale für Flashfire und Smoke Explosion Im Gegensatz zum Flashover und zum Backdraft gibt es für Flashfire und Smoke Explosion keine deutlichen Vorzeichen oder Warnsignale. In jedem Raum, in dem sich Rauchgase und Luft in einem gewissen Mischverhältnis aufhalten, sind bereits die Bedingungen für eines dieser Phänomene gegeben. Am häufigsten ereignen sich die Phänomene in abgeschlossenen Räumen. Falsche Decken, Schächte und falsche Wände bilden in einem Gebäude Hohlräume, in denen Rauchgase sich ansammeln können. In diesem Sinne kann bereits die Anwesenheit von versteckten Zwischenräumen als Warnsignal verstanden werden. Bei manchen Gebäuden ist es möglich im Voraus zu erkennen, ob falsche Decken oder Wände vorhanden sind. Das GU- RLWF Modell kann sich hier als große Hilfe erweisen. Bild 4 Die Folgen einer Smoke Explosion (Foto: Roland Stregfelt, www.msb.se ) 3.2 Verringern des Risikos auf Flashfire und Smoke Explosion Flashfire und Smoke Explosion sind Phänomene, die durch einen ähnlichen Mechanismus eingeleitet werden, wie eine gewöhnliche Gasexplosion. Meistens finden diese Ereignisse in Räumen statt, die abgetrennt sind vom eigentlichen Brandobjekt. Indem die Rauchgase (oder zumindest ein Teil davon) mithilfe von Belüftung nach draußen evakuiert werden, ist es möglich die Gaskonzentration unter die untere Explosionsgrenze abzusenken. Sobald dies erreicht wurde, ist eine Entzündung nicht mehr möglich und somit die Gefahr vorerst gebannt. In der Praxis kann es vorkommen, dass unverbrannte Rauchgase sich unter der Zimmerdecke ansammeln. In diesem Fall sind die Gase deutlich sichtbar. Es ist allerdings wahrscheinlicher, dass sie sich in Schächte oder hinter falschen Plafonds oder Wänden ansammeln. Es ist dann nicht immer einfach, um die Gefahr zu erkennen. Bei heißen Rauchgasen kann die Wärmebildkamera gute Dienste liefern. Es ist jedoch in manchen Fällen auch möglich, dass die Rauchgase überhaupt nicht bemerkt werden können. Wenn die Gefahr erkannt wurde, ist es nicht immer möglich, die Gase einfach weg zu ventilieren. Falls diese Option jedoch durchführbar ist, stellt sie eine sehr gute Taktik dar, um das Problem zu lösen. CFBT-BE 4/7 FGI

Vor allem bei kleineren (Schwel-)Bränden, bei denen es sich als schwierig erweist, den Brandherd ausfindig zu machen, entsteht manchmal die Gefahr, dass Rauchgase sich in falschen Zwischendecken anhäufen. Ein gutes Beispiel dafür ist ein Schwelbrand in einem Holzfußboden. Wenn der Brand klein bleibt, ist es ratsam, die Zeit zu nutzen, um mittels einer gründlichen Erkundung das Risiko eines Flashfire in der darunterliegenden falschen Decke abzuschätzen. Wo bewegen sich die Rauchgase? Indem die falsche Decke geöffnet oder teilweise weggenommen wird, ist es möglich, die angestauten Rauchgase mittels Belüftung zu entfernen. Während eine Mannschaft sich mit der Suche nach dem Brandherd beschäftigt, kann ein anderes Team sich um die Entfernung der angehäuften Rauchgase in den Zwischenräumen kümmern. In der Neubearbeitung der Türöffnungsprozedur fand auch ein Element Aufnahme, dass als Schutzmaßnahme gegen das Entstehen eines Flashfire dienen soll. Gesetzt den Fall, dass der Angriffstrupp einen Raum durchquert hat, in dem bereits Rauch unter der Zimmerdecke hing, besteht ein erhöhtes Risiko, dass sie im nächsten Raum auf ein heftiges Feuer stoßen werden. Setzt man voraus, dass Rauchgase und Luft sich im ersten Raum in einem guten Mischverhältnis befinden, können sie jederzeit durch eine Flamme entzündet werden. In der neuen Prozedur wird daher empfohlen, vor dem Öffnen der Türe zwei Stöße (pulsings) über die Köpfe des Strahlrohr- und des Schlauchträgers abzugeben. Sinn dieser Maßnahme ist das Erzeugen einer "Wolke" aus Wassertropfen an der Oberkante der Türe. Wenn anschließend beim Öffnen der Türe Flammen durch die Öffnung schlagen, wird deren Energie durch die Verdampfung der Wassertropfen absorbiert. Auf diese Weise wird verhindert, dass die Flammen als Zündquelle für die Rauchgase an der Decke über dem Angriffstrupp dienen. 4 Auto-Ignition (Selbstentzündung) Auto-Ignition ist ein Phänomen, das entsteht, wenn die Rauchgase eine gewisse Temperatur erreicht haben. Für jedes Rauchgas-/Luftgemisch besteht ein Temperaturwert, bei dem die Gase sich von selbst entzünden. Diesen Wert nennt man Selbstentzündungstemperatur (Auto Ignition Temperature, AIT). Er besteht sowohl für Gase, wie auch für brennbare Flüssigstoffe. Wie für jeden anderen Verbrennungsvorgang auch, gibt es eine wichtige Bedingung, die für eine Selbstentzündung erfüllt sein muss: Es muss ausreichend Sauerstoff vorhanden sein, wenn die Gase die Temperaturgrenze überschreiten. Bei einem Brand in einem geschlossenen Raum verbraucht das Feuer sehr schnell den vorhandenen Sauerstoff. Es ist daher durchaus möglich, dass der, zur Selbstentzündung benötigte, Sauerstoff bereits verbraucht ist, wenn die Gase ihre Selbstentzündungstemperatur erreichen. Bei einem derartigen Brand kann tatsächlich ein begrenzter Luftstrom dicht am Boden vorhanden sein. Diese minimale Luftzufuhr sorgt dafür, dass das Feuer weiterhin brennen kann. Weiter oben befindet sich eine dicke Schicht aus sehr heißen Rauchgasen, die über genügend Energiepotential verfügen, um sich selber zu entzünden. Durch den Sauerstoffmangel befindet sich das Gemisch jedoch oberhalb der oberen Explosionsgrenze. Wenn in dieser Situation ein Fenster bricht oder geöffnet wird, strömen die heißen Rauchgase aus. Während dieses Vorgangs vermischen sich die Gase sehr schnell mit Luft. Die Gase werden verdünnt, das Gemisch kommt in den explosiven Bereich und entzündet sich. Die Eigentemperatur der Gase liefert die Energie zur Selbstentzündung. CFBT-BE 5/7 FGI

Die größte Gefahr bei der Selbstentzündung ist die starke Hitzequelle, die dadurch plötzlich an der Austrittsöffnung entsteht. Durch diese Hitze kann ein Sekundärbrand entstehen. Es ist durchaus möglich, dass es beim Öffnen einer Innentüre zur Selbstentzündung kommt. Wenn in diesem Fall nicht sofort Gegenmaßnahmen ergriffen werden, dann entsteht durch die ausströmenden Rauchgase ein Brandübergriff auf den angrenzenden Raum. Selbstentzündung der Rauchgase kann auch eine völlig falsche Einschätzung des Brandes bewirken. Wenn ein Einsatzleiter bei der Ankunft vor Ort deutlich Flammen sieht, die aus einem Fenster schlagen, dann liegt der Rückschluss nahe, dass es sich um ein vollentwickeltes, offenes Feuer handelt. In den meisten Fällen wird dies auch die korrekte Einschätzung des Brandes sein. Die Taktik wird an diese Erkenntnis ausgerichtet und ein Innenangriff in das Brandobjekt scheidet de facto als Lösungsansatz aus. Es gibt jedoch Situationen, in denen das Bild der ausschlagenden Flammen einen falschen Schein erweckt. Die Flammen kommen in diesem Fall nicht von innen, sondern es handelt sich um ausströmende Rauchgase, die sich außerhalb des Brandobjektes mit Luftsauerstoff vermischen und sich anschließend entzünden. In einer solchen Situation ist das Feuer noch im Prä-Flashover Bereich und befindet sich mitten in der Ausbreitungsphase. Bei solchen Bränden wäre es durchaus möglich, mit einem aggressiven Innenangriff das Blatt noch zu wenden. Um den Unterschied zwischen einem offenen Vollbrand und der Selbstentzündung von Rauchgasen zu erkennen, kann man mit dem Strahlrohr mehrere 3-D Pulsings in den Innenraum abgeben. Die geringe Wassermenge wird ausreichen, um eine leichte Kühlung der Rauchgase zu bewirken und falls es sich tatsächlich um Selbstentzündung handelte, werden die Flammen verschwinden und es wird sehr schnell deutlich werden, dass es ausströmende Rauchgase sind. Bei einem vollentwickelten Brand würden einige Pulsings nicht ausreichen, um das Feuer unter Kontrolle zu bringen und die Flammen würden weiterhin aus der Öffnung schlagen. Der Brand müsste auf andere Art bekämpft werden. 5 Roll-over Der Vollständigkeit halber muss noch erwähnt werden, dass auch die Roll-over der Familie der Fire Gas Ignitions zugeteilt werden. Der Roll-over ist bekannt, als ein Phänomen, welches dem Flashover vorausgeht. Auch hier betrifft der Vorgang die Entzündung der Rauchschicht. Diese geschieht jedoch im Brandraum und beginnt in der Rauchschicht nahe dem Brandherd. Eine Flammenfront bewegt sich anschließend durch die Rauchschicht in Richtung der Belüftungsöffnung. CFBT-BE 6/7 FGI

6 Quellennachweis [1] Lambert Karel & Baaij Siemco, Brandverloop: technisch bekeken, tactisch toegepast, 2011 [2] McDonough John, persoonlijke gesprekken, 2009-2011 [3] Hartin Ed, persoonlijke gesprekken en www.cfbt-us.com, 2010-2011 [4] Bengtsson Lars-Göran, Enclosure Fires,2001 [5] Grimwood Paul, Hartin Ed, Mcdonough John & Raffel Shan, 3D Firefighting, Training, Techniques & Tactics, 2005 [6] Lambert Karel & Desmet Koen, Binnenbrandbestrijding, versie 2008 & versie 2009 [7] Hartin Ed, www.cfbt-us.com [8] Raffel Shan, www.cfbt-au.com Karel Lambert CFBT-BE 7/7 FGI