Pyramiden Akropolis Pfahlbauten UNESCO-Welterbe im Kanton Thurgau
Pfahlbauten UNESCO Welterbe Am 27. Juni 2011 entschied das Welterbe-Kommité der UNESCO in Paris, die Prähistorischen Pfahlbauten rund um die Alpen auf die Welterbe-Liste zu setzen. Von knapp 1000 Fundstellen rund um die Alpen sind 111 Feuchtbodensiedlungen aus der Schweiz, Deutschland, Österreich, Slowenien, Italien und Frankreich klassiert worden. Im Kanton Thurgau sind bisher über 30 Pfahlbaufundstellen bekannt. Davon haben nun vier Orte das Label Welterbe der UNESCO : Arbon-Bleiche, Gachnang/Niederwil-Egelsee, Hüttwilen-Nussbaumersee und Eschenz-Insel Werd. Das wissenschaftliche Potential, die aussergewöhnliche Erhaltung, die einmalige Zeitstellung und der bestehende Schutz der im Boden belassenen Schichtreste dieser vier Fundstellen waren massgeblich für die Selektion. Die übrigen Pfahlbaufundstellen des Kantons Thurgau geniessen weiterhin den gleichen Stellenwert für das Amt für Archäologie Thurgau. Verein Plafittes beim Vorbereiten der Kandidatur Die Vertreter der sechs beteiligten Länder reichen im Januar 2010 die Kandidatur in Paris ein UNESCO-Delegation in Eschenz am 27. Februar 2010 ICOMOS-Expertin Margareth Gowen (2. v. links) am Nussbaumersee, 17. Oktober 2010
Arbon-Bleiche 2 und 3 Bleiche 2 1944 wurde das Bleiche-Areal grossflächig drainiert. Dabei fand Otto Meyer-Boulenaz zahlreiche Pfahlbaufunde. Die Entdeckung des frühbronzezeitlichen Dorfes erregte grosses Aufsehen, handelte es sich doch um eine der ersten Seeufersiedlungen dieser Epoche. Karl Keller-Tarnuzzer und 30 internierte polnische Soldaten gruben 2300 m 2 des Dorfes aus. Dieses war dreiphasig und datiert in die Zeit von 1700 bis 1500 v.chr. Es lassen sich 18 bisher Hausstandorte fassen. Das Dorf war von mehreren Palisaden umgeben. Es fanden sich 15 000 Keramikscherben, 102 Bronzeobjekte sowie Schmuck aus Gold, Bernstein und Glas. Bleiche 3 Das Amt für Archäologie untersuchte die steinzeitliche Fundstelle von 1993 bis 1995. Auf 1000 m 2 Grabungsfläche etwa ein Drittel des Pfahlbaudorfs kamen Funde und Befunde von 3384 bis 3370 v.chr. zum Vorschein, die hervorragend erhalten waren. Die Siedlung war einphasig und nur während 15 Jahren bewohnt; danach fiel sie einem Brand zum Opfer. Mit der Dendrochronologie gelang es, die einstige Dorfentwicklung zu rekonstruieren. Über mehrere Jahre entstand eine dicht bebaute Siedlung. Die Gebäude waren in der Regel 8 m lang und 4 m breit. Heute befindet sich Arbon-Bleiche mitten in der Industrie- und Gewerbezone. Die Fundschichten liegen geschützt 4 7 m unter der aktuellen Oberfläche.
Gachnang/Niederwil-Egelsee Die Fundstelle liegt einen Kilometer westlich von Frauenfeld in einem ehemaligen Moor. 1862 beim Torfabbau entdeckt, wurde sie in der Folge zum Grabungsobjekt von Pfahlbau- Pionier Jakob Messikommer. Aber erst 1962 und 1963 wurden vom damaligen Biologisch- Archaeologisch Instituut der Universität Groningen unter Leitung von H.T. Waterbolk ca. 30 Prozent des Siedlungsareals ausgegraben. Das ovale Siedlungsareal liegt am Südrand eines verlandeten kleinen Sees aus der ausgehenden Eiszeit und umfasst rund 2000 m². Es lassen sich 25 bis 33 Hausstandorte nachweisen, die in sechs Ost-West orientierten Zeilen aufgereiht und durch schmale Gassen erschlossen waren. Das Dorf war von einem Zaun eng umschlossen. Aufgrund der dendrochronologischen Analysen sind mehrere Bauphasen zwischen 3714 und 3626 v.chr. belegt. Stellenweise sind bis zu 14 übereinanderliegende Bodenkonstruktionen nachgewiesen. Im Schnitt dürfte somit alle sechs Jahre eine Erneuerung der im instabilen Untergrund einsinkenden Hausböden vorgenommen worden sein. Die Fundstelle lieferte ein reiches und sehr gut erhaltenes Fundinventar, das v.a. wegen der Holz-, Kupfer- und Textilfunde international Aufsehen erregte. Heute liegt die Fundstelle mitten in einem Naturschutzgebiet und ist gut vor Erosion geschützt.
Hüttwilen-Nussbaumersee Die Fundstellen Horn und Inseli im Nussbaumersee liegen im Seebachtal. Von 1985 bis 1991 führte das Amt für Archäologie in den Pfahlbausiedlungen Grabungen durch. Steinzeitdorf Unter Wasser haben sich bis zu 2 Meter mächtige Siedlungsschichten hervorragend erhalten. Zahlreiche Pfähle zeugen von einem mehrphasigen Dorf. Hausgrundrisse lassen sich bisher nicht rekonstruieren. Das umfangreiche, hervorragend erhaltene Fundmaterial der Pfyner Kultur (3800 3550 v.chr.) setzt sich aus Keramik, Knochen, Felsgestein, Silices und Holzartefakten zusammen. Bemerkenswert sind Textilreste sowie eine kupferne Beilklinge. Bronzezeitdorf Die Siedlung der späten Bronzezeit (870 800 v.chr.) hatte über 100 Häuser. Diese waren mit 10 bis 25 m² Innenfläche relativ klein. Es gab Block- und Bohlenständerbauten, die auf hölzernen Unterzügen und Lehmböden auflagen. Insgesamt entdeckte man 1800 Kilogramm Scherben. Davon konnten viele zu ganzen, teilweise bemalten und verzierten Gefässen zusammengesetzt werden. Zudem kamen Bronzegegenstände, Perlen aus Glas, Bernstein und Gagat sowie Geweih-, Ton- und Steinobjekte zum Vorschein. Die Fundstelle liegt mitten im Naturschutzgebiet und ist vor Zerstörung geschützt.
Eschenz-Insel Werd Die Rheininsel Werd war seit jeher eine bevorzugte Siedlungsstelle. Ausgrabungen durch Bernhard Schenk (1882 1883) und Karl Keller-Tarnuzzer (1931 1935, 1950) sowie jüngere Interventionen durch das Amt für Archäologie Thurgau lieferten Funde und Befunde von jungsteinzeitlichen und spätbronzezeitlichen Pfahlbausiedlungen. Die Ausgrabungsergebnisse lassen keine Aussagen über die steinzeitliche Dorfstrukturen zu; einzig im schnurkeramischen Horizont kann man einen Hausgrundriss erkennen. Funde aus Keramik, Silex und Knochen sind sehr zahlreich. Die bronzezeitlichen Fundschichten und Pfähle erstrecken sich über die gesamte Insel. Aufgrund von Lehmestrichen und steingepflästerten Feuerstellen sind mehrere Gebäudestandorte zu vermuten. Die Bauten wurden mehrfach erneuert, örtlich sind mindestens zwei Siedlungsphasen nachgewiesen. Das Fundmaterial umfasst ein reiches Keramik-Inventar. Zudem entdeckte man Spinnwirtel und Webgewichte sowie eine Auswahl an Bronzewerkzeugen und Schmuck. Gussformen bezeugen die Bronzeverarbeitung auf der Insel.