DR. ALBERT, REINHARD

Ähnliche Dokumente
(Initiiert durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau)

Einsatz und Bezugsadressen für Nützlinge im ökologischen Gemüsebau

Erfahrungen mit biologischen Pflanzenschutzmaßnahmen im Gartenbau

Integrierter Pflanzenschutz im Freiland

Grundlagen des biologischen Pflanzenschutzes bei Topfkräutern. Pflanzenschutzdienst

Produktinformation. Gültig für Österreich:

Nützlingseinsatz in Sommer- und Herbsthimbeeren im Foliengewächshaus

Übersichtsarbeit. Zusammenfassung. Mareile Zunker 1, Olaf Zimmermann 1, Anne Reißig 1, Harald Schneller 1, Reinhard Albert 2

Foliensatz Tomaten - Pflanzenschutz

Biologischer Pflanzenschutz 2003

Nützlinge Natürliche Helfer in Sachen Pflanzenschutz. Eppenich & Voß Gartenbau GbR

Versuchsbericht: Marion Ruisinger, Landwirtschaftskammer NRW

Erfolgreicher Nützlingseinsatz an Pflanzen in Innenräumen

Nützlingsverträglichkeit von Freilandpräparaten. Pflanzenstärkungsmittel

Inhalt. Biologischer Pflanzenschutz ein Teil des integrierten Pflanzenschutzes... 5 Schonung und Förderung von Nützlingen... 6

Resistenz- und Resistenzmanagement Schwierigkeiten bei der Bekämpfung des Kalifornischen Blütenthrips (Frankliniella occidentalis)

Pflanzenschutz im Innenraum Möglichkeiten und Beachtenswertes

Biologische Lösungen und Einsatz von Nützlingen für neue Herausforderungen im Pflanzenschutz Dr. Groß

Substratschädlinge- Substratlästlinge

Chancen und Probleme im biologischen Pflanzenschutz:

PFLANZENSCHUTZ. Dezember w w w. b u s h d o c t o r. a t

Erdbeeren. Bestäubung Pflanzenstärkung Biologischer Pflanzenschutz.

Produktion von Topfkräutern- ohne Nützlinge geht es nicht!

Nützlingseinsatz im Obst- und Gartenbau

Vorstellung unserer Beratungstätigkeit und Nützlingseinsatz im Gemüsebau. Stefanie Hackel

Michael Hornburg, Katz Biotech AG LELF - Fortbildungsveranstaltung Pflanzenschutz im Öko-Land- und Gartenbau 12.II.2018

Anwendung biologischer Pflanzenschutzverfahren Ein Indikator des NAP

Biologischer Pflanzenschutz

Anwendungshinweise: Raubmilbe Amblyseius cucumeris gegen Thrips

Grundprinzipien des Pflanzenschutzes im Öko-Landbau

Biologischer Pflanzenschutz im ökologischen Landbau

25. Arbeitstagung Biologische Schädlingbekämpfung. Warnemünde, 30. November 2016

Gesunde Pflanzen durch Nützlingseinsatz in der Innenraumbegrünung

Im Gemüsebau, in der Kultur Aubergine (Gewächshaus), einsetzbare Pflanzenschutzmittel (Stand: )

Möglichkeiten und Chancen des Nützlingseinsatzes

Bio- Zierpflanzen 2016 Nicole Kern und Marion Ruisinger

Nützliche Nematoden Was sie können, was sie brauchen. Michael Barth, E-Nema GmbH, Schwentinental

Zum Fressen gern! 10 Jahre Nützlingsberatung im Zierpflanzenbau in der Steiermark

Biologische Bekämpfung der Käfer des Weidendickmaulrüsslers

Nemasys und Nemaslug. Entomopathogene Nematoden

Pflanzenschutzmittel Liste der Kultur Gurken (Unter Glas)

Dies sind lebendige Organismen, welche andere Lebewesen als Beute fangen um sich selbst oder ihre Nachkommen zu ernähren.

Nützlinge für den Biologischen Pflanzenschutz in Freilandkulturen Status und Perspektiven

Aktuelles zur Thripsbekämpfung

Pflanzenschutzmittel Liste der Kultur Melanzani (Unter Glas)

Pflanzenschutzmittel Liste der Kultur Radieschen (Unter Glas)

Biologie und Lebensweise von Nützlingen im Gemüsebau - Nützlinge erkennen und fördern

Naturalis gegen verschiedene Schaderreger an Zierpflanzen. Versuchsergebnisse aus NRW

Spinat IP Gemüse, Glashaus LBG - PMIS

Im Gemüsebau, in der Kultur Frische Kräuter (Gewächshaus), einsetzbare Pflanzenschutzmittel (Stand: )

10 1 Grundlagen des ökologischen Gemüsebaus Saatgut und Sortenwahl, Jungpflanzenanzucht und Substrate

Pflanzenschutz. Biologische. Chemische. Biotechnische Physikalische. Maßnahmen. Biotechn. / Biolog. Pflanzenschutz

5.9 Nützlinge PFLANZENSCHÄDEN. Nützlingseinsatz im Freien. Florfliegen-Larven (Chrysoperla carnea) Nematoden (HM) (Heterorhabditis spec.

Er kann zwischenzeitlich aber auch Pollen und Nektar aufnehmen.

Naturalis. Technisches Datenblatt

Pflanzenschutzmittel

Pilzerkrankungen an Kräutern - Erfahrungen mit Pflanzenstärkungsmittel. Wilfried Hennes - Pflanzenschutzdienst

Pflanzenschutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel. COMPO Rosen-Schutz Kombi 1/5

Pflanzenschutzmittelliste für den Zierpflanzenbau unter Glas Insektizide und Akarizide

Aubergine: hohe Erträge, aber geringe Erlöse

- EFFEKTIV und SELEKTIV - Das Akarizid mit dem neuen Wirkstoff Bifenazate

Biologische Schädlingsbekämpfung mit Nützlingen

Pflanzenschutzmittel Liste der Kultur Gurken (Unter Glas)

Biologischer Pflanzenschutz. zielgerichtet effektiv. Beratung Nützlinge. Mit Nützlingen geht s leichter.

Pflanzenschutzmittelliste für den Zierpflanzenbau unter Glas Insektizide und Akarizide

Pflanzenschutzmittelliste für den Zierpflanzenbau unter Glas Insektizide und Akarizide

Von Viren, Wespen & Räubern - Nützlinge im Einsatz!

Wo steht der biologische Pflanzenschutz?

Biologischer Pflanzenschutz. zielgerichtet effektiv. Beratung Nützlinge. Mit Nützlingen geht s leichter.

Michael Fürnkranz Bionet-Tagung,

Happy Plants. Produkte für die biologische Schädlingsbekämpfung.

Pflanzenschutzmittel Liste der Kultur Vogerlsalat (Unter Glas)

Konzept des vorbeugenden Pflanzenschutzes

Aktuelles aus dem Pflanzenschutz

Strategien für den Nützlingseinsatz im Beerenobst. Markus Hilgensloh

Hintergrundinformationen... 2

Wirksamer Pflanzenschutz im Zierpflanzenbau

Bio-Zierpflanzen erfolgreich produzieren - eine Alternative mit Zukunft?

Ihre Fachberater. Bereichsleitung Fachberatung, Wareneinkauf. Vorratsschutz und Stallhygiene. Fachberatung Gartenbau. Fachberatung Weinbau

Gemüseproduktion in der Steiermark

Pflanzenschutzmittelliste für den Zierpflanzenbau unter Glas Insektizide und Akarizide


Produktpreisliste. Haus- und Kleingarten. Biologischer Pflanzenschutz. Biologischer Pflanzenschutz

Schulobst- und Gemüseprogramm

Schwerpunkte/Besonderheiten des Schaderregerauftretens 2016 in Gemüse; Schlussfolgerungen für Fortbildung Pflanzenschutz, , G.

Vorbeugender Pflanzenschutz Bekämpfungsmaßnahmen... 15

Konzentration. Freiland Unter Glas. Aufwandmenge. bis 50 cm: 125 ml/ha in l/ha. X -- Xn B4 -- 0,4% X -- Xn B4

Das Pflanzenschutzamt Berlin informiert

Der Weinberg als Lebensraum Petra Hönig Rebschutz und Rebphysiologie Abteilung Weinbau

Pressemappe zum Tag des Nützlings am

Ch. Feser, W. Dercks 0

13. Pflanzenschutztag. in Großbeeren. am Programm & Kurzfassungen der Vorträge

Biologische Spinnmilben- und Blattlausbekämpfung im Gemüsebau: Möglichkeiten und Grenzen

Insektizide /Akarizide

Sachgerechter Pflanzenschutz im Haus- und Kleingarten

Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei Pflanzenschutzdienst Versuche mit neuen Bio -Fungiziden

Hintergründe der Probleme beim Einsatz. von Encarsia formosa gegen Bemisia tabaci an Weihnachtssternen (Euphorbia pulcherrima)

Biologischer Pflanzenschutz mit Nützlingen 1. In Deutschland angebotene Nützlingsarten

Der Einsatz von Nützlingen. im Gartenbau. Wie können Nützlinge bestellt werden?

Bacillus thuringiensis. Das komplette Angebot an Bt-Präparaten vom Spezialisten Delfin WG Agree WP Solbac Novodor 3FC

Transkript:

Beitrag aus der Festschrift 2005 50 Jahre Landesanstalt für Pflanzenschutz Stuttgart 50 Jahre integrierter Pflanzenschutz Baden-Württemberg 1955 LANDESANSTALT FÜR PFLANZENSCHUTZ

2 DR. ALBERT, REINHARD DR. ALBERT, REINHARD Biologische Schädlingsbekämpfung im Unterglasanbau und in gärtnerischen Freilandkulturen Biological control in greenhouses and outdoor horticultural crops Der Umfang des Nützlingseinsatzes in gärtnerischen Kulturen wird in Baden-Württemberg alle 2 Jahre mittels eines Fragebogens bei der Pflanzenschutzberatung abgefragt. Im Jahr 2003 wurden Nützlinge auf einer Unterglasanbaufläche von 157 ha eingesetzt. Gemüsekulturen waren daran mit ca. 104,5 ha und Zierpflanzenbestände mit fast 52 ha beteiligt. Hinzu kommen noch die Flächen mit Nützlingseinsatz in Schaugewächshäusern und mindestens 346 ha mit biologischen Maßnahmen wie Bacillus thuringiensis-einsatz in Freilandkulturen von Kohl oder Broccoli. Nützlinge wie Phytoseiulus persimilis wurden bei Erdbeeren im Freiland und Gewächshaus auf über 5 ha und Trichogramma brassicae bei Freilandpaprika auf 14 ha sowie Süßmais auf ca. 110 ha eingesetzt. Nematoden wurden in Parkanlagen auf 4,5 ha und bei Gehölzen von Baumschulen auf 33 ha angewandt. Auch in Schauräumen wurden Nützlinge auf über 1800 m² freigelassen. Es wurden 31 verschiedene tierische Nützlingsarten im Gewächshaus und im Freiland eingesetzt. Zusätzlich wurde B. thuringiensis var. israelensis auf 5 ha meist in Kombination mit Steinernema feltiae gegen Trauermücken ausgebracht. Zur Bekämpfung von Sclerotinia-Befall bei vielen Kulturen wurde der pilzparasitische Pilz Coniothyrium minitans als Mittel Contans auf mindestens 16 ha vorbeugend in den Boden eingearbeitet. Pflanzenstärkungsmittel auf mikrobieller Basis wurden mit Bacillus subtilis auf 155 ha hauptsächlich bei Kartoffeln, Topfpflanzen und Jungpflanzen und mit einem Pseudomonas fluorescens-präparat auf 10 ha sowie mit Trichoderma harzianum-präparaten auf deutlich mehr als 0,2 ha angewandt. Nützlinge und Nutzorganismen wurden aber tatsächlich auf einer wesentlich größeren Einsatzfläche angewandt als hier angegeben, da die Erhebung nur einen Teil der Betriebe berücksichtigen kann. Einleitung Der Nützlingseinsatz und weitere biologische Maßnahmen der Schädlings- und Schadorganismenbekämpfung sind wichtige Bestandteile des integrierten Pflanzenschutzes in gärtnerischen Kulturen [3, 4]. Sie gehören mittlerweile in vielen Betrieben zum Standard. Die regelmäßige Erhebung zum Umfang dieser Maßnahmen soll Auskunft über die Entwicklung sowie Hinweise auf Probleme und zur erforderlichen Unterstützung geben [3, 4]. Methode Die Erhebung wurde aufgrund von Daten erstellt, die mit Hilfe eines Fragebogens bei Pflanzenproduktionsberatern und Beratern der Beratungsdienste im Herbst und Winter 2003/2004 erhoben wurden. Der Fragebogen wurde im Jahr 2003 in Anlehnung an einen Fragebogenentwurf der IOBC/WPRS abgefasst. In allen Jahren wurde ausschließlich die tatsächliche Gewächshausfläche mit Nützlingseinsatz erhoben. Mehrere Kulturen mit Nützlingseinsatz hintereinander auf derselben Fläche wurden aber getrennt erfasst.

Biologische Schädlingsbekämpfung im Unterglasanbau und in gärtnerischen Freilandkulturen 3 Ergebnisse Der Umfang des Nützlingseinsatzes ist in Abbildung 1 für die Zeit von 1979 bis 2003 aufgetragen. Die gemeldeten Einsatzflächen der Nützlinge sind seit 1979 stark angestiegen [5]. Für den Nützlingseinsatz ist mittlerweile ein Sättigungsprofil zu beobachten. Seit 1999 haben sich die Zahlen für diesen Bereich kaum verändert, die Zahlen für 2001 waren aufgrund anderer Aufgaben der Berater z.t. nur unvollständig gemeldet worden. Die Anwendung mikrobieller Organismen als Pflanzenschutzmittel oder als Pflanzenstärkungsmittel hat dagegen in Baden-Württemberg deutlich an Bedeutung gewonnen. 200 350 ha 180 160 140 Einsatzfläche in ha Abb. 1: 120 100 80 60 40 20 0 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2001 2003 Gemüse u. G. Zierpflanzen u. G. Freilandgemüse Ziergehölze u. Öffentliches Grün Saaten Biologische Pflanzenschutzmaßnahmen in gärtnerischen Kulturen in Baden-Württemberg Nützlingseinsatz im Unterglasanbau Die Fläche mit Nützlingseinsatz im Unterglasanbau betrug 157 ha im Jahr 2003. Dieser Wert bedeutet, bezogen auf die Einsatzfläche von 2001, eine Steigerung der Fläche mit Nützlingseinsatz um 20 %. Gegenüber dem Jahr 1999 ist der Wert aber ungefähr gleich geblieben. Die absoluten Flächen und die prozentualen Anteile der einzelnen Anwendungsbereiche verdeutlicht die Abbildung 2. In Gemüsekulturen des Unterglasanbaus wurden 2003 mit Unterstützung der verschiedenen oben genannten Beratungskräfte Nützlinge auf einer Fläche von ca. 104,5 ha eingesetzt. Nützlinge kamen außer in Tomatenbeständen (51,8 ha), bei Gurken (42,2 ha), Paprika (2,7 ha), Bohnen (2,3 ha), Erdbeeren (0,7 ha), Melonen (0,03 ha) und Auberginen (1,3 ha) auch in Kräutern (2,9 ha) und bei Gemüsejungpflanzen zum Einsatz. Die Gewächshausfläche mit Nützlingseinsatz in Zierpflanzenbeständen belief sich auf fast 52 ha. Das entspricht genau dem Wert von 1999. Nützlinge wurden an Topfpflanzen wie Cyclamen, Hibiscus, Poinsettie, Streptocarpus, Topfsonnenblumen, Topfgerbera, Topfrosen und Topfchrysanthemen, Usambaraveilchen sowie Sukkulenten und Grünpflanzen auf 34,2 ha angewandt. Auch an Schnittblumen wie Anemone, Chrysantheme, Eustoma, Gerbera, Rose und Sommerschnitt kamen sie zum Einsatz (4 ha). Außerdem wurden sie Jahr

4 DR. ALBERT, REINHARD noch in der Beet- und Balkonware (14 ha), bei Kübelpflanzen (0,03 ha), bei der Jungpflanzenproduktion, an Wasserpflanzen, in Schaugewächshäusern (0,2 ha) und an Efeu eingesetzt. Öffentliches Grün 2,3 ha = 1% Gemüse 104,5 ha = 24% Saaten 127,2 ha = 29% Freilandgemüse 25,5ha = 7,4% Ziergehölze 33 ha = 8% Zierpflanzen 52,4 ha = 12% Abb. 2.: Kulturflächen mit Nützlingseinsatz in Baden-Württemberg im Jahr 2003 Biologische Pflanzenschutzmaßnahmen im Freilandanbau Im Freilandgemüse wurden weitere biologische Maßnahmen angewandt. Auf mehr als 346 ha wurde Bacillus thuringiensis bei Kohl und Broccoli gesprüht. Nützlinge wie Phytoseiulus persimilis wurden noch in Freilanderdbeeren auf 5 ha und Trichogramma brassicae bei Freilandpaprika auf 14 ha sowie Zuckermais auf ca. 110 ha eingesetzt. Hier wurden verstärkt auch Nematoden zur Dickmaulrüssler-Bekämpfung angewandt, so z. B. in Parkanlagen auf 4,5 ha, bei Gehölzen des öffentlichen Grüns auf fast 700 m² und von Baumschulen auf 33 ha. Der Nützlingseinsatz in Schauräumen etc. wird hier mit 1800 m² hinzugerechnet, da Teile der Pflanzen auch im Freiland aufgestellt und behandelt werden. Eingesetzte Arthropoden Die Anzahl der in der Bundesrepublik Deutschland vertriebenen Nützlingsarten ist rückläufig und beträgt mittlerweile nur noch ca. 55, wenn man insektenpathogene Nematoden, die Nützlinge zur Stallfliegenbekämpfung sowie die im Vorratsschutz und Obstbau angewandten Tiere mit hinzurechnet. In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2003 insgesamt 31 verschiedene tierische Nützlingsarten im Gewächshaus und im Freiland eingesetzt. Nicht mehr angewandt wurden früher versuchsweise erprobte Nützlinge wie Adalia bipunctata, Anagrus atomus oder Coenosia sp. Nützlinge, die vornehmlich an der Innenraumbegrünung eingesetzt wurden wie Chilocorus nigritus, Leptomastidea abnormis, Microterys spec., Rhyzobius (Lindorus) lophantae wurden von den Beratern nicht erwähnt. Der Bereich Innenraumbegrünung wird meist ausschließlich von speziellen Firmen betreut.

Biologische Schädlingsbekämpfung im Unterglasanbau und in gärtnerischen Freilandkulturen 5 Aphelinus abdominalis, ein Gegenspieler der Kartoffelläuse Aulacorthum solani und Macrosiphum euphorbiae, wurde ebenfalls nicht mehr aufgeführt. Die Art war nach früheren Befunden hauptsächlich im Tomatenanbau wirksam. In Abbildung 3 sind die Einsatzflächen der wichtigsten Nützlingsarten (nur Arthropoden) des Gartenbaus mit einer Einsatzfläche von über 10 ha aufgeführt. Trichogramma brassicae 126 ha = 27% Amblyseius barkeri 12 ha = 2% Amblyseius cucumeris 58 ha = 12% Aphidius colemani 60 ha = 12% Phytoseiulus persimilis 14,6 ha = 3% Eretmocerus eremicus 11,7 ha = 2% Encarsia formosa 111,8 ha = 24% Aphidoletes aphidimyza 64,1 ha = 14% Aphidius ervi 21,3 ha = 4% Abb. 3.: Ausbringungsfläche der für den Gartenbau bedeutendsten Nützlingsarten im Jahr 2003 in Baden-Württemberg Die Raubmilbe Phytoseiulus persimilis gegen Spinnmilben wurde 1995 auf einer Fläche von 42 ha im Jahr 2003 nur noch auf 14,6 ha angewandt. Hier erfolgte bei Gurken, Auberginen und anderen Kulturen eine Verdrängung durch nützlingsverträgliche Akarizide und den Einsatz der Raubmilbenarten Amblyseius barkeri und A. cucumeris. In Schnittrosen ist die Art aber unbedingt notwendig. Nach Meinung der Berater war neben der schlechten Handhabbarkeit auch die früher zum Teil schlechte Qualität der gelieferten P. persimilis-raubmilben für den Rückgang verantwortlich. Die biologische Bekämpfung von Blattlausarten wird im Unterglasanbau immer wichtiger. Nach Encarsia formosa, die auf insgesamt über 111,8 ha gegen die Weiße Fliege eingesetzt wurde, sind die Blattlausgegenspieler Aphidoletes aphidimyza (64,1 ha) und Aphidius colemani (59,9 ha) häufig verwendete Nützlinge. Viele Gärtner hatten in der Vergangenheit Pech mit der Wirkung von Encarsia formosa bei Poinsettien und setzten 2003 zusätzlich noch Eretmocerus eremicus auf ca. 11 ha ein. Es konnte in Versuchen nachgewiesen werden, dass die Probleme mit der Weißen Fliege hauptsächlich an der Nachwirkung von Insektiziden aus der Klasse der Pyrethroide und Neonikotinoide liegen. Diese Mittel unterbinden die Wirkung der Schlupfwespe für lange Zeit. Eine Wirkung auf die Weiße Fliege-Art Bemisia tabaci ist aber aufgrund von Resistenzen nicht gegeben, sodass sich die Schädlinge, weder durch ein Insektizid noch einen Nützling gestoppt, ungebremst vermehren.

6 DR. ALBERT, REINHARD Die seit 1997 neu auf dem Nützlingsmarkt angebotene Blattlausgegenspielerart Aphidius ervi erreichte 1997 beachtliche 27,8 ha, im Jahr 1999 sogar 28,2 ha Einsatzfläche und im Jahr 2003 immerhin 21,3 ha. Die Raubmilbenarten Amblyseius cucumeris und A. barkeri, die zur Bekämpfung von Thripsen, Weichhautmilben und Spinnmilben eingesetzt werden, werden zusammen auf ca. 70 ha angewandt. Das Jahr 2003 war zwar ein extremes Spinnmilbenjahr, Blattläuse traten wegen der extremen Hitze in den Monaten Juni, Juli, August und teilweise September kaum auf. Befall zeigte sich im Frühjahr und dann wieder im Spätherbst. Die biologische Blattlausbekämpfung war nicht so wichtig wie in früheren Jahren. Gegenspieler der Schädlinge an der Innenraumbegrünung werden in Foyers, Großraumbüros, Schwimmbädern, Schaugewächshäusern etc. eingesetzt. Pflanzenschutzberater sind selten damit befasst, da Spezialfirmen diese Nützlinge ausbringen. Flächendaten liegen deshalb kaum vor. Große zoologische und botanische Gärten (z. B. Wilhelma Stuttgart, Botanischer Garten Karlsruhe, Botanischer Garten Tübingen, Luisengarten Mannheim) wenden in großem Umfang Nützlinge an oder konnten sie in den tropischen und subtropischen Bereichen erfolgreich etablieren. Altenheime, einige Industriebetriebe im Großraum Stuttgart, Banken, die Landeshauptstadt Stuttgart und Privatleute setzen in ihren Grünbereichen in Gebäuden und Wintergärten Nützlinge ein. Eingesetzte insektenpathogene Nematoden Die wichtigste Nematodenart mit einer Einsatzfläche von 62,9 ha war Steinernema feltiae. Dieses Tier wird hauptsächlich gegen Trauermücken im Unterglasanbau angewandt. Als Generalist lässt es sich hier und bei Containerkulturen auch gegen den Gefurchten Dickmaulrüssler Otiorhynchus sulcatus sowie den Kalifornischen Blütenthrips Frankliniella occidentalis zum Beispiel bei Chrysanthemen anwenden. Eine Wirkung gegen bodenlebende Stadien von Schadschmetterlingen wurde beobachtet. Gegen diese ist die Leistung von Steinernema carpocapsae in der Regel besser. Diese Nematodenart wurde auf nur 1,5 ha angewandt. Ein Käferspezialist ist Heterorhabditis bacteriophora, der auf 37,5 ha gegen den Gefurchten Dickmaulrüssler besonders in Baumschulen angewandt wurde. Das Tier bekämpft auch die Larven (Engerlinge) des Gartenlaubkäfers auf Golfplätzen mit gutem Erfolg. Daten aus diesem Bereich fehlen, obgleich entsprechende Anwendungen erfolgt sind. Eingesetzte mikrobielle Pflanzenschutzmittel und Pflanzenstärkungsmittel 6 pilzliche oder bakterielle Organismen (Bacillus thuringiensis, Bacillus thuringiensis var. israelensis, Bacillus thuringiensis var. tenebrionis ( Novodor FC ), Trichoderma harzianum, Coniothyrium minitans, Pseudomonas fluorescens) wurden erstmals detailliert in dem Fragebogen abgefragt. Sie werden zur Bekämpfung von Schadorganismen und zur Pflanzenstärkung angewandt [6, 7]. Erfreulich ist die umfangreiche Anwendung von Bacillus thuringiensis-präparaten im Jahr 2003. So wurde B. thuringiensis ( Dipel ES, Turex, Bactospeine XL. XenTari ) auf mindestens 140 ha Gemüseanbaufläche im Freiland gegen Raupenfraß angewandt. Im Gewächshaus wurde B. thuringiensis var. israelensis auf 5 ha meist in Kombination mit Steinernema feltiae gegen Trauermücken ausgebracht. Zur Bekämpfung von Sclerotinia-Befall bei vielen Kulturen wurde Contans (Coniothyrium minitans) auf mindestens 16 ha vorbeugend angewandt. Pflanzenstärkungsmittel auf mikrobieller Basis wurden in Form von Bacillus subtilis ( FZB 24, BIOPRO ) auf 155 ha hauptsächlich bei Kartoffeln, Topfpflanzen und Jungpflanzen und

Biologische Schädlingsbekämpfung im Unterglasanbau und in gärtnerischen Freilandkulturen 7 als ein Pseudomonas fluorescens-präparat ( PRORADIX ) auf 10 ha sowie Trichoderma harzianum (z. B. Trichosan, TRI 002, TRI 003, Trichodex, PPROMOT. BINAB TF, BINAB WP, Trichogard, Trichoderma WP ) auf 0,2 ha angewandt. Der Wert für T. harzianum ist aufgrund eigener Beobachtungen viel zu niedrig gemeldet worden, da viele Schnittblumenkulturen mit diesem Mittel regelmäßig behandelt wurden. Diskussion der Ergebnisse Das Jahr 2003 ist als Konsolidierungsjahr für den Nützlingseinsatz anzusehen. Die Einsatzflächen haben sich seit 1999 kaum verändert. Nur mikrobielle Mittel wurden, wie eigene Beobachtungen zeigten, häufiger angewandt. Diese Mittel werden als Ersatz und teilweise auch als Ergänzung zu Fungiziden genommen und sind nach den Angaben vieler Gärtner aus den Betrieben nicht mehr wegzudenken. Die großen Erfolge der biologischen Schädlingsbekämpfung haben sich aufgrund der Aktivitäten der Landesanstalt für Pflanzenschutz und des MLR eingestellt. Dazu gehören wichtige Leistungen wie die Einrichtung der Beratungsdienste für Nützlingseinsatz, die wissenschaftliche Betreuung der Nützlingsproduzenten in Baden-Württemberg, die Propagierung der Verfahren bei Gärtnern mittels Arbeitskreisen, Beratermappen, Broschüren, Büchern, Vorträgen und Workshops sowie Artikeln in der Presse und der Fachpresse sowie die Vorstellung dieser modernen Verfahren auf Ausstellungen und Messen etc. Die hier vorgelegten Daten sind unvollständig, da nur der biologische Pflanzenschutz in solchen Betrieben erfasst wird, die von Pflanzenschutzberatern, Pflanzenproduktionsberatern sowie den Beratern der Beratungsdienste intensiv oder zumindest telefonisch betreut wurden. Die Einsatzfläche liegt in Baden-Württemberg bei einigen Verfahren teilweise deutlich über den ermittelten und mitgeteilten Werten. So dürfte die Einsatzfläche der Nützlinge im Gemüsebau unter Glas und im Freiland deutlich über 180 ha liegen. Dies gilt auch für den Zierpflanzen-, den Innenraumbereich und für Golfplätze etc. Viele Betriebe, die sich sonst nicht mit dem Nützlingseinsatz befassen, setzen zum Beispiel Nematoden gegen Trauermücken oder gegen den Gefurchten Dickmaulrüssler ein. Dies wird den Beratern selten bekannt. Auch der Bacillus thuringiensis-einsatz im Freilandgemüseanbau und im Kartoffelanbau wird in seinem Umfang nicht durch diese Fragebogenaktion erfasst. Viele Gärtner sind aufgrund zu langer Wartezeiten nach Anwendung vieler Insektizide gezwungen, Bacillus thuringiensis-präparate zu nehmen. Vielen Betrieben fehlt noch immer eine fundierte Beratung. Sie setzen einige Standardnützlinge häufig ohne exakte Erfolgskontrolle in ihren Kulturen ein. Weitere Möglichkeiten des Nützlingseinsatzes werden aufgrund von Zeitmangel oder fehlendem Wissen nicht genutzt. Dies gilt auch für die Anwendung der mikrobiellen Präparate. Obgleich mit ca. 55 Arten eine umfangreiche Nützlingspalette zur Verfügung steht, gibt es immer noch biologisch nicht bekämpfbare Arten. Dies sind z.z. Wanzen (Feld- und Wiesenwanzen), Zikaden, einige Nacktschneckenarten, Gehäuseschnecken sowie Wurzelläuse. Die Beratungsdienste und die Pflanzenproduktionsberater einiger Ämter haben sich bei der Praxiseinführung der biologischen Schädlingsbekämpfung und bei der täglichen Anwendung bewährt. Diese Beratung kann aber nicht ohne die Diagnose des Schädlings- und Schadorganismen- Befalls sowie die Schädlings- und Schadensprognose existieren. Die bisherige gute Zusammenarbeit zwischen Beratung und Diagnose ist der gartenbaulichen und auch der landwirtschaftlichen Praxis direkt zu Gute gekommen. Der Nützlingseinsatz hat in Baden-Württemberg in den letzten Jahren sehr viel Positives bewirkt. So wurden bei den Nützlingsproduzenten und bei den Beratungsdiensten in ganz

8 DR. ALBERT, REINHARD beachtlichem Umfang neue Arbeitsplätze geschaffen, die sich zu einem nicht unerheblichen Teil selber finanzieren. Bei den Nützlingsproduzenten und -vertreibern sind es 9 Dauerarbeitsplätze und viele Saison- und Teilzeitarbeitsplätze alleine in Baden-Württemberg, bei den Beratungsdiensten sind es ca. 8 Personen, die sich vornehmlich mit der biologischen Schädlingsbekämpfung beschäftigen sowie einige weitere Berater, die zeitweilig damit befasst sind. Bei einigen Kulturen (Erdbeere im Freiland und unter Glas, Rose, verschiedene Gemüse des Unterglasanbaus) ließe sich noch mehr mit biologischen Pflanzenschutzmaßnahmen erreichen. Besonders die Anwendung von Insektiziden und erstaunlicherweise parallel dazu auch von Fungiziden konnte durch den Nützlingseinsatz in vielen Betrieben deutlich reduziert und auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt werden. Das entspannt die Pflanzenschutzsituation in den Betrieben, vermindert die gesundheitliche Belastung der Mitarbeiter und kommt insgesamt der Umwelt zu Gute. Literatur [1] HASSAN, S. A.; ALBERT, R. und ROST, W. M.; 1993: Pflanzenschutz mit Nützlingen im Freiland und unter Glas. Ulmer Fachbuch Landwirtschaft und Gartenbau, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 188 S. [2] ALBERT, R., HASSAN, S. A.; und LANGENBRUCH G.-A.; 2003: Biologische Schädlingsbekämpfung. AID H. 1030, Bonn 74 S. [3] ALBERT, R.; 1992: Nützlingseinsatz in Gemüse- und Zierpflanzen unter Glas in Baden-Württemberg im Jahr 1991. Gesunde Pflanzen 44 (6), 198-204. [4] ALBERT, R.; 2000: Entwicklung des Nützlingseinsatzes im Unterglasanbau in Baden-Württemberg. Mitt. Biol. Bundesanst. Land- Forstwirtsch. Berlin-Dahlem Heft 376, 583-584. [5] ALBERT, R.; 1998: Einsatz von Nützlingen. Spektrum der Wissenschaft, 21 (5), 91-95. [6] FELDMANN, R.; ALBERT, R. und SCHNELLER, H.; 2000: Deutliche Mehrerträge Pflanzenstärkungsmittel bei Schnitt-Anemonen. Gb 100 (20), 16-19. [7] SCHNELLER, H. und ALBERT, R.; 2000: Haben Pflanzenstärkungsmittel im Gartenbau Bedeutung? Erfahrungen mit dem Trichoderma-Präparat (TRI 003) aus Praxisversuchen. Landinfo 7 (7), 5-26.