Stefan Bitzer. Trauer durchleben Was Trauernden helfen kann

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Transkript:

Stefan Bitzer Trauer durchleben Was Trauernden helfen kann

Inhaltsverzeichnis Was Trauernden helfen kann... 3 Tipps zur Anwendung... 5 Woche 1: Ausnahmezustand... 6 1.1 Der Tod kommt unerwartet... 7 1.2 Plötzlich ist alles anders... 8 1.3 Das kann nicht wahr sein... 9 1.4 Auf und Ab... 10 1.5 Das Leben geht nicht weiter... 11 1.6 Ersthelfer... 12 1.7 Kann man trösten?... 13 klimaneutral natureoffice.com DE-245-907381 gedruckt weil aus 100 % Altpapier J U R Y U M W E LT Z E I C H E N 2 Woche 2: Bin ich verrückt?... 14 2.1 Wer bin ich?... 15 2.2 Unberechenbar... 16 2.3 Körperliche Trauer... 17 2.4 Achte auf dich selbst... 18 2.5 Wut und Enttäuschung... 19 2.6 Lass dir Zeit... 20 2.7 Lass dir helfen... 21 Woche 3: Fragen über Fragen... 22 3.1 Freunde, wo seid ihr?... 23 3.2 Reden oder Schweigen?... 24 3.3 Loslassen?... 25 3.4 Warum?... 26 3.5 Schuldig?... 27 3.6 Jetzt mal ehrlich?... 28 3.7 Brauche ich Hilfe?... 29 Woche 4: Trauer auf Dauer... 30 4.1 Wann hört die Trauer auf?... 31 4.2 Richtig trauern... 32 4.3 Neue Perspektiven... 33 4.4 Leben mit der Endlichkeit... 34 4.5 Was tut mir gut?... 35 4.6 Hoffnung!... 36 4.7 Neue Wege... 37 Nachwort... 38 Stefan Bitzer: Trauer durchleben. Was Trauernden helfen kann Quadro Nr. 51 2015 Down to Earth Laubacher Str. 16 II 14197 Berlin Gestaltung: www.michaelzimmermann.com Fotos: photocase.com - phoenixie (1), kallejipp (14), suze (22), alphas (30); pixabay.com - stux (6) Lektorat: Andrea Specht Druck: Müller Fotosatz & Druck GmbH, Selbitz Printed in Germany ISBN: 978-3-86270-912-0 ISBN E-Book: 978-3-86270-913-7 Zitate stammen aus der Zitate-Sammlung»Gut gesagt«, Down to Earth Verlag, 2008. Viele Titel sind auch als E-Book erhältlich, u.a. unter www.down-to-earth.de/e-books Bezug im Buchhandel oder direkt beim Verlag: Down to Earth bei Chrismedia Robert-Bosch-Str. 10 35460 Staufenberg Tel: 06406-8346 0 Fax: 06406-8346 125 bestellung@chrismedia24.de Mehr Inspiration und weitere Quadros unter www.down-to-earth.de und www.meinquadro.de

Was Trauernden helfen kann Trauer ist etwas sehr Persönliches, das individuellen Regeln folgt. Keiner trauert wie der andere und deshalb ist es so schwer, andere in ihrer Trauer zu unterstützen und zu begleiten. Auf Trauer kann man sich schwer vorbereiten. Weil man sich nur theoretisch vorstellen kann oder bei anderen gesehen und erlebt hat, was Trauer und der Verlust eines nahestehenden Menschen bedeutet. Manche fragen sich, ob der Glaube an Gott oder an ein Leben nach dem Tod die Trauer leichter macht. Sicherlich haben diese Überzeugungen einen Einfluss. Aber zunächst einmal geht es in der Trauer um den eigenen Verlust und nicht so sehr um den Verstorbenen. Oder anders formuliert: Wir trauern wegen uns, weil wir den Verstorbenen vermissen, weil er uns fehlt. Natürlich kann das Festhalten an einer Glaubensüberzeugung Halt und Stütze in schwierigen Zeiten sein. Trotzdem erleben viele Trauernde ob gläubig oder nicht extrem herausfordernde Zeiten. Den Strom der Trauer mildert, wer ihn teilt. Edward Young Trauer ist ein Ausnahmezustand. Der an die Grenzen der Kräfte führen kann. Zur Trauer gehören viele Fragen, unterschiedlichste Gefühle und eine Menge Entscheidungen. Dieses Quadro möchte Trauernden helfen, manches etwas klarer zu sehen, sich selbst zu verstehen oder zum Nachdenken anregen. Vieles auf den folgenden Seiten ist vor allem auf Trauernde selbst und ihre Situation ausgerichtet. Aber auch Menschen, die mit Trauernden zu tun haben und sie begleiten, können Anregungen finden, um Trauernde besser zu verstehen und sie zu unterstützen. Dabei geht es natürlich nicht darum, nun jeden Tag ein Kapitel zu lesen und nach einem Monat ist alles wieder gut. Trauern braucht Zeit. Manchmal sogar viel Zeit. Es ist wichtig, dass Trauernde sich diese Zeit nehmen und andere sie ihnen zugestehen. Und es ist auch wichtig, sich der Trauer mit allen ihren Begleiterscheinungen zu stellen. 3

Viele Jahre lang hatte ich persönlich mit Abschied und Trauer wenig zu tun. Außer dem Tod der Großeltern hatte ich keine Berührungspunkte. Im Jahr 2005 änderte sich das schlagartig. Zunächst wurde bei mir ein Tumor auf der Niere diagnostiziert. Das war ein Schock und kam völlig aus dem Nichts. Ende desselben Jahres starb meine Mutter für unsere Begriffe viel zu früh. Plötzlich war ich selbst betroffen und ziemlich verunsichert. Vor allem, weil der Tod und die Endlichkeit des Lebens so greifbar waren und ich mich persönlich damit auseinandersetzen musste. Noch intensiver wurde es, als 2008 innerhalb von zehn Tagen meine Frau und mein Vater starben. Seitdem habe ich mich viel mit Tod und Trauer, aber auch mit Trauernden und deren Herausforderungen beschäftigt. Und dabei eine Menge gelernt. Nicht nur, dass ich das Leben im Hier und Heute viel mehr schätze. Sondern auch, dass man Trauernde sehr wohl unterstützen kann. 4 Oft hat das weniger mit Worten, als mit der Einstellung zu tun. Eine Bekannte von mir hat dies treffend ausgedrückt:»für meine Trauer wünsche ich mir nicht so sehr Trost, sondern jemanden, der sie aushält, mich trauern lässt und die Kraft hat, seine eigene Hilflosigkeit auszuhalten.«mit dem, was ich erlebt und erfahren habe, erhebe ich allerdings nicht den Anspruch, genau Bescheid zu wissen. Deshalb lade ich dich auch ein, dieses Quadro als Anstoß und Impuls zu verstehen. Vielleicht geht es dir anders als hier beschrieben. Vielleicht findest du dich wieder. Auf jeden Fall hoffe ich, dass dir dieses Quadro ein bisschen guttut. Sei es, weil du selbst trauerst oder weil du Trauernde begleitest. Herzlich Stefan Bitzer

Tipps zur Anwendung Dieses Quadro ist in 28 Kapitel aufgeteilt. Das bedeutet aber nicht, dass du es in 28 Tagen durchgearbeitet haben solltest. Trauer braucht viel Zeit. Lies die Kapitel, wie es dir guttut und in deinem Tempo. Die Kapitel können fortlaufend oder auch einzeln gelesen werden. Fang ruhig mit dem Thema an, das dich am meisten anspricht. Am Ende jedes Abschnitts findest du Fragen. Nimm dir Zeit, darüber nachzudenken und sie zu beantworten. Was schriftlich ist, wird konkret. Deshalb empfehle ich dir, die Antworten aufzuschreiben und dir auch Notizen zu machen, wie du die Handlungsimpulse umsetzen möchtest. Du kannst für deine Notizen ein einfaches Notizbuch verwenden oder Mein Quadro, das speziell für die Quadro-Serie entwickelt wurde. Wenn du einen vertrauten Menschen in deinem Umfeld hast, rede mit ihm über das Gelesene dadurch verankert es sich besser. Wer passiv konsumiert, bleibt passiv. Frage dich nach jedem Lesen: Wenn ich jemandem erzählen würde, welcher Impuls der wichtigste für mich war was würde ich ihm oder ihr sagen? Es kann hilfreich sein, wenn du das Quadro gemeinsam mit anderen Menschen aus deinem Umfeld (z.b. mit deiner Trauergruppe) lesen kannst und ihr darüber redet. Ihr werdet feststellen, dass Punkte, über die man miteinander redet, klarer werden und nachhaltiger wirken. Wenn du mit einem Handlungsimpuls nichts anfangen kannst, ignoriere ihn. Jeder Trauernde braucht andere Impulse. Bleibe gelassen. Änderungen geschehen nicht von heute auf morgen. Erlaube dir, in deinem eigenen Tempo Schritte zu gehen und zu trauern. Aus Gründen der Lesbarkeit schreibe ich in diesem Quadro vereinfachend von dem Trauernden bzw. dem Verstorbenen. Natürlich ist dabei immer auch die Trauernde bzw. die Verstorbene gemeint. 5

6 Woche 1 Ausnahmezustand

1.1 Der Tod kommt unerwartet Als unser Nachbar mit 88 Jahren nach schwerer Krankheit starb, war ich irgendwie irritiert. Ja, ich hätte damit rechnen müssen. Es war absehbar, dass er nicht mehr lange leben würde. Und doch war ich dann überrascht. Bei manchen hatte ein Krankenhausaufenthalt die letzten Tage und Wochen geprägt, bei anderen war ganz normaler Alltag. Die einen hatten Zeit, sich auf den Abschied vorzubereiten, andere Angehörige wurden ohne Vorwarnung damit konfrontiert. Egal, ob man sich über Wochen oder Monate auf den Tod eines lieben Menschen einstellen konnte. Oder ob dieser Abschied sehr plötzlich und aus gar nicht mehr heiterem Himmel kam: Der Tod trifft einen immer unerwartet. Weil man sich nicht wirklich darauf vorbereiten kann. Das lässt sich in der Theorie nicht lernen, dafür gibt es keine Kurse. Selbst wenn man schon Erfahrungen mit dem Tod von Angehörigen oder Freunden gemacht hat, ist jeder Abschied wieder neu. Nichts ist gewisser als der Tod, nichts ist ungewisser als seine Stunde. Anselm von Canterbury Auch wenn eine lange Krankheitszeit vorausging oder eine Diagnose vorlag, die klarmachte, dass die Lebenszeit eines Menschen absehbar begrenzt ist, ist es völlig anders und unerwartet, wenn es dann soweit ist. Bei fast allen Menschen gilt: Der Tod kommt zu früh. Wie gerne hätte man wenigstens noch ein bisschen Zeit zusammen gehabt. Nur noch ein paar Stunden, Tage, Wochen. Doch plötzlich war es aus. Und damit muss man jetzt leben. Denk mal Was hättest du noch gerne mit dem Verstorbenen geklärt oder besprochen? Mach mal Schreibe deine offen gebliebenen Themen auf und besprich sie mit einem vertrauten Menschen. 7

2.4 Achte auf dich selbst Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht. Volksmund Ein anderer Spruch lautet:»jeder denkt nur an sich, nur ich denk an mich!«was sonst wenig rücksichtsvoll ist, ist für Trauernde durchaus hilfreich: Egoismus. Nur du selbst weißt oder spürst, was dir guttut und was nicht. In Zeiten der intensiven Trauer geht es nicht darum, für andere da zu sein. Außer, du hast Kinder, für die du verantwortlich bist. Aber sonst geht es vor allem um dich. Wenn andere dir etwas Gutes tun, wunderbar. Entweder sie tun es gerne, dann ist es sowieso gut. Wenn du den Eindruck hast, sie erwarten eine»rückzahlung«, dann fühle dich dafür nicht verantwortlich. Es ist nicht dein Problem. Du bist jetzt auch nicht für die Trauer der anderen verantwortlich. Das sind sie selbst. Du bist für dich zuständig. Und dafür, was du jetzt brauchst. Vielleicht viel Schlaf. Dann bleiben andere Dinge eben liegen. Du warst bisher ehrenamtlich tätig? Wenn es dir guttut, mach weiter damit. Wenn nicht, dann nimm dir eine Pause. 18 Vor allem, wenn du große Schwierigkeiten beim Schlafen hast, ist es wichtig, dass du achtsam bist. Frage deinen Arzt nach guten Hilfen. Es gibt heutzutage wirksame Schlafmittel, die nicht abhängig machen. Wenn du trotzdem nicht schlafen kannst, versuche tagsüber öfter Pausen zu machen. Vielleicht hilft dir auch eine Kur, die dir Abstand vom Alltag gönnt und bei der es nur um dich geht. Auf jeden Fall hat jetzt Priorität, dass du dich vor allem um dich kümmerst. Denk mal Wie könnte ein gesunder Egoismus für dich im Moment aussehen? Mach mal Reduziere den Kontakt zu Leuten, die dich anstrengen. Suche stattdessen den Kontakt zu denen, die dir guttun.

2.5 Wut und Enttäuschung Manchmal ist alles nur traurig und man könnte die ganze Zeit nur weinen. Depressiv, zurückgezogen, nah am Wasser gebaut. So stellt man sich einen Trauernden vor. Manchmal packt einen auch der Zorn. Zum Beispiel auf den Verstorbenen:»Warum musstest du auch unbedingt diese Straße entlangfahren?du hast es jetzt gut, ich muss mich mit dem ganzen Zeug hier rumärgern!«oder Wut auf Ärzte und medizinisches Personal. Warum konnten sie nicht helfen? Oder auf Gott. Warum hat er nicht eingegriffen? Gefühle zuzulassen ist gar nicht so einfach. Vor allem, wenn es sogenannte negative Gefühle sind. Menschen, die glauben, sind es auch Gott gegenüber oft nicht gewohnt, diese auszudrücken. Allerdings gibt es zum Beispiel viele Psalmen, in denen Gott angeklagt wird. Das Gute ist: Gott hält das aus! Natürlich ist einem meist bewusst, dass Zorn das Leid nicht ungeschehen macht. Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Warum bist du so weit weg und hörst mein Stöhnen nicht? Die Bibel, Psalm 22,2 Andererseits ist Wut eine Form, mit der Trauer umzugehen. Es ist gut, sie nicht zu unterdrücken. Wenn man das tut, staut sie sich nur auf und schafft sich irgendwann unkontrolliert Raum. Oder man wird richtig krank, weil der Druck zu groß wird. Deshalb ist es gut, auch diese Gefühle zuzulassen und nicht zu verdrängen. Auch wenn das in unserer Gesellschaft nicht unbedingt üblich ist. Dabei geht es nicht darum, andere Personen oder Dinge zu zerstören. Sondern vor allem darum, sich Luft zu verschaffen und die Emotionen nicht in sich hineinzufressen. Denk mal Auf wen oder was bist du wütend? Mach mal Hast du einen Boxsack? Oder Holz zu hacken? Manchen hilft auch Joggen oder eine sonstige körperliche Aktivität, um sich abzureagieren. 19

4.6 Hoffnung! Wann reißt der Himmel auf, auch für mich? Silbermond Hören die Schmerzen und das Leid jemals auf? Gibt es irgendwann wieder einen Hoffnungsschimmer? Höchstwahrscheinlich ja, auch wenn es dauern kann. Das Leben wird anders, doch auch die Sonne wird wieder scheinen. Trauer hat zwar manchmal ähnliche Symptome wie eine Depression, ist aber etwas ganz anderes. Traurig zu sein hat nichts mit Kranksein zu tun. Wer schwere Zeiten durchgestanden hat, weiß das Leben mit all seinen Schönheiten ganz neu zu schätzen. Vieles, was früher selbstverständlich war, ist nun etwas Besonderes. Gute Freundschaften und Beziehungen bekommen einen höheren Stellenwert, der Augenblick, das Hier und Jetzt werden wichtiger. Irgendwann traut man sich auch wieder, Pläne zu schmieden oder Neues in Angriff zu nehmen. War es bis vor kurzem noch undenkbar, ohne den geliebten Partner in den Urlaub zu fahren, meldet man sich nun zu einer Trauerreise an. 36 Langsam hat man wieder Energie, ein neues Hobby auszuprobieren, Haus oder Garten umzugestalten und in alte oder neue Beziehungen zu investieren. Voraussetzung für diese»neuanfänge«ist in der Regel, dass der Verstorbene seinen Platz in deinem Leben erhalten hat. Ohne dadurch alles andere zu überdecken. Dann ist das Licht, das du im Tunnel siehst, nicht der nächste Zug, der dir entgegenkommt. Sondern wirklich das Ende der Dunkelheit. Denk mal Wo kannst du mehr Licht in dein Leben lassen? Mach mal Wenn du am Tag etwas Schönes erlebst, schreibe es in ein Heftchen. Auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist.

4.7 Neue Wege Die Mitte der Nacht ist auch schon der Anfang eines neuen Tages. Papst Johannes Paul II. An Krisen kann man verzweifeln oder an ihnen stärker werden. Wer den Verlust eines lieben Menschen überlebt hat, hat viel Energie investiert. Hoffentlich aber auch neue Kraft bekommen. Schritt für Schritt geht es im Trauerprozess darum, wieder Verantwortung zu übernehmen und die Zukunft aktiver zu gestalten. Ohne dabei die Vergangenheit zu verleugnen oder idealisierend schönzureden. Die Menschen aus deinem Umfeld sind wahrscheinlich schon bald wieder zur Tagesordnung übergegangen. Für dich als Trauernden besteht die Herausforderung darin, deine Tagesordnung völlig neu zu schreiben. Das braucht allerdings Zeit. Manchmal sogar sehr viel Zeit. Dazu kommt, dass die neue Tagesordnung zwangsläufig ganz anders werden wird, als die alte. Weil dein Leben sich so grundlegend verändert hat. Werte und Prioritäten haben sich verschoben, Interessen haben sich verlagert. Manche Beziehungen gingen in die Brüche, neue haben begonnen. Auch damit zurechtzukommen gehört dazu. Neue Wege bergen stets ein Risiko: Du weißt nicht, wohin die Reise geht. Gleichzeitig gibt es neue Kostbarkeiten zu entdecken, die am Wegesrand liegen. Gut, wenn du Wegbegleiter hast, die an schweren Tagen helfen, Lasten zu tragen und mit denen du auch das Schöne teilen kann. Auf jeden Fall wünsche ich dir eine gute Reise! Denk mal Welche Träume und Wünsche hast du noch? Mach mal Suche dir ein paar nette Leute und feiere ein Fest, einfach so. 37

Nachwort Zu den größten Herausforderungen eines Trauernden gehören die Einsamkeit, die Tatsache, dass plötzlich alles anders ist, das Unverstandensein und die Angst, den Verstorbenen zu vergessen. Um diese Herausforderungen zu überleben und zu bewältigen, können alle Beteiligten ihren Teil beitragen. Ich hoffe sehr, dass dir dieses Quadro ein paar Impulse dazu gegeben hat. Und dir hilft, deine eigene Trauer oder Trauernde besser zu verstehen. Vielleicht macht sich der eine oder andere nach der Lektüre dieses Quadros auf den Weg zu Trauernden in seinem Umfeld. Man braucht nämlich kein Experte in der Begleitung von Trauernden zu sein. Worauf es ankommt, ist, zuzuhören und ehrlich zu bleiben. Ich würde mich freuen, von deinen Erfahrungen zu hören. Egal ob du selbst trauerst oder Trauernde begleitest. Und ich freue mich auf deine Anregungen, Ergänzungen, Fragen usw. Schreib mir doch unter info@stefanbitzer.de Gerne kannst du auch meine Veranstaltungen besuchen oder mich zu Veranstaltungen an deinem Ort einladen. Mehr Infos dazu und zu dem, was ich sonst so mache, findest du unter www.stefanbitzer.de 38

Gleich bestellen unter www.down-to-earth.de Kerstin Hack Worte des Trostes Zitate und Gedanken für Zeiten der Trauer, 32 Seiten Wer trauert, braucht Trost. Doch unpassende Worte können sehr verletzend sein. Ein Impulsheft mit einer Sammlung mitfühlender, tröstender und Mut machender Zitate. Ideal für alle, die selbst trauern oder andere trösten möchten. Impulsheft Nr. 38 Kerstin Hack Trauern Impulse, Verluste zu bewältigen, 32 Seiten Wer einen Verlust erlebt, für den bricht die Welt zusammen. Trauer ist für keinen leicht. Weder für die Trauernden selbst noch für die Menschen, die sie begleiten. Die Impulse aus diesem Heft können beitragen, dass das Schwere etwas leichter wird. Für Trauernde und ihre Begleiter. Impulsheft Nr. 75 Viele Titel auch als E-Book erhältlich. Kerstin Hack Worte der Hoffnung Zitate und Gedanken, die Mut machen, 32 Seiten Wir alle erleben immer mal wieder Situationen, in denen wir den Mut verlieren. Ein Impulsheft mit einer Sammlung bewegender und Mut machender Zitate über die Hoffnung. Ideal für alle, die neuen Mut schöpfen wollen. Impulsheft Nr. 23 Markus Hoffmann Krisenfest Impulse, Schwierigkeiten gut zu bestehen, 32 Seiten Von innerer Haltung bis Unterstützung durch andere. Der Manager, der selbst einige Lebenskrisen durchlebt hat, beschreibt, was das Leben stark und krisenfest macht. Ideal für alle, die Krisen besser bewältigen wollen. Impulsheft Nr. 45

Trauer durchleben Den eigenen Tod, den stirbt man nur; doch mit dem Tod der andern muss man leben. Mascha Kaléko Nr. 51 Wenn du Abschied von liebgewordenen Menschen oder Dingen nehmen musst, ist plötzlich vieles anders. Dieses Quadro hilft dir, in der sehr herausfordernden Zeit der Trauer Orientierung zu finden. Menschen, die mit Trauernden zu tun haben, sind oft sprach- und hilflos. Auch diese finden hier Anregungen zur wirkungsvolleren Unterstützung und zum Verständnis von Trauernden. Fragen und Handlungsimpulse helfen dir, das Gelesene praktisch umzusetzen. Das Quadro inspiriert und begleitet dich bei deinem Lernprozess mit vier Impulsen pro Tag: Ein prägnantes Zitat Ein anregender Denkanstoß Eine provokante Frage Ein praktischer Handlungsimpuls Ideal für Menschen, die trauern oder Trauernde begleiten. uadro Abschied gemeinsam etwas leichter Mit freundlicher Empfehlung von: