VDMA-Fachverband Kunststoff- und Gummimaschinen Leichtbau ist Funktionsintegration pur Frankfurt, 23. Oktober 2014 Interview mit Rolf Trippler, Geschäftsführer der Hennecke GmbH. Das Unternehmen aus Sankt Augustin entwickelt und konstruiert Maschinen- und Anlagen zur Verarbeitung von Polyurethan. Aus welcher Perspektive betrachtet Hennecke das Thema Funktionsintegration? Rolf Trippler: Da gibt es ganz unterschiedliche Ansätze. Das kann zum einen bedeuten, unterschiedliche Prozesse zusammenzuführen. Zum anderen, und das ist es, was uns bei Hennecke schwerpunktmäßig als Funktionsintegration begegnet, verstehen wir darunter die Integration zusätzlicher Funktionen in ein Bauteil. Und schließlich das große Thema der Faserverbundwerkstoffe, wo man Fasern und Kunststoff zusammenbringt, um etwa eine höhere Steifigkeit bei geringerem Gewicht zu erreichen. Auch hier sind wir bei Hennecke gut aufgestellt. Bezweckt man immer Leichtbau, wenn von Faserverbundstoffen die Rede ist? Trippler: Nicht immer, aber ganz überwiegend. Das Thema Leichtbau ist über die letzten drei Jahre immer weiter forciert worden aus ganz unterschiedlichen Gründen. Die zwei wichtigsten kommen aus dem Automobilbau. Da geht es seit längerem darum, durch leichtere Autos deren Treibstoffverbrauch und damit letztendlich auch ihren Ausstoß an Kohlendioxyd zu senken. Auf der anderen Seite geht die Entwicklung der Elektroautos ebenfalls mit dem Versuch einer Verringerung von Gewicht einher. Denn wenn ein Auto weniger wiegt, kommt es mit jeder Batterieladung weiter. Jedes Kilogramm, das gespart
wird, vereinfacht die Vermarktung. Die Automobilindustrie treibt also die Entwicklungen im Leichtbau voran. Wird das Elektroauto denn irgendwann einmal in Serie gehen? Trippler: Wir haben in Deutschland unser Ziel auf der Nachfrageseite sicherlich noch nicht erreicht. Wir hinken da anderen hinterher. Aber ich glaube schon, dass Elektroautos in der Zukunft gerade bei Kurztrecken zunehmend häufiger eingesetzt werden. Mit dem i3, für den verschiedene Komponenten durch Zulieferer auf Hennecke-Maschinentechnik gefertigt werden, ist BMW ja bereits heute schon in der Serienproduktion angelangt. Ist der Leichtbau im Auto nur durch Faserverbundkunststoffe zu erreichen? Trippler: Wenn man Metalle durch leichtere Materialien ersetzen will, kommt man an Faserverbundstoffen nicht vorbei. Denn nur sie bringen die hohe Steifigkeit mit, die sonst nur Metalle haben und die vor allem für die Sicherheit im Automobil zwingend nötig ist. Wir bei Hennecke betreiben das schon sehr lange. Mit unserer Preg-Technologie schäumen wir beispielsweise glasfaserverstärkte Abdeckungen, die im Kofferraum über dem Reserverad liegen. Das ist schon Leichtbau. Aber jetzt geht man in der Automobilindustrie dazu über, noch mehr Teile, die selber schon Funktionen beinhalten, in Komponenten aus Faserverbundstoffen zu integrieren. Gibt es eine Branche, in der Faserverbundkunststoffe eine vergleichbar große Rolle spielen wie in der Autoindustrie? Trippler: Den Einsatz kann man sich auch im Bereich weiße Ware vorstellen. Bei Waschmaschinen oder Spülmaschinen hat man ja heute schon unterschiedliche Bedienfelder. Die Funktionen solcher Bedienfelder könnte man künftig in die Außenhaut integrieren. Das wäre auch bei Lichtschaltern möglich. Es ist am Ende immer die Frage des Verhältnisses von Kosten zu Nutzen. Die Einsatzmöglichkeiten sind groß. Wir stehen da erst am Anfang. Ein aktuelles Beispiel: Zusammen mit Partnern haben wir ein Bauteil entwickelt, dessen Oberfläche quasi ein Touchpad ist, mit dem Bedienfunktionen abgerufen werden können. Die Folie enthält elektrische Leiterbahnen. Sie wird in ein gespritztes Bauteil
eingelegt und von uns mit Polyurethan hinterspritzt. So ein Touchpad kann man sich gut auch an einem Backofen vorstellen. Wo liegen die Risiken von Funktionsintegration? Trippler: Das größte Risiko ist es, dass ein Bauteil oder ein Prozess, der Funktionen integriert, am Ende nicht kostengünstiger ist, als vorher. In der Großserie, und davon sprechen wir in der Automobilindustrie, machen funktionsintegrierte Verfahren nur Sinn, wenn sie kostengünstiger sind. Und selbst dann hat man ja bestehende Produktionen. Es erfordert immer sehr viel Überzeugungsarbeit, wenn man ein Verfahren durch ein anderes ersetzen will. Ist Polyurethan günstiger als andere Kunststoffe? Trippler: Man muss immer den ganzen Prozess sehen. Polyurethan ist kein besonders günstiges Material. Der Vorteil ergibt sich aus der Anwendung. Der Erfolg dieses Werkstoffs setzt sich zusammen einmal aus seinen Eigenschaften und aus der Anwendung. Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit bei Funktionsintegration? Trippler: Nachhaltigkeit bedeutet vor allem, dass der Verbraucher die Produkte auch annimmt, die nachhaltig gefertigt werden. Produkte, die beispielsweise ressourceneffizienter hergestellt werden. Wenn der Verbraucher beispielsweise das eben geschilderte Bauteil mit Touch-Oberfläche nachfragt, wird es auch in Serie gehen. Dann hat man etwas Nachhaltiges erreicht. Hennecke entwickelt und konstruiert seit mehr als sechs Jahrzehnten Maschinen und Anlagen sowie Prozesstechnik zur Verarbeitung von Polyurethan. Dazu gehören zum Beispiel Dosiermaschinen, Formschaumanlagen und Kühlmöbelanlagen. Das 1945 gegründete Unternehmen hat heute Tochterunternehmen unter anderem in Asien und Nordamerika. Weltweit sind rund 480 Mitarbeiter bei Hennecke beschäftigt.
Nachhaltigkeit ist ein Megathema unserer Zeit. Angesichts knapperer Ressourcen und wachsender Weltbevölkerung ist das unumgänglich. Der VDMA hat deshalb die Nachhaltigkeitsinitiative Blue Competence ins Leben gerufen. Seit ihrem Start vor drei Jahren sind über 400 Mitgliedsunternehmen diesem Netzwerk beigetreten. Im Fachverband Kunststoff- und Gummimaschinen sind es 55. Damit ist diese Branche im deutschen Maschinen- und Anlagenbau Vorreiter in Sachen Umweltschutz, Ressourcenschonung und effizientes Wirtschaften. Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Die Steigerung von Energie- und Ressourceneffizienz zählt ebenso dazu wie bessere Ausbildung und gute Unternehmensführung. Auch die Funktionsintegration gehört dazu, also die Verdichtung verschiedener Aufgaben in einem Bauteil oder einem Produktionsprozess. Der VDMA bietet im Vorfeld der FAKUMA eine Interviewreihe zu diesem Thema an. Bildunterschriften: BU 1: Rolf Trippler BU 2: : Hochwertige Maschinen, Anlagen und Systeme für sämtliche Kerntechnologien innerhalb der Verarbeitung von Polyurethan. Pressekontakt: VDMA Kunststoff- und Gummimaschinen Projektleitung Blue Competence Ina Vettkötter Tel.: +49 69 6603-1844 E-Mail: Ina.Vettkötter@vdma.org Links www.hennecke.com www.bluecompetence.net www.facebook.com/bluecompetence Im Fachverband Kunststoff- und Gummimaschinen im VDMA sind mit mehr als 200 Mitgliedern die bedeutendsten Unternehmen der Branche zusammengeschlossen; diese decken über 90% des gesamten Branchenumsatzes ab.
Der deutsche Kunststoff- und Gummimaschinenbau ist die weltweite Nr. 1 mit einem Marktanteil von über 25% im Export.