STELLUNGNAHME DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

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DE ECB-PUBLIC STELLUNGNAHME DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK vom 17. Juli 2012 zur Stärkung der Finanzaufsicht und Einrichtung eines Ausschusses für Finanzstabilität (CON/2012/55) Einleitung und Rechtsgrundlage Am 14. Mai 2012 wurde die Europäische Zentralbank (EZB) vom Bundesministerium der Finanzen um Stellungnahme zu einem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der deutschen Finanzaufsicht (nachfolgend der Gesetzentwurf ) ersucht. Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme beruht auf Artikel 127 Absatz 4 und 282 Absatz 5 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie auf Artikel 2 Absatz 1 dritter und sechster Gedankenstrich der Entscheidung 98/415/EG des Rates vom 29. Juni 1998 über die Anhörung der Europäischen Zentralbank durch die nationalen Behörden zu Entwürfen für Rechtsvorschriften 1, da der Gesetzentwurf sich auf die Deutsche Bundesbank und auf Bestimmungen zu Finanzinstituten bezieht, soweit sie die Stabilität der Finanzinstitute und Finanzmärkte wesentlich beeinflussen. Diese Stellungnahme wurde gemäß Artikel 17.5 Satz 1 der Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank vom EZB-Rat verabschiedet. 1. Ziel des Gesetzentwurfs 1.1 Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die institutionelle Struktur der mikroprudentiellen Aufsicht über Finanzdienstleister und der makroprudentiellen Überwachung des Finanzsystems weiter zu stärken. Er fördert eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen dem Bundesministerium der Finanzen, der Deutschen Bundesbank und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend die BaFin ) bei der frühzeitigen Identifizierung und Begegnung von Systemrisiken des Finanzsystems, auch unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf Unionsebene 2. 1 ABl. L 189 vom 3.7.1998, S. 42. 2 Diese Entwicklungen beinhalten insbesondere die Errichtung eines Europäischen Finanzaufsichtssystems durch eine Reihe von im Dezember 2010 verabschiedeten Verordnungen der Union; siehe Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 1); Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12), Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 48) und Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84) sowie Verordnung (EU) Nr. 1096/2010 des Rates vom 17. November 2010 zur Betrauung der Europäischen Zentralbank mit besonderen Aufgaben bezüglich der Arbeitsweise des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 162).

1.2 Artikel 1 des Gesetzentwurfs enthält das Gesetz zur Überwachung der Finanzstabilität (nachfolgend das Finanzstabilitätsgesetz ), das insbesondere die Einrichtung eines Ausschusses für Finanzstabilität und die Stärkung der finanzstabilitäts- und makroaufsichtsbezogenen Rolle der Bundesbank betrifft. 1.2.1 Einrichtung eines Ausschusses für Finanzstabilität Der Ausschuss für Finanzstabilität (nachfolgend der Ausschuss ) besteht aus: a) drei Vertretern des Bundesministeriums der Finanzen, einschließlich des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses, b) drei Vertretern der Deutschen Bundesbank, c) drei Vertretern der BaFin sowie d) dem Vorsitzenden des Leitungsausschusses der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung als beratendes Mitglied ohne Stimmrecht 3. Die Beschlüsse des Ausschusses werden mit einfacher Mehrheit seiner Mitglieder gefasst, soweit nichts anderes bestimmt ist 4. Der Ausschuss wird unter anderem für die Beratung über den Umgang mit Warnungen und Empfehlungen des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 5 sowie für die Abgabe eigener, nicht verbindlicher Warnungen und Empfehlungen an die öffentlichen Stellen des Bundes und der Länder 6, die Gefahren für die Finanzstabilität betreffen, verantwortlich sein. Die Adressaten der Warnungen und Empfehlungen des Ausschusses sind verpflichtet, dem Ausschuss die Frist für ihre Umsetzung mitzuteilen oder ein Nichthandeln zu begründen. Die Warnungen und Empfehlungen können veröffentlicht werden, nachdem der Adressat Gelegenheit zur Stellungnahme hatte 7. 1.2.2 Stärkung der Rolle der Deutschen Bundesbank im Bereich der (makroprudentiellen) Finanzstabilität Das Mandat der Deutschen Bundesbank wird um die Aufgabe ergänzt, einen Beitrag zur Wahrung der Stabilität des Finanzsystems zu leisten, indem sie insbesondere: a) für die Finanzstabilität maßgebliche Sachverhalte analysiert und Gefahren identifiziert, und b) den Ausschuss bei der Analyse unterstützt, indem sie unter anderem dem Ausschuss die Abgabe von Warnungen und Empfehlungen vorschlägt sowie deren Umsetzung bewertet 8. Darüber hinaus kann der Ausschuss keine Entscheidungen betreffend a) die Verabschiedung und Veröffentlichung seiner Warnungen und Empfehlungen oder b) den Beschluss seines dem Parlament vorzulegenden Jahresberichts gegen die einheitlich abgegebenen Stimmen der anwesenden Vertreter der Deutschen Bundesbank treffen 9. Die Deutsche Bundesbank erhält ferner die Befugnis, den Finanzdienstleistern, die dem Sektor Finanzielle Kapitalgesellschaften im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 10 3 Artikel 1 2 Absatz 3 des Gesetzentwurfs. 4 Artikel 1, 2 Absatz 5 Satz 1 des Gesetzentwurfs. 5 Artikel 1 2 Absatz 2 Nr. 3 des Gesetzentwurfs. 6 Artikel 1, 3 des Gesetzentwurfs. 7 Artikel 1 2 Absatz 2 Nr. 5, 2 Absatz 5 Satz 2 und 3 des Gesetzentwurfs. 8 Artikel 1 1 Absatz 1 des Gesetzentwurfs. 9 Artikel 1 2 Absatz 5 Satz 3 des Gesetzentwurfs. 10 Artikel 1 5 des Gesetzentwurfs; siehe die Verordnung (EG) Nr. 2223/96 des Rates vom 25. Juni 1996 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 310 vom 30.11.1996, S. 1). 2

unterfallen, spezifische Meldepflichten aufzuerlegen. Ferner haben sich die Deutsche Bundesbank und BaFin sämtliche zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben relevanten Informationen mitzuteilen 11. 1.3 Durch Artikel 2 des Gesetzentwurfs wird das Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz ) 12 geändert, indem a) die von den beaufsichtigten Unternehmen bestellten Mitglieder des Verwaltungsrates der BaFin durch unabhängige Experten ersetzt werden 13 sowie b) die Rolle der BaFin im Bereich Verbraucherschutz durch die Einrichtung eines durch das Bundesministerium für Finanzen bestellten Verbraucherbeirats gestärkt wird, um die BaFin aus Verbrauchersicht bei der Erfüllung ihrer Aufsichtsaufgaben zu beraten 14. 2. Allgemeine Anmerkungen 2.1 Die EZB hat den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung ihrer früheren Stellungnahmen zu nationalen Ausschüssen für Finanzstabilität und des gegenwärtigen Entwicklungsstands des Unionsrechts in Bezug auf die Ausübung der makroprudentiellen Aufsicht geprüft. Die EZB geht davon aus, dass der ESRB die Befolgung seiner Empfehlung ESRB/2011/3 vom 22. Dezember 2011 zu dem makroprudentiellen Mandat der nationalen Behörden 15 überprüfen wird. 2.2 Als Ergebnis der fortgeschrittenen Vorschläge für Rechtsvorschriften auf Unionsebene können Mitgliedstaaten verpflichtet werden, eine Behörde für die Ausübung der spezifischen verbindlichen makroprudentiellen Befugnisse in Bezug auf beaufsichtigte Unternehmen in ihrem Zuständigkeitsbereich zu bestimmen 16. Die Verabschiedung solcher Rechtsvorschriften der Union kann künftige Anpassungen des im Gesetzentwurf niedergelegten Aufsichtsrahmens auf Makroebene erfordern. 11 Artikel 1 4 des Gesetzentwurfs. 12 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz gemäß der Veröffentlichung in der Bekanntmachung vom 22. April 2002, Bundesgesetzblatt I, S. 1782, in der jeweils gültigen Fassung. 13 Im Verwaltungsrat werden sechs Persönlichkeiten mit Fachexpertise im Bereich der Finanz- und Versicherungswirtschaft anstelle von zehn Vertretern der beaufsichtigten Unternehmen vertreten sein. Artikel 2 Nr. 5 des Gesetzentwurfs zur Änderung von 7 des Finanzdienstleistungsgesetzes. 14 Artikel 2 Nr. 6 des Gesetzentwurfs zur Einfügung von 8a in das Finanzdienstleistungsgesetz. 15 ABl. C 41 vom 14.2.2012, S. 1, Abschnitt 2 Punkt 4 Nr. 2. 16 Siehe in dieser Hinsicht die relevanten Bestimmungen des Vorschlags für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (KOM (2011) 452. Siehe den allgemeinen Ansatz des Rates vom 21. Mai 2012, der auf der Website des Rates unter www.consilium.europa.eu abrufbar ist. 3

3. Die Rolle der Deutschen Bundesbank im Ausschuss 3.1 Erfüllung von Makro-Aufsichtsaufgaben durch die Zentralbank Die EZB befürwortet, dass der vorgeschlagene institutionelle Aufsichtsrahmen auf Makroebene die wesentliche Rolle der Zentralbank anerkennt 17. Sie begrüßt ebenfalls die angemessene Vertretung der Deutschen Bundesbank im Ausschuss, die Erfüllung analytischer Aufgaben durch die Deutsche Bundesbank zur Unterstützung des Ausschusses und die tatsächliche Zustimmung der Deutsche Bundesbank für die Abgabe von Warnungen und Empfehlungen des Ausschusses erforderlich sein wird. 3.2 Gleichzeitig sollten diese neuen Aufgaben weder a) die institutionelle, funktionelle und finanzielle Unabhängigkeit der Deutschen Bundesbank noch b) die Erfüllung der Aufgaben des ESZB gemäß dem Vertrag und der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank 18 beeinträchtigen. Diesbezüglich begrüßt die EZB die ausdrückliche Bestätigung im Gesetzentwurf 19, dass: i) die Zuweisung der neuen makroprudentiellen Aufgaben an die Deutsche Bundesbank ihre gegenwärtigen Befugnisse nicht beeinträchtigt, und b) dass der Grundsatz der Unabhängigkeit der Zentralbank gemäß dem Gesetz über die Deutsche Bundesbank 20 auch für die Ausübung dieser neuen Aufgaben gilt. Die EZB erwartet auch, dass die Ausübung der im Gesetzentwurf festgelegten Aufgaben durch die Deutsche Bundesbank im Einklang mit dem Verbot der monetären Finanzierung gemäß Artikel 123 Absatz 1 des Vertrags in Verbindung mit der Verordnung 3603/93/EG des Rates 21 steht. Insbesondere sollten die zur Unterstützung des Ausschusses ausgeübten neuen Aufgaben der Deutschen Bundesbank keine Überziehungs- oder andere Kreditfazilität für den öffentlichen Sektor zur Folge haben. 3.3 Zugang der Zentralbank zu makroprudentiellen Informationen Die Deutsche Bundesbank sollte die Zuständigkeit haben, sämtliche nationalen Daten und Informationen rechtzeitig anzufordern und zu erhalten, die für die Wahrnehmung ihrer neu zugewiesenen makroprudentiellen Aufgaben von Bedeutung sind. Daher begrüßt die EZB die im Gesetzentwurf getroffenen Regelungen, nach denen a) die BaFin und die Deutsche Bundesbank sich sämtliche Informationen von Bedeutung übermitteln sollen, wobei die jeweils bei der anderen Stelle gespeicherten Daten in automatisierten Verfahren abgerufen werden können 22, und b) die Deutsche Bundesbank berechtigt ist, auf der Grundlage einer vom Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit der Deutschen Bundesbank zu erlassenden Rechtsverordnung Daten von 17 Siehe z.b. Nummer 5 der Stellungnahme CON/2004/16, Nummer 2.3 der Stellungnahme CON/2010/10 und Nummer 5.1 der Stellungnahme CON/2012/44. Siehe auch Erwägungsgrund 24 der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010. 18 Siehe z.b. Nummer 4 der Stellungnahme CON/2009/88, Nummer 2.2.4 der Stellungnahme CON/2010/7 und Nummer 2.9 der Stellungnahme CON/2010/10. 19 Artikel 1 1 Absatz 2 des Gesetzentwurfs. 20 Gesetz über die Deutsche Bundesbank gemäß der Veröffentlichung in der Bekanntmachung vom 22. Oktober 1992, Bundesgesetzblatt I, S. 1782, in der jeweils gültigen Fassung, 12. 21 Verordnung (EG) Nr. 3603/93 des Rates vom 13. Dezember 1993 zur Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung der in Artikel 104 und Artikel 104b Absatz 1 des Vertrages vorgesehenen Verbote (ABl. L 332 vom 31.12.1993, S. 1). 22 Artikel 1 4 Absatz 2 des Gesetzentwurfs. 4

finanziellen Kapitalgesellschaften zu erheben, sollten die Daten der BaFin sowie sonstiger Behörden nicht zur Erfüllung der Aufgaben der Deutschen Bundesbank gemäß dem Finanzstabilitätsgesetz ausreichen 23. Die EZB geht davon aus, dass der Gesetzentwurf 24 sicherstellt, dass ein effektiver Informationsaustausch zwischen der Deutschen Bundesbank und BaFin nicht durch Verschwiegenheitspflichten der Beschäftigten dieser Stellen 25 verhindert werden soll; dies gilt auch für den Austausch von disaggregierten aufsichtsrelevanten oder statistischen Daten. 4. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit 4.1 Allgemeine Regelungen bezüglich Zusammenarbeit und Informationsaustausch Nationale Bestimmungen in Bezug auf den Informationsaustausch durch die nationalen Ausschüsse für Finanzstabilität sollten im Einklang mit den Bestimmungen des Unionsrechts stehen, die den Austausch von aufsichtsrelevanten und statistischen Daten regeln 26 und die den ESRB als für die Makro-Aufsicht über das Finanzsystem in der Union zuständige Unionsbehörde einrichtet 27. Die EZB geht zwar davon aus, dass die Mitglieder des Ausschusses schon jetzt durch diese Vorschriften des Unionsrechts gebunden sind, allerdings sollte 2 des Entwurfs des Finanzstabilitätsgesetzes den Ausschuss ausdrücklich beauftragen, mit dem ESRB und soweit notwendig, mit den Makro-Aufsichtsbehörden der anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, insbesondere bezüglich des Austauschs von Informationen 28. Zu diesem Zweck geht die EZB weiter davon aus, dass durch den Gesetzentwurf festgelegte Verschwiegenheitspflichten der an der Tätigkeit des Ausschusses beteiligten Beschäftigten 29 nicht die Möglichkeit des Ausschusses zur 23 Artikel 1 5 des Gesetzentwurfs; Daten, die von der Deutschen Bundesbank erhoben werden dürfen, können alle Daten, die vertiefte Einblicke in den Stand und die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse der finanziellen Kapitalgesellschaften sowie deren Handelstätigkeit ermöglichen, d.h. Bilanzzahlen, Informationen zur außerbilanziellen Geschäftstätigkeit auf Einzel- und Konzernebene, Informationen zur Konzernstruktur und Strukturdaten, Informationen zur bilateralen Vernetzung und zum Risikomanagement sowie Solvenz- und Liquiditätszahlen umfassen. 24 Artikel 1 4 Absatz 2 letzter Satz des Gesetzentwurfs. 25 32 des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank und 11 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes. 26 Siehe Nummer 3.2 der Stellungnahme CON/2008/39 und Nummer 2.2.6 der Stellungnahme CON/2010/7; siehe z.b. Artikel 12 der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats (ABl. L 35 vom 11.2.2003, S. 1), Artikel 58 Absatz 5 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente (ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1), Artikel 49 der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. L 177 vom 30.6.2006, S. 1), Artikel 70 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1), Artikel 1 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 und Nummer 5.3 der Stellungnahme CON/2012/44 der EZB; siehe auch Artikel 57 aa) des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats ( CRD IV ) Allgemeiner Ansatz des Rates vom 21. Mai 2012. 27 Siehe Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010. 28 Siehe Nummer 5.3 der Stellungnahme CON/2012/44. Siehe auch Artikel 57 aa) des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats ( CRD IV ) Allgemeiner Ansatz des Rates vom 21. Mai 2012. 29 Artikel 1 2 Absatz 6 und 6 des Gesetzentwurfs. 5

grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch beschränken, da 6 des Entwurfs auf Ausnahmen von den Verschwiegenheitsregeln gemäß 9 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes des Finanzstabilitätsgesetzes bezüglich grenzüberschreitendem Austausch von durch den Ausschuss erhaltenen Informationen verweist 30. 4.2 Zusammenarbeit bezüglich Warnungen und Empfehlungen Die Aufgaben nationaler Ausschüsse für Finanzstabilität sollten nicht mit Aufgaben des ESRB kollidieren sondern stattdessen die Tätigkeit des ESRB auf Unionsebene ergänzen 31. Daher empfiehlt die EZB, dass 3 des Entwurfs des Finanzstabilitätsgesetzes vorsieht, dass der Ausschuss eng mit dem ESRB zusammenarbeitet und den ESRB über alle Maßnahmen auf nationaler Ebene zur Bekämpfung von Systemrisiken informiert 32 ; weiterhin, dass der Ausschuss den ESRB vor Abgabe seiner Warnungen und Empfehlungen an deutsche Behörden in Kenntnis setzt, wenn wesentliche grenzüberschreitende Auswirkungen zu erwarten sind. Die Mitteilung solcher Vorabinformationen zu Warnungen und Empfehlungen des Ausschusses ist notwendig aufgrund ihrer potenziellen materiellen Überschneidung mit analogen Instrumenten des ESRB, um widersprüchliche politische Aussagen auf Unions- und nationaler Ebene zu vermeiden und um die Wirksamkeit der Warnungen und Empfehlungen des ESRB zu gewährleisten 33. Diese Stellungnahme wird auf der Website der EZB veröffentlicht. Geschehen zu Frankfurt am Main am 17. Juli 2012. [Unterschrift] Der Präsident der EZB Mario DRAGHI 30 Artikel 1 6 des Gesetzentwurfs. 31 Siehe Nummer 2.2.2 der Stellungnahme CON/2010/7 sowie Nummer 2.11 der Stellungnahme CON/2010/10. 32 Siehe Abschnitt B4 der Empfehlung ESRB/2011/3. 33 Siehe Nummer 2.2.2 der Stellungnahme CON/2010/7 sowie Nummer 2.11 der Stellungnahme CON/2010/10. 6