Landschaft der Forschungsinfrastrukturen. PETRA III brillante Röntgenlichtquelle

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Transkript:

Landschaft der Forschungsinfrastrukturen PETRA III brillante Röntgenlichtquelle

PETRA III die brillante Röntgenlichtquelle Die führende Quelle für harte Röntgenstrahlung steht am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg: PETRA III liefert seit 2010 extrem intensive und gebündelte Röntgenstrahlen, mit denen sich Strukturen und Vorgänge in Materialien aufklären lassen bis hinunter zu einzelnen Atomen. Von der hohen Qualität der Röntgenstrahlung profitiert eine ganze Bandbreite wissenschaftlicher Disziplinen. Ringförmige Teilchenbeschleuniger sogenannte Synchrotrone wurden ursprünglich gebaut, um Elementarteilchen zu erforschen. So entstand auch PETRA am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg: Die Positron-Elektron-Tandem-Ring-Anlage ging 1978 als seinerzeit größter Ringbeschleuniger mit einem Umfang von 2,3 Kilometer in Betrieb. In PETRA stießen Elektronen und deren positiv geladene Antiteilchen, die Positronen, mit hohen Energien aufeinander. Forscher konnten dadurch erstmals das Gluon beobachten, das Elementarteilchen, welches die starke Bindung zwischen den Bausteinen der Atomkerne den Quarks vermittelt. Dann baute das DESY mit HERA einen noch größeren Teilchenbeschleuniger, für den PETRA II als Vorbeschleuniger diente. Vom Ringbeschleuniger zur brillanten Röntgenlichtquelle Werden geladene Teilchen wie in PETRA auf eine Kreisbahn gezwungen, geben sie elektromagnetische Strahlung ab ein unerwünschter Nebeneffekt für die Teilchenphysik, denn dadurch verlieren sie Energie und müssen laufend nachbeschleunigt werden. Diese sogenannte Synchrotronstrahlung bietet aber zugleich einzigartige Eigenschaften, denn mit dem Licht, das ein breites Wellenlängenspektrum besitzt, lassen sich verschieden große Strukturen in Materialproben untersuchen. Je kleiner dabei die Wellenlänge, desto feinere Strukturen können aufgelöst werden, bis hinunter zu einzelnen Atomen. So betrieben die Forscher am DESY den Speicherring DORIS III bis 2013 allein zu diesem Zweck; auch der Vorbeschleuniger PETRA II wurde nebenher für Experimente mit Synchrotronstrahlung genutzt. Nach der Abschaltung von HERA im Jahr 2007 wurde PETRA binnen zwei Jahren umgebaut: aus PETRA II wurde PETRA III, die derzeit brillanteste Röntgenlichtquelle der Welt. Dazu wurden knapp 300 Meter des Ringbeschleunigers komplett neu gebaut und mit abwechselnd gepolten Magnetreihen, sogenannten Undulatoren und Wigglern, bestückt. Diese bündeln die Röntgenstrahlen und sorgen dafür, dass möglichst viele Lichtteilchen auf die zu untersuchende Probe treffen. Entlang des neuen Beschleunigerabschnitts entstand das Herzstück von PETRA III, die Experimentierhalle Max von Laue. Sie beherbergt 14 Strahlführungen mit insgesamt 30 Messstationen, an denen Forscher hochpräzise Experimente mit Synchrotronstrahlung durchführen können. Auch die übrigen zwei Luftbild des Forschungszentrums DESY in Hamburg mit dem 2,3 Kilometer langen Speicherring PETRA III, den Freie-Elektronen-Lasern FLASH und FLASH II sowie einem Teil des im Bau befindlichen Röntgenlasers European XFEL. Der Standort vereint damit alle relevanten Technologien der Forschung mit Photonen. Vorne links im Bild ist die bogenförmige PETRA- III-Halle Max von Laue zu sehen. (Bild: DESY) Schematische Ansicht der 280 Meter langen Experimentierhalle Max von Laue, dem Herzstück der Röntgenlichtquelle PETRA III. Mit ihrer geschwungenen Form folgt sie dem Kreisbogen des Beschleunigerrings. Auf einer Fläche von etwa 7000 Quadratmetern stehen hier 14 Messstrecken für Experimente mit Synchrotronstrahlung zur Verfügung. (Bild: Britta von Heintze/Welt der Physik)

Kilometer des PETRA-Tunnels wurden modernisiert: Sämtliche Magnete erhielten neue, leistungsfähige Spulen; ebenso wurde die gesamte Vakuum-, Messund Versorgungstechnik erneuert. Exzellente Strahlqualität und Ausstattung Seit 2010 liefert PETRA III besonders brillante das heißt intensive und scharf gebündelte Röntgenstrahlen, deren Wellenlängen in der Größenordnung einzelner Atome und Moleküle liegen. Mit ihrer Brillanz, einem wichtigen Gütefaktor für Lichtquellen, übertrifft die Anlage sogar die European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Frankreich, die als Flaggschiff der europäischen Forschung mit Synchrotronstrahlung gilt. Ebenso ist die sogenannte Emittanz besser als die vergleichbarer existierender Speicherringe: Der Teilchenstrahl von PETRA III ist stark fokussiert und besitzt einen kleinen Querschnitt. Das ermöglicht eine hohe Auflösung in den Synchrotronexperimenten. PETRA III ist weltweit die beste Quelle für harte Röntgenstrahlung, erklärt Oliver Seeck, der die Experimentierstationen an PETRA III koordiniert. Bei hohem Photonenfluss liefert PETRA III einen sehr kleinen und kaum divergenten Röntgenstrahl mit exzellenten Kohärenzeigenschaften. Von dieser hohen Strahlqualität profitieren vor allem Forscher, die besonders kleine Proben untersuchen oder sehr tief in das Material vordringen wollen. Auch bei der Ausstattung genügt PETRA III hohen Standards: Jede der 14 Strahlführungen im Fachjargon Beamlines genannt wird in der Regel von vier Wissenschaftlern und einem Ingenieur betreut. Direkt vor Ort stehen den Nutzern Innenansicht der 280 Meter langen Experimentierhalle Max von Laue am Speicherring PETRA III. Forscher können hier an insgesamt 14 Messplätzen Experimente mit harter Röntgenstrahlung durchführen. Der Fußboden schützt die empfindlichen Instrumente dabei vor störenden Vibrationen er besteht aus der längsten Betonplatte, die je in einem Stück gegossen wurde. (Bild: Britta von Heintze/Welt der Physik) unterstützende Einrichtungen und Laboratorien zur Verfügung, etwa zur Vorbereitung biologischer und chemischer Proben. An einer Beamline können sogar extreme Umweltbedingungen etwa hohe Temperatur und hoher Druck hergestellt werden, wie sie im Inneren der Erde herrschen. PETRA III befindet sich dabei in bester Gesellschaft: DESY verfügt mit FLASH I und II sowie seiner Beteiligung am European XFEL zusätzlich über Freie-Elek tronen- Laser, die Röntgenstrahlung mit Lasereigenschaften erzeugen können. Während die Synchrotronlichtquelle PETRA III eine hohe räumliche Auflösung bietet, erlauben es die Freie-Elektronen-Laser zudem, zeitliche Abläufe in Materialproben in höchster Geschwindigkeit zu verfolgen. Finanzierung und Bedeutung für Deutschland Das DESY-Ausbauprojekt PETRA III kostete rund 225 Millionen Euro. Den größten Anteil dieser Summe übernahm das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 90 Prozent, während die Stadt Hamburg sich mit 10 Prozent an dem Vorhaben beteiligte. Weitere 9 Millionen Euro steuerte das Helmholtz- Zentrum Geesthacht für Material- und Küstenforschung bei, das zwei eigene Strahlführungen an PETRA III betreibt. Deutschland verfügt damit über eine eigene, leistungsfähige Synchrotronlichtquelle im harten Röntgenbereich, ergänzend zur deutschen Beteiligung an der ESRF in Frankreich. Zurzeit sind ESRF und PETRA III die einzigen Synchrotronlichtquellen für harte Röntgenstrahlung, die Nutzern in Europa zur Verfügung stehen. Der laufende Betrieb von PETRA III wird aus dem Haushalt des Forschungszentrums DESY finanziert. Der Bund und die Stadt Hamburg teilen sich die Grundfinanzierung des DESY dabei im Verhältnis 90 zu 10 Prozent, wie bei Einrichtungen der Helmholtz- Gemeinschaft üblich. Ergänzend zum regulären Messbetrieb stellt das BMBF Fördermittel für Projekte bereit. Diese sogenannte Verbundforschung ermöglicht es Forschergruppen aus deutschen Universitäten, die Instrumente und Aufbauten an den Experimentierstationen weiterzuentwickeln und die Möglichkeiten von PETRA III optimal auszuschöpfen. So hat das BMBF die Verbundforschung an PETRA III im Zeitraum 2010 bis 2016 mit insgesamt rund 61 Millionen Euro gefördert.

LANDSCHAFT DER FORSCHUNGSINFRASTRUKTUREN: PETRA III, STAND AUGUST 2016 Lebende Zellen im harten Röntgenlicht von PETRA III. Die Farbe gibt Auskunft darüber, wie stark die Röntgenstrahlung an der jeweiligen Stelle gestreut wird. Mit der neuen Untersuchungstechnik wird es künftig möglich, die innere Struktur von Zellen in hoher Auflösung zu erkunden, ohne dass diese chemisch fixiert werden müssen. (Bild: Britta Weinhausen/ Universität Göttingen) Zu schnelles Laden von Lithium-Ionen-Akkus kann die Speicherkapazität dauerhaft herabsetzen. Derartige Strukturschäden haben Forscher an der Röntgenstrahlungsquelle PETRA III erstmals abgebildet: Nach 25 schnellen Ladezyklen zeigten sich regelrechte Löcher in den negativen Elektroden. Die hohe Ortsauflösung hilft dabei, diese Effekte besser zu verstehen und so die Grundlage für bessere Energiespeicher zu schaffen. (Bild: Ulrike Bösenberg/DESY) Das Interesse der Forscher ist groß: Etwa 2000 Wissen schaftler nutzen PETRA III für ihre Experimente im Jahr, einige davon sogar mehrfach; etwa zwei Drittel der Nutzer kommen dabei aus Deutschland. Die Nutzer stammen größtenteils aus Universitäten aber auch aus außeruniversitären Forschungseinrichtungen und der Industrie. Grundsätzlich darf jedes Institut und jedes Unternehmen an PETRA III forschen, solange das Vorhaben ausschließlich zivilen Zwecken dient. Tuberkulose: Am DESY konnten bislang die Strukturen von etwa 50 Proteinen des Tuberkulose-Bakteriums aufgeklärt werden. Einige davon könnten mögliche Angriffspunkte für künftige Medikamente bieten. Präzise Einblicke in Werkstoffe und biologische Proben Die Synchrotronstrahlung von PETRA III bietet vielfältige Experimentiermöglichkeiten für eine breite Nutzerschaft: von der Materialforschung, Festkörperphysik und Nanowissenschaft über Chemie, Molekular- und Strukturbiologie bis hin zu Geologie, Umweltwissenschaften und Energieforschung. Selbst Archäologen und Kulturwissenschaftler nutzen die feinen Röntgenstrahlen, um historische Kunstwerke und Gegenstände zerstörungsfrei zu durchleuchten. Drei der Messplätze an PETRA III werden beispiels weise vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) betrieben. Mit dem brillanten Röntgenlicht können die EMBL-Biologen den atomaren Aufbau von Proteinen entschlüsseln. Dadurch kommen sie den Mechanismen auf die Spur, die hinter der Ent stehung von Krankheiten stecken. Ein Beispiel ist die An einer weiteren Beamline von PETRA III gelang es Forschern der Universität Göttingen erstmals, lebende Krebszellen mit der energiereichen Röntgenstrahlung zu untersuchen. Die Strukturen konnten dabei noch im Nanometerbereich in hoher Auflösung abgebildet werden. Im Jahr 2017 wird mit dem Zentrum für Strukturund Systembiologie (CSSB) eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung ihren Betrieb auf dem DESYCampus aufnehmen, deren Schwerpunkt auf der Infektionsforschung liegen soll. Für ihre Untersuchungen an Krankheitserregern werden die Forscher am CSSB auch das Röntgenlicht von PETRA III nutzen. PETRA III bietet außerdem vielseitige Möglichkeiten für die Materialwissenschaften, denn die Anlage kann sehr harte, kurzwellige Röntgenstrahlung erzeugen, die tiefer in Materie eindringt als weiches Röntgenlicht. Damit können Materialforscher unter anderem beobachten, was während der Bearbeitung in Werkstoffen passiert, etwa beim Schneiden oder Laserschweißen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse helfen dabei, industrielle Produktionsprozesse zu optimieren.

LANDSCHAFT DER FORSCHUNGSINFRASTRUKTUREN: PETRA III, STAND AUGUST 2016 An der Beamline High Energy Materials Science (HEMS) untersuchen Forscher, was in Werkstoffen während ihrer Bearbeitung geschieht. Die Röntgenstrahlen von PETRA III dringen dabei besonders tief in die Werkstücke ein, da sie eine hohe Energie besitzen. Das Bild zeigt die vom HZG entwickelte Probenumgebung FlexiStir. Sie ermöglicht es, Reibrührschweißnähte während ihrer Entstehung in Echtzeit zu unter suchen. (Bild: HZG) Auch für Chemiker und Energieforscher ist PETRA III ein leistungsfähiges Werkzeug. So lassen sich mit den Röntgenstrahlen atomare Vorgänge auf den Ober flächen von Katalysatoren in Echtzeit verfolgen. Katalysatoren gibt es nicht nur in Autos, sondern sie sind wichtige Stoffe für die chemische Industrie, die Reak tionen beschleunigen und Reaktionsenergien absenken. Die Untersuchungen an PETRA III tragen dazu bei, dass bessere und kostengünstigere Katalysatoren für chemische Prozesse entwickelt werden können. Mithilfe von PETRA III konnten Forscher zudem erstmals Strukturschäden in den heute gängigen Lithium-IonenAkkus ablichten, die durch zu schnelles Laden ent stehen. Solche Untersuchungen schaffen die Voraussetzungen für bessere Energiespeicher. Im Frühjahr 2016 gingen bereits zwei Messplätze für die sogenannte Röntgen-Absorptionsspektroskopie in Betrieb und werden seither von internationalen Forschergruppen für wissenschaftliche Experimente genutzt. Mit dieser Methode lassen sich physikalische und chemische Strukturinformationen auf atomarer Skala gewinnen, die beispielsweise für die angewandte Katalyseforschung von großer Bedeutung sind. Drei der derzeit noch im Aufbau befindlichen Anlagen werden in internationaler Kooperation realisiert. So finanziert Schweden eine Strahlführung für Materialforschung mit Röntgenmethoden bei hohen Energien, Indien beteiligt sich am Aufbau einer Experimentierstrecke für Elektronenspektroskopie mit Röntgen strahlung und Russland kooperiert beim Aufbau eines Messplatzes für Röntgenbeugungsexperimente auf Gebieten der Nanotechnologie. Die Erweiterung von PETRA III wird durch Ausbaumittel der Helmholtz-Gemeinschaft, DESY-Eigenbeiträge, BMBF Mittel sowie Beiträge in- und ausländischer Partner finanziert. Zusätzlich steuert das BMBF in Rahmen der Verbundforschung Mittel für den Aufbau innova tiver Instrumentierung an den neuen Messplätzen bei, die sukzessiv bis Ende 2018 in Betrieb genommen werden. Die Einweihung und Namensgebung der beiden neuen Hallen findet am 14. September 2016 statt. PETRA III Erweiterung von PETRA III Um der hohen Nachfrage zu begegnen und die hochenergetische Röntgenstrahlung von PETRA III einem noch größeren Nutzerkreis zugänglich zu machen, hat DESY zwei weitere Experimentierhallen nördlich und östlich der existierenden Max-von-Laue-Halle errichtet. Auf insgesamt etwa 6000 Quadratmetern Fläche können bis zu zehn neue Strahlführungen für weitere Experimente mit dem hochintensiven Röntgenlicht Platz finden, von denen gegenwärtig acht auf gebaut werden. Forschungsinfrastruktur der Forschungsinfrastruktur der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung

Steckbrief PETRA III Typ: Technologie: Standort: Betreiber: Baukosten: Synchrotronstrahlungsquelle Speicherring der dritten Generation mit Undulatoren und Wigglern Hamburg Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY) 234 Millionen Euro Inbetriebnahme: 2009 Umfang des Speicherrings: Strahlenergie: Wellenlänge der Synchrotronstrahlung: Brillanz: Horizontale Emittanz: Strahlstrom: Anzahl der umlaufenden Teilchenpakete: Länge der Experimentierhalle Max von Laue : 2,3 Kilometer 6 Gigaelektronenvolt 4 Nanometer bis 0,01 Nanometer (harter Röntgenbereich) 10 21 Photonen pro Sekunde, mm 2, mrad 2 und 0,1% Bandbreite 1 Nanometer-Radiant (gebräuchliche Einheit) 100 Milliampere 40, 60, 480 oder 960 rund 280 Meter Strahlführungen/Messplätze: 14 Experimente: 30 Erweiterung von PETRA III: zwei neue Hallen mit je fünf Strahlführungen, Einweihung September 2016

Impressum Dieser Artikel ist Teil der Webseite Landschaft der Forschungsinfrastrukturen (www.fis-landschaft.de), die der Projektträger DESY im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gestaltet und umsetzt. Auf der Webseite werden Großforschungsanlagen der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung aus aller Welt vorgestellt, an denen sich Deutschland derzeit wissenschaftlich und finanziell beteiligt vom Radioteleskop ALMA bis zum Röntgenlaser European XFEL. Herausgeber: Deutsches Elektronen-Synchrotron DESY Abteilung Projektträger DESY Notkestraße 85 22607 Hamburg pt@desy.de https://pt.desy.de Stand: August 2016 Redaktion: Dr. Claudia Schneider Design und Layout: Britta von Heintze Bildnachweis (Titelbild, Weltkarte): DESY; Britta von Heintze/Projektträger DESY