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Vorwort Die Diskussion um das Abendmahl mit Kindern wird in den evangelischen Kirchen in Deutschland erst seit gut zwanzig Jahren geführt. Unter den lutherischen Kirchen weltweit dürfte Dänemark eine Pionierrolle eingenommen haben, denn dort wurde es schon 1955 den Pastoren und Pastorinnen freigestellt, auch Kleinkindern das Abendmahl zu geben. Ebenso setzte sich diese Praxis in Finnland und Norwegen durch. Hierzulande hat die vorliegende Handreichung der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) aus dem Jahre 1977 mit entsprechenden Leitlinien die Teilnahme von Kindern am Heiligen Abendmahl unter bestimmten Voraussetzungen empfohlen und dazu beigetragen, dass heute immer mehr Gemeinden anzutreffen sind, in denen das Abendmahl auch Kindern gereicht wird. Kinder, die getauft sind, heißt es in der Handreichung der VELKD, können nicht grundsätzlich von der Teilnahme am Heiligen Abendmahl ausgeschlossen werden. Auch lassen weder die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche noch die frühreformatorischen Kirchenordnungen eine Bindung der Erstzulassung an ein bestimmtes Lebensalter erkennen. Es ist jedoch die Frage, in welchem Alter Kinder das Abendmahl von einer herkömmlichen Mahlzeit unterscheiden können. Es gibt Theologen, die den Zeitpunkt bereits im frühen Kindergartenalter ab dem dritten oder vierten Lebensjahr für gekommen sehen. In der Handreichung der VELKD wird ausgeführt, dass keine grundsätzlichen Bedenken bestehen, getaufte Kinder, die das Grundschulalter erreicht haben, am Abendmahl teilnehmen zu lassen. Nicht übersehen werden darf der Zusatz: Wenn dies begehrt wird und nach Unterweisung seelsorgerlich verantwortet werden kann. Dies bedeutet, dass es keinen Automatismus gibt. In den Gliedkirchen der VELKD, die Kinder zum Abendmahl zulassen, wird darauf geachtet, dass eine kindgemäße Hinführung zum Abendmahl erfolgt, wie sie beispielsweise im Kindergottesdienst, im Familiengottesdienst oder im Rahmen einer Familienfreizeit geleistet werden kann. Der jeweilige Gottesdienst muss mit besonderer Sorgfalt vorbereitet werden. Zudem ist auch der Konsens zwischen dem Pfarrer/der Pfarrerin, dem Presbyterium/Kirchenvorstand und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Gemeinde sinnvollerweise herzustellen. Kinder sollten nur in Begleitung ihrer Eltern am Abendmahl teilnehmen. Das entscheidende Problem, das sich mit der Zulassung von Kindern zum Abendmahl ergibt, ist der Konfirmandenunterricht beziehungsweise die Konfirmation. Ihre zentrale Bedeutung bestand bislang darin, junge Menschen auf das Abendmahl vorzubereiten. Erfolgt die Zulassung früher, ist der Konfirmandenunterricht nicht obsolet geworden. Die Konfirmation hat außer der Zulassung zum Heiligen Abendmahl weitere Sinngehalte wie gemeinsam gesprochenes Glaubensbekenntnis, verantwortliches Ja zur eigenen Taufe, Fürbitte der Gemeinde, Segnung und Sendung der Konfirmanden, Zulassung zum Patenamt. Diese werden durch eine vorherige Teilnahme am Heiligen Abendmahl nicht entleert, sondern bereichert und vertieft, meint die Handreichung der VELKD. Aufgrund der starken Nachfrage, die dieses Dokument über die Jahre hinweg ausgelöst hat, legt es die VELKD erneut in gedruckter Form auf. Es ist auch im Internet unter www.velkd.de abrufbar. Oberkirchenrat Udo Hahn Pressesprecher 3

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Teilnahme von Kindern am Heiligen Abendmahl Eine Handreichung Die Generalsynode der VELKD hat sich während ihrer Tagung vom 25. bis 28. Oktober 1977 mit der Frage befasst, ob und in welchen Fällen getaufte, aber noch nicht konfirmierte Kinder in die Gemeinschaft des Heiligen Abendmahles einbezogen werden können. Dieses Problem muss in Verbindung mit der Theologie des Heiligen Abendmahles erörtert werden und steht in engem Zusammenhang mit Überlegungen zur Abendmahlsfrömmigkeit und -praxis unserer Gemeinden. Ausgehend von Wahrnehmungen und Erfahrungen in den Gemeinden legt die Generalsynode erste Leitlinien für die Abendmahlspraxis mit getauften, aber noch nicht konfirmierten Kindern vor. I. In manchen Gemeinden tauchte in den letzten Jahren das Verlangen auf, das Heilige Abendmahl zusammen mit den Kindern zu feiern. Dieser Wunsch entstand im Zusammenhang mit Gottesdiensten, an denen Kinder teilnahmen und in denen das Heilige Abendmahl gereicht wurde. Kinder gehen in Gottesdiensten nach Agende I bisweilen spontan mit ihren Eltern zum Altar. Um sie nicht zu übergehen, haben manche Pfarrer ihnen die Hand aufgelegt und ein Segenswort gesprochen. An einem Sakramentsgottesdienst nehmen Kinder teil und sehen zu, wie den Erwachsenen das Heilige Abendmahl gereicht wird. Nicht selten fragen sie, warum sie ausgeschlossen sind. Eine Mutter führt im Gottesdienst auf einem Campingplatz ihr Kind an der Hand mit zum Altar. Sie bricht ihre Hostie auseinander und gibt dem Kind die Hälfte ab. Darf eine Gemeinde zur Abendmahlsfeier auch Kinder einladen? Einzelne Gemeinden haben diese Frage für sich mit dem Hinweis auf die Taufe bejaht. Sie haben Abendmahlsgottesdienste mit Familien vorbereitet und gefeiert, oft im Rahmen von Familienfreizeiten und Gemeindefesten. Andere sind einen Schritt weitergegangen und luden auch zu besonderen Abendmahlsfeiern für Kinder ein, etwa im Zusammenhang, mit einer Kinderbibelwoche oder innerhalb des Kindergottesdienstes. Es zeichnet sich eine Entwicklung ab, die verschiedenartige Gründe hat. Einige davon seien angedeutet: Eltern möchten ihre Kinder auch an ihrem Glaubensleben teilnehmen lassen. Sie machen die Erfahrung, dass ihre Kinder vieles tiefer erfassen, als sie sprachlich wiedergeben können. Das gilt auch vom gemeinsam erlebten Abendmahl. Man weiß heute, wie wichtig Erfahrung für das Lernen ist, auch im religiösen Bereich. Pädagogen weisen darauf hin, dass der Vollzug oft dem Verstehen vorausgeht. In vielen 5

Gemeinden versucht man, daraus Konsequenzen zu ziehen. In der Abendmahlspraxis beginnen sich in manchen Gemeinden neuere theologische Erkenntnisse auszuwirken. Unter anderem wird die Gemeinschaft der Feiernden als eines der Wesensmerkmale des Abendmahles deutlich betont. Das verändert auch die Gestalt der Gottesdienste. In der kirchlichen Arbeit mit Kindern und im Kindergottesdienst ist es üblich, biblische Geschichten nicht nur zu erzählen. Kinder gestalten sie in vielen Formen und eignen sie sich auf diese Weise an. Dafür bieten sich auch die Erzählungen von der Mahlgemeinschaft mit Jesus an (Speisung der Fünftausend, der Zöllner Zachäus, die Emmaus-Jünger, die Gleichnisse vom großen Abendmahl und vom verlorenen Sohn). Von ihnen aus kann sich für Kinder ein Zugang zum Verständnis des Abendmahles eröffnen. Anregungen kommen auch aus der Ökumene. Gemeindeglieder erleben in lutherischen Kirchen des Auslands, wie Kinder am Abendmahl teilnehmen. Abendmahlsgottesdienste mit Kindern sind auch in anderen christlichen Kirchen üblich. Mit neuem Interesse beobachtet man die Erfahrungen, die die römisch-katholische Kirche mit der frühen Zulassung von Kindern zur Eucharistiefeier macht. Diese knappen Gesichtspunkte sollen den Hintergrund anzeigen, auf dem das Verlangen, zusammen mit den Kindern das Heilige Abendmahl zu feiern, zu verstehen ist. Es muss im Zusammenhang mit Lehre und Leben der Kirche bedacht werden. I I. Im Heiligen Abendmahl lädt Jesus Christus die Seinen zur Gemeinschaft mit sich und untereinander ein. Er gibt sich selbst unter Brot und Wein und schenkt seiner Gemeinde Versöhnung, Hoffnung und Freude. Es ist die Aufgabe der Kirche, diese Einladung Jesu an alle Getauften weiterzugeben. Die öffentliche Wortverkündigung wendet sich an alle Menschen. Das Heilige Abendmahl ist die Feier derer, die durch die Taufe ein für allemal in die Gemeinde als Leib Christi eingegliedert sind. Die Taufe stellt den Anfang eines Weges dar, auf dem der Christ immer wieder Stärkung durch Wort und Sakrament braucht. Die Gabe des Heiligen Abendmahles will im Glauben empfangen werden. Nach reformatorischer Tradition, die sich auf 1. Kor. 11 beruft, schließt dies die Fähigkeit ein, zwischen dem Heiligen Abendmahl und gewöhnlichem Essen und Trinken zu unterscheiden. Deswegen hat sich die lutherische Kirche zu allen Zeiten besonders um die Hinführung zum Heiligen Abendmahl bemüht und Regelungen der Zulassung damit verbunden. Glaube, der die Gabe des Heiligen Abendmahles empfängt und die Fähigkeit der Unterscheidung einschließt, ist auch Kindern möglich. Kinder, die getauft sind, können nicht grundsätzlich von der Teilnahme am Abendmahl ausgeschlossen werden. Auch lassen weder die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche noch die frühreformatorischen Kirchenordnungen eine Bindung der Erstzulassung an ein bestimmtes Lebensalter erkennen. Glaube verlangt auch bei den Kindern Verstehen. Die erwachsenen Christen sind dafür verantwortlich, das Verstehen der Kinder zu fördern und das Hineinwachsen in den 6

Gottesdienst und in die Abendmahlsfeier zu begleiten. Was Gemeinschaft mit Jesus Christus, Versöhnung, Hoffnung und Freude bedeuten, nimmt das Kind schrittweise und seinem Alter entsprechend auf. Die besondere pädagogische Verantwortung, die der lutherischen Kirche bei der Hinführung zum Heiligen Abendmahl wichtig ist (Confessio Augustana XXV, Apologie der Confessio Augustana XXIV, Kleiner und Großer Katechismus), muss auch einer veränderten Situation wahrgenommen werden. I I I. Von der Psychologie und der Pädagogik aus gesehen, wird Glaube als Einstellung oder Werthaltung verstanden, die sich aus Elementen des Denkens, Fühlens und Handelns zusammensetzt. Es ist ein Irrtum zu meinen, man könne nur das bejahen und praktizieren, was man lehrmäßig verstanden hat. Vielmehr gehen einübendes Verhalten und Erleben dem verstehenden Erfassen häufig voraus. Auch der Wille zum Verstehen entwickelt sich oft nur, wenn das Gefühl zugleich angesprochen wird. Für Kinder im Grundschulalter gilt dies in besonderem Maße. Auch wenn sie Begriffe wie Sünde, Opfertod Christi und Rechtfertigung noch nicht voll verstehen, kann ihnen deutlich werden, dass Gott Versöhnung, Hoffnung und Freude schenkt. Ihre größere emotionale Offenheit macht gerade Kindern Erfahrungen der Gegenwart des Heils im Erlebnis des Gottesdienstes möglich. Nicht zuletzt um ihretwillen ist daher eine Gestaltung des Gottesdienstes anzustreben, die durch Sehen, Hören oder Bewegung das Festliche hervorhebt und die Kinder in die Freude einer zur Abendmahlsfeier versammelten Gemeinde hineinnimmt. Es bestehen somit keine g r u n d s ä t z 1 i c h e n Bedenken, getaufte Kinder, die das Grundschulalter erreicht haben, am Heiligen Abendmahl teilnehmen zu lassen, wenn dies begehrt wird und nach Unterweisung seelsorgerlich verantwortet werden kann. I V. Durch die Teilnahme von Kindern am Heiligen Abendmahl sollen das Verständnis und die Praxis der Konfirmation nicht gefährdet werden. 1. Im Bewusstsein vieler Gemeindeglieder und in den kirchlichen Ordnungen ist die generelle Zulassung zum Heiligen Abendmahl ein wesentlicher Inhalt der Konfirmation. Dieses Verständnis der Konfirmation wird nicht aufgehoben, wenn Konfirmanden bereits am Heiligen Abendmahl teilgenommen haben. 2. Im Konfirmandenunterricht könnte sich gegenüber der bisherigen Praxis die Ausgangssituation für die Abendmahlsunterweisung dadurch verändern, dass einige Kinder bereits am Heiligen Abendmahl teilgenommen haben. Dies kann, wenn es vom Unterrichtenden bewusst aufgenommen wird, zur Bereicherung des Unterrichts führen. 3. In diese Richtung weisen auch die zahlreichen Erfahrungen mit ersten Abendmahlsfeiern im Verlauf des Konfirmandenunterrichts. Wem das Heilige Abendmahl vertraut geworden ist und wer dabei erfahren hat, dass ihm dort Versöhnung, Hoffnung und Freude geschenkt werden, erlebt seine Konfirmation mit größerer Intensität und wird ermutigt, von dem Recht zur Teilnahme am Abendmahl Gebrauch zu machen. 7

4. Die Konfirmation hat außer der Zulassung zum Heiligen Abendmahl weitere Sinngehalte wie gemeinsam gesprochenes Glaubensbekenntnis, verantwortliches Ja zur eigenen Taufe, Fürbitte der Gemeinde, Segnung und Sendung der Konfirmanden, Zulassung zum Patenamt. Diese werden durch eine vorherige Teilnahme am Heiligen Abendmahl nicht entleert, sondern bereichert und vertieft. V. Kinder sind darauf angewiesen, dass sie auf die Teilnahme am Heiligen Abendmahl vorbereitet werden. Die Hinführung zum Heiligen Abendmahl gehört wesentlich zur Seelsorge und zur Unterweisung in der Gemeinde. Gerade wenn Kinder schon im Grundschulalter am Heiligen Abendmahl teilnehmen dürfen, ist es notwendig, dass Eltern und Gemeinde zusammenwirken. 1. Je nach der gegebenen Situation in der Gemeinde kann die Hinführung zum Heiligen Abendmahl im Familiengottesdienst, im Kindergottesdienst, in einer besonderen Unterweisung oder bei einer Familienfreizeit geschehen. Auch bietet sich die Durchführung von begleitenden Elternseminaren an. Bei solcher Hinführung zum Abendmahl ergeben sich Ansätze für ein kindgemäßes Verständnis von Buße und Beichte. Weil sich der Sakramentsgottesdienst von Versöhnung, Hoffnung und Freude her entfalten lässt, kann auch Kindern deutlich gemacht werden, dass sie aus der Vergebung leben (vgl. Röm. 2,4: Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Umkehr treibt? ). 2. Wenn in einer Gemeinde der Wunsch entsteht, Kinder am Heiligen Abendmahl zu beteiligen, sollen alle Verantwortlichen bei den notwendigen Überlegungen, Vorbereitungen und Entscheidungen zusammenwirken. Dazu gehören nicht nur die Pastoren, Kirchenvorsteher und Mitarbeiter der Gemeinde, sondern vor allem auch die Eltern. Die Eltern werden gebeten, ihre Kinder zumindest beim ersten Abendmahlsgang zu begleiten. Die Kinder sollen nicht gegen den Willen ihrer Eltern teilnehmen, und sollen selbst den Wunsch zur Teilnahme zum Ausdruck gebracht haben. Die seelsorgerliche Einzelverantwortung hat in jedem Fall der Pastor. Die Gemeinde weiß sich für die Kinder mitverantwortlich. 3. In der Familie und in Gemeindegruppen können Kinder Erfahrungen machen, die bei der Hinführung zum Heiligen Abendmahl aufgenommen und gedeutet werden: Erfahrungen von Geborgenheit und Angenommensein, von Zuwendung und Gewährenlassen, von gegenseitiger Rücksichtnahme und notwendigem Verzicht. Kinder erleben jedoch auch Angst, Zurücksetzung, Alleinsein und Schuld. Im Lebensraum der Familie kann man lernen, neu anzufangen und zu verzeihen und findet auch den Zugang zu festlichem Zusammensein und zur Freude an der Gemeinschaft. Aufgrund solcher Erfahrungen lassen sich die zeichenhaften Handlungen des Gottesdienstes erschließen. Dem vorbereitenden und weiterführenden Gespräch in der Familie kommt besondere Bedeutung zu. 4. Gottesdienste, bei denen auch Kinder zum Heiligen Abendmahl eingeladen werden sollen, müssen besonders sorgfältig gestaltet werden. Vor allen Dingen darf niemand beschämt werden, der am Heiligen Abendmahl nicht teilnehmen will. Vorschläge für die liturgische Gestaltung sollten erarbeitet und in der Praxis erprobt werden. Mit der Teilnahme von Kindern am Heiligen Abendmahl verbindet sich die Hoffnung, dass 8

die Abendmahlsfrömmigkeit und die Abendmahlspraxis unserer Gemeinden lebendiger und reicher werden. B e s c h l u s s der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands zur Frage der Teilnahme von Kindern am Heiligen Abendmahl vom 28. Oktober 1977 1. Die Generalsynode hat sich mit der Frage der Teilnahme von Kindern am Heiligen Abendmahl befasst und hierzu die beigefügte Handreichung verabschiedet. Sie bittet die Bischofskonferenz, sich diese zu eigen zu machen. 2. Die Generalsynode bittet darum, dass auf Grund dieser Handreichung an Hilfen für die Praxis gearbeitet wird. Es ist zu prüfen, welche rechtlichen Regelungen getroffen werden müssen. 3. Für die Weiterarbeit ist es erforderlich, dass die Gliedkirchen untereinander und mit der Vereinigten Kirche engen Kontakt halten; weil alle Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland von den hier anstehenden Problemen berührt sind, würde es die Generalsynode begrüßen, wenn auch die Arnoldshainer Konferenz sich an einer solchen Zusammenarbeit mit der Vereinigten Kirche beteiligen würde. Bad Gandersheim, den 28. Oktober 1977 Der Präsident der Generalsynode (gez.) Boyken 9