[Jesus Christus spricht] Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch

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Transkript:

Gottesdienst am Pfingstsonntag, 12. Juni 2011 in der evangelischen Kreuzkirche in Reutlingen (Pfarrer Stephan Sigloch) Predigttext Johannes 16,5-15 (Perikopenreihe III) I. Pfingsten Liebe Schwestern und Brüder, liebe Gemeinde, an Pfingsten feiert die Kirche Geburtstag. Der Abschnitt, den wir heute als Predigttext haben, ist allerdings keine Laudatio auf das Geburtstagskind, ist keine überschwängliche Lobrede. Die Verse aus dem Johannesevangelium erinnern uns vielmehr daran, dass es keine leichte Geburt war. Wir werden daran erinnert, dass anfangs keineswegs klar war, dass dieses Kind Kirche seine ersten Jahre auch wirklich überlebt - und groß werden wird. Da wird nicht wie etwa in der Apostelgeschichte von einem Sprachenwunder berichtet, von Menschen, die plötzlich in allen bekannten Sprachen der Welt von den großen Taten Gottes reden und die gute Nachricht von Jesus Christus in die Welt hinaus tragen. Da lesen wir von Menschen, die trauern, die Angst haben vor dem, was auf sie zukommt und die nicht wissen, wie es weiter gehen kann. Und wir hören einem Evangelisten Johannes zu, der den Christen in seiner Gemeinde Trost und Zuversicht schenken will, indem er sie an Jesus erinnert. Er predigt. Und spricht davon, dass ihre Erfahrungen sie nicht zur Verzweiflung bringen müssen, sondern dass sie Grund haben, weiter auf den zu vertrauen, dem sie sich als Christen im Glauben anvertraut haben: auf Jesus Christus. Wir lesen das als Menschen, die in einer ganz anderen Zeit ganz andere Erfahrungen machen. Und zugleich als Menschen, die sich wie wir es eben in den Taufen erlebt haben im Glauben eben doch und auch diesem Jesus Christus anvertraut haben und immer wieder anvertrauen möchten. Und vor allem: Wir lesen diese alten Worte, weil sie uns immer noch etwas sagen. Ich lese den Text aus dem Johannesevangelium Kapitel 16, Verse 5 bis 15 aus den so genannten Abschiedsreden Jesu : II. Text [Jesus Christus spricht] Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch fragt mich: Wo gehst du hin? Doch weil ich das zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Trauer. Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden. Und wenn er kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht; über die Sünde: dass sie nicht an mich glauben; über die Gerechtigkeit: dass ich zum Vater gehe und ihr mich hinfort nicht seht; über das Gericht: dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist. Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, wird er euch in alle Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch

verkündigen. Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wird er's nehmen und euch verkündigen. Alles, was der Vater hat, das ist mein. Darum habe ich gesagt: Er wird's von dem Meinen nehmen und euch verkündigen. III. Situation Pfingsten, Kommen des Heiligen Geistes - das ist an sich schon eine Herausforderung. Die wird durch solch einen Text nicht leichter. Ich habe mich in den letzten Tagen immer wieder dabei ertappt, dass ich überlegt habe: Soll ich nicht einfach einen anderen Text nehmen? Ich habe der Versuchung schließlich widerstanden. Nehmen wir also die Herausforderung an... Es hilft, wenn wir uns wieder einmal klar machen, dass wir es mit drei verschiedenen Zeit-Ebenen zu tun haben: Johannes erzählt von Jesus und seinen Jüngern erste Ebene. Er erzählt ungefähr 100 nchr für seine Gemeinde zweite Ebene. Und wir lesen diesen Text das ist die dritte Ebene im Jahr 2011. Machen wir uns außerdem klar: Johannes hat nicht an uns im Jahr 2011 gedacht, als er diese Worte aufgeschrieben hat. Er hat an seine Gemeinde gedacht, die schwere Zeiten erlebt: Jesus, der Auferstandene, ist nicht mehr so da, wie die ersten Jünger ihn erlebt haben. Und sie sind als Christen und als Gemeinde unter großem Druck von außen. Kurz vor unserem Text lesen wir: Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen. Es kommt aber die Zeit, dass, wer euch tötet, meinen wird, er tue Gott einen Dienst damit (Joh 16,2). Wie gut und nötig wäre es gerade jetzt, den Auferstandenen sicht-bar gegenwärtig zu haben. So aber sind die Gegner bestärkt in ihrer Meinung, sie hätten Jesus und mit ihm all das, was er gesagt und getan hat aus der Welt geschafft und damit bewiesen, dass er nicht der war, der er zu sein vorgegeben hat. Aber er ist nicht sichtbar da. Und sie fühlen sich allein gelassen, ausgeliefert, sind ängstlich und voller Zweifel. Was soll jetzt werden? IV. Ruderboot Diesen Christen geht es ähnlich wie den Jüngern in der Geschichte von der Sturmstillung leider wissen wir nicht, ob sie die in ihren Gottesdiensten gelesen und erzählt haben: Sie sitzen sozusagen alle zusammen in einem Boot Jesus irgendwie mit dabei, aber er schläft wohl und sie geraten in einen Sturm und haben den Eindruck, dass es ihrem Meister egal ist, dass sie umkommen. In dieser Situation macht Johannes das, was ein Ruderer macht, wenn er vorwärts kommen will: Er blickt nach hinten, orientiert sich an dem, was sie von Jesus wissen - und damit bekommt ihr Boot eine Richtung, in der sie weiter gemeinsam auf ihrem Weg als Gemeinde bleiben können. V. Paraklet In den Abschiedsreden interpretiert Johannes das Evangelium von Jesus Christus so, dass diese gute Nachricht Licht in ihre dunklen Erfahrungen bringen kann. Wir sind nicht allein gelassen! sagt

er seinen Geschwistern im Glauben. Jesus hat uns nicht allein gelassen, er ist bei uns gegenwärtig, wir leben und glauben in seinem Geist, in sein Geist ist in uns und Jesus ist bei uns. Fünf Mal nennt Johannes den Parakleten - Tröster übersetzt Luther. Aber der griechische Ausdruck sagt viel mehr: Paraklet bedeutet: Zur Unterstützung herbei gerufen, als Beistand heran gezogen (lateinisch: advocatus), und dann aktiv Fürsprecher, Helfer, Mittler, schließlich auch Tröster und Ermahner. Dieser Geist ist Vertreter Jesu, er legt das Evangelium von Jesus aus und erklärt es, er ist Anwalt und Beistand der verfolgten Glaubenden und er führt den Prozess gegen die feindliche Welt und ist zugleich Wortführer der christlichen Gemeinde. VI. Es ist gut für euch, dass ich weg gehe Das alles ist aber nur möglich und wirklich und für die Glaubenden erfahrbar, wenn Jesus nicht mehr sichtbar da ist. Darum sagt Jesus diesen merkwürdigen Satz Es ist gut für euch, wenn ich weggehe. Den wenn ich nicht weggehe, kommt der Paraklet nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden. Und das heißt für die Christen damals nachdem Jesus weg gegangen ist: Der Paraklet ist bei euch. Ihr seid nicht von allen guten Geistern verlassen. Ihr seid nicht etwa Gott los auch wenn eure Gegner das behaupten: Jesus Christus ist bei euch gegenwärtig und im Glauben erfahrbar. VII. Der Geist ent-deckt Wahrheit? Ungefähr 50 Jahre vorher hat Paulus an die Christen in Korinth geschrieben: Der natürliche Mensch [...] vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen (1Kor 12,14). Den Geist Gottes erkennen nur die Christen, heißt das. Darum ist es eine verwegene Hoffnung, die Johannes ausdrückt:... wenn [der Paraklet] kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht; über die Sünde: dass sie nicht an mich glauben; über die Gerechtigkeit: dass ich zum Vater gehe und ihr mich hinfort nicht seht; über das Gericht: dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist. Nein, die Welt hat damals eben nicht erkannt, dass sie Gott keinen Gefallen tun, wenn sie Jesus und seine Gemeinde bekämpfen. Sie hat nicht erkannt, dass Gott diesen Jesus ins Recht setzt und dass die widergöttlichen Mächte seit Ostern ihre letzte Macht verloren haben. Wenn wir das lesen, dass der Paraklet der Welt die Augen öffnen wird, dann vermutlich mit einer gewissen Enttäuschung. Aber Johannes vertraut gewiss darauf, dass das noch kommen wird und er macht zugleich den Christen und uns! - deutlich, dass der Glaube an Jesus auch mit Entscheidungen zu tun hat. Die Logik dahinter ist einfach: Dass es durch den Geist Gottes die christliche Gemeinde, dass es die Kirche Jesu Christi gibt das ist eine Herausforderung für alle anderen, die sich damit auseinander setzen müssen, dass Jesus Christus eben nicht verschwunden, sondern dass er gegenwärtig ist. Die Existenz der Christen stellt der Welt Fragen. Sie verändern die Welt, in der sie leben.

Die Meisten werden die Erfahrung kennen: Ein Tag daheim, an dem ich nur tue, wozu ich Lust habe. Zeitung, Kaffee, der Morgen geht dahin und ich sitze noch im Schlafanzug im Esszimmer. Es ist gemütlich und ich genieße, dass ich mich nur um mich kümmern muss und alles andere mir egal sein kann. Und dann klingelt es plötzlich an der Haustür. Und die Situation ist eine völlig andere. Indem Jesus Christus in seinem Geist da ist, sagt Johannes, verändert sich die Situation derer, die sich gemütlich in ihrem Leben eingerichtet haben. Auch wenn es kaum erkennbar ist es ist doch wahr. VIII. Schritt für Schritt Darüber hinaus könnte er noch viel sagen, was die Christen noch erwartet: Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen - es wäre nicht sinnvoll, ihnen zusätzlich Angst zu machen. - Er will ihnen nicht Angst machen, er will ihr Vertrauen stärken. Darum verspricht er ihnen:... der Geist der Wahrheit [...] wird [...] euch in alle Wahrheit leiten. Er wird euch Wegführer sein. Er wird euch Schritt für Schritt in die Zukunft leiten wie es in einem Gedicht heißt: Weg wächst vor meinen Füßen. / Ich sehe immer nur ein kleines Stück. / Aber irgend ein Pfad wird sein. (Ju Sobing, zitiert nach Katharina Roos, in: a+b 10/2011, S. 9) IX. Wegführer Wegführer ist ein ansprechendes Wort. Damit kriegen wir dann die Kurve zu uns heute. Denken wir an die Taufen vorhin und an unseren eigenen Weg im Glauben. Wegführer haben wir alle erlebt, Mütter und Väter im Glauben, die uns eine Ahnung gegeben haben davon, dass und wie Gott in seinem Geist gegenwärtig ist. Wegführer sind wir als Eltern und als Paten. Wir leiten und begleiten unsere Kinder auf ihrem Weg ins Leben und im Leben. Und wir begleiten sie auf ihrem Weg im Glauben. Schritt für Schritt denn nur so wächst Vertrauen. Indem wir uns von Gottes Geist als unserem Wegführer leiten und begleiten lassen, spüren die Kinder und auch andere Menschen um uns herum dass und wie Gott in seinem Geist gegenwärtig ist und wir erleben, was wir vorhin gesungen haben: Verborgen wirket Gottes Geist / mit sanften, zarten Händen, / wie Mutter uns die Wege weist, / wo Angst und Trauer enden: / Sie gibt uns Mut hindurchzusehn, / und aufeinander zuzugehn, / umhüllt uns mit Verstehn (EG Ausgabe für die Württembergische Landeskirche 556,3). Und die anderen Strophen geben uns weitere Hinweise: X. Brennen Wir Menschen sind wie Kerzen. Unsere Sehnsucht nach Vertrauen und nach guten Erfahrungen ist - sozusagen - der Docht. Aber der brennt natürlich nicht von alleine. Manchmal sagt ein Trainer, wenn er unbedingten, vollen Einsatz erwartet: Wir müssen brennen. Das meint begeisterten Einsatz. Der Geist Gottes wurde immer schon auch mit Feuer verglichen:

Wenn in unserer Umgangssprache jemand Feuer hat, dann ist er voller Energie und Begeisterung. Da passiert dann etwas. So verstehen wir dann auch die 2. Strophe des Liedes vor der Predigt: Der Geist von Gott wie Feuer brennt, / wie züngelnder Flammen Gebilde, / das Unrecht verzehrt und den Hass versengt, / wie Glut voll Treu und Milde: / ein Hoffnungsfunke in der Nacht, / ein tröstlich Licht, das über uns wacht, / das Liebe uns gebracht (EG 556,2). XI. Vertrauen Aus solchen Erfahrungen wächst Vertrauen. Vertrauen, dass uns mutig macht für Neues. Die Zukunft fordert uns heraus, weil wir ja nicht wissen, was sie bringen wird. Manches ist wie für die Christen damals eine richtige Zumutung. Zu-Mutung ist doppeldeutig. Es klingt nach Überforderung. Aber wenn Gott uns etwas zu-mutet, dann steckt darin andererseits auch ein Zutrauen darin Gott traut uns Mut zu. Im Vertrauen auf den Geist Gottes haben Christen immer wieder diese Bedeutung des Wortes Zumutung praktisch erlebt und ihre Wahrheit. Nur darum feiern wir auch 2011 an Pfingsten den Geburtstag der Kirche und mit ihm das Vertrauen darauf, dass Gott wahr macht, was er uns in der Taufe verspricht. Wir haben vorhin gesungen: Der Geist von Gott weht wie der Wind / auf Flügeln voller Frieden; / wie Atem, der uns Leben gibt, / hat er uns Ruh beschieden; / wie Luft, die im Sturme aufersteht, / dass alle Gewalt zu Ende geht, / und kühle Brise weht (EG 556,1). Auch der Wind ist finde ich - ein hilfreiches Bild. Das klingt nach frischer Luft, nach Atem holen, nach Leben. Aber dann denke ich an einen ordentlich Durchzug. Der Geist von Gott wenn er uns die Worte und die Botschaft Jesu auslegt pustet auch immer neu das Leben durch. Er öffnet uns die Augen für die Menschen, die Jesus besonders im Blick hatte. Mutet uns zu, immer wieder neu die unbequemen Worte Sünde, Gerechtigkeit, Macht zu buchstabieren. Verhindert, dass wir uns allzu bequem einrichten in unserer Frömmigkeit. Aber er hilft uns dann auch dazu, dass wir neue Wege wagen, wo die anderen, alten Wege nach und nach zu Holzwegen geworden sind. XII. Bedrängnisse Unsere landeskirchlichen Gemeinden und uns Christen des Jahres 2011 bedrängen andere Dinge, als wir sie im Predigttext finden. Aber das ist geblieben - auch uns fällt es schwer, uns von Gewohntem zu verabschieden, uns auf Neues einzulassen auch wenn wir hier in Reutlingen, was die Frage von Gebäuden und Gemeindefusionen angeht, weiter sind, als die meisten anderen Gemeinden in unserer Landeskirche. Auch wir brauchen einen Wegführer in die Zukunft. Abschiedsprozesse sind immer noch und sind immer schmerzhaft. Wir werden weitere vor uns haben. Aber den Blick sollten wir uns davon nicht verstellen lassen. Wir haben viele gute Erfahrungen gemacht mit all dem Neuen, das uns zugemutet worden ist. Und wir können feststellen: Das Versprechen, dass wir nicht alleine sind, sondern dass Jesus Christus mit seinem Geist bei uns ist das war kein leeres Versprechen.

XIII. Geburtstagswünsche Heute feiern wir also den Geburtstag der Kirche. Was wünschen wir ihr, der Kirche? Was wünschen wir uns als Kirche? Was wünschen wir uns als Kreuzkirchengemeinde? Ich wünsche uns als Gemeinde, uns als Kirche, uns als einzelnen Christen, was ich immer wieder auf Geburtstagskarten schreibe: Viele gute Erfahrungen und auch Herausforderungen und die Erfahrung, dass sich beide, die guten und die herausfordernden, schweren Erfahrungen nach und nach als segensreich erweisen. Und segensreich heißt, dass wir den Geist Gottes spüren und der Gegenwart Gottes gewiss sind. Amen.