Wollersheimer Geschichtsblätter

Ähnliche Dokumente
Eigenjagdreviere der Stadt Bischofsheim

Schwarzwildjagd zwischen Bekämpfung und Hege

Ein liberales Jagdgesetz

ST HUBERTUS HUNTING TOURS

WÖLFE, WILD UND JAGD

Warum die Jäger immer noch sauer auf Minister Remmel sind

Kooperationsspiele. Wolfsspiel. Rollen:

WEIDMANNS HEIL! JAGDPREISLISTE 2014

NAHRUNGANALYSEN AN UNSEREN WÖLFEN

PREISLISTE. 1. März 2015 bis 28. Februar 2016 Z A L A E R D Õ H-8800 NAGYKANIZSA. Múzeum tér 6.

ALLGEMEINE BEDINGUNGEN

Weidmanns Heil! Jagdpreisliste

SERBIEN UND MAZEDONIEN

Eine Jagdwoche in Spanien.

Jagdstatistik 2014/15. Schnellbericht 1.11

ST HUBERTUS HUNTING TOURS

ST HUBERTUS HUNTING TOURS

Rückkehr der Wölfe. Wird die Jagd überflüssig? Ulrich Wotschikowsky Oberammergau. Top Down?

Jagen. in den Revieren der. Gräflich von Nesselrod schen Verwaltung Ehrenstein Asbach/Diefenau Windeck - Islay/Schottland

Nachsuchen/ Drückjagd

Alle Preise verstehen sich als Bruttopreise in EURO!

Wolf. Ein Vortragsdossier des WWF Schweiz. WWF Schweiz. Hohlstrasse 110 Tel.: +41 (0) Zürich

Kahwild und Schwarzwild in Ungarn

Ausbilderhandbuch - Beamervortrag Rechtskunde Bayern

Keilerjagd in der Südheide 2015

Jagdreisen Fabrig --

ALLGEMEINE BEDINGUNGEN UND PREISE FÜR GEBÜHRJAGDEN

Vorgesehene Änderungen der Jagdverordnung im Zusammenhang mit der Jagdgesetzrevision 2014, Vernehmlassungsentwurf August 2014

Richtlinie. über die Jagdnutzung in den Eigenjagdbezirken der Stadt Quedlinburg

Kurzbericht über die Busreisen zur Bockjagd

Das Jagdrevier der Stadt Levoča PREISLISTE. Bezahlte Jagd für ausländische Jagdgäste. gültig ab

Rotwildgebiet Riedforst

Jagen in der Türkei. Bezoar und Keiler

Nachtaufheller zur Wildschweinjagd Erfahrungen aus dem Kanton Thurgau (Schweiz)

Unterkunft im Doppelzimmer der Kategorie ''I''

Jagdstatistik 2009/10. Schnellbericht 1.11

JAGD IN DER TÜRKEI, Schwarzwild SAISON 2015/16. T Ü R K E I / 1 6 S e i t e 1 5

PREISLISTE Von 1. MÄRZ In EURO Lehrforst AG

Jagdstatistik 2011/12. Schnellbericht 1.11

Jagdstatistik 2012/13. Schnellbericht 1.11

JAGDREVIERE. in der Provinz La Pampa ARGENTINIEN

Irland. Schwarze Teufel auf der grünen Insel!

Fachtagung Vogel des Jahres 2015: Der Habicht Ökologie verstehen, Greifvogelverfolgung stoppen am 28. Februar 2015

Jäger im Spannungsfeld von Hege und angepassten Wildbeständen

Jagen in Ungarn GEBIET km² km² km² km² 86% der Gesamtfläche 146 ha JÄGER/BEVÖLKERUNG

Waidmannsheil den Jägerinnen, Jägern, den Naturverbundenen und den Naturinteressierten.

Ausgerechnet an diesem Tag tobt der. Sturm Cynthia.

Verordnung des Regierungsrates zum Gesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel

Jagdnutzungs und Gebührensatzung für die Eigenjagdbezirke der Stadt Quedlinburg

Schwarzwild. Jagdstrategien Regelungen im Jagdpachtvertrag Unterstützende landwirtschaftliche Maßnahmen Maßnahmen der Jagdgenossenschaft

Tiere im Wald. Hauptsponsor. Text und Design

HUNTING TRIPS ONLINE

Preis list REHBOCK. vom 15. April bis 30. September

Unterrichtsmaterial zum Thema Erhaltung der Biodiversität

Kanada / Alberta. Von den Rocky Mountains bis in die Prärie!

Steffen Hartmann. Alter : 40. seit 2001 selbstständiger Schädlingsbekämpfer seit Oktober 2004 Fortbildung im VföS Jagdschein: seit Mai 2005

wir bieten... jagdmöglichkeiten in ganz polen ...wir finden für sie... das bestmöglichste jagdrevier in staatsforsten & genossenschaftsrevieren

Das alles und noch mehr wird teilweise von - selbsternannten - Wildbiologen gefordert.

Begleitete Gruppenreise auf Dagestan Tur Aserbaidschan August 2016

Jagdstatistik 2015/16. Schnellbericht 1.11

Wildfrauenloch-Rundweg

Serbien/Mazedonien. Im Herzen des Balkan!

RUSA - MAURITIUS 2016

FRAGEN UND ANTWORTEN für die schriftliche Jägerprüfung in Baden-Württemberg. 13. November 2015

Eigenbewirtschaftung der Jagd. Muster-Jagddienstvertrag des Gemeinde- und Städtebundes

Gian-Marchet Geschosse für die Bündner Hoch-Jagd. Verantwortungsvoll jagen!

Aktuelle Informationen. von Revierjagdmeister Nikolaus A. Urban

Jagd in ITALIEN. Saison I t a l i e n S e i t e 1 13

WÄLDER DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK Staatlicher Betrieb FORSTBETRIEB KLADSKÁ

FAQ zur Motion Einschränkung der Jagd im Kanton Basel-Stadt

Kreuz-und Querschüsse

Gesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel

Anleitung zur Benützung. des. Elektronischen Wildbuchs

Pila Bydgoszcz Etwa 90 % sind Einwachser. Warschau Anhöhen und malerischen Tälern durchzogen. Hier Forst

Hund Rufus ist immer dabei, wenn Förster Niels Baumann das Gewehr schultert und auf die Jagd geht.


Massnahmenplan für die Arbeitskreise Fricktal, Laufenburg und Studenland

Aufwand und Erfolg der Schwarzwildjagd in einem stadtnahen Gebiet

Einsatz und Einarbeitung von Jagdhunden auf Schwarzwild

Ungarn. Das Jagdland mit uralter Tradition!

Ausgabe. August Inhalt: Rothirschbrunft. Winterjagden. BULGARIEN: Keiler und Wolf. TÜRKEI: Bezoar und Keiler. Jagderfolge

Spanien. Jagdtradition unter südlicher Sonne!

Ausgabe. November Inhalt: WISENTJAGD in POLEN. JAGD und HUND GESCHENK zu WEIHNACHTEN DRÜCKJAGDBERICHT. Vorschau & Kurzmeldungen

Die Bejagung von Wölfen in Deutschland

Der Wolf kehrt zurück was bedeutet dies für die Jagd?

Der Bau eines Hochsitzes

Jagd und Badeurlaub in Ungarn

Schonzeitverkürzung für Schwarzwild

Jagdhunde 30 WILD UND HUND 19/ Foto: Jens Krüger

Grüne Jacke, Grüner Hut

Mauritius. Jagd in Kombination mit Traumurlaub!

Am Samstag um 10 Uhr morgens gelang es, die jungen Wilden zu filmen. Wildhüter Ernst Nüesch zuständig für Zürich Nord über die Stadtfüchse

PREISLISTE Gültig ab 1. März

Transkript:

Wollersheimer Geschichtsblätter Herausgeber: Geschichtsverein Wollersheim Nr.: 52 / November 2005 Wild und Jagd im Badewald um 1900 Jagdunfall im Jahre 1879 Die Folgen des Dreißigjährigen Krieges führten in weiten Teilen Deutschlands zu einer Zerstörung der Hoch- und Niederwildbestände. Dazu trug in erheblichem Umfange die aus der Not erwachsende Wilderei bei. Die Landesforstordnungen von Kurköln (1759) und Jülich-Berg (1761) sahen sich daher gezwungen, auf das alleinige Jagdrecht der Landes- und Grundherren mit Nachdruck hinzuweisen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erholten sich die Wildbestände allmählich wieder. Das änderte sich jedoch mit dem Einmarsch der napoleonischen Truppen in unsere Gegend. Das französische Gesetz von 1789, das auch für unser Gebiet gültig war, gestattete jedem Eigentümer, auf seinem Grund und Boden zu jagen. Unter diesen Voraussetzungen war an ein Hegen des Wildes nicht zu denken. Die Jagd wurde immer intensiver betrieben. Nachdem Preußen die Rheinlande 1815 übernommen hatte, erließ es ein umfassendes Jagdreglement, das

2 das Jagdrecht des Einzelnen zu Gunsten der Gemeinden einschränkte und außerdem Schonzeiten anordnete. Der Bezirksausschuss zu Aachen setzte die Schonzeiten für den Regierungsbezirk fest. Ausschlaggebend dafür, was wann gejagt werden durfte, waren die Art des Wildes und dessen Paarungs-, Setz- und Brutzeiten. Dabei wurden um 1900 Wildarten aufgeführt, die man heute in unserer Gegend nicht mehr antrifft, wie Wachteln, Auerund Birkhennen. Wie es um den Wildbesatz in der Wollersheimer Gemarkung bestellt war, wissen wir nicht genau. Aussagefähige Unterlagen gibt es nicht mehr. Wir haben daher Presseberichte vom Ende des 19. Jahrhunderts ausgewertet, die über unser größtes Waldrevier, die Bade, gewisse Rückschlüsse zulassen. Der Badewald erstreckte sich damals über ein wesentlich größeres Gebiet als heute. Er reichte von den Felsen bei Blens und Hausen über die Landstraße Wollersheim- Berg hinaus bis zur Burg Gödersheim. Im Norden bildete der Bereich "Märzental" bis Berg die Grenze, im Süden war noch die Gemarkung "Remmelsacker" bewaldet. Bei der Größe der Waldfläche müsste man davon ausgehen, dass Rehe, Hirsche und Wildschweine einen entsprechenden Lebensraum hatten. In den Zeitungen finden sich jedoch stets nur Berichte über Schwarzwild. Hirsche und Rehe werden nicht erwähnt. Vermutlich kamen sie nur selten vor. Auch über den Abschuss von Füchsen und Kaninchen erfahren wir nichts oder nur wenig. So ist unter dem 12.11.1878 zu lesen: "Die Treibjagd in

3 der Baade am vergangenen Freitag hat einen leidlich guten Erfolg gehabt. Herr E. K. aus Zülpich erlegte zwei Wildschweine, und außerdem ist noch ein Fuchs geschossen worden. Es nimmt aber den Anschein, als ob die Wilddieberei in dem besagten Jagdrevier auf hoher Blüthe stehe, da die erste Jagd fast ganz resultatslos blieb und die Beute dieser zweiten gewiss nicht der sonst so wildreichen Gegend entspricht ". Am 11.1.1879 ereignete sich im Badewald ein tragischer Jagdunfall. Die Presse berichtete: "Bei Gelegenheit der am Samstag den 11. ds. Mts. im Bade-Busche abgehaltenen Treibjagd auf Wildschweine ereignete sich das Unglück, daß der Ackerer und 1. Beigeordnete Bürgermeister Franz Reuter aus Wollersheim von dem Ackerer Arnold Esser aus Vlatten auf eine Distanz von 26-30 Schritten erschossen wurde, so daß der Tod des Reuter sofort erfolgte. Es diene dies wiederum zur Warnung, daß bei Abhaltung solcher Treibjagden die größte Vorsicht gebraucht und nicht eher geschossen wird, bis jeder Jäger auf das Bestimmteste den Gegenstand, worauf er schießen soll, genau erkennt, besonders aber Sonntagsjägern die Theilnahme an solchen Jagden nicht gestattet werde". Obwohl in dem Bericht von einer Treibjagd die Rede ist, behauptete der Jagdpächter Schneider aus Zülpich, es habe sich bei den Jagdteilnehmern um unbefugt Jagende gehandelt. Seine Darstellung dürfte jedoch nicht den Tatsachen entsprochen haben. Nach unseren Recherchen bestand die Jagdgesellschaft aus ehrenwerten Bürgern. Außerdem werden Wilderer wohl keine Treibjagd abhalten. Vermutlich wollte sich Herr Schneider einer

4 Mitverantwortung entziehen. Bereits am 19.4.1879 verhandelte das Zuchtpolizeigericht in Aachen über den Jagdunfall. Dazu schrieb die Zülpicher Zeitung: "Der Ackerer Arnold Esser aus Vlatten, welcher s. Z. durch einen unglücklichen Schuß den 1. Beigeordneten Bürgermeister Franz Reuter in Wollersheim getödtet, wurde der fahrlässigen Tödtung für überführt erklärt und zu einer Gefängnißstrafe von 14 Tagen nebst allen Kosten verurteilt". Von dem Jagdunglück am 11.1. zeigten sich die Waidmänner nicht sonderlich beeindruckt. Denn bereits Ende des Monats fand im gleichen Revier die nächste Treibjagd statt, bei der ein ca. 140 Pfund schwerer Keiler erlegt wurde. Im Folgejahr hatte sich der Wildschweinbestand wohl vergrößert. Am 31.1.1880 heißt es in einem Zeitungsbericht: "Bei dem jetzigen schönen Spurschnee betreibt die hiesige Jagdgesellschaft "Bade" ihre Jagd auf Wildschweine mit vielem Erfolg. Nachdem in letzter Zeit drei schwere Sauen geschossen waren, wurde am 19. d. Mts. von Herrn H. aus Bürvenich mit jedem Laufe ein Thier erlegt. Bei der am 26. auf Wildschweine abgehaltenen Jagd wurden wiederum 3 Sauen erlegt ". Anfang der 1880er Jahre scheint die Jagdlust ausgeufert zu sein. Das Revier wurde überjagd, und bald gab es fast kein Schwarzwild mehr. Erst im Januar 1895 meldet die Presse: "Am Samstag Nachmittag wurde im Wollersheimer Waldrevier "Bade" ein schweres Wildschwein eingekreist, und gelangte durch die sofort angestellte Jagd ein

5 Kailer im Gewichte von ca. 200 Pfd. zur Strecke. Seit länger als 10 Jahren haben sich in genanntem Revier keine Wildschweine mehr gezeigt. In diesem Jahre treten dieselben aber häufiger auf". Unter dem 4. März 1895 finden wir folgende Notiz: "Am vorletzten Samstage wurde in hiesigem Waldrevier ein Wildschwein eingekreist und gelangte bei der alsbald angestellten Jagd im Districte "Rödel" ein starker Keiler zur Strecke. Es ist dies das zweite Exemplar, welches in letzter Schneeperiode hier erlegt wurde, und da sich noch vielfach Wildschweine in der Umgegend zeigen, so hofft man in dem "Badewalde", welcher ein beliebter Aufenthalt dieser Thiere ist, baldigst noch günstigere Resultate zu erzielen". Ende der 1890er Jahre waren die Winter in unserer Gegend sehr mild. Der Bestand an Wildschweinen vermehrte sich dadurch erheblich. Als Beweis mag ein Zeitungsartikel vom 12.12.1899 gelten: "Im Badewalde wurde gestern ein starkes Rudel Wildschweine, 16 Stück, von Waldarbeitern bemerkt. Die Schweine wurden nach Möglichkeit eingekreist und mehrere Jäger von hier benachrichtigt, denen es gelang, 7 Schweine zu erlegen". Um 1900 erhöhte sich die Populationsdichte immer mehr. Die Schäden durch Schwarzwild wurden so groß, dass 1902 die Bürgermeister die Jagdpächter aufforderten, Saujagden abzuhalten.