Therapiekompass. Eine Informationsbroschüre für Patientinnen des Brustzentrums Münsterland



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Therapiekompass Eine Informationsbroschüre für Patientinnen des Brustzentrums Münsterland

Einführung Das Brustzentrum Münsterland Liebe Patientin, mit der Diagnose Brustkrebs tut sich ein tiefer Abgrund auf. Kaum jemand weder Sie als Betroffene noch Ihre Angehörigen kann sich in dieser Situation ganz von Angst und Unsicherheit frei machen. Eins jedoch ist sicher: Was die wirksame Behandlung dieser Krankheit angeht, befinden Sie sich im Brustzentrum Münsterland von Anfang an in den besten Händen. Denn wir verbinden umfassende medizinische Kenntnisse und moderne Therapieansätze auf dem jeweils neuesten Stand der Technik mit einfühlsamer, menschlicher Fürsorge. Unser Ziel ist eine ganz individuelle Therapie, bei der wir für jede einzelne Erkrankung die am besten geeigneten Maßnahmen zusammenstellen und nach geprüften Qualitätsstandards durchführen. Damit es Ihnen schnell wieder besser geht. Clemenshospital GmbH Düesbergweg 124 48153 Münster www.clemenshospital.de Christophorus-Kliniken GmbH Südring 41 48653 Coesfeld www.krankenhaus-coesfeld.de Vorab Wegen der einfacheren Lesbarkeit nutzen wir in dieser Broschüre jeweils den einfachsten sprachlichen Ausdruck. Das bedeutet, dass die männliche Form einer Berufsbezeichnung wie Arzt oder Therapeut selbstverständlich immer auch Mitarbeiterinnen einschließt, die einen wesentlichen Teil unseres qualifizierten Fachpersonals darstellen.

Inhaltsverzeichnis Wozu diese Broschüre? Wie überstehe ich nur die nächsten Wochen? Was kommt auf mich zu? An wen kann ich mich jetzt wenden? Solche oder ähnliche Fragen stellen Sie sich jetzt vermutlich häufig. Wir geben Ihnen diese Broschüre in die Hand, damit Sie unser Brustzentrum mit seinen vielfältigen Behandlungsmöglichkeiten kennenlernen und sich hier schnell zurechtfinden. Darüber hinaus sollen Ihnen die Informationen über die Erkrankung, Diagnose und Therapie helfen, Ihre Gedanken zu ordnen, Wissen zu sammeln und wieder Mut für die Zukunft zu fassen. Wir wünschen Ihnen gute Besserung! Ihr Behandlungsteam im Brustzentrum Münsterland Einführung 2 Das Brustzentrum stellt sich vor 3 Wozu diese Broschüre? Inhaltsverzeichnis 4 Unsere Häuser Kompetenzen & Kapazitäten 5 Gut aufgehoben Breast Nurses Psychosozialer Dienst 6 Wissenswertes über Brustkrebs Sie sind nicht alleine! Die weibliche Brust Anatomie ohne Befund und mit Befund Was ist Krebs? Krebsarten Diagnose 8 Sorgfältig betrachtet Körperliche Untersuchung Bildgebende Verfahren 10 Unter die Lupe genommen Biopsien 11 Laboruntersuchungen Tumormarker Histologie 12 Diagnosefazit ziehen (Staging) TNM-Klassifikation Grading 13 Hormonrezeptorstatus HER2-neu Therapie 14 Die Brustoperation 16 Die Entfernung der Lymphknoten 18 Strahlentherapie Wie läuft eine Strahlentherapie ab? Welche Nebenwirkungen sind möglich? 20 Chemotherapie Wie läuft eine Chemotherapie ab? Welche Nebenwirkungen können auftreten? 22 Hormontherapie Wie läuft eine Hormontherapie ab? Welche Nebenwirkungen können auftreten? Antikörpertherapie Nachsorge / Leben! 24 Entlassung Termine Nachsorge Wieder zu Hause 26 Gut zu wissen Wundbeobachtung 27 Lymphödem Therapiemöglichkeiten Tipps zur Vermeidung 28 Alltag Ernährung Bewegung Selbstuntersuchung Anhang 30 Glossar Impressum Herausgeber: Brustzentrum Münsterland www.das-brustzentrum.de Text und Konzept: le Viseur Kommunikation www.leviseur-kommunikation.de Layout und Satz: Magnus Sundermann www.ms-mediengestaltung.de 3

Einführung Unsere Häuser Im Brustzentrum Münsterland haben sich drei Krankenhäuser und zwei weitere Einrichtungen aus Münster und dem Münsterland zusammengeschlossen, um ihr Fachwissen zum Wohle der Patientinnen zu bündeln. Zu unserem Einzugsgebiet gehören der gesamte südliche Teil Münsters sowie der südwestliche Teil des Münsterlandes. Die einzelnen Einrichtungen unseres Netzwerkes erfüllen dabei unterschiedliche Funktionen. So dienen das Clemenshospital und das St.-Vincenz-Hospital Coesfeld als Operationsstandorte und werden ergänzt von den onkologischen Fachabteilungen des Clemenshospitals und des Franz-Hospitals Dülmen. Für die behutsame Behandlung der sichtbaren und unsichtbaren Folgen einer Krebserkrankung bringt die Fachklinik Hornheide ihre Erfahrung und Kompetenz im Bereich der Psychoonkologie und der plastischen Chirurgie ein. Kompetenzen und Kapazitäten gehen Hand in Hand Wenn die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut, kommt meist nichts Gutes dabei heraus. Um das zu verhindern und Ihnen die beste Behandlung zu ermöglichen, ziehen im Brustzentrum Münsterland ganz bewusst alle an einem Strang. Hier arbeiten sämtliche Abteilungen eng zusammen, die für die Brustheilkunde (Senologie) von Bedeutung sind, nämlich Gynäkologie, Radiologie, Diagnostik, Strahlentherapie, Onkologie, Pathologie, Chirurgie und Psychoonkologie. Von der Diagnose über Erst- und Folgebehandlung bis zur Rehabilitation gehen alle beteiligten Ärzte sowie Pflegepersonal und Therapeuten nach anspruchsvollen landeseinheitlichen Vorgaben vor. Indem sich die Spezialisten der einzelnen Bereiche intensiv über die einzelnen Untersuchungsergebnisse austauschen, können sie jeweils die wirkungsvollsten Therapieansätze für jede Patientin finden. Ein wichtiges Instrument stellt dabei die wöchentliche Tumorkonferenz dar, an der die Ärzte aller beteiligten Abteilungen sowie niedergelassene Ärzte und weitere Vertreter aus den interdisziplinären Behandlungsteams teilnehmen. Vom Zeitpunkt der Diagnose an beraten sie jeden wichtigen Therapieschritt, sodass Ihnen mit Sicherheit eine qualitativ optimale Behandlung und Betreuung angeboten werden kann. Ebenfalls wöchentlich findet eine Screening-Konferenz unter der Leitung von Frau Doktor Spital und Herrn Doktor Hovestadt statt. Hier werden alle auffälligen mammographischen Befunde der Vorwoche aus den beiden Mammografie-Zentren Münster-Clemenshospital und Coesfeld-St.-Vincenz- Hospital besprochen und das weitere gemeinschaftliche Vorgehen abgestimmt. 4

Breast Nurses Ob bei organisatorischen Fragen oder in Krisenmomenten unsere speziell für die Betreuung von Brustkrebspatientinnen ausgebildeten Krankenschwestern begleiten Sie in jeder unserer Einrichtungen vom Tag der Diagnose an über die gesamte Therapie hinweg. Diese Breast Nurses oder Pflegeexpertinnen für Senologie sind Ihr wichtigster Anlaufpunkt bei allen Fragen. Sie vermitteln allgemeine Informationen zum organisatorischen Ablauf, unterstützen Sie in sozialen und psychologischen Belangen, unterweisen Sie in gesunder Lebensführung und beantworten medizinische Fragen. Eine Breast Nurse ist das Bindeglied zwischen Ihnen, dem Arzt und allen anderen an der Behandlung beteiligten Personen. Alle Breast Nurses des Brustzentrums Münsterland arbeiten eng zusammen und organisieren Kosmetikseminare oder andere Kurse, die die prinzipielle Lebensqualität von Brustkrebspatientinnen verbessern und ihnen damit wieder zu einer positiven Lebenseinstellung verhelfen sollen. Physiotherapie Um Ihre Beweglichkeit und Ihr Wohlbefinden nach den Eingriffen schnellstmöglich wiederherzustellen, können Sie auf Rezept in allen drei Krankenhäusern unseres Netzwerkes die physiotherapeutischen Abteilungen nutzen. Je nach körperlicher Verfassung und Genesungsfortschritt stehen Ihnen hier Krankengymnastik, Schulter- und Nackenmassagen sowie Bewegungsbäder zur Verfügung. Sie können das Angebot schon während Ihres stationären Aufenthaltes und später in der Nachsorge ambulant nutzen. Sozialdienst Mit der Diagnose Brustkrebs und dem Krankenhausaufenthalt steht das Leben Kopf: Für die Betroffenen selbst sowie für ihre Angehörigen bricht die vertraute Ordnung zumindest vorübergehend zusammen. Damit Sie schnellstmöglich wieder den Rückweg in ein normales Leben antreten können, steht Ihnen unser Sozialdienst mit Rat und Tat zur Seite. Er hilft Ihnen ganz praktisch, Ihre private und berufliche Situation zu klären und Ihre Sorgen zu bewältigen. Dazu gehört zunächst ein einfühlsames Beratungsgespräch mit Ihnen oder Ihren Angehörigen, für das unterschiedliche psychosoziale Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Sie alle dienen dem Zweck, alltagspraktische und soziale Fertigkeiten wieder herzustellen, zu erhalten oder zu fördern. Zudem berät Sie der Sozialdienst bei sozialen bzw. sozialversicherungsrechtlichen Fragen und den entsprechenden Antragsverfahren. Nicht zuletzt stellen wir Ihnen sinnvolle Rehabilitationsmaßnahmen vor und leiten sie bei Bedarf für Sie in die Wege. Hilfe für die Seele Wenn sich der Krebsverdacht bestätigt, verlieren vermeintliche Gewissheiten ihre Geltung. Wenn Sie möchten, begleitet Sie unsere Psychologin Cornelia Borchard bei sämtlichen Fragen, Sorgen und Ängsten in allen Entscheidungsprozessen, die in den kommenden Wochen auf Sie zukommen. Gemeinsam können eine Sie neue Sicht auf Ihre Krankheit entwickeln, um die Nebenwirkungen und Einschränkungen der Therapie besser tolerieren zu können, sich in Ihrem Lebensumfeld neu zu orientieren und Ihre persönliche Lebensqualität zu verbessern. 5

Einführung Diagnose Brustkrebs Sie sind nicht alleine In Deutschland erkranken jährlich etwa 55.000 Frauen und nur 200 Männer neu an Brustkrebs, dem sogenannten Mammakarzinom. Damit ist Brustkrebs die häufigste bösartige Erkrankung bei Frauen. Zwar liegt die Altersspitze zwischen dem 45. und 70. Lebensjahr, dennoch erkranken zunehmend auch jüngere Frauen daran. Prinzipiell aber gilt: Mit zunehmendem Alter steigt das Erkrankungsrisiko. Hat sich ein Anfangsverdacht erhärtet und die Diagnose steht fest, quält viele die Frage, ob ein gesünderer Lebenswandel die Erkrankung verhindert hätte. Zwar gibt es Risikofaktoren, die die Entstehung von Brustkrebs begünstigen wie familiäre Vorbelastung, Übergewicht, erhöhter Alkoholkonsum, schlechte Ernährungsgewohnheiten, andere Krebserkrankungen und bestimmte Umwelteinflüsse. Letztendlich kann aber jede Frau an Brustkrebs erkranken selbst wenn sie immer gesund gelebt hat und erblich nicht vorbelastet ist. Wie ist die weibliche Brust aufgebaut? Die weibliche Brust besteht zum größten Teil aus Binde- und Fettgewebe, das wesentlich für ihre Form und Weichheit verantwortlich ist. Darin eingebettet ist das Milchdrüsensystem, das nach der Geburt eines Babys die Muttermilch produziert. Es setzt sich aus den Drüsenläppchen (Lobula) und Milchgängen (Ductuli) zusammen. Ein Netzwerk aus Blutgefäßen versorgt das Brustgewebe mit Hormonen und Nährstoffen. Zusätzlich wird die Brust von einem verästelten System aus feinen Lymphbahnen durchzogen. Diese sammeln die Gewebsflüssigkeiten und die darin enthaltenen Substanzen bzw. Zellen und führen sie zu Filterstationen in der Achselhöhle, den sogenannten Lymphknoten. Sie fangen Bakterien, Viren und auch einzelne Tumorzellen ab, versuchen sie unschädlich zu machen und geben die gefilterte Lymphflüssigkeit wieder an das Kreislaufsystem ab. Anatomischer Aufbau der Brust ohne Tumor (links) und mit Tumor (rechts) 6

Was ist Krebs? Der menschliche Körper besteht aus vielen Milliarden Zellen. Die Zellen sind die kleinsten Funktionseinheiten des Organismus. Weil sie meistens nur eine begrenzte Lebensdauer haben, müssen sie sich durch Zellteilung laufend erneuern. Die für die Teilung nötige Information liegt im Zellkern in der DNA. Sie bestimmt, ob und wann sich eine Zelle teilt. Gerät dieser Mechanismus durcheinander, kann es zu einem unkontrollierten Wachstum des betroffenen Gewebes kommen. Solche Geschwülste bezeichnet man als Tumoren und unterteilt sie in gutartige (benigne) oder bösartige (maligne) Formen. Als Krebs bezeichnet man umgangssprachlich nur die bösartigen Geschwülste, die natürliche Organgrenzen nicht respektieren und die Tendenz haben, Tochtergeschwülste (Metastasen) in anderen Körperregionen zu bilden. Welche Arten des Brustkrebses gibt es? Den typischen Brustkrebs gibt es nicht. Einige Grundregeln gelten jedoch für alle Formen dieser Krankheit: Sie entsteht durch die bösartige Veränderung einer einzigen Zelle. Diese und ihre unzähligen Tochterzellen halten sich nicht mehr an die Wachstumsgesetze ihres ursprünglichen Gewebes also der Drüsenläppchen oder der Milchgänge. Sie teilen sich schneller, führen ein unkontrolliertes Eigenleben und wirken zerstörerisch auf ihre Nachbarzellen. Trotz ihrer Verschiedenartigkeit lassen sich die unterschiedlichen Tumorarten in zwei große Gruppen unterteilen: Diejenigen, die auf ihren Ursprungsort begrenzt sind die sogenannten nichtinvasiven Karzinome und diejenigen, die in das benachbarte Gewebe eingedrungen sind die sogenannten invasiven Karzinome. Nichtinvasive Karzinome Diese Veränderungen des Brustgewebes auch In-situ-Karzinome genannt bestehen aus Zellen, die bereits einige krebstypische Eigenschaften aufweisen, wie eine erhöhte Zellteilungsrate. Die Fähigkeit, in benachbartes Gewebe einzudringen, besitzen diese Zellen jedoch nicht, weshalb sie an ihrem Ursprungsort verbleiben und nicht in der Lage sind, zu streuen und damit Metastasen zu bilden. Je nach Ursprungsort unterscheiden sie sich in intraduktale, das heißt in den Milchgängen, oder lobuläre, also in den Drüsenläppchen angesiedelte In-situ-Karzinome. Duktales Carcinoma in situ (DCIS oder CDIS) Hierbei handelt es sich um eine Krebsvorstufe, eine sogenannte Präkanzerose, aus der sich bei 30 bis 50 Prozent der Betroffenen innerhalb von zehn Jahren ein invasives Karzinom entwickelt. Die veränderten Zellen breiten sich ausschließlich in den Milchgängen aus. Da ein DCIS in der Regel keine Metastasen bildet, ist diese Gewebeveränderung meist durch eine Operation und anschließende Strahlentherapie vollständig heilbar. Da sich die Zellen mitunter in einem unscharf begrenzten Bereich um den Ursprungsort ausbreiten, muss bei der Entfernung des betroffenen Gewebes ein Sicherheitsabstand von einem Zentimeter zum gesunden Brustgewebe eingehalten werden. Erkannt wird ein DCIS meist über seine typische Mikrokalkspur in der Mammographie. Tastbar ist diese Krebsvorstufe nicht, da sie sehr selten mit der Bildung von Knoten verbunden ist. Carcinoma lobulare in situ (CLIS) Bei dem CLIS handelt es sich um eine Gewebeveränderung, die mit einem statistisch erhöhten Risiko verbunden ist, an einem invasiven Karzinom zu erkranken. Pro Jahr ist dies bei etwa einer von hundert Patientinnen mit CLIS der Fall. Man findet diese Veränderung in den Drüsenläppchen, weshalb sie ebenfalls nicht zu ertasten ist. Sie bildet auch keine Verkalkungen wie das DCIS und ist daher auch in der Mammographie nicht zu erkennen. Meistens entdeckt der Pathologe ein CLIS zufällig im Rahmen einer anderen feingeweblichen Untersuchung, für die Brustgewebe entnommen wurde. Invasive Karzinome Die Neubildungen sind in der Lage, Krebszellen in den Körper zu streuen und die gefürchteten Metastasen zu bilden. Weil nun auch Lymphknoten und andere Organe von der Erkrankung betroffen sein können, betrachtet man die invasiven Brustkrebsformen als systemische Erkrankungen, die also nicht mehr nur auf die Brust allein beschränkt sind, sondern den gesamten Organismus betreffen können. Invasives duktales Karzinom Dieser bösartige Tumortyp geht von den Milchgängen aus und ist mit 78 Prozent der am häufigsten auftretende Brustkrebs. Er bildet oft sehr feste (solide) Knoten, die in der Mammographie und im Ultraschall gut erkannt werden können. Invasives lobuläres Karzinom Diese seltenere Art des Brustkrebses (etwa zwölf Prozent) entwickelt sich in den hauchfeinen Gangsystemen der Drüsenläppchen. Sie ist daher selten als Knoten tastbar und wird bei einer Mammographie selbst von sehr erfahrenen Radiologen nicht immer eindeutig erkannt. Inflammatorisches Karzinom Bei diesem Brustkrebs handelt es sich um eine sehr seltene Form. Sie zeigt sich über eine geschwollene, entzündlich gerötete und überwärmte Brust, deren Oberfläche wie eine Orangenschale mit kleinen Einziehungen übersät ist. Im Unterschied zur schmerzhaften Brustentzündung, die ähnlich aussieht, haben Frauen mit einem inflammatorischen Karzinom meist keine Beschwerden. 7

Diagnose Auffälliger Befund Diagnose - Mammographie - Ultraschall - Staging-Untersuchung - Biopsie - Klassifikation Operation Anschluss Die Grafik zeigt die einzelnen Stationen der Brustkrebsbehandlung in einem vereinfachten Schema. Die Reihenfolge der einzelnen Schritte kann je nach individuellem Krankheitsbild und -verlauf variieren. Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung Viele Frauen fürchten, als Brustkrebspatientin in eine unpersönliche Medizinmaschine zu geraten, in der sie keinerlei Kontrolle mehr über sich selbst und über die Vorgänge um sich herum haben. Eine verständliche Furcht, die aber unbegründet ist und im schlimmsten Fall sogar dringende Schritte unnötig verzögert. Denn je schneller ein Tumor behandelt wird, desto besser sind die Heilungs- und Überlebenschancen. Ein erster Meilenstein auf dem Weg der Besserung besteht daher darin, das verdächtige Gewebe und Ihren körperlichen Allgemeinzustand sorgfältig in Augenschein zu nehmen. Jeder einzelne Untersuchungsschritt führt näher an das entscheidende Ziel heran: nämlich eindeutig zu klären, ob Sie tatsächlich an Krebs erkrankt sind oder nicht. Bestätigt sich der Verdacht, muss ganz genau festgestellt werden, wo der Tumor sitzt, wie groß er ist, aus welcher Art von Zellen er besteht und ob er vielleicht schon Tochtergeschwülste gebildet hat. Erst wenn alle Untersuchungsergebnisse vorliegen, kann ausgehend davon eine geeignete Behandlung geplant werden. Die gängigsten Untersuchungsmethoden stellen wir Ihnen im Folgenden vor. Aber keine Angst: Sie müssen sich unter Umständen nicht allen unterziehen. Körperliche Untersuchungen Trotz aller technischen Möglichkeiten der modernen Medizin sind das eingehende Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt sowie eine sorgfältige körperliche Untersuchung der Ausgangspunkt für alle folgenden Schritte. Schildern Sie zunächst alle Beschwerden und Vorerkrankungen so genau es geht, damit sich Ihr Arzt ein möglichst vollständiges Bild Ihres Gesundheitszustandes machen kann. Anschließend wird er Ihre Körpergröße und Ihr momentanes Gewicht feststellen, den Blutdruck messen, die Lunge abhören und selbstverständlich die Brust ansehen und abtasten. Ein EKG dokumentiert Ihre Herzleistung, was für die Planung einer möglichen Operation von Bedeutung ist. Soll eine Chemotherapie eingesetzt werden, stellt eine Echokardiographie, eine harmlose Ultraschalluntersuchung des Herzens zusätzlich sicher, dass Ihr Herz stark genug dafür ist. 8

heilbehandlung Systemische Therapien - Chemotherapie - Hormontherapie - Antikörpertherapie Wiederaufbau der Brust Bestrahlung Nachsorge Bildgebende Verfahren Mammographie Wenn Sie der Weg in unser Brustzentrum geführt hat, haben Sie eine Mammographie höchstwahrscheinlich schon hinter sich. Bei dieser wichtigen und aussagekräftigen Untersuchungsmethode wird die Brust mittels Röntgentechnik durchleuchtet und abgebildet. Dank moderner Geräte werden Sie dabei nur einer sehr geringen Strahlenbelastung ausgesetzt. Mithilfe der Mammographie werden beispielsweise kleine Mikroverkalkungen sichtbar gemacht, die auf mögliche Krebsvorstufen hinweisen. Andere Brusttumoren fallen durch eine Weichteilverdichtung auf. Das bedeutet, dass das Gewebe an dieser Stelle deutlich dichter ist als gewöhnliches Brustgewebe und dadurch heller abgebildet wird. Solche Auffälligkeiten werden auch Herdbefunde genannt. Zudem können Lage und Größe der verdächtigen Veränderung genau bestimmt werden. Ultraschalluntersuchung der Brust (Sonographie) Hat die Mammographie zu noch keiner eindeutigen Diagnose geführt, dient die Ultraschalluntersuchung zur ergänzenden Abklärung. Bei dieser bildgebenden Methode werden keine Röntgenstrahlen eingesetzt, sondern Schallwellen. Diese sogenannte Sonographie ist bei dichtem Brustgewebe jüngerer Frauen meist aussagekräftiger als eine Mammographie. Hochauflösende Schallköpfe moderner Geräte ermöglichen die exzellente zwei- und dreidimensionale Abbildung der Brust. Kernspintomographie (MRT oder NMR) Mithilfe der Magnetresonanztomographie (MRT), auch Kernspintomographie genannt, können ohne Röntgenstrahlung außerordentlich scharfe Schnittbilder des menschlichen Körpers erzeugt werden. Sie erlauben eine genaue Beurteilung der Organe und vieler krankhafter Organveränderungen. Die MRT stellt eine wertvolle, aber nur ergänzende Untersuchung dar, die bei Brustkrebs nur zur Klärung besonderer Fragestellungen eingesetzt wird z. B. wenn der Verdacht auf eine Krebsform besteht, bei der Tumoren an verschiedenen Stellen der Brust entstehen. MRT eignet sich auch, um herauszufinden, ob ein Tumor operiert werden kann und zur Kontrolle einer Behandlung des Tumors vor der Operation. In jedem Fall wird Ihnen kurz vor der Untersuchung ein Kontrastmittel in die Vene gespritzt. Anschließend wird das Brustgewebe über Magnetfelder, die in elektrische Signale umgewandelt werden, sichtbar gemacht. Computertomographie (CT) Die Computertomographie ist eine computergestützte Weiterentwicklung der Röntgentechnik. Sie ermöglicht es, Körperstrukturen als Schnittbilder darzustellen, was durch eine normale Röntgenuntersuchung nicht möglich ist. Um die Detailgenauigkeit zu verbessern, wird häufig ein Kontrastmittel eingesetzt, das entweder gespritzt oder getrunken wird. Eine Computertomographie wird nur bei bestimmten Fragestellungen durchgeführt.

Diagnose Untersuchung von Zellen und Gewebeprobe (Biopsie) Ist die Veränderung gutartig oder bösartig? Um diese Frage eindeutig zu beantworten, muss zuerst eine Gewebeprobe (Biopsie) aus Ihrer Brust entnommen werden. Vielen Frauen graut es davor. Tatsächlich ist die Prozedur aber recht harmlos, denn die Brustdrüse ist nur gegenüber Druck schmerzempfindlich, nicht aber gegenüber Stichen. Es reicht daher aus, die Haut an der Einstichstelle örtlich zu betäuben. Mit diesem Verfahren wird die Operation bestens vorbereitet, denn der Chirurg weiß so schon im Vorfeld genau, mit welcher Art von Gewebe er es später zu tun haben wird. Um die Gewebeprobe zu gewinnen, können unterschiedliche Techniken eingesetzt werden: Info Die Biopsie ist ein ungefährliches Verfahren. Sie brauchen dabei nicht zu befürchten, dass Tumorzellen, die durch die Nadel in gesundes Gewebe verschleppt werden, dort Metastasen bilden. Denn die meisten Krebszellen besitzen gar nicht die biologischen Fähigkeiten, sich in einer neuen Umgebung anzusiedeln und die notwendigen neuen Blutgefäße zu ihrer Versorgung auszubilden. Stanzbiopsie (Hochgeschwindigkeitsstanze) Diese minimalinvasive Methode wird am häufigsten eingesetzt, um eine aussagekräftige Gewebeprobe aus der Brust zu gewinnen. Über eine Hohlnadel kann der Arzt kleine Gewebeteile entnehmen, an denen der Pathologe erkennt, ob es sich um einen gutartigen oder bösartigen Tumor handelt. Für die Untersuchung wird die Brusthaut zunächst örtlich betäubt. Anschließend führt der Arzt über einen kleinen Hautschnitt eine Führungskanüle in die Brust ein. In dieser Kanüle bewegt eine kleine Stanzpistole die eigentliche Nadel präzise und mit hoher Geschwindigkeit in den Tumor hinein und wieder heraus unter Umständen mehrmals. Und weil diese Prozedur natürlich nicht blind durchgeführt werden kann, wird diese Stanzbiopsie unter Ultraschallkontrolle durchgeführt. Vakuum-Saugbiopsie (Mammotome) Bei dieser Technik handelt es sich um eine Gewebeentnahme, die unter Sichtkontrolle einer Mammographie stattfindet. Es wird genau wie bei der Stanzbiopsie nach örtlicher Betäubung und einem kleinen Hautschnitt eine Hohlnadel zum verdächtigen Gewebe geführt. Der Unterschied besteht darin, dass das Gewebe nicht durch wiederholtes Ein- und Ausführen der Nadel, sondern nach dem Einstich durch kreisförmige Bewegungen in die Hohlnadel eingesaugt wird. Diese Art der Gewebeentnahme eignet sich bei der Untersuchung kleinster Knoten und zur Abklärung von Mikrokalkspuren. Bei der Vakuumbiopsie wird die Führungskanüle nur einmal eingeführt. Es handelt sich daher um ein sehr schonendes Verfahren. 10

Blutuntersuchung im Labor Eine Blutuntersuchung gibt zusätzlichen Aufschluss über Ihren gesundheitlichen Allgemeinzustand und die Funktion Ihrer Organe, wie Leber oder Niere. Darüber hinaus wird Ihr Blut auf einen speziellen Tumormarker getestet. Es handelt sich dabei um einen Eiweißstoff, der von einigen bösartigen Zellen produziert und in das Blut abgegeben wird. Für jede Krebserkrankung gibt es ganz charakteristische Tumormarker. Derjenige, der bei Brustkrebs nachgewiesen werden kann, bezeichnet man als CA 15-3. Ist die Konzentration dieses Stoffes im Blut erhöht, deutet dies auf eine Krebserkrankung hin. Leider ist der Marker aber erst bei fortgeschrittener Erkrankung nachweisbar und generell nicht allzu aussagekräftig. Denn auf der einen Seite produziert nicht jeder Mensch mit einer Krebserkrankung diesen Tumormarker und auf der anderen Seite kann der CA-15-3-Wert auch bei gutartigen Erkrankungen erhöht sein. Umfelduntersuchungen / Staginguntersuchungen Diese Methode zur Früherkennung und Suche nach Tochtergeschwülsten (Metastasen) im gesamten Organismus ist Untersuchungsroutine für alle an Brustkrebs erkrankten Frauen. Zusammen mit der weiter unten beschriebenen TNM-Klassifikation dient sie der abschließenden Beurteilung des Schweregrades Ihrer Erkrankung und wird auch mit dem englischen Wort Staging ( Stadieneinteilung ) bezeichnet. Dabei nehmen wir vor allem diejenigen Organe in Augenschein, in denen sich erfahrungsgemäß am ehesten Metastasen bilden. Bei Brustkrebs sind das bevorzugt die Lunge, die Leber und die Knochen. Folgende Untersuchungen stehen in diesem Zusammenhang auf der Tagesordnung: Röntgen der Lunge (Röntgen Thorax) Die klassische Röntgenaufnahme eignet sich für die Darstellung von lufthaltigem Gewebe wie der Lunge besonders gut. Mit den Abbildungen lassen sich Neubildungen schnell und zuverlässig erkennen. Ultraschall der Leber (Oberbauchsonographie) Weil sich Weichteilgewebe mit Röntgenaufnahmen nicht eindeutig gegeneinander abgrenzen lassen, untersuchen wir die Leber mithilfe von Ultraschallwellen. Knochenszintigraphie Mit dieser schonenden Untersuchung spüren wir Tochterabsiedlungen in den Knochen auf. Für diese sogenannte Knochenszintigraphie wird eine schwach radioaktive Substanz in die Ellenbeugenvene gespritzt, die sich im Körper verteilt und sich bevorzugt in Zellen anreichert, die Knochen auf- oder abbauen ein Prozess, der für Knochenmetastasen bezeichnend ist. Die Substanz gibt nur kurze Zeit radioaktive Strahlung ab. Nach etwa zwei Stunden kann man mit einer Spezialkamera feststellen, in welchem Bereich des Skeletts sich die Substanz abgelagert hat. Werden Knochenmetastasen entdeckt, kann auf der Grundlage dieser Untersuchung festgestellt werden, ob entweder eine Operation oder eine Bestrahlung die sinnvollere Behandlungsmethode der bösartigen Zellen ist. 11

Diagnose Was verrät die Gewebeprobe (Histologie) über Ihren Brustkrebs? Um welchen Krebstyp es sich bei Ihnen handelt, kann allerdings erst dann zweifelsfrei festgestellt werden, wenn der Spezialist für Gewebeuntersuchungen, der Pathologe, die bei der Operation entnommenen Zellstrukturen unter dem Mikroskop genau begutachtet hat. Diese histologische Untersuchung dauert etwa vier Werktage. Eine Zeit des ungewissen Wartens, die aber nötig ist, um das Gewebe in allen Einzelheiten zu studieren und den genauen Bauplan Ihres Tumors zu entschlüsseln. Erst wenn die vollständige Histologie vorliegt, kann in der wöchentlich abgehaltenen Tumorkonferenz aller beteiligten Fachärzte des Brustzentrums Münsterland die am besten geeignete Therapie für Sie bestimmt werden. Qualitätskontrolle Alle zur Auswahl stehenden Behandlungsprofile Ihrer Erkrankung orientieren sich an international gültigen Therapieempfehlungen, die auf den neuesten Forschungsergebnissen beruhen und darüber hinaus den sogenannten S3 Leitlinien der deutschen Krebsgesellschaft entsprechen. Damit die Behandlungsempfehlungen jederzeit garantiert von der höchstmöglichen Qualität sind, wird jeder einzelne Konferenzteilnehmer ständig bezüglich seiner ärztlichen Kompetenz und Weiterbildung überwacht. Der histologische Befund, der vom Pathologen erhoben wird, setzt sich aus folgenden Bausteinen zusammen: Tumorgröße und Tumorausdehnung Tx = Tumor ist nicht genau zu beurteilen T0 = Es ist kein Tumor nachweisbar T1 = Tumor ist kleiner als 2 cm T2 = Tumor ist 2 bis 5 cm groß T3 = Tumor ist größer als 5 cm T4 = Tumor ist auf Haut und/oder Brustmuskulatur ausgedehnt Tis = Tumor in situ, also nicht invasiv Sind Lymphknoten befallen? Nx = Lymphknoten sind nicht genau zu beurteilen N0 = keine befallenen Lymphknoten N1 = Lymphknoten von Krebszellen befallen N2 = wie N1, zusätzlich mit anderem Gewebe verwachsen Sind bereits Metastasen vorhanden? Mx = Metastasenbildung nicht zu beurteilen M0 = keine Metastasen nachweisbar M1 = Metastasen nachweisbar Sind diese Werte bestimmt, kann der Schweregrad Ihrer Erkrankung in ein grobes Raster eingeordnet werden. Die Pathologen ergänzen das TNM-Schema um die Angabe G. Sie informiert über die Struktur der Zellen und des Brustgewebes. Je differenzierter ein Tumor, desto gutartiger ist er und desto niedriger ist die ihm zugeordnete Ziffer. Wie gutartig ist bzw. wie aggressiv wächst der Tumor? Gx = Beurteilung ist nicht möglich G1 = die Zellen sind gut differenziert und denen der normalen Brust noch ziemlich ähnlich G2 = die Zellen sind nur noch mäßig differenziert und gelten als entartet G3 = die Zellen sind schlecht differenziert und gelten als stark entartet 12

Wie empfindlich reagiert der Tumor auf Hormone? Bei 70 bis 80 Prozent aller Frauen reagieren die Tumorzellen mehr oder weniger stark auf Hormone, die sie zum Wachstum anregen. Krebszellen, die diese Eigenschaft zeigen, werden als Hormonrezeptorstatus positiv bezeichnet. Diese Hormonrezeptoren sind passgenaue Andockstationen für die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron. Je sensibler die Zellen auf diese Botenstoffe reagieren, desto günstiger ist der Krankheitsverlauf, weil Krebszellen gut auf eine Behandlung mit Antihormonen oder Aromatasehemmern ansprechen. Das sind Medikamente, die die Ausschüttung der jeweiligen Hormone im Körper unterdrücken. Die Untersuchung auf den Hormonrezeptorstatus wird vom Pathologen durchgeführt. HER2-neu Wenn diese genetische Information für die Bildung eines bestimmten Rezeptors vermehrt in Ihren Tumorzellen vorhanden ist, werden deutlich mehr HER2-neu- Rezeptoren auf der Zelloberfläche ausgebildet als bei normalen Zellen. Diese Besonderheit weist auf ein schnelleres Zellwachstum hin und geht mit einer schlechten Prognose einher. Es besteht jedoch die Möglichkeit, durch die Gabe eines speziellen Antikörpers diese Rezeptoren auszuschalten und das Immunsystem so zu stimulieren, dass es die Krebszellen angreift. Der Pathologe ermittelt Ihren Hormonrezeptorstatus anhand einer Gewebeprobe und gibt das Testergebnis mit einem Score-Wert von 0 bis 3 an. negativ = 0, die Anzahl der HER2-neu- Rezeptoren ist unauffällig. positiv = 1+, 2 + und 3 + Bei einem Messergebnis 1+ und 2 + wird mit einem sogenannten FISH-Test genauer geprüft, ob die Antikörperbehandlung angezeigt ist. Bei einem dreifach positiven Ergebnis (3 +) wird die Behandlung mit Antikörpern umgehend angesetzt. Notizen 13

Therapie Ein tiefer Schnitt Für fast alle Frauen markiert die Brustoperation ein einschneidendes Ereignis in zweifacher Hinsicht. Zum einen im ganz wörtlichen Sinn, denn die Behandlung wird mit sicht- und fühlbaren körperlichen Folgen einhergehen. Zum anderen besiegelt sie den Beginn eines neuen, ungeplanten Lebensabschnittes. Vielleicht hadern auch Sie mit Ihrem Schicksal und mit dem möglichen Verlust Ihrer Brust. Solche Gedanken sind natürlich, aber nicht hilfreich. Versuchen Sie, die Operation als wichtige Therapieeinheit zu sehen. Denn die sorgfältige Entfernung des entarteten Gewebes ist der erste Schritt in Richtung Heilung. Darüber hinaus haben sich die medizinische Sicht auf Brustkrebs und damit auch der chirurgische Ansatz grundlegend gewandelt. Bis vor einigen Jahren galt Brustkrebs noch als eine Organerkrankung, die mit möglichst radikalen Operationsmethoden behandelt wurde. In der Zwischenzeit werden die invasiven Brustkrebsarten als systemisch, also den gesamten Körper betreffend betrachtet und entsprechend behandelt. Die chirurgischen Behandlungsmethoden sind schonender und vielfältiger geworden. Sie alle verfolgen aber zwei Ziele: Einerseits muss der Tumor vollständig entfernt werden, um zu verhindern, dass er weiter wächst und möglicherweise streut. Andererseits müssen auch diejenigen Krebszellen abgetötet werden, die möglicherweise schon in Ihrem Körper unterwegs sind. Daher wählen Ihre Ärzte ein Operationsverfahren, das mit Blick auf Ihre ganz individuelle Erkrankung dasjenige mit den besten Erfolgsaussichten ist. Wir erläutern Ihnen im Folgenden die gängigsten chirurgischen Methoden. Sprechen Sie mit Ihrem Operateur im Vorfeld auch unbedingt über Ihre Ängste und Wünsche, denn nur so kann die für Sie erträglichste Lösung gefunden werden. Brust erhaltende Operation (BET) Für diese Operationsart müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Ein entscheidender Faktor hierbei ist das Verhältnis zwischen der Größe der Brust und der Größe des zu entfernenden Brustdrüsengewebes. Denn der Tumor muss vollständig und mit ausreichendem Sicherheitsabstand zum gesunden Gewebe entfernt werden. Nur so kann verhindert werden, dass er weiter wächst, streut oder an derselben Stelle neu auftritt und damit ein sogenanntes Lokalrezidiv bildet. Eine zweite Voraussetzung ist, dass weder Haut noch Brustwand vom Tumor befallen sind. Um auch vereinzelten Krebszellen im Brustgewebe den Garaus zu machen, ist die Nachbestrahlung nach einer Brust erhaltenden Operation zwingend erforderlich. 14

Brustamputation (Ablatio mammae / Mastektomie) Es gibt Situationen, in denen die Brustamputation die beste chirurgische Behandlung ist, nämlich wenn der Tumor im Verhältnis zu Ihrer Brust so groß ist, dass eine Brust erhaltende OP nicht mit dem notwendigen Sicherheitsabstand möglich ist, in Ihrer Brust mehrere Krebsherde in unterschiedlichen Abschnitten entdeckt wurden, der Tumor die Haut oder den Brustmuskel bereits großflächig befallen hat, Sie ein sogenanntes inflammatorisches Mamma-Karzinom haben. Dabei werden die gesamte Brustdrüse, die Brustwarze und ein Großteil der Brusthaut entfernt. Sprechen Sie schon vor dem Eingriff mit Ihrem Operateur darüber, ob Sie zu einem späteren Zeitpunkt einen Brustaufbau wünschen oder lieber darauf verzichten möchten. Denn diese Entscheidung hat Folgen für die Operation: Für den Wiederaufbau mit einem Silikonimplantat oder körpereigenem Gewebe wird soviel wie möglich Ihrer natürlichen Brusthaut erhalten. Skin Sparing Mastektomie Bei diesem Verfahren, das mit Haut sparende Mastektomie übersetzt werden kann, wird lediglich das Brustdrüsengewebe komplett entfernt, aber der Hautmantel bleibt erhalten. Diese Operationsmethode erfolgt oft in Kombination mit einer Brustrekonstruktion. Allerdings ist sie nur bei besonders günstigen Ausgangssituationen möglich, da sie anderenfalls eine erhöhte Gefahr für ein Lokalrezidiv mit sich bringt. Brustaufbau Der Brustaufbau ist ein wesentlicher Baustein der chirurgischen Brustkrebstherapie. Er kann sowohl nach einer Brustamputation als auch nach einer Brust erhaltenden Operation angezeigt sein, bei der viel Gewebe entfernt werden musste. Ziel ist es, das fehlende Gewebe zu ersetzen und ein harmonisches Gesamtbild mit der gesunden Brust wieder herzustellen. Ob mit Silikonimplantaten oder mit körpereigenem Haut- und Muskelgewebe vom Rücken oder Unterbauch es gibt viele unterschiedliche Methoden für einen operativen Wiederaufbau der Brust. Welches Vorgehen in Ihrem Fall ideal ist, werden wir in einem ausführlichen Gespräch mit Ihnen erörtern. 15

Therapie Lymphknoten Wie oben schon beschrieben, dienen die Lymphknoten als eine Art Filterstation für Gewebswasser. Sie halten Krankheitserreger zurück und fangen Krebszellen auf Wanderschaft ab. Dabei sind für jede Körperregion eigene Lymphknoten zuständig. Diejenigen für die Brust liegen in der Achselhöhle, im Bereich des Schlüsselbeins und seitlich unter dem Brustbein. Entfernung von Lymphknoten der Achselhöhle (Axilladissektion) Weil die Brustkrebszellen meistens in die Lymphknoten der Achselhöhle auf der betroffenen Körperseite wandern, werden diese zur Sicherheit bei der Operation gleich mit entfernt. Diesen chirurgischen Therapieschritt bezeichnet man als Axilladissektion. Wird die Brust komplett entfernt, geschieht dieses meist durch den bereits vorhandenen Hautschnitt. Bei einer Brust erhaltenden Operation ist je nach Lage des Tumors möglicherweise ein zusätzlicher Schnitt in der Achselhöhle erforderlich. Weil dieser Eingriff gewisse Risiken und lebenslange Komplikationen mit sich bringen kann, wie Schmerzen, Taubheitsgefühle, Bewegungseinschränkungen im Schulter-Arm-Bereich und die Stauung von Gewebswasser im Arm, ist man zu schonenden Vorgehensweisen übergegangen: Sofern es medizinisch vertretbar ist, werden nicht mehr alle, sondern nur noch ein Teil der Lymphknoten entfernt. 16

Wächterlymphknoten-Entfernung (Sentinel-node-Biopsie) Diese neue Methode geht sogar noch behutsamer vor. Als Wächterlymphknoten (engl. Sentinel node) wird derjenige Lymphknoten bezeichnet, der als erster im Abflussgebiet des Gewebswassers eines bösartigen Tumors liegt. Falls Tumorzellen bereits in die Lymphbahn gewandert sind, sind sie in 95 bis 98 Prozent der Fälle zuerst dort zu finden. Weil der Wächterlymphknoten bei jeder Frau an einer anderen Stelle liegt, muss er mit einer speziellen Markierung aufgespürt werden. Dazu wird ein radioaktiver Eiweißstoff um den Tumor oder um die Brustwarze herum gespritzt. Diese Substanz wandert über die Lymphbahnen in die Achselhöhle und wird in einem, manchmal auch mehreren Lymphknoten gespeichert, die damit als Wächterlymphknoten identifiziert worden sind. Weil die Methode der Wächterlymphknotenentfernung noch sehr neu ist, müssen zu ihrer Anwendung ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die wir vor der Operation mit Ihnen besprechen werden. 17

Therapie Strahlentherapie Beispiel für die Planung einer Dosisverteilung bei der Bestrahlung eines Mammakarzinoms Vielen Menschen sind Strahlen unheimlich, weil sie unsichtbar sind. Tatsächlich aber ist ihre Wirkung auf den menschlichen Körper sehr sorgfältig erforscht und dokumentiert. Im Gegensatz zu vielen Medikamenten kann man ihre Dosierung mit physikalischen Methoden äußerst genau planen und ihre Effekte präzise messen. Strahlentherapie auch Radatio genannt funktioniert mittels unterschiedlicher energiereicher Strahlenarten, deren Wirkungsweise im Gewebe ähnlich ist: Sie stören oder verhindern die weitere Zellteilung des Tumors und geringfügig auch die des umliegenden normalen Gewebes. Denn Krebszellen reagieren empfindlicher als andere Körperzellen auf diese spezielle Art der Röntgenstrahlung. Das Ziel der Bestrahlung besteht darin, die nach der Operation möglicherweise noch vorhandenen Krebszellen oder deren Vorläufer zu zerstören. Nach einer Brust erhaltenden Operation ist die anschließende Bestrahlung an der Tagesordnung. Sie kann in einzelnen Fällen aber auch nach einer Brustabnahme notwendig sein, um dem Risiko eines erneuten Krebswachstums vorzubeugen. Frühestens wenn die Operationswunden verheilt sind, kann die Bestrahlung beginnen. Wenn eine Chemotherapie geplant ist, findet die Bestrahlung in der Regel im Anschluss daran statt. Wie läuft die Strahlentherapie ab? Für höchste Heilungschancen bei möglichst geringen Nebenwirkungen für das umliegende gesunde Gewebe, berechnen Medizinphysiker vor Ihrer Bestrahlung die perfekte Dosisverteilung für Ihre spezielle Situation. Die unterschiedlichen Bestrahlungsfelder werden hierbei so angeordnet, dass der Tumor zwar mit der notwendigen Dosis bestrahlt, das gesunde Gewebe aber weitgehend geschont wird. Dazu fertigen wir vor der ersten Bestrahlung zunächst eine Computertomografie (CT) Ihres Brustbereiches an, auf deren Grundlage im Computer ein dreidimensionales Modell dieses Körperabschnittes erstellt wird. Darin bestimmt der Arzt genau das Gewebe, das während der Therapie bestrahlt werden soll das sogenannte Zielvolumen und grenzt es von den zu schonenden Organen ab. Arzt und Physiker ermitteln anschließend gemeinsam die günstigste Anordnung des Gerätes und die ideale Lagerung Ihres Körpers. Damit diese komplizierten Einstellungen bei jeder täglichen Behandlungssitzung gleich sind, werden die Referenzpunkte zur Bestrahlungsplanung mit speziellen Filzschreibern und Klebemarkierungen auf Ihrer Haut festgehalten. Diese Markierungen dürfen auf keinen Fall entfernt oder abgewaschen werden, denn sie stellen sicher, dass jedes Mal exakt an derselben Stelle bestrahlt wird. Anschließend erstellt ein speziell ausgebildeter Medizinphysiker den Bestrahlungsplan. Er legt die erforderliche Strahlendosis im Zielgebiet, die jeweilige Tagesdosis, die dafür erforderliche Bestrahlungszeit und die Gesamtdauer der Therapie fest. Diese Arbeit kann mehrere Tage in Anspruch nehmen. Die Strahlentherapie dauert etwa sechs Wochen und findet jeweils an den Werktagen statt. Die einzelnen Sitzungen dauern nur wenige Minuten. 18

Welche unerwünschten Nebenwirkungen können auftreten? Eine Strahlenbehandlung ist heute aufgrund der aufwändigen apparativen Ausstattung vollkommen schmerzfrei, sicher, effektiv und zugleich schonend. Auch von Ihnen selbst geht nach einer Strahlentherapie keine Strahlung aus. Sie können also ganz normal mit Ihren Angehörigen umgehen und müssen nicht auf den Besuch von Freunden oder Verwandten verzichten. Dennoch lassen sich einige Nebenwirkungen nicht ganz verhindern. Sie treten aber, weil die Strahlentherapie örtlich begrenzt ist, lediglich in der Körperregion auf, die bestrahlt wird. Sie zeigen sich in Form von sonnenbrandähnlichen Hautreaktionen, Pigmentflecken und Bildung kleiner Narben im Brustgewebe. Prinzipiell aber gilt, dass Sie nicht unnötig unter den Beschwerden zu leiden brauchen. Viele Nebenwirkungen können wir mit Medikamenten inzwischen gut behandeln. Wenden Sie sich damit einfach an Ihren Arzt! Im schlimmsten Fall unterbrechen wir Ihre Bestrahlung für einige Tage. Mit großer Vorsicht zu behandeln Da die bestrahlte Haut mechanischen Reizen gegenüber sehr empfindlich reagiert, sollte sie während und einige Wochen nach der Bestrahlung nicht beansprucht werden. Verzichten Sie in dieser Zeit örtlich auf die Benutzung von: Seifen Bürsten Deosprays Wärmebehandlungen Pflaster Scheuernde Kleidung (vor allem aus Kunstfaser) Sonne / Solarium Während der Bestrahlungsbehandlung können Sie Ihre Haut mit Babypuder pflegen. Wenn die Haut juckt oder sich rötet, sprechen Sie bitte mit der betreuenden radiologischen Assistentin (MTRA) darüber. Sie kann Ihnen Abhilfe verschafften. Waschen Sie sich während der Bestrahlung bis zum völligen Abklingen der Hautreaktionen nur mit lauwarmen Wasser ohne Seife, ohne dabei die Einzeichnungen auf der Haut abzuwischen. Das Gute ins Visier nehmen Vielleicht hilft es Ihnen ja auch, wenn Sie versuchen, selbst den unangenehmen Begleiterscheinungen etwas Positives abzugewinnen: Diese Therapie gibt Ihnen schließlich die Chance, den Krebs in den Griff zu bekommen! Diese optimistische Haltung zieht den Beschwerden ihren Stachel und ist ein starker Verbündeter für Sie und uns im Kampf gegen die Tumorerkrankung! 19

Therapie Chemotherapie Wenn wir vermuten, dass im Körper Krebszellen unterwegs sind, die weder durch die Operation noch durch die Strahlentherapie erreicht und vernichtet werden können, setzen wir Medikamente ein, die diese Aufgabe erfüllen sollen, indem sie wie die Strahlentherapie eher entartetes als gesundes Gewebe angreifen. Per Infusion verabreicht, verteilen sie sich über die Blutbahnen im gesamten Körper, weshalb man diese Methode als systemische Therapie oder Chemotherapie bezeichnet. Sie soll die Krebszellen im Körper vernichten und verhindern, dass diese Metastasen bilden. Bei den Medikamenten handelt es sich um Zellgifte, sogenannte Zytostatika. Sie machen sich bestimmte Eigenschaften von Krebszellen zunutze, um sie anzugreifen und auszulöschen. Zum Beispiel die Tatsache, dass die Zellen bösartiger Tumoren schneller wachsen als gesunde Zellen und sich daher auch häufiger teilen. Die entsprechenden Medikamente greifen die Zellen in einer sensiblen Phase ihrer Teilung an und zerstören sie dadurch. Weil diese Wirkung Zellen des ganzen Körpers einschließt, werden auch gesunde Zellen, die sich häufig teilen in Mitleidenschaft gezogen, wie die Haarwurzeln und das Knochenmark. Die Folgen sind der gefürchtete Haarausfall, Immunschwäche, Magen-Darm-Beschwerden und bleierne Müdigkeit (siehe unten Nebenwirkungen ). Wie läuft eine Chemotherapie ab? Die gute Nachricht vorab: In den meisten Fällen brauchen Sie nicht in der Klinik zu bleiben, sondern können die Infusionen im Abstand von zwei bis vier Wochen ambulant bekommen und anschließend wieder nach Hause gehen. Weil die Chemotherapie ganz genau auf Ihre spezielle Erkrankung zugeschnitten ist, klären wir in einem ausführlichen Gespräch mit Ihnen wie oft, in welcher Dosierung und in welchen Abständen Sie die Medikamente verabreicht bekommen. Ihr Gesprächspartner ist entweder der für Sie zuständige Onkologe oder ein entsprechender Spezialist aus der behandelnden Klinik. 20

Welche unerwünschten Nebenwirkungen können auftreten? Haarverlust Die eigentlich harmloseste, aber von vielen Frauen am meisten gefürchtete Nebenwirkung der Chemotherapie ist der Haarverlust. Da die Medikamente sämtliche Zellen schädigen, die sich gerade in der Teilung befinden, werden auch die Zellen der Haarwurzel angegriffen und abgetötet. Das führt für die Dauer der Behandlung zum Haarausfall. Nach der Therapie wachsen die Haare innerhalb kurzer Zeit wieder nach. Weil der Haarverlust stark emotional besetzt und deshalb ein sehr wichtiges Thema ist, besprechen wir schon im Therapieplanungsgespräch, wie Sie die haarlose Zeit überbrücken wollen. Das Wichtigste ist, dass Sie sich wohl fühlen. Wenn Sie eine Perücke tragen wollen, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, sie anfertigen zu lassen. Die Kosten dafür trägt in der Regel die Krankenkasse. Als Alternative zum künstlichen Haar bieten sich auch modische Mützen oder kunstvoll geknotete Tücher an. Veränderungen des Blutbildes Besonders empfindlich reagiert das Knochenmark auf die Therapie. Es ist für die Blutbildung zuständig. Die Auswirkung der Therapie kann an der Zahl der weißen Blutkörperchen im Blut gemessen werden. Sinkt sie auf ein Minimum ab, muss die Behandlung unterbrochen werden. Denn in diesem Fall ist das Immunsystem beeinträchtigt und muss vor eventuellen Infektionen geschützt werden. Übelkeit und Brechreiz Reizungen der Magenschleimhaut können Übelkeit und Erbrechen auslösen. Abhilfe schaffen spezielle Medikamente (Antiemetika), die in Form von Tabletten oder einer Infusion vor den Zytostatika verabreicht werden. Je nach Präparat unterbrechen sie die Signalkette für den Brechreiz oder unterstützen den Magen-Darm-Trakt in seiner Funktion. Solche Medikamente gegen Übelkeit sind mittlerweile ein fester Bestandteil jeder Therapie. Hormonelle Veränderungen Bei vielen Frauen setzt während der Behandlung die Menstruation aus oder unterbleibt möglicherweise ganz. In manchen Fällen führt das sogar zu typischen Wechseljahrsbeschwerden. Dennoch sollten Sie zu jedem Zeitpunkt für eine sichere Verhütung sorgen, damit Sie während der Chemotherapie nicht schwanger werden. Notizen Sensibilitätsstörungen In Einzelfällen können auch Nerven in Armen und Beinen durch die Gabe von Zytostatika angegriffen werden. Diese Nervenschädigungen (Neuropathien) äußern sich mit Kribbeln oder Taubheitsgefühlen in Händen oder Füßen und gehen in der Regel nach Therapieende wieder langsam zurück. Mit zentral wirksamen Medikamenten kommt man diesen unangenehmen Begleiterscheinungen aber gut bei. Chronische Müdigkeit (=Fatigue) Viele Patientinnen klagen im Lauf der Therapie über eine alles umfassende Erschöpfung von Körper und Geist, die jede alltägliche Verrichtung zur Herausforderung werden lässt. Diese ganzheitliche Müdigkeit kann vielfältige Ursachen haben, die genau abgeklärt werden müssen, um wirkungsvoll dagegen anzugehen. Sprechen Sie mit Ihren betreuenden Ärzten und Schwestern darüber, wie Sie die Chemotherapie vertragen. In den meisten Fällen verbessert schon ein zusätzliches Medikament oder eine Dosisänderung Ihre Lebensqualität beträchtlich. 21

Therapie Hormontherapie Genau wie die Chemotherapie wird die Hormontherapie als Ergänzung zu Operation und Bestrahlung eingesetzt, um eventuell im Körper verbliebene Tumorzellen zu erreichen. Es ist nachgewiesen, dass viele Tumoren der weiblichen Brust hormonabhängig sind (siehe Seite 13) und schneller wachsen, wenn sie mit den weiblichen Geschlechtshormonen im Blut in Berührung kommen. Genau hier setzt die Hormontherapie an: Sie hemmt das Tumorwachstum des Hormonrezeptor-Status-positiven Brustkrebses, indem sie ihm seine Wachstumsgrundlage entzieht entweder, indem die Hormonproduktion ausgeschaltet wird oder durch eine gezielte Blockade der Hormonrezeptoren. Wie läuft eine Hormontherapie ab? GnRH-Analoga Bei diesem Medikament handelt es sich um ein Hormon, das die Östrogenproduktion der Eierstöcke für die Dauer der Behandlung ausschaltet. Damit wird eine vergleichbare Wirkung erzielt wie bei der zu früheren Zeiten üblichen operativen Entfernung der Eierstöcke. Die Therapie mit GnRH- Analoga wird als Vier-Wochen-Spritze verabreicht und vor allem bei Frauen eingesetzt, denen die Wechseljahre noch bevorstehen. 22

Antikörpertherapie Anti-Östrogen (Tamoxifen) Einige Tumorzellen besitzen kleine Antennen (Hormonrezeptoren), die das Vorhandensein von Östrogenen registrieren und reagieren darauf mit Wachstum. Anti-Östrogene blockieren diese Antennen in ihrer Funktion, sodass die Zellen nicht mehr zum Wachstum angeregt werden. Die Gabe eines Anti-Hormons wird nach Eintritt der Wechseljahre angewendet und muss von der Patientin täglich über fünf Jahre in Form einer Tablette eingenommen werden. Aromatasehemmer Auch wenn die Eierstöcke nach den Wechseljahren die Östrogenproduktion eingestellt haben, wird das Hormon noch von einigen anderen Körpergeweben produziert. Verantwortlich dafür ist ein bestimmtes Enzym namens Aromatase, das nach dem Eintritt der Wechseljahre vor allem im Fettgewebe und in der Nebennierenrinde gebildet wird. Bei einer Therapie mit Aromatasehemmern wird dieses Enzym gezielt blockiert und damit die Bildung von Östrogenen verhindert. Vorraussetzung für den Einsatz von Aromatasehemmern ist, dass sich die Patientin in den Wechseljahren befindet. Die übliche Darreichungsform sind Tabletten. Diese Therapie mit dem Wirkstoff Trastuzumab eignet sich nur bei 25 bis 30 Prozent der Frauen. Voraussetzung ist, dass die Krebszellen über HER2-neu-Rezeptoren verfügen und damit hormonempfindlich sind (siehe Seite 13). Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob diese Behandlung für Sie in Frage kommt. Welche unerwünschten Nebenwirkungen können auftreten? Jeder Eingriff in das weibliche Hormonsystem kann Beschwerden auslösen, die von den Wechseljahren bekannt sind: Hitzewallungen, Schweißausbrüche Schlafstörungen Stimmungsschwankungen Abnahme der sexuellen Lust Verminderung der Scheidenfeuchtigkeit Depressionen Schmerzen in Muskeln und Gelenken Erhöhtes Thromboserisiko Während einer Hormontherapie sollten Sie sich zweimal im Jahr von Ihrem Frauenarzt untersuchen lassen. Wenn Sie unter Nebenwirkungen leiden, teilen Sie ihm diese mit, um gemeinsam Linderungsmöglichkeiten Ihrer Beschwerden zu finden. 23