Die Geheimnisse des Ökostroms oder: Was wird uns eigentlich alles als grün verkauft? Dr. Tim Meyer, Grünstromwerk Niedersächsische Energietage 09.10.2014
Grünstromwerk: Wir vermarkten Solarstrom! Börsenvermarktung Vor-Ort-Vermarktung Sonstige Direktvermarktung Direktvermarktung nach Marktprämienmodell Belieferung ohne Netzdurchleitung Belieferung mit Netzdurchleitung MARKTPRÄMIE MIETERSTROM REGIONALTARIFE 2
Ökostrom ist auch als Endkundenprodukt der Nische längst entwachsen Angebote für jede Anwendung in verschiedenster Qualität Haushalte & Gewerbe Mobilität Dienstleistungen über 800 Anbieter auf dem Markt Ca. 5,75 mio Kunden oder jeder siebte Haushalt bezieht Ökostrom (E&M-Umfrage, Daten von 2013) Ca. 7% des Bruttostromverbrauches werden als Ökostrom ausgeliefert (UBA, Daten von 2012) 3
Kunden wissen, was sie von Ökostromtarifen erwarten UND GRÜNSTROMWERK WOLLTEN WISSEN: WOHER KOMMT DER ÖKOSTROM? Befragung von über 2.200 Ökostromkunden Auswertung mit Marktforschungsinstitut MM Eye BEDEUTUNG DER STROMHERKUNFT Ökostromtarife sollen Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland fördern (76,9%) Die Anbieter sollen unabhängig von der Atomund Kohleindustrie sein (76,5%) Produktionsanlagen werden transparent ausgewiesen (62,9%) Ökostrom soll aus Deutschland, möglichst aus der Region kommen (57,0%) (die vollständige Auswertung erhalten Sie unter www.gruenstromwerk.de) 4
Was tatsächlich geliefert wird, bleibt jedoch häufig unklar Werbeversprechen 100 % Strom aus erneuerbaren Energien Dieser Strom kommt aus regenerativen Quellen unserer Region. 100 % erneuerbare Energien in Ihrer Region Beworbener Sachverhalt 100% WASSERKRAFT In der Regel aus Skandinavien, seltener aus alten Kraftwerken in Österreich oder Deutschland BEZUG AUF NETZEINSPEISUNG (EEG) In unser Netz speisen aktuell vier Betriebe mit Biomasse und drei mit Wasserkraft ein, sowie [ ] 4 Windräder und 945 Photovoltaikanlagen. OHNE WEITEREN BEZUG ZU REGIONALITÄT Wir wissen auch nicht, was es damit auf sich hat unser Ökostrom unterscheidet sich regional nicht. (Kundenservice des Anbieters) Ökostrom made in [ ] BEZUG AUF SITZ DES ANBIETERS Ökostrom von regionalem Anbieter Belieferung mit 100% grünem Strom bei zeitgleicher Erzeugung und Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland REGIONALE NUTZUNG MARKTPRÄMIE Regionale EEG-Anlagen werden beim Anbieter nach Marktprämie vermarktet - aber kein regionaler Ökostrom nach Stromkennzeichnungsverordnung 5
EEG Das EEG trennt Ausbau erneuerbarer Energien und Ökostrombezug durch Endkunden. Ökostrom stammt heute zu >90% aus Skandinavien Ökostromproduktion in Deutschland Ökostromverbrauch EEG-geförderte Stromproduktion aus neuen Anlagen darf nicht als Ökostrom verkauft werden. Im Stromhandel gilt er als Graustrom ( Doppelvermarktungsverbot ) Der EEG-Strom wird von allen Kunden über die EEG-Umlage finanziert und über die Stromrechnung als Strom aus erneuerbaren Energien, gefördert nach EEG ausgewiesen Hoch erfolgreiches Ausbaumodell, jedoch ohne Anbindung an Ökostrommarkt Die Nachfrage wird aus bestehenden Wasserkraftwerken in Skandinavien, Österreich und Deutschland gedeckt Der Nachweis erfolgt über Herkunftsnachweise (HKN). Der HKN-Handel ist unabhängig von physikalischer Produktion Im Gegenzug beziehen beispielsweise Kunden in Norwegen beziehen heute <30% norwegische Wasserkraft und >70% deutschen Atom- und Kohlestrom Jeder Stromkunde erhält für gezahlte EEG-Umlage anteilig deutschen Ökostrom (~28 %) Ökostromkunden werden zu >90% aus skandinavischer Wasserkraft beliefert 6
Übersicht Was kann Ökostrom zukünftig leisten? Erste Erfahrungen mit Regionalstrom 7
Viele Kundenversprechen und politische Gründungsziele von Ökostromprodukten können heute kaum eingelöst werden Rebellion Akzeptanz Verbreitung Ziele: Unabhängigkeit von Atom- und Kohlekonzernen Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien Produkte: Hochwertige Stromlabels, i.d.r. auf Basis von Wasserkraft, oft mit Fördercent EWS Lichtblick Greenpeace Energy Naturstrom entega Tchibo Löwenzahn energie Discounter Energie.de extraenergie Innovation?? 1994 1999 2010 2013 8
Das Dilemma wird auch öffentlich diskutiert viele Marktakteure suchen nach neuen Wegen Branchenanalyse Beispielhafte Diskussionsbeiträge Umweltbundesamt (2013) Marktanalyse Ökostrom Süddeutsche, 17. März 2014 FAZIT: Neben der Förderwirkung des EEG verblasst die Wirkung des freiwilligen Hamburg-Institut (2013) Evaluation OK Power im Auftrag Energievision e.v. Ökostrommarktes WDR Markt, 23. Juni 2014 9
Der Gesetzgeber soll per Verordnung zum EEG2014 neue Regeln setzen Zieldefinition steht noch aus Mögliche Ziele verschiedener Akteure für den freiwilligen Ökostrommarkt Gesetzgeber Reduktion der EEG-Umlage Keine Doppelvermarktung Kostengünstiger Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland Minimierung Netzausbaubedarf Beitrag zur Systemintegration (über verpflichtende Direktvermarktung hinaus?) Verordnungsermächtigung gem 95(6) EEG Ökostromanbieter & Zertifizierer Erhalt und Ausbau des aufgebauten Marktes und Geschäftes Erhalt von Differenzierungsmöglichkeiten (auf Unternehmensund/oder Produktebene) Aufbau neuer Marktsegmente mit innovativen Produkten Endkunden Gutes Gewissen Einfachheit / keine Überforderung Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland Unabhängigeit von Atomund Kohleindustrie Transparenz Bezug aus regionalen Ökostromquellen 10
Übersicht Was kann Ökostrom zukünftig leisten? Erste Erfahrungen mit Regionalstrom 11
Grünstromwerk hat sich als innovativer Anbieter mit neuartigen Produktmerkmalen positioniert Positionierung Regionalstrom SOLAR25 Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland Regionale Ausbaugarantie: 1000 Kunden = 1 Solarkraftwerk Unabhängigeit von Atomund Kohleindustrie Finanzierung über unabhängige Gesellschafter Transparenz Transparente Kriterien und Kommunikation, Ausweisung Lieferkraftwerke, TÜV-Zertifikat Bezug aus regionalen Ökostromquellen 25% Solarstrom aus regionalen Kraftwerken Aufbau neuer Marktsegmente mit innovativen Produkten Echte Regionalität als Differenzierung 12
Erste Regionaltarife in Mittelthüringen und der Nordoberpfalz wurden etabliert Übersicht Regionalstrom Nordoberpfalz 25% Solarstrom aus dem Solarpark Speichersdorf 75% Wasserkraft (Herkunft: Skandinavien) Jeder Kunde verbessert Wirtschaftlichkeit des Solarparks Speichersdorf und bietet Möglichkeit zur Realisierung weiterer Solarparks durch die Neue Energien West eg (NEW) trotz sinkender EEG-Vergütung Strommix und regionale Herkunft vertraglich gesichert und TüV-geprüft Regionale exklusive Partnerschaft zwischen NEW eg und Grünstromwerk 13
Die regionale Presse nimmt die neuen Angebote gut auf Auszug regionale Presse- und Fernsehbeiträge, Beispiel Mittelthüringen Fernsehbeitrag MDR 14
Trotz hoher Transparenz und klarer Kommunikation gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen Kundenaussage Sie haben doch jetzt diesen Regionalstrom beim Stadtwerk Wahrnehmung SITZ DES ANBIETERS Kunde bezieht sich auf den Sitz des Anbieters (Partnerschaft mit Stadtwerk) und nicht auf das Produkt EON ist ein riesiger Konzern, ich wechsle gerne zu einem regionalen Anbieter SERVICE UND PERSÖNLICHER KONTAKT Kunde bevorzugt die Nähe und den persönlichen Kontakt, nicht das Produkt Endlich kann ich meinen eigenen Strom beziehen. EIGENINTERESSE BETREIBERGENOSSENSCHAFT Kunde ist selber über Energiegenossenschaft an Produktionsanlage beteiligt und profitiert emotional und finanziell vom Bezug des Stromes (nur Genossen) Endlich mal ein neues Konzept für Ökostrom INNOVATION Kunde ist gut zu Ökostrommarkt informiert und kannte die Schwächen etablierter Konzepte 15
Fazit: Wettbewerb und Innovation benötigen Transparenz Chance durch Ökostrommarktmodell Prämissen für eine erfolgreiche Regulierung des Ökostrommarktes Herstellung eines geeigneten Wettbewerbsumfeldes: schärfere Definition und Überwachung zulässiger Werbeaussagen bzgl. Stromqualitäten Transparente Zieldefinition und -überwachung: Jede Vermarktung von gefördertem EEG-Strom muss klare Ziele verfolgen und an strenge Kriterien geknüpft werden Sicherstellung von Fördereffizienz: Der Mehrwert eines Ökostrommarktmodells für das Energieversorgungssystem muss größer sein als der Aufpreis, den Stromkunden für deutsche Ökostrommengen zahlen Vermeidung von Fehlanreizen: die Nutzung des Ökostrommarktmodells darf nicht kostengünstiger sein als heute gängige Beschaffungsalternativen (z.b. skandinavische Wasserkraft) Wettbewerb braucht Transparenz Nur Transparenz schafft Vertrauen und die Möglichkeit für Verbraucher, bewusste Entscheidungen zu treffen 16
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit GRÜNSTROMWERK GmbH Oberhafenstraße 1 20097 Hamburg Fax +49 (0) 40 33 44 378-111 Dr. Tim Meyer Martin Voigt Tel. +49 (0) 40 33 44 378-101 Mob. +49 (0) 160 5825729 Tel. +49 (0) 40 33 44 378-100 Mob. +49 (0) 151 40751198 meyer@gruenstromwerk.de voigt@gruenstromwerk.de 17