Die Zeugen der Anklage 17 Überlebende traten in den Zeugenstand. Auf ihre Aussagen stützte sich die Anklage, von ihrer Glaubwürdigkeit hing die Verurteilung der Angeklagten ab. Sie schilderten die unmenschlichen Lebensbedingungen, die alltäglichen Misshandlungen und andere Verbrechen. KZ-Gedenkstätte Neuengamme Reproduktion nicht gestattet
2 Die Zeugen der Anklage
Die Zeugen der Anklage 3 Obwohl die Beweisführung im Prozess ausschließlich auf den Aussagen der Zeugen beruhte, fanden diese in der Presse nur wenig Beachtung. Nach britischem Recht waren die Zeugen nur für ihre Aussage zum Prozess zugelassen und durften an der Urteilsverkündung nicht teilnehmen. Diese Aufnahme von Hans Schwarz, Harold Le Druillenec, Marcel Prenant und Albin Lüdke (von links nach rechts) im März 1946 ist das einzige überlieferte Foto von Zeugen im Prozess. Foto: unbekannt. (apabiz)
4 Die Zeugen der Anklage Aussagen der folgenden Zeugen sind in der Hörstation nachgesprochen: Albin Lüdke Der 1907 in Düsseldorf geborene Kommunist, von Beruf Maler, sagte als erster Zeuge der Anklage aus. Er war seit Juni 1940 im KZ Neuengamme inhaftiert und hatte als Funktionshäftling im Arbeitsdienst Einblick in die Lagerverwaltung. Philipp Jackson Der in den Vereinigten Staaten von Amerika geborene Franzose wurde im Juli 1944 zusammen mit seinem Vater in das KZ Neuengamme eingeliefert. Der damals 16-Jährige hatte gemeinsam mit seinen Eltern am französischen Widerstandskampf teilgenommen. Sein Vater starb am 3. Mai 1945 bei der Schiffskatastrophe in der Lübecker Bucht. Jan Everaert Der 1920 geborene Student war Mitglied einer Widerstandsgruppe belgischer Sozialisten. Er wurde im September 1941 in das KZ Neuengamme eingeliefert und arbeitete als Häftlingspfleger im Krankenrevier. Jacques de Grancey Der französische Brigadegeneral wurde aufgrund seiner Kontakte zu britischen Piloten verhaftet. Im Juli 1944 wurde er in das KZ Neuengamme gebracht und kam von dort in die Außenlager Salzgitter-Drütte und Husum- Schwesing.
Die Zeugen der Anklage 5 Marcel Prenant Der 1893 geborene Professor der Anatomie war in Frankreich Stabschef im bewaffneten Widerstand. Im Juni 1944 kam er in das KZ Neuengamme. Harold Le Druillenec Der Schulleiter von der britischen Kanalinsel Jersey wurde verhaftet, weil er einen sowjetischen Soldaten versteckt hatte. Er kam im September 1944 über das Stammlager Neuengamme in das Außenlager Alter Banter Weg in Wilhelmshaven. Michael Müller Der Fleischer aus Bayern, 1933 wegen Vorbereitung zum Hochverrat verhaftet, war seit September 1941 Häftling im KZ Neuengamme. Er war dort unter anderem Kapo in der Entlausung. Fritz Bringmann Der wegen Widerstandsaktionen verhaftete Lehrling kam im September 1940 als 22-Jähriger aus dem KZ Sachsenhausen ins KZ Neuengamme. Er arbeitete als Häftlingspfleger im Krankenrevier, unter anderem bei den sowjetischen Kriegsgefangenen, bis er 1942 zur II. SS-Baubrigade in das Außenlager Osnabrück überstellt wurde.
6 Die Zeugen der Anklage Mit Albin Lüdkes Zeugenaussage wurde am 18. März 1946 die Beweisführung der Anklage eröffnet. Er berichtete detailliert über die unmenschlichen Lebensbedingungen im KZ Neuengamme, über Lagerstrafen und Misshandlungen. Das Foto zeigt Albin Lüdke nach Kriegsende am Lagerzaun. Foto: unbekannt. (ANg, 1985-5575)
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8 Musterbeispiel Die Zeugen der Kolumnentitel Anklage Am 27. März 1946 berichtete der Zeuge Michael Müller, wie er von seinem Arbeitsplatz in der Entlausung die Vergasung von 197 sowjetischen Kriegsgefangenen mit Zyklon B im Arrestbunker beobachtet hatte. Die ebenfalls von dem Zeugen Albin Lüdke geschilderte Vergasung fand im September 1942 statt. Die Entlausung war im ersten Gebäude links untergebracht; direkt daneben ist der Arrestbunker zu sehen. Das Foto wurde vermutlich 1948 im Auftrag des Strafvollzugsamtes Hamburg angefertigt. Foto: unbekannt. (ANg, 1987-8158) Foto des Arrestbunkers vom 11. Dezember 1945 im Rahmen der britischen Ermittlungen. Foto: Sergeant Keith Lambert Edwards (TNA (PRO), WO 309/872)
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10 Musterbeispiel Die Zeugen der Kolumnentitel Anklage Fritz Bringmann und Jan Everaert hatten beide 1942 als Häftlingspfleger im Krankenrevier gearbeitet. Dort wurden sie Augenzeugen von Tötungen entkräfteter und schwerkranker Häftlinge durch Injektionen, die von Anfang 1942 bis zum Sommer 1943 erfolgten. Fritz Bringmann verweigerte den Befehl, die tödlichen Injektionen auszuführen. Der SS-Sanitätsdienstgrad Wilhelm Bahr nahm sie stattdessen selbst vor.
Musterbeispiel Die Zeugen Kolumnentitel der Anklage 11 Jan Everaert, vermutlich Ende der 1980-er Jahre. Foto: unbekannt. (ANg, 2001-4415) Fritz Bringmann im Frühjahr 1944, kurz bevor er aus der II. SS-Baubrigade in Bremen floh. Das Foto wurde von einem Kameraden mit einem in den Trümmern gefundenen Fotoapparat aufgenommen. (ANg, 1981-770)
12 Die Zeugen der Anklage N oublions jamais!, das Bulletin der französischen Amicale de Neuengamme. In der Ausgabe Nr. 6 vom August 1946 berichtete der Zeuge Marcel Prenant nach seiner Rückkehr über den Neuengamme-Prozess. Er stellte die einzelnen angeklagten SS-Männer vor und auch die Morde am Bullenhuser Damm am 20. April 1945 wurden von ihm angesprochen. (ANg)