Der Kathodische Korrosionsschutz (KKS) ist eine weit verbreitete Methode um Bauteile vor Bewehrungskorrosion

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Transkript:

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 1 Amir Asgharzadeh Michael Raupach Detlef Koch Majid Mahjoori Kathodischer Korrosionsschutz für Parkbauten mit carbontextilienbewehrtem Spezialmörtel Der Kathodische Korrosionsschutz (KKS) ist eine weit verbreitete Methode um Bauteile vor Bewehrungskorrosion zu schützen. Er hat sich im Verlaufe des letzten halben Jahrhunderts als ein bewährtes System für Schutz und Instandsetzung von Stahlbetonbauteilen insbesondere bei chloridinduzierter Korrosion etabliert. Dabei ist der Schutz der Stahlbewehrung durch Fremdstromanoden der derzeitige Stand der Technik. Die KKS Anoden können entweder als Punkt-, Linien- oder Flächenanoden mit Stromanschluss ausgeführt werden. Durch Anlegen einer elektrischen Spannung lässt sich an der Bewehrung eine Potentialverschiebung in kathodische Richtung erzielen und die anodische Eisenauflösung wird unterdrückt. Heutzutage wird aufgrund seiner Beständigkeit hauptsächlich beschichtetes Titanmischoxid als Anodenmaterial verwendet. Neue Materialien, wie z.b. Carbon, werden derzeit noch erforscht. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens wurden verschiedene Carbontextilien und Einbettmörtel hinsichtlich ihrer Eignung für den KKS untersucht /ASG15/. Diese Materialkombination ist aufgrund ihrer hohen mechanischen Eigenschaften und Leitfähigkeit besonders interessant. So bietet sich beispielsweise die Möglichkeit, die Vorzüge eines Textilbetons (Korrosionsverhalten, Rissverteilung, statische Verstärkung) auszunutzen. Über die vorstehenden Ansprüche hinaus soll das System wirtschaftlicher und schneller applizierbar sein als marktübliche Systeme und zusätzlich direkt befahrbar sein. Diese Studie soll dazu dienen, die Möglichkeiten von verschiedenen Einbettmörteln und Carbonanoden in Bezug auf ihre Eignung für den KKS auf befahrbaren Flächen in Parkbauten aufzuzeigen. Keywords Kathodische Korrosionsschutz, Textilbeton, Galvanostatische Versuche Seite 1

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 2 Cathodic protection for parking structures with carbon textile reinforced special mortar: Cathodic protection (CP) is a widely used method to protect steel reinforcements against corrosion. In the course of the last half century, it has been established as a proven system for repairing corrosionaffected reinforced concrete structures, which have mainly been damaged by chloride-induced corrosion. The impressed current anode system for the protection of steel in concrete is latest state of technology. The CP anodes can be embedded in mortar, as coating or distinct anode on the repair structure surface and exposed to external current. In this way, the potential of carbon steel is shifted in cathodic direction and the anodic dissolution of carbon steel is suppressed. The current densities on the surface of the reinforcement play a key role in the shifting of the potential in cathodic direction. Nowadays, Mixed Metal Oxide coated Titanium (MMO) is used as an anode material for CP due to its high durability under anodic polarization. Also other materials such as carbon fibers are being studied. Carbon textiles in combination with mortar, which provide high mechanical properties and are also conductive, have not been studied systematically so far. In this paper investigations are described, which have been carried out in order to evaluate the capabilities of different carbon-textile anodes and different mortar mixtures for the cathodic protection of steel in concrete. In order to evaluate the polarization behavior of carbon-textile in mortar, galvanostatic experiments were performed. Based on these experiments, current density-potential-curves were derived. Keywords Cathodic protection; textile reinforced mortar; galvanostatic 1 Kathodischer Korrosionsschutz mit Fremdstromanoden Um Betonstahl vor Korrosion zu schützen ist es notwendig, eine der beiden Korrosionsteilreaktionen derartig zu hemmen, dass die Korrosionsprozesse zum Erliegen kommen. Der Kathodische Korrosionsschutz (KKS) ist dabei den Verfahren zuzuordnen, die die anodische Teilreaktion unterbinden. Der KKS mittels Fremdstrom hat sich im Verlaufe des letzten halben Jahrhunderts als ein bewährtes System zum Schutz von Bauteilen vor Korrosion etabliert /Bae99/. Vorteil des KKS ist es, dass chloridhaltiger Beton nicht entfernt werden muss, und so eine nahezu zerstörungsfreie Instandsetzung möglich ist /Rau92/. Abbildung 1 verdeutlicht das Prinzip des KKS wie folgt: Durch die Einbettung von einer Inertanode wird die Bewehrung gezielt über eine Gleichstromquelle mit einem Fremdstrom beaufschlagt. Dieser Strom sorgt dafür, dass ein Elektronenüberschuss in der Bewehrung ge- Seite 2

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 3 neriert wird. Dadurch wirkt die gesamte Bewehrung nun kathodisch, da das elektrochemische Potential des Stahls in negative Richtung verschoben wird. Die Korrosionsprozesse kommen somit durch den eingebrachten Schutzstrom zum Erliegen oder werden auf ein tolerierbares Maß reduziert. Abbildung 1: Prinzip des kathodischen Korrosionsschutzes mit inerter Fremdstromanode Um die anodische Eisenauflösung zu unterbinden, wird ein KKS-System für unbeschichteten Stahl in bestehenden korrodierenden Bauwerken typischerweise mit Stromdichten zwischen 2 ma/m² bis 20 ma/m² betrieben /DIN12/. Sollte das Bauteil hingegen durchgehend mit Wasser gesättigt sein, so können Stromdichten von 0,2 ma/m² bis 2 ma/m² in Betracht gezogen werden. 2 Textilbeton Textilbeton besteht aus einem Verbundsystem aus zementbasiertem Beton oder Mörtel mit Glas-, Carbon- oder anderen technischen Textilien als Bewehrungsmaterial. Durch die Verwendung dieser weitgehend inerten Materialien ist es möglich, dünne Bauteile mit hohen Festigkeiten zu realisieren, da die Notwendigkeit der dickeren Betondeckung zum Schutz der Bewehrung entfällt. 2.1. Mörtelentwicklung Für das in Abbildung 1 dargestellte System musste ein Mörtel als Einbettmörtel für den Textilbeton entwickelt werden, welcher auch zum Einsatz im KKS-System geeignet ist. Eine Schwierigkeit bei der Entwicklung des Mörtels lag darin, dass zwischen elektrischen und me- Seite 3

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 4 chanischen Eigenschaften des Mörtels ein Optimum gefunden werden musste. Da der vorgesehene Mörtel für eine mögliche Befahrung einen entsprechend ausreichenden Verschleißwiderstand aufweisen muss /DIN02/ wurde zunächst die Abriebfestigkeit der Probenmatrix nach Böhme untersucht /DIN04/. Gleichzeitig wurde an einem ausgewählten System (Vergussmörtel 2) der Einfluss eingebrachter Zusatzstoffe auf die Abrasionsfestigkeit getestet. Hierfür wurden geeignete Hartstoffe und Abstreuungen untersucht. So konnte der neu hergestellte Mörtel gute mechanische Leistungen hinsichtlich der Biegezug- und Druckfestigkeit und der elektrischen Leitfähigkeit liefern. Durch den Zusatz von Hartstoffen werden jedoch Modifizierungen hinsichtlich der Verarbeitbarkeit und des elektrischen Widerstands erforderlich. Wegen des Anspruches an eine gleichmäßige Verteilung des Mörtels zwischen mehreren Gewebelagen mit möglichst geringem Abstand (möglichst dünnes Gesamtsystems) sollte der neu entwickelte Mörtel fließfähig und selbstverdichtend sein. Außerdem gilt ein guter Verbund zwischen textiler Bewehrung und der Betonmatrix als eine wesentliche Voraussetzung für die Funktionstüchtigkeit des Textilbetons. Mit Hilfe von Fließmitteln sollte die Viskosität der Mörtelmischung soweit herabgesetzt werden, dass sich beim Herstellen des Textilbetons im Gießverfahren ohne Einsatz einer Rüttelplatte eine optimale Benetzung des Textils einstellt. Hierdurch entsteht jedoch der Bedarf einer Vorfixierung des Gewebes, um einem möglichen Aufschwimmen entgegen zu wirken. Der neu zu entwickelnde Einbettmörtel sollte möglichst für alle Anwendungszwecke, zu erwartende Altbetonwiderstände und klimatische Bedingungen ausreichend leitfähig sein. Zur Überprüfung der elektrischen Eigenschaften der entwickelten Systeme für deren Eignung im kathodischen Korrosionsschutz mussten zunächst funktionstüchtige Anodenanschlüsse konzipiert werden, mit denen es reproduzierbar möglich war, den Widerstand einer Mörtelprobe zu bestimmen. Letztlich wurde der spezifische Widerstand der Mörtel mit Titanbandelektroden untersucht. Die im Labor hergestellten Mörtelprismen wurden bei 20 C und 40% relativer Luftfeuchtigkeit gelagert und die Änderung des spezifischen Widerstands in Relation zum Wasserverlust untersucht. Bei allen Proben wurde nach 240 Tagen eine deutliche Steigerung des spezifischen Widerstands infolge von Wasserverlust nachgewiesen. Der Einsatz eines nitrathaltigen Zusatzmittels (ZM5) trug zur Verbesserung des elektrischen Widerstands des Systems, sowie zur Verbesserung der mechanischen Eigenschaften bei. Die Abbildung 2 zeigt auf der linken Seite die Abhängigkeit verschiedener Zusatzmittel auf den spezifischen Wider- Seite 4

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 5 stand der Mörtel (Lagerung 100 Tage, davon 90 Tage bei und 20 C und ca. 35% relativer Luftfeuchtigkeit). Der Hartstoffzusatz (HS1) führt zunächst zu einer Verdoppelung des spezifischen Widerstandes. Durch den Einsatz von ZM5 konnte der spezifische Widerstand wiederum etwa auf den Ausgangswert ohne Hartstoffzusatz reduziert werden. Auf der rechten Seite der Abbildung 2 wird der positive Einfluss des die ionische Leitfähigkeit erhöhenden, nitrathaltigen Zusatzmittels (ZM5) auf den elektrischen Widerstand nach 400 Tagen abgebildet. Abbildung 2: Spezifische Widerstände von Mörteln mit verschiedenen Zusatzmitteln (links), positiver Einfluss der nitrathaltigen Erstarrungsbeschleuniger auf den spezifischen Widerstand (rechts) 2.2. Auswahl Carbonfasergewebe Bei der Auswahl der Carbon-Gewebe für die Herstellung des Textilbetons wurde ein besonderes Augenmerk auf die Fähigkeiten der Stromverteilung und des Benetzungsverhaltens mit dem Mörtel gelegt. Diese Eigenschaften stehen in unmittelbarer Wechselwirkung zur Funktionalität des KKS-Systems, da die Stromdichten auf der Oberfläche der Bewehrung möglichst gleichmäßig verteilt sein sollten. Eine Übersicht über die ausgewählten Typen liefert Tabelle 1. Daher wurden bezüglich des Verhaltens zwischen Mörtel und Gewebe s.g. Benetzungstests durchgeführt. Dabei sollte aufgezeigt werden, wie ein möglicher Verbundkörper abhängig von der Konsistenz des Mörtels herzustellen ist (Laminieren, Gießen, etc ). Ein steifer Mörtel ohne Abstand der Gewebelage zum Untergrund kann keine ausreichende Benetzung bzw. Verbund zum Gewebe aufbauen. Deshalb ist für steifere Mörtel das schichtweise Herstellen des Verbundkörpers (Laminieren) mit ausreichendem Abstand der Gewebelage zum Untergrund ein praktikabler Weg. Eine dünnschichtig gute Benetzung des Gewebes auch in mehre- Seite 5

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 6 ren Lagen, ist nur mit fließfähigen Mörteln zu gewährleisten. Die Ergebnisse zeigen, dass bei allen Abständen auch für die Überlappungsbereiche eine ausreichende Benetzung gegeben ist. Durch eine gute Benetzung des Gewebes ist es möglich, die Systemschichtdicke des Textilbetons um einige Millimeter weiter zu reduzieren. Letztendlich ist die Fixierung der zwei Gewebelagen aufeinander und auf dem Untergrund sowohl mechanisch als auch elektrisch zu bewerkstelligen. Tabelle 1: Kenngrößen der verschiedenen Gewebetypen Textil-Typen Gewicht (g/m²) Tränkungsmittel Dicke (mm) Maschenweite 0 / 90 Textil 1 1lagig 600 SBR 0,8-1,3 14 mm / 8 mm Textil 2 1lagig 400 EP 0,8-1,3 20 mm / 20 mm Textil 3 3D 225 SBR 12 15 mm / 15 mm Textil 4 1lagig 250 SBR 12 14 mm / 13 mm 3 Galvanostatische Versuche Abbildung 3 gibt einen schematischen Überblick über den Aufbau der hergestellten Prüfkörper. Seite 6

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 7 Abbildung 3: Aufbau der Prüfkörper für die Polarisationsversuche - Einheit [mm] /Hen14/ Ein derartiger Aufbau wurde gewählt, um eine Bauteiloberfläche nachzubilden. Die untere Betonschicht enthält Titanmischoxid zur Simulierung von Bewehrung, während die darauf folgende Betonschicht die Betondeckung nachbilden soll. Aufgrund der Netzstruktur und des chemisch-inerten Verhaltens von Titanmischoxid kann im Vergleich zu korrodierender Betonstahlbewehrung ein homogeneres elektrisches Feld erzeugt werden. Darauf aufbauend wurde die Carbonmatte mittels des entwickelten Einbettmörtels auf die Bauteiloberfläche aufgebracht. Durch diesen Schritt wird die Instandsetzung eines korrosionsgeschädigten Betonbauteils simuliert. Da für die späteren Messungen Referenzelektroden benötigt werden, wurden Elektrolytbrücken (EB) aus Balsaholz in die Prüfkörpermatrix eingearbeitet. Über eine Lösung innerhalb der aufgesteckten Hülse und der EB selbst, konnte eine spätere Ankopplung der Silber-Silberchlorid-Referenzelektroden sichergestellt werden (Abbildung 4). Seite 7

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 8 Abbildung 4: Installierte Elektrolytbrücke (links), betonierter Grundkörper (rechts) /Hen14/ Die Bilder zeigen die Materialien in Detailansicht sowie deren Einbau in die Prüfkörpermatrix. Abbildung 5:Textil 1 /Hen14/ Abbildung 6: Textil 2 /Hen14/ Abbildung 7: Textil 3 /Hen14/ Abbildung 8: Textil 4 /Hen14/ Nachdem die Netzanoden auf dem Betongrundkörper aufgebracht waren, wurden die Versuchskörper mit dem Spezialmörtel vergossen. Die gesamte Einbettschicht hatte eine Höhe von 15 mm und bildete abschließend die Oberfläche der Prüfkörper (vgl. Abbildung 3). Insgesamt wurden drei verschiedene Mörtel untersucht, sodass sich in Kombination mit den vier Anodenmaterialien eine Gesamtzahl von 12 Prüfkörpern ergab. Eine Übersicht über die Mörtel liefert die folgende Tabelle 2: Seite 8

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 9 Tabelle 2: Übersicht über die Mörtelrezepturen Mischung Fließmittel 1 Fließmittel 2 Zusatzmittel Druckfestigkeit [N/mm²] Rohdichte [kg/dm³] Mörtelmischung B Wasser Χ Χ 110,3 2,37 C 77,6 2,26 D Χ Χ 118,2 2,40 Abbildung 8: Prüfkörper während der Messung /Hen14/ Nachdem der Prüfkörperaufbau abgeschlossen war wurden die Anschlüsse an den Messcomputer hergestellt. Die Carbonmatten wirkten als Arbeitselektrode, während das Titanmischoxid als Gegenelektrode angeschlossen wurde. Der Anschluss der Silber- Silberchlorid-Elektrode wurde über die dafür vorgesehenen Hülsen vorgenommen. Dafür wurden die Referenzelektroden in die Hülsen gesteckt und die Verbindung zur EB über die Lösung realisiert (Abb. 8). Anschließend wurden sogenannte galvanostatische Stufenversuche durchgeführt. Dabei wurden die Spannungen der Arbeitselektrode gegen die Referenzelektrode gemessen. In einem vorgegebenen Intervall wurden die Stromdichten konstant gehalten, bevor dieser stufenweise erhöht und der Vorgang wiederholt wurde. Die Stromdichten stiegen mit jeder Stufe an und waren im Einzelnen 0 ² (Ruhepotential); 1 ; 3,2 ; 10 ² ² ² und 20. Im Anschluss an ² Seite 9

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht jede Stufe wurden Ausschaltmessungen durchgeführt, Seite 10 indem der Strom für zehnn Sekunden abgeschaltet wurde. Diese Vorgehensweise stellte sicher, dass IR-freie Potentialee gemessen wurden. Es konnte dadurch gewährleistet werden, dass die tatsächliche Polarisation des Ano- denmaterials nicht überschätzt wird. Im Anschluss an die letzte Ausschaltmessung wurdee noch eine Depolarisationsmessung durchgeführt. Die Dauer der Intervalle wurde dabei so groß gewählt (12 h), dass aufgrund des stetigen Anstiegs der erfassten Potentiale die Endwerte der Verläufe abschätzbar waren. 4 Ergebnisse Abbildung 9 zeigt eine Kurve des galvanostatischen Stufenversuchs exemplarischh für Probe- körper B1. Es sind deutlich die vier Stufen bei den verschiedenen Stromdichten zuu erkennen. Außerdem sieht man, dass sich die Potentialwerte nach einem 12-stündigen Depolarisie-D rungsmesszykluss in Richtung des Ausgangspotentials zurückbewegen. Hier lässt sich s anhand der Grafik der Spannungsabfall deutlich erkennen. Abbildung 9: Galvanostatische Stufenversuche mit steigenden Stromdichten - Probekörper B1 /Hen14/ Um die galvanostatischen Stufenversuchee mit Bezug auf den KKS auszuwerten, wurden Stromdichte-Potential-Kurvenn erstellt. In den folgenden vier Abbildungen sind für jeweils ein Textil die Kurven der verschiedenen Einbettmörtel aufgezeigt. Es lässt sich daraus direkt er- Seite 10

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 11 kennen, welcher Mörtel sich für das jeweilige Textil amm günstigstenn verhält. Aufgrund ihrer kurven zunächst in den Ursprung verschoben. Daraus unterschiedlichen Ruhepotentiale, und somit zur Vergleichbarkeit, wurden alle Polarisations- kann anschließend abgeleitet werden, welcher Mörtel in Kombination mit welchem Textil die geringste Spannung benötigt, um eine bestimmte Stromdichte, z.b. die 10 ² zu u erreichen. Für Textil 1 wäre auf Grundlage der durchgeführten Messungen somit Mörtel B als Einbettung am günstigsten. Bei Textil 3 und 4 weisen die Mörtel B und D fast identische Messwerte auf. Während bei Textil 4 derr Polarisatibei b Textil 3 onsunterschied der Mörtel C, B und D noch bei unterr 100 mv liegt, ist dieser schon mehrere Hundert Millivolt groß. Der signifikant abweichende Verlauf der Messkurven M von Textil 2 lässt sich aufgrund der Epoxidharztränkung erklären. Diese führt zu einem ver- größerten elektrischen Widerstand im Vergleich zur SBR-Tränkung, sodass der Polarisations- widerstand des Materials zunimmt. Abbildung 10: Stromdichte-Potentialkurven des Textiltyps 1 /Hen14/ Seite 11

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 12 Abbildung 11: Stromdichte-Potentialkurven des Textiltyps 2 /Hen14/ Abbildung 12: Stromdichte-Potentialkurven des Textiltyps 3 /Hen14/ Abbildung 13: Stromdichte-Potentialkurven des Textiltyps 4 /Hen14/ Die Auswertung bezüglich der drei getesteten Mörtelmischungen hat ergeben, dass die Mörtel B und D nahezu identische Eigenschaften aufweisen. a Demnach sind hier die geringsten Span- nungen notwendig, um eine Schutzstromdichte von 10 ma/m² zu erreichen. Die absolut gese- hen geringsten Werte wiesen die Systeme B1, sowie B4 und D4 auf. Im Rahmen dieser Arbeit Seite 12

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 13 wurden demnach diese Kombinationen für weitere Untersuchungen favorisiert. In der Praxis können sich unterschiedliche Vorteile aufgrund der verschiedenen Eigenschaften der Anodenmaterialien für den Einbau ergeben. Während Textil 1 sogenannte Rollenware ist, wird das Textil 4 in Matten geliefert. 5 Schlussfolgerungen und Ausblick Die Ergebnisse der hier vorgestellten Untersuchungen führen zu folgenden Erkenntnissen: Carbontextilien eignen sich für den Einsatz als Anodenmaterial im Kathodischen Korrosionsschutz, wobei eine Tränkung der Textilien mit SBR zu einem deutlich besseren Polarisationsverhalten führt als die untersuchte EP-Tränkung. Weiterhin konnte festgestellt werden, dass eine 3D-Struktur hinsichtlich der für den KKS wichtigen Eigenschaften keine Vorteile gegenüber 2D-Textilien aufweist. Alle untersuchten Mörtel können als Einbettmörtel für den KKS verwendet werden, wobei die Mörtel B und D aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften zu bevorzugen sind. Es konnte ein System aus technischen Textilien und Mörtel entwickelt werden, dass für befahrbare Parkflächen bei praxistypischen Chloridgehalten und klimatischen Bedingungen ausreichende Schutzströme für den KKS liefert und gleichzeitig durch seine mechanischen Eigenschaften (hohe Abrasionsfestigkeit und ausreichende Rutschhemmung) einen Verzicht auf weitere Schutzschichten ermöglicht. In Zukunft sollen Untersuchungen zur Dauerhaftigkeit von Carbontextilien unter verschiedenen Einsatzbedingungen durchgeführt werden. 6 Danksagung Das Projekt wurde durch eine AiF-ZIM -Förderung ermöglicht. Die Entwicklung eines leitfähigen Mörtels sowie Untersuchungen zur Funktionalität des kathodischen Korrosionsschutzes mit Textilbeton sind in Kooperation mit Koch GmbH durchgeführt worden. Großer Dank gilt der AiF für die Unterstützung des zukunftsweisenden Projektes. Seite 13

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 14 7 Literaturverzeichnis [1] ASGHARZADEH, A.; RAUPACH, M.; KOCH, D.: INVESTIGATIONS ON THE SUITABILITY OF TECHNICAL TEXTILES FOR CATHODIC CORROSION PROTECTION. LONDON [U.A] : CRP PRESS TAYLOR & FRANCIS GROUP, 2016. - IN: PROCEEDINGS OF THE 4TH INTERNATIONAL CONFERENCE ON CONCRETE REPAIR, REHABILITATION AND RETROFITTING (ICCRRR), LEIPZIG, 5-7 OCTOBER 2015, (DEHN, F.; BEUSHAUSEN, H.-D.; ALEXANDER, M.G. ; MOYO, P. (EDS.)) ISBN 978-1-138-02843-2 [2] BAECKMANN, W. V.: HISTORISCHE ENTWICKLUNG DES ELEKTROCHEMISCHEN KORROSI- ONSSCHUTZES. IN (BAECKMANN, W. V. HRSG.): HANDBUCH DES KATHODISCHEN KORRO- SIONSSCHUTZES. WILEY-VCH, WEINHEIM, 1999, S.1-14. [3] DEUTSCHE INSTITUT FÜR NORMUNG E.V.: DIN 13892-3 PRÜFVERFAHREN FÜR ESTRICH- MÖRTEL UND ESTRICHMASSEN - TEIL 3: BESTIMMUNG DES VERSCHLEIßWIDER- STANDES NACH BÖHME, BEUTH VERLAG GMBH, BERLIN, 2004. [4] DEUTSCHE INSTITUT FÜR NORMUNG E.V.: DIN EN 13813 ESTRICHMÖRTEL UND ESTRICH- MASSEN - EIGENSCHAFTEN UND ANFORDERUNGEN, BEUTH VERLAG GMBH, BERLIN, 2002. [5] DEUTSCHES INSTITUT FÜR NORMUNG E.V.: DIN EN ISO 12696 KATHODISCHER KORROSI- ONSSCHUTZ VON STAHL IN BETON, BEUTH VERLAG GMBH, BERLIN, 2012. [6] HENKEL, P.: UNTERSUCHUNG ZUR BESTIMMUNG DER EIGNUNG TECHNISCHER TEXTILIEN FÜR DEN KATHODISCHEN KORROSIONSSCHUTZ, BACHELORARBEIT, INSTITUT FÜR BAUFOR- SCHUNG DER RWTH AACHEN, 2014. [7] RAUPACH, M.: KATHODISCHER KORROSIONSSCHUTZ IM STAHLBETONBAU. INSTANDHAL- TUNGSVERFAHREN FÜR SPEZIALFÄLLE. IN: BETON, 1992, 42, S.674-676. [8] SCHMIDT, M., SLOWIK, V.: KAPILLARE SCHWINDRISSBILDUNG IN BETON, FORSCHUNGS- BERICHT ZU URSACHEN UND AUSWIRKUNG SOWIE ZUR VERMEIDUNG VON FRÜH- SCHWINDRISSEN. BERLIN, 2010. Autoren Dipl.-Ing. Amir Asgharzadeh Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen Seite 14

BAUTECHNIK Fachaufsatz/Bericht Seite 15 Institut für Bauforschung, Bauwerkserhaltung und Polymerkomposite Schinkelstraße 3 52062 Aachen Zadeh@ibac.rwth-aachen.de Univ.-Prof. Dr.-Ing. Michael Raupach Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen Institut für Bauforschung, Bauwerkserhaltung und Polymerkomposite Schinkelstraße 3 52062 Aachen Raupach@ibac.rwth-aachen.de Detlef Koch Koch GmbH Hagener Str. 87 57223 Kreuztal koch@betonbeschichtung.net Majid Mahjoori Koch GmbH Hagener Str. 87 57223 Kreuztal mahjoori@betonbeschichtung.net Seite 15