Vom Aufgang der Sonne Frühschicht mit Elementen aus Indien Vorbemerkung Handlungsorientierte Elemente prägen diesen Gottesdienstentwurf, der sich speziell an Jugendliche richtet. Aufgegriffen werden indische Riten, die den liturgischen Büchern der Diözesen Patna, Mazaffarpur und Varanasi entnommen wurden. Ein weiteres wesentliches Element ist das Sonnengebet, eine leibbezogene Form des Morgengebets aus Indien. Bei diesem Gebet öffnet sich der Betende dem strahlenden Licht der aufgehenden Sonne, um es in sein Innerstes aufzunehmen. Parallelen zu diesem Gebet finden sich im vedischen Gayatri Mantra. Dort heißt es: Om wir versenken uns andächtig in das ehrwürdige Licht der göttlichen Sonne, die die Erde, den Himmel und den Innenraum durchdringt. Möge sie unser Bewusstsein mit Kraft erfüllen. Om Die Gebete in diesem Entwurf stammen von indischen Christen. Liturgische Form: Andacht Zielgruppe: Jugendliche und junge Erwachsene Einsatzmöglichkeiten: Frühschicht in der Gemeinde Schulgottesdienst im kleinen Kreis Morgengebet im Rahmen einer Ferienfreizeit Dauer: 40 Minuten Materialien/ rote Theaterfarbe oder Faschingsschminke Vorbereitung eine große, mit Blumen verzierte Öllampe 1 (Die Lampe steht gut sichtbar im Raum) Zu Beginn der Frühschicht zeichnen zwei Jungendliche allen, die den Gebetsraum betreten, einen roten Punkt auf die Stirn. Dieser Pooja kann mit Theaterfarbe aufgetragen werden, damit er nach dem Gottesdienst mit einem Tuch leicht abgewischt werden kann. Begrüßung Ich begrüße Euch herzlich zu unserer heutigen Frühschicht. Wir feiern sie mit Elementen, die wir den Christen in Indien verdanken. Eben habt Ihr einen roten Punkt auf die Stirn gezeichnet bekommen einen Pooja. In Indien ist es Sitte, dass vor allem Mädchen und Frauen solch einen Punkt auf der Stirn tragen. In der hinduistischen Überlieferung ist er ein Zeichen der Würde. Manchmal werden alle Besucher eines Festes so bezeichnet, um die gemeinsame Freude auszudrücken. Christen haben diese alte Tradition aufgegriffen und tragen den roten Punkt als Würdezeichen der Getauften. Zu Beginn des Gottesdienstes wollen wir Gott danken für diesen neuen Tag, den er uns geschenkt hat: Laudate omnes gentes (Troubadour für Gott 6 1999, Nr. 362 C) 1 Falls eine solche Lampe nicht vorhanden ist, kann man stattdessen einen Osterkerzenständer verwenden, den Dorn abschrauben und durch einen runden Teller aus Messing ersetzen. Auf diesem Teller stehen sieben oder neun Wachslichter in Tonschälchen, um den Sockel windet sich ein Blumenkranz.
2 Sonnengebet 2 Beim Sonnengebet stellen sich alle im Halbkreis auf. Zwei Sprecher tragen die Texte vor. Ein weiterer Vorbeter führt die verschiedenen Körperhaltungen so aus, dass sie von allen Gottesdienstteilnehmern und teilnehmerinnen nachvollzogen werden können. 1. Ich stehe aufrecht, entspannt und fest auf dem Boden. Ich stelle mir vor, ein Baum zu sein und meine Wurzeln in der Erde zu spüren (kurze Stille). Im göttlichen Grund verwurzelt gestalte ich diesen Tag neu. 2. Ich falte langsam die Hände und halte sie vor das Herz. Nun fühle ich in meinen Leib hinein und spüre die belebende Kraft meines Atems (kurze Stille). Ich bin dankbar dafür, dass ich da bin. Ich bin dankbar für den neuen Tag. 3. Nun öffne ich die Hände zu einer Schale (kurze Stille). Ich werde eine Schale. Ich bin bereit zu empfangen und bereit zu geben. 4. Ich breite die Arme aus. Bewusst schaue ich nach vorn und werde mir bewusst, dass mir ein neuer Tag geschenkt wurde (kurze Stille). Dieser Tag ist eine Gnade und ein Auftrag. Mit Freude begrüße ich die Sonne des neuen Tages. 5. Ich strecke meine Hände nach oben und öffne sie wie eine Lotusblüte. Erwartungsvoll schaue ich nach oben (kurze Stille). In der göttlichen Sonne wächst und blüht mein Leben voll Freude. 6. Ich beuge mich leicht nach vorn. Mit meinen Händen berühre ich meine Knie (kurze Stille). Ich bin befreit von Angst und bereit, anderen Menschen zu dienen. Gott, ich bin ganz da. 7. Ich stütze die Hände auf den Boden und strecke den rechten Fuß nach hinten. Bewusst spüre ich die Anspannung in meinem Körper (kurze Stille). Mit Mut und Freude mache ich mich auf den Weg. 8. Langsam lege ich mich auf den Boden und stütze mich leicht auf die Hände. Meine Stirn berührt den Boden. Ich spüre die tragende Kraft der Erde (kurze Stille). Tiefer kann ich nicht fallen als in den göttlichen Grund, der mich immer trägt. 9. Nun hebe ich Kopf und Oberkörper nach oben und stütze mich mit den Armen ab (kurze Stille). Aus dem göttlichen Grund heraus gestalte ich mein Leben mit Vertrauen und Hoffnung. 10. Nun bilde ich mit meinem Körper eine starke Brücke, die fest im Boden verankert ist (kurze Stille). Wie eine Brücke verbinde ich Menschen miteinander. 11. Ich setzte mich auf meine Fersen und beuge mich tief nach vorn (kurze Stille). Ich verneige mich in Ehrfurcht vor der Schöpfung. 2 Text in Anlehnung an P. Sebastian Painadath, SJ. Nach meinem Empfinden (SR) wäre eine weitere Revision nötig, um dieses Gebet guten Gewissens zu veröffentlichen.
3 12. Ich richte mich auf und öffne meine Hände vor meiner Brust zu einer Schale. Mit geschlossenen Augen horche ich in mich hinein (kurze Stille). Ich will aufmerksam sein, um aus den vielen Stimmen Seine Stimme herauszuhören. 13. Ich stütze die Hände auf den Boden und strecke den linken Fuß nach hinten. Meinen Blick richte ich nach vorn (kurze Stille). Mit Vertrauen schaue ich nach vorn und wage neue Schritte. 14. Langsam richte ich mich auf und ziehe dabei die Hände nach oben. Im Beckenbereich lasse ich sie kurz ruhen (kurze Stille). Ich wende mich ganz den Menschen zu: Mit meinen vitalen Kräften, meinen Gefühlen, meinem Sprechen, meinem Hören. 15. Die gefalteten Hände ruhen nun in Augenhöhe vor meiner Stirn. Ich spüre das geistige Energiezentrum (kurze Stille). Lass das göttliche Licht in mir aufleuchten und mich verwandeln. 16. Nun strecke ich die gefalteten Hände über den Kopf in die Höhe und stehe aufrecht wie eine brennende Kerze (kurze Stille). Lass mich Licht, Liebe und Kraft ausstrahlen. 17. Ich breite die Hände auseinander und denke dabei an die Menschen, die mir heute begegnen werden (kurze Stille). Lass mich ein Segen sein für die Menschen. 18. Ich strecke die Arme aus und drehe mich mit dem Oberkörper leicht nach links und nach rechts. In Gedanken wünsche ich allen Menschen und der ganzen Schöpfung den Frieden (kurze Stille). Lass mich Frieden stiften überall, wo ich bin. 19. Zum Schluss falte ich noch einmal die Hände und verneige mich leicht nach vorn (kurze Stille). Das Göttliche in mir grüßt das Göttliche in dir. Vom Aufgang der Sonne (Troubadour für Gott, Nr. 136) Gebet Herr, ich stehe hier am Beginn deines neuen Tages. Ich atme und sehe dein Licht. Ich spüre dich, denn du bist in mir und ich bin in dir. Herr, ich stehe ausgespannt in dir. Lass mich die Spannungen des heutigen Tages ertragen: die Spannungen der Seele, die Spannungen des Geistes, die Spannungen des Leibes. In tiefer Ehrfurcht verneige ich mich. Ich stehe in den Startlöchern zu deinem Tag. Mit dem rechten Bein, mit dem linken Bein. In beiden Beinen spüre ich die Kraft für den neuen Tag. Herr, ich neige mich deiner Erde zu, bereit zu sterben. 3 Aber ich darf heute dein Licht schauen. 3 Etwas einfühlsamer: bereit mich hinzugeben.
4 Herr, ich will eine Brücke bauen von Mensch zu Mensch, von mir zu dir. Herr, ich bin bereit, dein Wort zu empfangen. Ich opfere mich dir ganz und gar: meine Füße, meine Beine, meinen Leib, meine Herz, meinen Atem, mein Sprechen und Singen, mein Sehen, meine Gedanken. Herr, lass all meine Kräfte brennen am heutigen Tag wie Flammen. Herr, lass mich leuchten wie eine Lampe. Herr, segne durch mich das Firmament mit allem, was in ihm lebt, alle Tiere und Pflanzen, die ganze Erde mit ihren Mineralien, alle lebenden Menschen, die geborenen und ungeborenen und auch die toten. Herr, ich bin da. Entzünden der Christus-Lampe Gott befreit uns aus aller Dunkelheit. Wir möchten nun Gottes Gegenwart als Licht in unserer Mitte erfahren. Lasst uns beten. Gott, ewiges Licht, du erstrahlst über den Himmeln. Gott, strahlendes Licht, du erleuchtest alles, oben und unten, rechts und links, hinten und vorne. Gott, wahres Licht, du erleuchtest jeden Menschen, der in diese Welt kommt. Vertreibe die Finsternis der Sünde aus unseren Herzen und erleuchte uns mit dem Glanz deiner Herrlichkeit. Amen. Lesung Als Jesus ein andermal zu ihnen redete, sagte er: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben. Da sagten die Pharisäer zu ihm: Du legst über dich selbst Zeugnis ab; dein Zeugnis ist nicht gültig. Jesus erwiderte ihnen: Auch wenn ich über mich selbst Zeugnis ablege, ist mein Zeugnis gültig. Denn ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe. Ihr aber wisst nicht, woher ich komme und wohin ich gehe. (Joh 8,12-14) Gebet Aus der Dunkelheit führe uns zum Licht und aus dem Schein in die Wirklichkeit. Schenke uns in deiner Barmherzigkeit, dass die Millionen Menschen in allen Ländern auf immerwährender mühevoller Wanderschaft und Suche nach Frieden und Glück
5 endlich ihre drückende Bürde dem zu Füßen legen können, der Ruhe und Frieden gewährt. Lass die Beladenen zu Jesus Christus gelangen und bei ihm deine Antwort finden auf die uralte Frage alles menschlichen Suchens. Für dieses Ziel legen wir dir, Herr Jesus Christus, zu Füßen: den Weihrauch unseres Gebetes, die Myrrhe unseres Opfers und das Gold unserer Hingabe. Auf dass du Herr und König aller bist. Amen. Vaterunser Segen Der Herr, der über allen Namen und Formen ist, schenke euch seine unermessliche Herrlichkeit und führe euch ein in das Geheimnis seiner Gegenwart. Der Herr, der sich in Jesus Christus geoffenbart hat, möge euren Verstand erleuchten, euren Willen stärken und eure Herzen mit Liebe füllen. Der Herr, der in eurer Herzenstiefe wohnt, möge euch mit seinem Leben lebendig machen. Und die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes des Vaters und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Mache dich auf und werde Licht (Troubadour für Gott, Nr. 507) Quelle: K. Vellguth, in: Vellguth, S. 8-15.